Prof. Dr. Henning Radtke. 1. Tatkomplex: Im Stadtpark

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1 Prof. Dr. Henning Radtke Strafrecht, Allgemeiner Teil Wintersemester 2007/08 Hausarbeit Lösungsvorschlag svorschlag 1. Tatkomplex: Im Stadtpark A. Versuchter Totschlag, 212 I, 22, 23 I StGB Indem T dem B mit einem Ast gegen den Kopf schlägt, könnte er sich eines versuchten Totschlags strafbar gemacht haben. I. Vorprüfung Die Tat dürfte nicht vollendet sein. B ist nicht tot, folglich wurde die Tat nicht vollendet. Weitere Voraussetzung ist, dass der Versuch strafbar sein muss. Gemäß 23 I StGB ist der Versuch eines Verbrechens stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur bei ausdrücklicher gesetzlicher Bestimmung. Verbrechen sind gem. 12 I StGB Taten, die im Mindestmaß mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bedroht sind. Beim Totschlag handelt es sich nach 212 I, 12 I StGB um ein Verbrechen und nach 23 I StGB ist der Versuch eines Verbrechens stets strafbar. II. Tatbestand 1. Tatentschluss Weiterhin müsste T mit Tatentschluss gehandelt haben. Tatentschluss ist der Wille, gerichtet auf die Verwirklichung aller objektiven Merkmale einschließlich des Vorliegens etwaiger besonderer Absichten 1. T kommt es nicht auf die Tötung seines Verfolgers an, so dass dolus directus 1. Grades ausscheidet 2. Noch konnte er sicher davon ausgehen, dass B nicht überleben würde, dolus directus 2. Gra- 1 Wessels/Beulke, AT Rn Kindhäuser, AT, 14 Rn. 3. 1

2 des ist ebenfalls nicht einschlägig 3. Es könnte jedoch Vorsatz in Form des bedingten Vorsatzes (dolus eventualis) in Betracht kommen. Beim Eventualvorsatz hält der Täter es ernstlich für möglich und findet sich damit ab, dass sein Verhalten zur Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes führt 4. T hat die Tötung des B billigend in Kauf genommen, um sicht selbst zu helfen. Somit hatte T Tötungsvorsatz und Tatentschluss zur Tötung des B. 2. Unmittelbares Ansetzen T müsste zur Tat auch unmittelbar angesetzt haben. Ein Täter setzt nach der gemischt subjektiv-objektiven Theorie dann unmittelbar zur Tatbestandsverwirklichung an, wenn er die Schwelle zum jetzt geht`s los überschreitet und Handlungen vornimmt, die nach seinem Tatplan zwar noch der Erfüllung eines Tatbestandsmerkmals vorgelagert sind, die aber in die Tatbestandshandlung unmittelbar einmünden und nach seiner Vorstellung auch bereits eine unmittelbare Gefährdung des Rechtsguts eingetreten ist 5. T schlägt dem B mit dem Ast gegen den Kopf. Damit hat T die Tathandlung bereits vollständig ausgeführt; demnach hat T zur Tatausführung unmittelbar angesetzt. Der Tatbestand ist erfüllt. III. Rechtswidrigkeit Die Handlung des T müsste auch rechtswidrig sein. Eine Handlung ist rechtswidrig, wenn sie einen Unrechtstatbestand verwirklicht und nicht durch einen Rechtfertigungsgrund gedeckt ist 6. T könnte durch Notwehr gem. 32 StGB gerechtfertigt sein. Dafür ist zunächst das Vorliegen einer Notwehrlage erforderlich. Diese ist gegeben, bei einem gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff. Angriff ist jede durch menschliches Verhalten drohende Verletzung rechtlich geschützter Güter oder Interessen 7. B hat dem T lediglich aus Spaß einen Zeigefinger in den Rücken gebohrt. Somit fehlt es bereits an einem Angriff, denn eine bloße Belästigung, 3 Kindhäuser, AT, 14 Rn Wessels/Beulke, AT, Rn Kindhäuser, AT, Rn. 10 ff. 6 Wessels/Beulke, AT, Rn Geilen, Jura 1981, 200 (201 ff.). 2

3 wie sie hier vorliegt, genügt nicht für einen Angriff im Sinne von 32 StGB. Mangels Angriff liegt keine Nothilfelage vor. Die Tat des T ist nicht durch Notwehr gerechtfertigt und er handelte rechtswidrig. IV. Schuld Fraglich ist, ob T schuldhaft gehandelt hat. 1. Vorliegen eines Irrtums T dachte, er würde mit einer Waffe bedroht. Er könnte sich wegen dieser Vorstellung in einem Erlaubnisirrtum oder Erlaubnistatbestandsirrtum befunden haben. Bei einem Erlaubnisirrtum zieht der Täter die rechtlichen Grenzen eines Rechtfertigungsgrundes zu weit oder glaubt an die Existenz eines nicht anerkannten Rechtfertigungsgrundes 8. Ein Erlaubnistatbestandsirrtum liegt vor, wenn der Täter sich über die Tatumstände auf der Rechtfertigungsebene irrt, bei deren Vorliegen er gerechtfertigt wäre 9. Da sich T irrtümlich vorstellt, von einem Unbekannten mit einer Waffe bedroht zu werden, könnte es sich um einen Erlaubnistatbestandsirrtum, der sich auf das tatsächliche Vorhandensein einer Notwehrlage bezieht. a. Notwehr Aufgrund der Vorstellung des T kommt Notwehr gem. 32 StGB in Betracht. aa. (Putativ-) ) Notwehrlage Aus Sicht des T müsste eine Notwehrlage gem. 32 II StGB vorliegen. Diese ist gegeben, wenn ein gegenwärtiger rechtswidriger Angriff vorliegt. Angriff ist jede durch menschliches Verhalten drohende Verletzung rechtlich geschützter Güter oder Interessen 10. T denkt, dass er mit einer Waffe bedroht wird. Nach seiner Vorstellung liegt ein Angriff auf eines seiner Rechtsgüter, die körperliche Integrität, vor. Weiterhin müsste der Angriff gegenwärtig sein. Dies ist er, wenn er unmittelbar bevorsteht, begonnen hat oder noch andauert 11. T spürt einen Gegenstand in seinem Rücken. Nach seiner Vorstellung steht der Angriff unmittelbar bevor. T 8 BGHSt 3, 105 (107 ); BGHSt 45, 219 (225). 9 Roxin, AT 1, 14 Rn. 52 f. und 79; Lackner/Kühl, StGB, 17 Rn Geilen, Jura 1981, 200 (201 ff.). 11 BGH NJW 1973,

4 geht nicht davon aus, dass B gerechtfertigt sein könnte, so dass nach Tätervorstellung ebenfalls ein rechtswidriger Angriff bevorsteht. Aus Sicht des T liegt eine Notwehrlage bevor. bb. (Putativ-) ) Notwehrhandlung Der Schlag mit dem Ast müsste erforderlich und geboten sein. Eine Notwehrhandlung ist erforderlich, wenn sie zur Abwehr des Angriffs geeignet und das relativ mildeste Mittel unter mehreren gleich geeigneten ist 12. Der Schlag mit dem Ast wäre geeignet gewesen, einen tatsächlichen Angriff des B auf T zumindest abzuschwächen. Ein milderes Mittel hätte T nicht zur Verfügung gestanden, somit stellte der Schlag mit dem Ast das relativ mildeste Mittel dar. Es sind keine Anhaltspunkte für eine Einschränkung des Notwehrrechts aufgrund mangelnder Gebotenheit aus Sicht des T ersichtlich. cc. Subjektives Rechtfertigungselement T handelte sogar mit Verteidigerwillen, so dass nach allen zum subjektiven Rechtfertigungselement vertretenen Rechtsansichten dieses gegeben ist. b. Zwischenergebnis T irrt über Tatumstände auf Rechtfertigungsebene und nicht über die Grenzen oder die Existenz eines Rechtfertigungsgrundes. Demnach liegt ein Erlaubnistatbestandsirrtum vor. 2. Behandlung des Erlaubnistatbestandsirrtums Strittig ist, welche rechtlichen Folgen sich aus einem Erlaubnistatbestandsirrtum ergeben. a. Vorsatztheorie Die Vorsatztheorie betrachtet das Unrechtsbewusstsein als Teil des Vorsatzes. Demnach entfällt gem. 16 StGB direkt der Tatbestandsvorsatz 13. T stellte sich Umstände vor, nach denen der Schlag gegen den Kopf des B gerechtfertigt war; folglich fehlte ihm das Unrechtsbewusstsein. Demnach handelte T gem. 16 I 1 StGB nicht vorsätzlich. b. Lehre von den negativen Tatbestandsmerkmalen 12 Wessels/Beulke, AT, Rn Langer, GA 1976, 191 (208). 4

5 Nach dieser Ansicht sind die Voraussetzungen der Rechtfertigungsgründe negative Teile eines sog. Gesamtunrechtstatbestandes. Der Vorsatz des Täters muss sich auch auf ihr Nichtvorliegen erstrecken. Der Vorsatz des Täters entfällt nach 16 I 1 StGB 14. T war der Ansicht, gerechtfertigt zu sein und handelte nach 16 I 1 StGB ohne Vorsatz. c. Strenge Schuldtheorie Die strenge Schuldtheorie behandelt den Erlaubnistatbestandsirrtum als einen Verbotsirrtum nach 17 StGB. Als Begründung wird angeführt, dass die Rechtfertigungsgründe weder Tatbestandsmerkmale sind, noch so behandelt werden können 15. Demzufolge entfällt nur bei Unvermeidbarkeit des Erlaubnistatbestandsirrtums die Schuld. T hätte situtationsbedingt nicht von einem Überfall ausgehen können, denn B hatte ihn angesprochen und er hatte dies aufgrund seines MP3-Players nicht gehört. Der Irrtum des T war vermeidbar; somit handelte er schuldhaft. Die Strafe kann jedoch nach 17 2 StGB gemildert werden. d. Eingeschränkte Schuldtheorie Die eingeschränkte Schuldtheorie lässt nach 16 I 1 StGB analog den Tatbestandsvorsatz entfallen, so dass der Täter nicht aus einer vorsätzlich begangenen Tat bestraft werden kann 16. Das Verhalten des T stellt kein Vorsatzunrecht dar, T handelte gem. 16 I 1 StGB analog ohne Vorsatz. e. Rechtsfolgenverweisende eingeschränkte Schuldtheorie Nach der rechtsfolgenverweisenden eingeschränkten Schuldtheorie wird der Erlaubnistatbestandsirrtum allein in der Rechtsfolge analog dem 16 I 1 StGB zugeordnet. Es entfällt nicht der Vorsatz, aber der sog. Vorsatzschuldvorwurf und damit die Schuld 17. Nach dieser Ansicht ist die Tat im Ergebnis wie ein Fahrlässigkeitsdelikt zu behandeln und 16 I 2 StGB analog anwendbar. Demnach hätte T ohne Vorsatzschuld gehandelt. f. Stellungnahme 14 Samson, StR I, S. 120 ff. 15 Welzel, AT, 22 III; Armin Kaufmann, JZ 1955, 37 ff. 16 Schönke/Schröder/Sternberg- Lieben, 16 Rn. 16 ff. 17 Wessels/Beulke, AT, Rn

6 Gegen die Vorsatztheorie spricht, dass sie mit der Normierung des 17 StGB nicht mehr mit dem Gesetz im Einklang steht. Der Lehre von den negativen Tatbestandsmerkmalen ist entgegenzuhalten, dass zwischen Tatbestandsmäßigkeit und Rechtswidrigkeit der Tat grundlegende gesetzliche Unterschiede bestehen. Der Gesetzgeber hat insbesondere in 32 I StGB deutlich gemacht, dass die Rechtswidrigkeit neben dem Tatbestand ein selbstständiges Deliktsmerkmal darstellt. Die strenge Schuldtheorie verkennt, dass es sich nicht um einen Beurteilungs-, sondern nur um einen Sachverhaltsirrtum handelt. Ähnlich wie in der Situation des 16 StGB ist der Täter an sich rechtstreu. Aus diesen Gründen kann 17 StGB nicht greifen. Bei der eingeschränkten Schuldtheorie entfällt der bereits im subjektiven Tatbestand positiv festgestellte Tatbestandsvorsatz nachträglich wieder. Für die rechtsfolgenverweisende eingeschränkte Schuldtheorie spricht, dass dem Täter nur die vorsätzlich fehlerhafte Einstellung zur Rechtsordnung fehlt, er ansonsten aber vorsätzlich und rechtswidrig handelt. Es bleibt eine Strafbarkeit des nicht irrenden Anstifter oder Gehilfen möglich. Der rechtsfolgenverweisenden eingeschränkten Schuldtheorie ist daher zu folgen. Demnach handelte T nicht schuldhaft. V.. Ergebnis T hat sich nicht nach 212 I, 22, 23 I StGB strafbar gemacht. B. Gefährliche Körperverletzung, 223 I, 224 I Nr. 2, 3, 5 StGB Indem T dem B mit einem Ast gegen den Kopf schlug, könnte er sich der gefährlichen Körperverletzung nach 223 I, 224 I Nr. 2, 3, 5 StGB strafbar gemacht haben. Eine Strafbarkeit des T scheitert wie bei dem versuchten Totschlag an der fehlenden Schuld, da T sich auch bei diesem Delikt in einem Erlaubnistatbestandsirrtum befand. C. Fahrlässige Körperverletzung, 229 StGB 6

7 T könnte sich wegen fahrlässiger Körperverletzung nach 229 StGB dadurch strafbar gemacht haben, dass er die tatsächliche Situation verkannte, irrig eine Notwehrlage annahm und daher dem B mit einem Ast gegen den Kopf schlägt. I. Tatbestand 1. Erfolg- Handlung T müsste an B eine Körperverletzung begangen haben. Er könnte B körperlich misshandelt oder an der Gesundheit geschädigt haben. Körperliche Misshandlung ist jede üble, unangemessene Behandlung, die das körperliche Wohlbefinden oder die körperliche Integrität mehr als nur unerheblich beeinträchtigt 18. T hat B mit einem Ast gegen den Kopf geschlagen und dadurch schwer verletzt. Dies stellt eine üble und unangemessene Behandlung dar. Demnach wurde B körperlich misshandelt. Gesundheitsschädigung ist das Hervorrufen oder Steigern eines pathologischen Zustandes 19. Die Kopfverletzung des B ist ein pathologischer Zustand. Somit wurde B ebenfalls an der Gesundheit geschädigt. 2. Objektive Sorgfaltspflichtverletzung bei objektiver Vorhersehbarkeit Erforderlich ist das Vorliegen einer objektiven Sorgfaltspflichtverletzung bei objektiver Vorhersehbarkeit 20. Objektiv voraussehbar ist, was ein umsichtig handelnder Mensch aus dem Verkehrskreis des Täters unter den jeweils gegebenen Umständen auf Grund der allgemeinen Lebenserfahrung in Rechnung stellen würde. Der Inhalt der Sorgfaltspflicht besteht darin, die Gefahren für das geschützte Rechtgut zu erkennen und sich darauf einzustellen. Dabei wird auf einen besonnen und gewissenhaften Menschen in der konkreten Lage und der sozialen Rolle des Handelnden abgestellt 21. T hätte sich anhand der Situation überzeugen müssen, ob überhaupt ein Überfall vorlag. T hat sich kein einziges Mal umgedreht und aufgrund seines MP3- Players die Ansprache des B nicht gehört. Er hat mit dem Ast gegen den Kopf des B ohne Nachprüfung zugeschlagen. Damit verletzte er eine Sorgfaltspflicht bei objektiver Vorhersehbarkeit. 18 BGHSt 14, BGH, NJW 1960, 2253; Schönke/Schröder/Eser, 223 Rn Kindhäuser, AT, 33 Rn. 12 f. 21 Wessels/Beulke, AT, Rn. 667 ff. 7

8 3. Objektive Zurechnung Die schwere Verletzung müsste T auch objektiv zurechenbar sein. Dazu müsste der Pflichtwidrigkeitszusammenhang vorliegen. Dieser liegt vor, wenn der Erfolg eine Folge der Pflichtverletzung des Täters ist und bei pflichtgemäßen Verhalten nicht eingetreten wäre 22. Hätte T sich vor dem Zuschlagen pflichtgemäß umgeschaut und seinen MP3- Player ausgeschaltet, hätte er erkannt, dass kein Überfall vorlag und er hätte nicht zugeschlagen. Der Pflichtwidrigkeitszusammenhang liegt vor. Ebenso der Schutzzweckzusammenhang. Der Tatbestand ist erfüllt. II. Rechtswidrigkeit Rechtfertigungsgründe liegen nicht vor, T handelte rechtswidrig. III. Schuld Ebenfalls müsste T schuldhaft gehandelt haben. Er müsste eine subjektive Sorgfaltspflichtverletzung bei subjektiver Vorhersehbarkeit des Erfolgs begangen haben 23. Es sind keine Umstände erkennbar, dass T in seiner Erkenntnisfähigkeit generell eingeschränkt war, so dass ihm der Pflichtverstoß auch individuell vorwerfbar ist. IV. Strafantrag Der nach 230 StGB erforderliche Strafantrag ist gestellt. V. Ergebnis T hat sich nach 229 StGB wegen fahrlässiger Körperverletzung strafbar gemacht. D. Ergebnis T hat sich nach 229 StGB strafbar gemacht. 2. Tatkomplex: Der Nebenbuhler V 22 Wessels/Beulke, AT, Rn Kindhäuser, AT, 33 Rn

9 A. Versuchter Mord in mittelbarer Täterschaft an V, 211, 22, 23, 25 I 2. Fall StGB T könnte sich durch das Losschicken des D des versuchten Mordes in mittelbarer Täterschaft nach 211, 22, 23 I, 25 I 2. Fall StGB strafbar gemacht haben. I. Vorprüfung V lebt noch und die Tat ist nicht vollendet. Nach 211, 12 I, 23 I StGB ist der Versuch des Mordes strafbar. II. Tatentschluss 1. Hinsichtlich des Todes des V T müsste Tatentschluss hinsichtlich des Todes des V haben. T wollte den lästigen Muskelprotz aus dem Weg räumen und hatte somit Tatentschluss. 2. Hinsichtlich der Tötung durch einen anderen (Tatherrschaft) T hatte die Absicht, die Tat durch einen Dritten durchführen zu lassen, weil er sich nicht selbst die Hände schmutzig machen wollte. Mittelbare Täterschaft setzt zum einen eine aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unterlegene Stellung des als menschliches Werkzeug eingesetzten Tatmittlers und zum anderen die beherrschende Rolle des Hintermannes, der die Sachlage richtig erfasst und daher das Gesamtgeschehen kraft seines planvoll lenkenden Willens in der Hand hält, voraus. Der Hintermann kompensiert dieses Minus kraft überlegenden Wissens oder Wollens und erlangt so die Tatherrschaft 24. D hatte keine Kenntnis von dem tödlichen Inhalt der Plastikflasche, er dachte es handele sich um ein frei verkäufliches Beruhigungsmittel. Er wollte demnach den V nicht töten. D unterlag einem Tatbestandsirrtum gem. 16 I StGB. T wusste, dass in der Plastikflasche kein Beruhigungsmittel sondern 35%-ige Salzsäure war, so dass der Strafbarkeitsmangel des D durch das überlegene Wissen des T kompensiert wurde. Folglich schrieb sich T Tatherrschaft zu. 3. Hinsichtlich Heimtücke Fraglich ist, ob T den Vorsatz hatte, die Tat durch V heimtückisch begehen zu lassen. 24 Kindhäuser, AT, 39 Rn. 5 ff. 9

10 Nach herrschender Meinung handelt heimtückisch, wer in feindseliger Willensrichtung die Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers bewusst zur Tötung ausnutzt. Arglos ist, wer sich keines Angriffs seitens des Täters versieht. Aufgrund dieser Arglosigkeit muss das Opfer wehrlos sein, d.h. es darf keine oder nur eine reduzierte Verteidigungsmöglichkeit besitzen 25. V hätte nichts von der Salzsäure in seinem Getränk gewusst. Er versah sich also keines Angriffs auf sein Leben und war deshalb arg- und wehrlos. Dies wusste T und wollte daher durch D die Arg- und Wehrlosigkeit des V in feindlicher Willensrichtung ausnutzen, mithin eine heimtückische Tatbegehung. Nach anderer Ansicht muss noch ein besonders verwerflichen Vertrauensbruch vorliegen 26. Zwischen T und V bestand keine Vertrauensbeziehung und demnach liegt kein Vertrauensbruch vor. Somit wäre die Heimtücke abzulehnen. Für die zweite Ansicht spricht, dass die Mordmerkmale restriktiv auszulegen sind. Gegen sie spricht, dass der verwerfliche Vertrauensbruch keine festen Konturen aufweist. Weiterhin würde der Heckenschütze nie heimtückisch töten. Der ersten Ansicht wird der Vorzug gegeben. Demnach liegt Heimtücke vor. Hinweis: Innerhalb des Tatentschlusse können weitere Mordmerkmale wie das Vorliegen niedriger Beweggründe und oder Grausamkeit erörtert werden. III.. Unmittelbares Ansetzen Es ist hier fraglich, wann der unmittelbare Täter unmittelbar ansetzt. Nach einer Ansicht besteht unmittelbares Ansetzen bereits dann, wenn der Hintermann auf den Tatmittler einwirkt 27. T hat D bereits die Plastikflasche mit der Anweisung übereicht, dass D dem V den Inhalt verabreichen solle. Folglich hat T unmittelbar angesetzt. Nach anderer Ansicht ist ein unmittelbares Ansetzen erst dann gegeben, wenn der Tatmittler unmittelbar ansetzt 28. D ist erst auf dem Weg zu V und hat dem- 25 BGH, NStZ 1985, Schönke/Schröder/Eser, 211 Rn 26; Otto, JR 1991, 382 f.. 27 Baumann/Weber/Mitsch, 29 Rn Kühl, JuS 1983, 180 f. 10

11 nach noch nicht selbst unmittelbar zur Tat angesetzt. Somit ist ein unmittelbares Ansetzen nicht gegeben. Nach dritter Ansicht liegt ein unmittelbares Ansetzen dann vor, wenn der mittelbare Täter den Geschehensablauf in der Weise aus der Hand gegeben hat, dass er ohne längere zeitliche Unterbrechung unmittelbar in die Tatbestandsverwirklichung einmünden soll 29. D ist bereits auf dem Weg zu einem Kneipenbesuch mit V und es sollte nach Vorstellung des T im Anschluss daran ohne längere zeitliche Zäsur zur Tatbestandsverwirklichung kommen. Folglich liegt ein unmittelbares Ansetzen vor. Die erste und die dritte Ansicht kommen zu dem gleichen Ergebnis, so dass ein Streitentscheid nur hinsichtlich der zweiten Meinung erforderlich ist. Gegen die zweite Ansicht spricht, dass sie keine konsequente Übertragung der Kriterien beinhaltet, die für das unmittelbare Ansetzen bei der Alleintäterschaft entwickelt wurden 30. Eine konsequente Übertragung gewährleistet jedoch die dritte Ansicht, weil bei der Alleintäterschaft ein unmittelbares Ansetzen bejaht wird, wenn der Alleintäter den von ihm in Gang gesetzten Kausalverlauf aus der Hand gegeben hat. Aus diesen Gründen wird die zweite Ansicht abgelehnt und T hat unmittelbar angesetzt. IV. Rechtswidrigkeit T handelte rechtswidrig. V. Schuld T handelte schuldhaft. Hinweis: Es besteht kein Anlass, eine Rücktritt vom Versuch zu prüfen. VI. Ergebnis T hat sich nach 211, 22, 23 I, 25 I 2. Fall. StGB strafbar gemacht. B. Totschlag in mittelbarer Täterschaft an W gem. 212,, 25 I 2. Fall StGB T könnte sich wegen Totschlags in mittelbarer Täterschaft an W gemäß 29 BGHSt 30, 363 f.; Wessels/Beulke, AT, Rn BGHSt 30, 363 f.; Wessels/Beulke, AT, Rn

12 211, 25 I 2. Fall StGB strafbar gemacht haben, in dem er H bat, das Glas von V mit einem vermeintlichen Beruhigungsmittel zu versetzen, H aber aufgrund eines Irrtums das Mittel in das Glas von W füllte und dieser an den tödlichen Wirkungen des Mittels starb. I. Tatbestand 1. Tod eines Menschen Ein anderer Mensch müsste tot sein. W verstirbt an den Wirkungen der Säure, ein anderer Mensch ist somit tot. 2. Tatherrschaft W verstirbt an den Wirkungen der Salzsäure, die ihm H in sein Bierglas getan hat. Das Handeln des H ist dem T nach 25 I 2. Fall StGB zuzurechnen, da dieser wieder kraft seines überlegenden Wissens die Tatherrschaft innehatte (s.o.). 3.. Vorsatz Ebenfalls müsste der Vorsatz vorliegen. H hatte unwissentlich einen anderen Menschen getötet, als er sollte. Fraglich ist allerdings angesichts des Umstandes, dass H eine andere Person getötet hat als die, die er töten sollte, ob dem Hintermann T der Tod von W zum Vorsatz zugerechnet werden kann. Der in der Person des Tatmittlers H vorliegende Irrtum könnte den Vorsatz des mittelbaren Täters T in Bezug auf den Tod von W ausschließen. H verhört sich bei dem Namen des Bekannten, dem er die Salzsäure verabreichen sollte. Er unterlag damit einem Identitätsirrtum, wenn auch nicht in der klassischen Form des error in persona, bei dem es um eine Objektsverwechselung im Zeitpunkt der Ausführungshandlung geht 31. Dies vermag jedoch nichts an der rechtlichen Einordnung dieses Irrtums zu ändern, weil es keinen Unterschied macht, ob der Tatmittler bereits vor dem unmittelbaren Ansetzen seiner Handlung abirrt oder währenddessen. Die Fehlvorstellung des H ist demnach als error in persona vel objecto zu behandeln 32. Umstritten ist, wie sich dieser Irrtum des H auf die Strafbarkeit des Hintermannes T auswirkt. 31 Tröndle/Fischer, StGB, 16 Rn Schönke/Schröder/Cramer/Heine, 25 Rn

13 Eine Ansicht stellt darauf ab, dass der Tatmittler i.s.d. 25 I 2. Fall StGB als menschliches Werkzeug anzusehen ist und wird einem mechanischen gleichgestellt. Verfehlt also der Tatmittler aufgrund eines error in persona das vom Hintermann anvisierte Objekt, führt dies beim mittelbaren Täter zu einer aberratio ictus 33. Danach müsste eine Strafbarkeit wegen Versuchs bzgl. des durch T anvisierten Objektes V und Fahrlässigkeit hinsichtlich des getroffenen Objekts in Betracht kommen. Hinweis: Das Vorgenannte gilt, wenn und soweit der überwiegenden Auffassung zu den Auswirkungen einer aberratio ictus auf den Vorsatz gefolgt wird. Nach überwiegender Ansicht wirkt sich nicht jeder Identitätsirrtum des Tatmittlers als aberratio ictus für den Hintermann aus. Es ist vielmehr eine weitere Unterscheidung bezüglich der Zuständigkeit für die Individualisierung vorzunehmen 34. Wenn der mittelbare Täter dem Werkzeug die Individualisierung überlässt, dann ist der error in persona des Tatmittlers dem mittelbaren Täter zuzurechen. Denn wenn der Hintermann dem Tatmittler die Individualisierung des Tatobjekts aufgrund bestimmter Charakteristika überlässt, dann muss er sich auch die Auswahlfehler des Tatmittlers zurechnen lassen. Liegt hingegen die Individualisierung beim mittelbaren Täter, dann ist der error in persona vel objecto des Tatmittler als aberratio ictus für den mittelbaren Täter zu behandeln. H sollte nach den Anweisungen des T dem V das angebliche Beruhigungsmittel verabreichten. Damit war das Tatobjekt so genau individualisiert, dass keine Auswahlbefugnis mehr bestand. Somit liegt auch nach der zweiten Ansicht eine aberratio icuts vor, so dass eine Stellungnahme entbehrlich ist. T hatte keinen Vorsatz bezüglich der Tötung des W. Der Tatbestand ist nicht erfüllt. 33 Jescheck/Weigend, AT, 62 III Schönke/Schröder/Cramer/Heine, 25 Rn. 52; Streng, JuS 1991, 910 (916); Puppe, NStZ 1991,

14 II. Ergebnis T hat sich nicht nach 212, 25 I 2. Fall StGB strafbar gemacht. C. Versuchter Mord in mittelbarer Täterschaft an V, 211, 22, 23 I, 25 I 2. Fall StGB Indem T den H anweist, dem V Salzsäure als angebliches Beruhigungsmittel zu verabreichen, könnte er sich des versuchten Mordes in mittelbarer Täterschaft strafbar gemacht haben. I. Vorprüfung T ist nicht wegen eines vollendeten Tötungsdelikts strafrechtrechtlich verantwortlich, weil ihm der eingetretene Tod von W nicht zum Vorsatz zugerechnet werden kann (s.o.). Der Versuch des 211 StGB ist nach 12, 23 I StGB strafbar. II.. Tatenschluss T hatte Tatenschluss, den V in mittelbarer Täterschaft heimtückisch zu töten (s.o.). III. Unmittelbares Ansetzen Ein unmittelbares Ansetzen des T ist bereits gegeben, als D sich mit der Plastikflasche auf den Weg zu einem Kneipenbesuch mit V macht (s.o.). IV. Rechtswidrigkeit T handelte rechtwidrig. V. Schuld T handelte ebenfalls schuldhaft. VI. Ergebnis T ist nach 211, 22, 23 I, 25 I 2. Fall StGB strafbar. D. Fahrlässige Tötung an W, 222 StGB Weiterhin könnte T sich aufgrund des bereits unter B. geschilderten Verhaltens der fahrlässigen Tötung an W strafbar gemacht haben. I. Tatbestand 1. Eintritt des tatbestandlichen Erfolges W ist gestorben, der tatbestandliche Erfolg ist somit eingetreten. 14

15 2. Kausalität Die Handlung des T müsste auch kausal für den Todeseintritt bei W gewesen sein. Kausal ist eine Handlung für den Erfolg, wenn sie nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfiele (conditio sine qua non- Formel) 35. Die 35%-ige Salzsäure war conditio- sine- qua- non für den Todeseintritt bei W. 3. Objektive Sorgfaltspflichtverletzung Fraglich ist, ob eine objektive Sorgfaltspflichtverletzung bei objektiver Vorhersehbarkeit des Erfolges und des wesentlichen Kausalverlaufs vorliegt. Es ist objektiv sorgfaltswidrig, eine Plastikflasche mit 35%-ige Salzsäure in den Verkehr zu bringen. Problematisch ist jedoch die objektive Vorhersehbarkeit. Objektiv voraussehbar ist, was ein umsichtig handelnder Mensch aus dem Verkehrskreis des Täters unter den jeweils gegebenen Umständen auf Grund der allgemeinen Lebenserfahrung in Rechnung stellen würde 36. Es war für T nicht vorhersehbar, dass sich H verhört und die Salzsäure in das Glas von W mischt. Somit scheidet eine objektive Vorhersehbarkeit aus. Hinweis: Eine andere Ansicht ist gleichermaßen vertretbar. Der Tatbestand ist nicht erfüllt. II.. Ergebnis T ist nicht nach 222 StGB strafbar. E. Ergebnis T hat sich des versuchten Mordes in mittelbarer Täterschaft an V durch das Losschicken des D strafbar gemacht. Weiterhin hat sich T des versuchten Mordes in mittelbarer Täterschaft an V durch die Anweisung an H strafbar gemacht. 35 BGHSt 49, 1 (3ff.). 36 Wessels/Beulke, AT, Rn. 667 ff. 15

16 3. Tatkomplex: Der Schokoladenpudding A. Totschlag, 212 I StGB Indem M die O dazu brachte, den versalzenen Schokoladenpudding zu essen, könnte sie sich wegen eines Totschlags nach 212 I StGB strafbar gemacht haben. I. Tatbestand 1.. Tod eines Menschen/ Kausalität/Objektive Zurechnung O ist durch die Anweisung der M gestorben. Dies war ihr auch objektiv zurechenbar. Der objektive Tatbestand ist erfüllt. 2.. Subjektiver Tatbestand Fraglich ist, ob M auch vorsätzlich handelte. Vorsatz ist der Wille zur Verwirklichung eines Straftatbestandes in Kenntnis aller seiner objektiven Tatumstände 37. Es könnte dolus eventualis in Betracht kommen. Beim Eventualvorsatz hält der Täter es ernstlich für möglich und findet sich damit ab, dass sein Verhalten zur Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes führt 38. M nimmt zwar billigend in Kauf, dass es der O nach dem Verzehr des Puddings schlecht geht, jedoch weiß sie weder, wie viel Salz genau in der Speise war, noch dass die Aufnahme von 0.5 bis 1 g Kochsalz pro Kilogramm Körpergewicht zum Tode führt. Dadurch fehlt sogar jeder Anhaltspunkt für das Vorliegen von dolus eventualis. M handelte nicht vorsätzlich. Der Tatbestand ist nicht erfüllt. II. Ergebnis M hat sich nicht gem. 212 I StGB des Totschlags strafbar gemacht. Hinweis: Es könnte auch ein Totschlag in mittelbarer Täterschaft nach 212 I, 25 I 2. Fall StGB geprüft werden. Denn der Tod der O ist erst durch ihre Mitwirkung, das Essen der Speise, eingetreten und nicht durch den Zwang der M auf die O. M hätte dann das Opfer O als Werkzeug gegen sich selbst verwendet. 37 Wessels/Beulke, AT, Rn Wessels/Beulke, Rn

17 Dieser Tatbestand scheitert ebenfalls am fehlenden Vorsatz der M. B. Gefährliche Körperverletzung, 223 I, 224 I Nr. 1, 5 StGB Indem M die O zwang die versalzene Süßspeise zu essen, könnte sie sich der gefährlichen Körperverletzung nach 223 I, 224 I Nr. 1, 5 StGB strafbar gemacht haben. I. Tatbestand 1.. Grundtatbestand des 223 I StGB Der Grundtatbestand des 223 I StGB müsste erfüllt sein. a. Körperliche Misshandlung O müsste körperlich misshandelt worden sein. Körperliche Misshandlung ist jede üble, unangemessene Behandlung, die das körperliche Wohlbefinden oder die körperliche Integrität mehr als nur unerheblich beeinträchtigt 39. Die Anweisung, den Pudding zu essen, ist eine üble und unangemessene Behandlung. Diese hat bei O zu Übelkeit, Erbrechen und starken Durchfall geführt und beeinträchtigt das körperliche Wohlbefinden der O. Folglich wurde O körperlich misshandelt. b. Gesundheitsschädigung Weiterhin könnte O an der Gesundheit geschädigt worden sein. Gesundheitsschädigung ist das Hervorrufen oder Steigern eines pathologischen Zustandes 40. Die bei O festgestellte Kochsalzintoxikation ist ein pathologischer Zustand, so dass O ebenfalls an der Gesundheit geschädigt wurde. c. Kausalität M müsste die körperliche Misshandlung und die Gesundheitsschädigung der M durch eine eigene und kausale Handlung hervorgerufen haben. Kausal ist eine Handlung für den Erfolg, wenn sie nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfiele (conditio sine qua non- Formel) 41. Hätte M die O nicht gezwungen, den versalzenen Schokoladenpudding 39 BGHSt 14, BGH, NJW 1960, 2253; Schönke/Schröder/Eser, 223 Rn BGHSt 49, 1 (3 ff.). 17

18 zu essen, dann wäre es bei O nicht zu Übelkeit, Erbrechen und Durchfall gekommen. Somit war die Handlung der M kausal für den Erfolg. Der Grundtatbestand des 223 StGB ist erfüllt. 2.. Qualifikation nach 224 StGB Ebenfalls könnte M den Qualifikationstatbestand des 224 StGB verwirklicht haben. a. Beibringen von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen, 224 I Nr. 1 StGB Das Salz könnte Gift oder ein anderer gesundheitsschädlicher Stoff sein. Unter Gift fallen die organischen oder anorganischen Stoffe, die chemisch oder chemisch-physikalisch wirken. 42 Zu den anderen gesundheitsschädlichen Stoffen zählen namentlich alle, die mechanisch oder thermisch wirken. Unerheblich ist, ob es sich um feste, flüssige oder gasförmige Materien handelt 43. Fraglich ist jedoch, ob es sich bei einem Stoff des alltäglichen Bedarfs wie Salz um Gift oder einen gesundheitsschädlichen Stoff handelt. 224 I Nr. 1 StGB setzt entgegen seiner Vorgängervorschrift des 229 I StGB in der Fassung vor Inkrafttreten des 6. Strafrechtsreformgesetzes nicht mehr voraus, dass das Gift oder die ihm gleichgestellten Stoffe die Gesundheit zu zerstören geeignet sind. Ebenfalls wird auch durch die Beibringung nicht mehr die verursachte Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung verlangt 44. Es genügt für den objektiven Tatbestand bereits die Gesundheitsschädlichkeit des Stoffes, dessen Beibringung das Opfer im Sinne des 223 StGB an der Gesundheit schädigt. Die Substanz muss nach ihrer Art und dem konkreten Einsatz zur erheblichen Gesundheitsschädigung geeignet sein. Danach werden, wie auch bei der Rechtsprechung zum gefährlichen Werkzeug gem. 224 I StGB, auch an sich unschädliche Stoffe des täglichen Bedarfs erfasst, wenn ihre Beibringung nach Art der Anwendung oder Zuführung des Stoffes, seiner Menge oder Konstitution, nach dem Alter und der Konstitution des 42 Rengier, BT II, 14 Rn Schönke/Schröder/Stree, 224 Rn. 2c. 44 BGHSt 51, 18 (22). 18

19 Opfers mit der konkreten Gefahr einer erheblichen Schädigung im Einzelfall verbunden ist 45. Durch das Zuführen des versalzenen Puddings und der bei der erst vierjährigen O entstandenen Kochsalzintoxikation mit tödlichem Ende liegt eine erhebliche Schädigung im Einzelfall vor. Damit ist die Qualifikation des 224 I Nr. 2 StGB erfüllt. b. Lebensgefährdende Behandlung, 224 I Nr. 5 StGB Ebenfalls könnte durch die Anweisung den versalzenen Pudding zu essen, eine lebensgefährdende Behandlung im Sinne von 224 I Nr. 5 StGB vorliegen. Eine das Leben gefährdende Behandlung liegt vor, wenn die Begehungsweise der Tat nach den konkreten Umständen objektiv geeignet war, das Opfer in Lebensgefahr zu bringen 46. Es ist umstritten, ob die tatsächlich erlittene Verletzung konkret lebensgefährlich sein muss. Nach einer Ansicht ist 224 I Nr. 5 StGB bereits bei einer abstrakten 47 Gefahr, nach anderer Ansicht erst bei Eintritt einer konkreten 48 Gefahr erfüllt ist. Jedoch ist die O an der Behandlung gestorben, so dass auch nach der engeren Auffassung, die eine konkrete Gefahr voraussetzt, eine das Leben gefährdende Behandlung vorliegt. Der objektive Tatbestand ist erfüllt. 3.. Subjektiver Tatbestand M müsste ebenfalls vorsätzlich gehandelt haben, und zwar hinsichtlich des Grunddelikts, als auch hinsichtlich der qualifizierenden Merkmale. a. Vorsatz bzgl. 223 I StGB M wusste, dass der versalzene Pudding bei O zu Magenverstimmungen, Bauchschmerzen oder Unwohlsein führen wird und wollte dies. Demnach handelte sie vorsätzlich. b. Vorsatz bzgl. 224 I Nr. 1, 5 StGB Fraglich ist, ob M vorsätzlich hinsichtlich der Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen ( 224 I Nr. 1 StGB) handelte. M war weder 45 BGHSt 51, 18 (22 f.). 46 BGHSt 2, 160 (163). 47 BGH, NStZ 2004, 618; BGH NStZ 2005, 156 (157). 48 Schönke/Schröder/Stree, 224 Rn. 12; Stree, Jura 1980, 281 (291 f.). 19

20 bekannt, wie viel Salz genau in dem Pudding war, noch die Folgen der Salzaufnahme. Jedoch nahm sie eine Beeinträchtigung des physischen Wohlbefindens und auch weitergehende gesundheitliche Schädigungen (Bauchschmerzen, Übelkeit) in Kauf. Diese gesundheitlichen Schädigungen können, zumal bei einem vierjährigen Kind, auch pathologischer Art sein und damit dem Begriff der Gesundheitsschädigung im Sinne von 223 I StGB entsprechen. Es ist unerheblich, ob dieser Zustand dauerhaft oder vorübergehend ist 49. Ebenfalls für ein vorsätzliches Handeln der M spricht, dass sich O gegen die Anweisung der M sträubt und den Pudding nur widerwillig isst. Der dadurch hervorgerufene pathologische Zustand der O war der M egal und sie hat ihn gebilligt 50. Demnach handelte M vorsätzlich hinsichtlich der gefährlichen Körperverletzung nach 223 I, 224 I Nr. 1 StGB. M könnte ebenfalls vorsätzlich hinsichtlich einer lebensgefährlichen Behandlung nach 224 I Nr. 5 StGB gehandelt haben. Es gibt keine Anhaltspunkte, dass M auch nur die abstrakte Möglichkeit gesehen hat, dass O durch den Verzehr des versalzenen Puddings sterben würde. Demnach ist ein Vorsatz bzgl. 224 I Nr. 5 StGB nicht vorhanden. II. Rechtswidrigkeit Das Handeln der M müsste rechtswidrig sein. M wies die O aus erzieherischen Gründen an, den Pudding zu essen, so dass an eine Rechtfertigung durch Züchtigungsrecht zu denken ist. Nach 1631 II 2 BGB sind jedoch körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen gegenüber Kindern unzulässig. Damit wird nach herrschender Meinung ein Züchtigungsrecht generell ausgeschlossen 51. Eine Mindermeinung sieht noch die Möglichkeit der Rechtfertigung einer körperlichen Züchtigung, wenn es sich um eine mäßige Misshandlung handelt 52 bzw. die körperliche Bestrafung nicht entwürdigend ist 53. Allerdings 49 BGHSt 51, 18 (23). 50 BGHSt 51, 18 (23). 51 Fischer, 223 Rn. 18 f.; Roxin, JuS 2004, 177 (179). 52 Roellecke, NJW 1999, 337 (3389: 53 Lackner/Kühl, 223 Rn

21 setzt auch nach der Mindermeinung ein Recht zur Züchtigung voraus, dass durch die Züchtigung das Kind vor zukünftigem gefährlichen Benehmen und selbstzerstörerischen Aktionen bewahrt werden soll. Körperliche Züchtigung ist unzulässig bei bereits begangenen Fehlverhalten oder als Abschreckung für die Zukunft 54. M zwang die O die versalzene Speise zu essen, um sie für das vorherige Verhalten zu bestrafen, so dass auch nach der Minderheitsmeinung eine Rechtfertigung aufgrund des Züchtigungsrechts ausgeschlossen ist. M handelte rechtswidrig. III. Schuld M handelte auch schuldhaft. IV. Ergebnis M ist strafbar gem. 223, 224 I Nr. 1 StGB. C. Körperverletzung mit Todesfolge, 227 I StGB M könnte sich durch die Anweisung an O, den versalzenen Pudding zu essen, ebenfalls wegen Körperverletzung mit Todesfolge nach 227 I StGB strafbar gemacht haben. I. Tatbestand 1. Grunddelikt M hat den objektiven und subjektiven Tatbestand der einfachen Körperverletzung verwirklicht. 2. Qualifikation Fraglich ist, ob auch die Qualifikation des 227 StGB erfüllt ist. a. Eintritt der schweren Folge Die schwere Folge des 227 StGB müsste erfüllt sein, also ein anderer Mensch müsste tot sein. O ist tot und somit ist die schwere Folge des 227 I StGB eingetreten. b. Kausalität des Grunddelikts für die schwere Folge Der Täter muss durch die Körperverletzung den Tod des Opfers verursacht haben. Die Körperverletzung durch den Zwang zum Verzehr des versalzenen Pud- 54 Schönke/Schröder/Eser, 223 Rn. 21 f.. 21

22 dings kann nicht hinweggedacht werden, ohne dass der Tod der T infolge der Kochsalzintoxikation entfällt. Demnach ist das Grunddelikt kausal für die schwere Folge. c. Unmittelbarkeitszusammenhang. Die schwere Folge darf nicht nur zufällig durch das Grunddelikt verwirklicht werden, sondern sie muss das Resultat einer typischen Gefahr des Grunddelikts sein (Unmittelbarkeitszusammenhang oder deliktsspezifischer Gefahrzusammenhang) 55. Umstritten ist, ob für das Vorliegen des Unmittelbarkeitszusammenhangs erforderlich ist, dass der Tod des Opfers aus dem Erfolg des Grunddelikts resultiert 56 oder ob es ausreicht, wenn die Handlung des Grunddelikts die schwere Folge herbeiführt 57. O ist an der Kochsalzintoxikation gestorben und somit an den Auswirkungen der Gesundheitsschädigung. Folglich ist nach beiden Meinungen ein Unmittelbarkeitszusammenhang gegeben. d. Fahrlässigkeit Nach 18 StGB muss der Täter bei eine Erfolgsqualifikation wie 227 StGB hinsichtlich der Herbeiführung der schweren Folge wenigstens fahrlässig handeln. Fahrlässig handelt, wer sich objektiv sorgfaltswidrig verhält, sofern auch der konkrete Erfolg und der wesentliche Kausalverlauf objektiv vorhersehbar waren 58. Die Sorgfaltswidrigkeit und die Vermeidbarkeit bei der Körperverletzung mit Todesfolge ergibt sich schon aus der vorsätzlichen Begehung der Grunddelikte der 223 f. StGB, so dass hier nur die Vorhersehbarkeit des tödlichen Erfolges alleiniges Merkmal der subjektiven Fahrlässigkeitsprüfung ist 59. Wichtig ist, ob der Täter in der konkreten Lage nach seinen persönlichen Kenntnissen und Fähigkeiten den Eintritt des Todes des Opfers voraussehen konnte oder ob die tödliche Gefahr für das Opfer so weit außerhalb der Lebenswahrscheinlichkeit lag, dass die qualifizierende Folge dem Täter deshalb nicht zuzu- 55 BGHSt 48, 34 (37); Fischer, 227 Rn Roxin, AT 1, 10 Rn. 115 f..; Lackner/Kühl, 227 Rn BGHSt 14, 110 (112); Rengier, BT II, 16 Rn Fischer, 227 Rn BGHSt 51, 18 (21). 22

23 rechnen ist. 60 M besaß keine Kenntnis davon, dass bereits geringe Mengen an Kochsalz bei einem kleinen Kind lebensgefährliche Vergiftungserscheinungen hervorruft. Dieses Wissen ist wenig verbreitet und gehört keinesfalls zur medizinischen Kenntnis, welche sich fast jede Mutter über kurz oder lang aneignet 61. In Ermangelung der Vorhersehbarkeit des konkreten Erfolges ist somit die erforderliche vorwerfbare Verursachung des Erfolges des 227 I StGB nicht gegeben. Der Tatbestand des 227 StGB ist nicht erfüllt. II. Ergebnis M ist nicht nach 227 StGB strafbar. D. Fahrlässige Tötung, 222 StGB Eine Strafbarkeit der M nach 222 StGB durch den Zwang auf die O, den Pudding zu essen, scheitert ebenfalls an der fehlenden Vorhersehbarkeit. E. Ergebnis M hat sich nach 223, 224 I Nr. 1 StGB strafbar gemacht. 60 BGHSt 31, 96 (100); BGH NStZ 1997, 82 f.; BGHSt 51, 18 (10). 61 BGHSt 51, 18 (10). 23

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