Verschwiegenheitspflicht und virtueller Datenraum bei Immobilientransaktionen Ein (un)lösbarer Konflikt?
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- Valentin Kaufer
- vor 8 Jahren
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Transkript
1 Rechtsanwalt Jan Wunschel
2 Virtuelle Datenräume bei Immobilientransaktionen > Unverzichtbar (gerade bei großen Bieterverfahren) > werden heute auch häufig schon im Vorfeld (property / asset management) eingesetzt > Tool der Immobilien Due Diligence: dient der Aufklärung des Käufers > hat physischen Datenraum verdrängt 2
3 Vorteile des virtuellen Datenraums gegenüber dem physischen Datenraum > zeitliche Verkürzung der Immobilien Due Diligence > schnellere Orientierung > weniger Kosten > leichtere Aktualisierung > mehr Transparenz durch lückenlose Dokumentation des Einsichtsverhaltens ( audit-trailing ) der Datenraumnutzer Aber: > Risiken und rechtliche Konsequenzen der Einstellung von Informationen in den virtuellen Datenraum und entsprechende Weitergabe vielfach unbekannt 3
4 Verschwiegenheit kontra Aufklärungspflicht der Konflikt > Verschwiegenheitsverpflichtungen im Umgang mit virtuellen Datenräumen kommen aus dem : > Gesellschaftsrecht: 93 I 3 Aktiengesetz (AktG); 85 I GmbHG > Wertpapierrecht: 14 I Nr. 1 Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) > Datenschutzrecht: 4, 28 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) > Aufklärungspflichten bestehen: > kraft Gesetz > als vertragliche Nebenpflichten 4
5 Verschwiegenheit kontra Aufklärungspflicht das Risiko > Ordnungswidrigkeiten > Strafbarkeit > Schadensersatzansprüche und mögliche > Unwirksamkeit des Immobilienkaufvertrages wegen Verstoß gegen gesetzliche Verschwiegenheits- und Geheimhaltungsverpflichtungen nach 134 BGB 5
6 93 I 3 AktG Sinn und Zweck: > Schutz des Unternehmensinteresses Tatbestand Über vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft, namentlich Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse, die den Vorstandsmitgliedern durch ihre Tätigkeit im Vorstand bekanntgeworden sind, haben sie Stillschweigen zu bewahren Vorstand muss über > vertrauliche Angaben und > Geheimnisse > Stillschweigen bewahren 6
7 93 I 3 AktG Beispiele > Erkannte Formprobleme bei gewerblichen Mietvertragen > Verdacht auf Altlasten > Ansiedlungspläne eines Mitbewerbers > Kreditverträge > Auswertungen Kundenströme > Cash Flow 7
8 93 I 3 AktG Rechtsfolgen > Schadensersatz > Grund zur Abberufung des Vorstands > Strafbarkeit nach 404 AktG. 8
9 93 I 3 AktG Lösung > Abwägung > Nachteile bei Bekanntwerden > Vorteile des Verkaufs > Abgestimmte Informationsweitergabe > nach Fortschritt und Intensität der Kaufabsichten der Bieter > nach Personenkreis beschränken 9
10 93 I 3 AktG > Track record Datenraumanbieter > Vertragliche Regelung mit Datenraumanbieter > Sicherungsmechanismen des virtuellen Datenraums > Trennung von Anwendungs- und Systemadministration > On-site scanning > Authentisierung des Bieters > Encrypted Storage > Audit Protokoll > Sicherstellen: Datenraumnutzer darf Informationen nicht an Dritte weitergeben 10
11 93 I 3 AktG Fazit: > Bei Beachtung und entsprechender Dokumentation vorstehender Punkte Einrichtung und Öffnen eines virtuellen Datenraums kein Verstoß gegen 93 I 3 AktG > Bei Verkauf des Zielunternehmens: Interessen der Aktionäre und der Gesellschaft oft nicht deckungsgleich dann ist Abwägung besonders sorgfältig durchzuführen 11
12 85 I GmbHG Sinn und Zweck: > Schutz des Unternehmensinteresses Tatbestand: Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer ein Geheimnis der Gesellschaft, namentlich ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, das ihm in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer, Mitglied des Aufsichtsrats oder Liquidator bekanntgeworden ist, unbefugt offenbart. 12
13 85 I GmbHG > Betriebs - oder Geschäftsgeheimnis > Geschäftsführer bekanntgeworden > unbefugtes Offenbaren Rechtsfolgen: > Strafbarkeit nach 85 II GmbHG bei Bereicherungsabsicht > Schadensersatzanspruch gegen Geschäftsführer nach 43 GmbHG 13
14 85 I GmbHG Lösung: > auch hier Abwägung erforderlich > abgestufte Informationsweitergabe > Gesellschafterbeschluss einholen! > im Übrigen vgl. Ausführungen zu 93 I 3 AktG 14
15 14 I Nr. 2 WpHG Sinn und Zweck: > ungestörtes Funktionieren des Kapitalmarkts > Anzahl von Insidern soll klein gehalten werden > Vermeidung von Sondervorteilen Tatbestand: > börsennotierte Gesellschaft > verkauft Immobilie oder ist selbst Zielgesellschaft > stellt Daten in virtuellen Datenraum ein: nicht öffentlich bekannte Tatsachen > bei Bekanntwerden: geeignet Werteinschätzung der Gesellschaft zu beeinflussen > Einstellen muss unbefugt sein 15
16 14 I Nr. 2 WpHG Rechtsfolgen: > Strafbarkeit bzw. Ordnungswidrigkeit Lösung: > Abwägung zwischen: > Zielen des Insiderrechts > berechtigten Belangen von wirtschaftlichen Institutionen (vgl. 93 I 3 AktG) > Vertraulichkeitserklärungen 16
17 BDSG Sinn und Zweck: > Zweck des Gesetzes ist es, den Einzelnen davor zu schützen, dass er durch den Umgang mit seinen personenbezogenen Daten in seinem Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt wird, 1I BDSG Tatbestand: 4 I BDSG Die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten sind nur zulässig, soweit dieses Gesetz oder eine andere Rechtsvorschrift dies erlaubt oder anordnet oder der Betroffene eingewilligt hat. 17
18 BDSG: Rechtsfolgen: > Ordnungswidrigkeit / Strafbarkeit Lösung: > Einwilligung des Betroffenen meist nicht möglich > Abwägung nach 28 BDSG erforderlich 18
19 BDSG 28 BDSG: Das Erheben, Übermitteln personenbezogener Daten für die Erfüllung eigener Geschäftszwecke ist zulässig soweit es zur Wahrung berechtigter Interessen der verantwortlichen Stelle erforderlich ist und kein Grund zu der Annahme besteht, dass das schutzwürdige Interesse des Betroffenen an dem Ausschluss der Verarbeitung oder Nutzung überwiegt > Abwägung erforderlich, vgl. Ausführungen zu 93 I 3 Akt.G > Abwägung muss dokumentiert werden 19
20 BDSG Internationale Bezüge Problem > Weitergabe von Daten in das Ausland > Server des Datenraumanbieters im Ausland Rechtslage > Innerhalb der EU ist die Datenüberlassung bei Einhaltung der nationalen Datenschutzbestimmungen zulässig (wegen EU-Datenschutzrichtlinie) 20
21 BDSG Außereuropäisch: > Safe-Harbor- Abkommen > Standardvertragsklauseln der Europäischen Kommission Empfehlung: > Nur Datenraumanbieter mit Server in Deutschland oder zumindest innerhalb der EU beauftragen! 21
22 Checkliste > Bringt Weitergabe von Daten im Fall des Abbruchs der Transaktion irreversible Nachteile? Überwiegen Vorteile der Transaktion? > abgestimmte Informationsweitergabe > Zustimmung Gesellschafter der Zielgesellschaft einholen > wenn möglich, keine personenbezogenen Daten einstellen > optimale technische Sicherung des Datenraums > rechtlich belastbare Vertraulichkeitsvereinbarungen des Datenraumnutzers und des Datenraumanbieters 22
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