Mobbing bei Schulkindern Pädagogische Hilfe und Unterstützung Schillings Christine
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- Britta Sauer
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1 Mobbing bei Schulkindern Pädagogische Hilfe und Unterstützung Schillings Christine Eigentlich sollte die Schule ja ein Ort sein, an dem man sich wohlfühlt. Leider gilt das nicht immer und nicht für alle. Manche SchülerInnen beschleicht schon am Wochenende oder gar jeden Morgen ein flaues Gefühl, wenn sie an den nächsten Schultag denken. Der Grund hierfür müssen nicht unbedingt schlechte Leistungen sein. Immer mehr fällt auf bzw. wird erkannt, dass SchülerInnen von Schulkameraden massiv ausgegrenzt und schikaniert werden können und darin der Grund ihrer Schulverweigerung, ihrer körperlichen Beschwerden, ihrer schlechter werdenden Leistungen sein kann. Weil sie sich nicht angemessen wehren können, weil ihre Not und die Ernsthaftigkeit ihrer Lage oft lange nicht erkannt werden und ihnen keine angemessene Hilfe zuteil wird, stehen sie zudem alleine da. Nicht jeder Streit, nicht jede Hänselei, nicht jede Schikane ist Mobbing. Mobbing bezeichnet vielmehr einen Prozess der systematischen Ausgrenzung und Erniedrigung, von einer oder mehreren Personen betrieben, und das mit Regelmäßigkeit und über einen längeren Zeitraum. Mobbing-Opfer fühlen sich unterlegen und hilflos und finden keine eigenen Möglichkeiten, aus dem Teufelskreis auszubrechen. Sie sind auf Hilfe angewiesen! Nicht jede Gewalt ist Mobbing, aber Mobbing ist immer Gewalt. Das Thema Mobbing in der Schule ist eingebettet in das Thema Gewalt an der Schule. Ich möchte mich hier Mustafa Jannan anschließen, der zwischen Gewalt und Mobbing bzgl. Schweregrad unterscheidet, wie übrigens auch andere Autoren. Er meint: Mobbing ist auch oder besonders die Ausübung kleiner Gewalt, das Auslachen von Mitschülern, das Beleidigen oder Beschimpfen, das Verbreiten von Unwahrheiten, das Verstecken von Sachen, die Zerstörung von persönlichem Eigentum, das Anrempeln, Herumstoßen, Erniedrigen, Ausschließen erst ganz am Ende dieser Aufzählung steht die schwere körperliche Gewalt (vgl. Jannan Seite 21-22). Die Übergänge können fließend sein: was als kleine Gewalt beginnt, kann als schwere Misshandlung enden. Mobbing ist Realität an unseren Schulen Physische und psychische Gewalt an Schulen ist eine Tatsache und hat neben schulinternen Bedingungen viel mit familiären Hintergründen, sozialer Integration, sozialer und emotionaler Kompetenz der Kinder und Jugendlichen und der Erwachsenen zu tun. Durch das Medieninteresse und die häufig sehr spektakuläre Berichterstattung hat sich in den Köpfen von uns allen der Eindruck verstärkt, Gewalt an Schulen nehme zu. Doch Gewalt an Schulen ( ) ist keine neue gesellschaftliche Entwicklung (Kristian Klett 2005, S. 6). Die Älteren unter uns erinnern sich sicherlich auch an die oft grausamen Spiele auf dem Schulhof und an die Tatzen, Ohrfeigen und Kopfnüsse der Erwachsenen. Bücher wie Die Verwirrungen des Zöglings Törleß von Robert Musil oder Friedrich Torbergs Der Schüler Gerber zeigen eine Schulund Familienwelt, die beileibe nicht immer rosig war. Eindeutige Zahlen über eine Zunahme im Vergleich zu früher liegen nicht vor. Dennoch lassen die Zahlen aufhorchen: Statistiken sprechen von % gemobbter SchülerInnen an Deutschlands Schulen (vgl. Jannan 2008, S. 23.), die Grundschule ist entgegen landläufiger Wahrnehmung am meisten betroffen. In den höheren Schulen ist die Schillings Christine - 1 -
2 Gewalt offensichtlicher und zum Teil auch schwerer (daher auch medienwirksamer). Neben der Häufigkeit von Gewalt spielt auch die Qualität der Übergriffe eine Rolle und hier zeigen Untersuchungen, dass insgesamt die Empathie für das Gegenüber abgenommen hat. Das kommt auch beim Mobbing mittels Handy und Internet zum Ausdruck, Formen, die zudem neue Dimensionen ins Spiel gebracht haben: Anonymität und eine große Gruppe von Zuschauern und Mitmachern, meist ohne Gefahr zu laufen, zur Verantwortung gezogen zu werden. Jeder im Schulalltag Tätige kann Opfer oder Täter sein Das Geschlecht, die Intelligenz oder die soziale Schicht spielen dabei keine ausschlaggebende Rolle. Olweus hat in seinen Untersuchungen aufgezeigt, dass Jungen Gewalt eher ausgesetzt sind als Mädchen (vgl. Olweus 2002 S. 29). Während bei den Jungen offene Angriffe häufiger genannt werden, sind es bei Mädchen vermehrt Formen mittelbarer Gewalt wie Schikanieren, Verleumden, Ausgrenzen. Mobbing entsteht zwischen einzelnen SchülerInnen. Durch die Anwesenheit einer Gruppe wird der Mobbing-Prozess jedoch dadurch begünstigt, dass sich andere SchülerInnen dem Mobber/der Mobberin anschließen oder das Vorgehen durch Beifall oder Wegschauen dulden. Der/Die InitiatorIn Befürwortende Anhänger Wehrhaftes Opfer Passives Opfer Schweigende (Mehrheit) Ein/e typische/r GewalttäterIn zeigt eine positive Einstellung zu Gewalt und der Anwendung von Gewalt als Schulkinder im Allgemeinen, auch gegenüber Erwachsenen. Sie zeichnen sich durch Impulsivität aus und durch ein starkes Bedürfnis, Macht auszuüben. Sie fühlen sich körperlich meist überlegen, nicht nur gegenüber ihren Opfern. Olweus untersuchte auch Faktoren wie Ängstlichkeit und Unsicherheit von Tätern, fand dies aber nicht signifikant bestätigt. Er stellte bei Tätern in Gruppen Selbstsicherheit und ein durchschnittlich ausgeprägtes Selbstwertgefühl fest. Täter gehören zu den Beliebteren in einer Klasse. Opfer kennzeichnet die Kombination aus einem ängstlichen Reaktionsmuster mit körperlicher Schwäche. Sie fühlen sich unsicher, fürchten sich selbstbewusst und aggressiv aufzutreten. Sie fühlen sich ausgegrenzt und einsam. Täter möchten gerne, dass andere mitmachen und nicht wenige beteiligen sich am Spiel : um nicht selbst Opfer zu werden und um zu den Mächtigen und Beliebten zu gehören. Begünstigende Gruppenbedingungen sind Bewunderung, Siegesgefühle, ein geringes Gefühl für Eigenverantwortung und zuwenig Kontrolle und unangenehme Konsequenzen (vgl. Olweus 2002, S. 44 ff.). Warnsignale Wie z. B. Bedrücktheit, Nervosität, Schulverweigerung, körperliche Beschwerden usw.) können in der Schule wie zuhause wahrgenommen werden, sie können Schillings Christine - 2 -
3 allerdings auch Verschiedenes bedeuten. Für Lehrpersonen gilt: wahrnehmen, vorsichtig nachfragen, Sicherheit vermitteln, handeln. Faktoren, die Mobbing an Schulen begünstigen Neben den gesellschaftlichen und familiären Bedingungen trägt die Schule entscheidend dazu bei, dass bestimmte Verhaltensweisen umgesetzt werden können (im Besonderen das Schulklima und das Lernklima). Faktoren, die Einfluss haben, können sein: das LehrerInnenengagement, soziale Umgangsformen an der Schule, die LehrerInnen SchülerInnenbeziehung, das Erziehungsverhalten, die Schul- und Klassenregeln, das Schulgebäude. Hier liegen auch die präventiven Handlungs- und die Interventionsmöglichkeiten. Maßnahmen gegen Mobbing Vorüberlegungen Gewaltminderung als realistisches Ziel Grundsatz: Helfen statt strafen (sozial positives Verhalten belohnen) Opferschutz vorrangig muss in allen Bereichen der Schule gewährleistet sein Zeitnaher, hierarchisch geordneter Folgen-Katalog Ziele Verbesserung des Schulklimas Entwicklung und Stärkung der individuellen Lebenskompetenz Hilfen für Mobbing-Opfer Hilfen für Mobbing-TäterInnen Prävention Beginnt in den unteren Klassen Betrifft Schul-, Klassen und die individuelle Ebene Klare Haltung zu Gewalt (Gewaltverbot) an der Schule (Was ist körperliche, psychische Gewalt? Wo beginnt sie? Was ist Mobbing was Gewalt? ) Dementsprechende Klassen- und Schulregeln und konsequente Überwachung der Einhaltung Konfliktlösungsstrategien kennen und Streitkultur aufbauen Arbeit an der sozialen und emotionalen Kompetenz aller (Förderung der Empathiefähigkeit und der Zivilcourage u. a.) Vertrauensaufbau und wertschätzende Beziehungskultur; Respekt LehrerInnen als Rollenvorbilder Konkrete Umsetzungsideen Fragebogenerhebung: Was läuft diesbzgl. an unserer Schule? Schul- und Klassenforen mit spezifischen Themen Gewalt betreffend (Einbeziehung der Eltern) Vereinbarung gegen Gewalt/Mobbing Kennenlernen von Mobbing-Strukturen Maßnahmenkatalog für Regelverstöße (hierarchisch, klar, eindeutig, leicht durchführbar, zeitnah, konsequent) Pausenaufsicht verstärken Schulumgebung gestalten Klassenrat / Klassenvorstandsstunden Schillings Christine - 3 -
4 Unterrichtseinheiten/Projekte (fächerübergreifend) zu Themen der sozialen und emotionalen Kompetenz (z. B. Kommunikationsregeln, Selbstbehauptungstraining, sich und andere besser kennen lernen Gemeinsame positive Klassenaktivitäten Streitschlichter ausbilden/schulmediation Peer group Mentoring Partizipation der SchülerInnen in vielen Bereichen wahrnehmen Verantwortung teilen Offene und kooperative Lernformen Respektvolle Rückmeldekultur unter LehrerInnen und SchülerInnen (Bedeutung von Lob und Bestrafung) Offenheit (Supervision, Coaching, Sprechstunden für LehrerInnen und SchülerInnen) Einführung von Sprechstunden / Kummerkasten / adresse / Kontakttelefon Interventionen Die an einer Schule geplanten Interventionen sollten gemeinsam getragen werden. Die Schule trägt die Verantwortung, was in der Schule geschieht, wie damit umgegangen wird und sollte auch die Konsequenzen in der Schule setzen. Eltern werden bzgl. der Vorgangsweise in Mobbing-Fällen von Anfang an informiert und zu aktuellem Anlass informiert. Wenn Eltern die Grundsätze mittragen, wird die Arbeit an der Schule leichter. In schweren Fällen sollte/muss externe Unterstützung hinzu gezogen werden (bis hin zu Jugendwohlfahrt). Vorgehensweisen müssen reflektiert und evaluiert werden. Hilfreich ist auch die Dokumentation der Vorfälle. Konkrete Umsetzungsideen Opfergespräch (Das Opfer entscheidet, ob es verletzt worden ist oder nicht) Tätergespräch Opferschutz (z. B. Vertraulichkeit, Kontrolle, Unterstützung durch MitschülerInnen/Trainerkonzept) Klassenbezogene Beratung Mobbing-Tagebuch Das Anti-Bullying Konzept No-Blame-Approach Gegen-Gewalt-Konzept Hilfeplan Klassenwechsel Schulwechsel Suspendierung Konzept der Tätigkeit der BeratungslehrerInnen in Vorarlberg in Zusammenhang mit Mobbing Anhand einiger Beispiele der Arbeit der BeratungslehrerInnen in Vorarlberg werde ich exemplarisch präventive Maßnahmen und Interventionsmöglichkeiten konkretisieren und illustrieren (Klassenrat, Streitschlichter, Schulkonzeptentwicklung, Mobbing- Tagebuch, Hilfeplan, Sprechstunden) Schillings Christine - 4 -
5 Wirksamkeiten Ergebnisse der Olweus-Studie Evaluation der Arbeit der BeratungslehrerInnen in Vorarlberg Diskussion - An wen können sich ÄrztInnen/Eltern bzgl. Mobbing in der Schule wenden? - Welche Aufgaben haben/übernehmen SchülerärztInnen? - Wie sieht die Zusammenarbeit ÄrztInnen Schule aus? Bzw. Was wäre eine gute Zusammenarbeit? - Was wäre aus Sicht der ÄrztInnen wichtig? Literatur Gebauer, Karl: Mobbing in der Schule. Beltz Jannan, Mustafa: Anti-Mobbing-Buch. Gewalt an der Schule vorbeugen erkennen handeln. Beltz 2008 Kasper, Horst: Mobbing in der Schule. Probleme annehmen und Konflikte lösen. AOL und Beltz 1998 Klett, Kristian: Gewalt an Schulen. Eine deutschlandweite Online-Schülerbefragung zur Gewaltsituation an Schulen. Dissertation Olweus, Dan: Gewalt in der Schule. Was Lehrer und Eltern wissen sollten und tun können. Beltz 2002 Schillings Christine - 5 -
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