2. Kristallstrukturen 2.1 Bindungsarten
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- Carsten Böhme
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1 2. Kristallstrukturen 2.1 Bindungsarten Bindungskräfte zwischen den Atomen ermöglichen systematische und geordnete Anlagerung der Atome Entstehung von Kristallstrukturen Metall-Ion (+) Metallische Bindung Wolfram (W): E B = 50 kj/mol Ion (+) Ionenbindung NaCl: E B = 43 kj/mol Elektronengas ( ) Ion ( ) Ion (+) Kovalente Bindung SiC: E B = 68 kj/mol polarisiertes Atom van-der-waals-bindung CH 4 : E B = 0.6 kj/mol gemeinsame Valenzelektronen ( ) 1
2 2.2 Metallische Bindung Energie E 3p 3s 2p 2s Atomabstand 1s Mg N(E) Energiezustände im 1. Band 2. Band a Reziproker Atomabstand Energie E Überlappung von Energiebändern: Freie Leitungselektronen Isotrope Bindungsverhältnisse Große Vielfalt von Strukturen Reine metallische Bindung z. B. in Alkali-Metallen durch Delokalisierte Valenz-Elektronen In 3d Übergangsmetallen zusätzliche Kovalente Bindungsanteile durch Überlappung gerichteter 3d-Orbitale Verstärkung der Bindung Beispiele: W, Fe, Ni, Co... 2
3 2.3 Kristallstrukturen Gitter + Basis = Kristallstruktur Anzahl der Atome in der Basis: 1 in Edelgaskristallen, 2 in Fe, 4 in SiF 4, 12 in MoAl in Polymerkristallen, 10 6 in Viruskristallen Gittertranslation: T = u a + v b + w c T: Translationsvektor a, b, c: primitive Translationsvektoren 3
4 a b T T = -a + 3b Kristallstruktur: Basis f (r) Raumgitter g (r) f (r) [ g ( r ) = f (r - r ) g (r) dr (Faltung von Basis und Gitter) 4
5 2.4 Translationsinvarianz, Einheitszelle und Ortsvektoren Kriterium für den Aufbau von Kristallstrukturen: Der Raum muß sich lückenlos mit identischen Einheitszellen ausfüllen lassen, Damit eine Translation in den drei Raumrichtungen die Struktur reproduziert. Kriterium für die Elementarzelle Sie ist die Zelle mit dem Kleinstmöglichen Volumen a c b Koordinationszahl Die Zahl der nächsten Gitterplätze Beispiel: pk: 6; krz: 8; kfz: 12 5
6 krz kfz r 1 a a r 2 c r 2 r 3 c r 3 r 1 b Ortsvektoren im Kristallgitter r = x a + y b + z c r 1 = 1 a + 0 b + 1 c r 2 = 1/2 a + 1/2 b + 1/2 c r 2 = 1/2 a + 1/2 b + 1/2 c b Richtungen im Kristallgitter Richtungsindizes u, v, w r 1 = 0 a + 1 b + 1 c r 2 = 1 a + 1/2 b + 1/2 c r 2 = 1/2 a + 1 b + 1/2 c Die 6 äquivalenten Richtungen <100> x:y:z = 0:1:1 x:y:z = 1:1/2:1/2 = 2:1:1 x:y:z = 1/2:1:1/2 = 1:2:1 [u,v,w]=[011] [u,v,w]=[211] [u,v,w]=[121] - [010] - [001] [100] [001] a c [010] b - [100] 6
7 2.5 Miller-Indizes und Kristallklassen Bezeichnung von Ebenen im Kristallgitter c n a = 4; 1/n a = 1/4 n b = 3; 1/n b = 1/3 n c = 2; 1/n c = 1/2 1/4 : 1/3 : 1/2 = 3 : 4 : 6; (h,k,l) = (346) hkl: Miller-Indizes a b 3 (100) (010) (001) 7
8 Gitternetzebenen (111) z (011) z y y x x z z (100) (100) (210) y y x x [210] 8
9 7 Kristallsysteme Kubisch Tetragonal Orthorhombisch b a g b a a = b = c a = b = g = 90 a b c a b g 90 a b c a = b = g = 90 c Trigonal Monoklin Triklin Hexagonal a = b = c a = b = g 90 a b c a = g = 90, b 90 a b c a b g 90 a = b c a = b = 90, g = 120 9
10 2.6 Die 14 Bravaisgitter Kubisch P Kubisch I Kubisch F Tetragonal P Tetragonal I Ortho- Rhombisch P Ortho- Rhombisch C Ortho- Rhombisch I Ortho- Rhombisch F Rhomboedrisch R Hexagonal P Erweiterung der Kristallklassen durch Hinzufügen weiterer Gitterpunkte 14 Bravais-Gitter Monoklin P Monoklin C Triklin 10
11 Gittersystem Anzahl Symbol Einschränkungen für Achsen und Winkel Triklin 1 P (keine) Monoklin 2 P,C a = b = 90 Orthorombisch 4 P,C,I,F a = b = g = 90 b Tetragonal 2 P,I a = b a = b = g = 90 a g Kubisch Rhomboedrisch 3 1 P oder sc I oder bcc F oder fcc R a = b = c a = b = g = 90 a = b a = b = g 90 c b a Hexagonal 1 P a = b a = b = 90 g =
12 2.7 Änderung der Struktur T [ C] schmelzflüssig d-eisen g-eisen kubisch raumzentriert (bcc) kubisch flächenzentriert (fcc) 911 a-eisen kubisch raumzentriert (bcc)
13 Kristallstrukturen des Kohlenstoffs (C) Diamant: Tetraedrische Bindungen Härtester Festkörper Metastabile Hochdruckphase Graphit: Schicht-Struktur Weicher Festkörper Stabile Phase Anisotrope Transporteigenschaften 13
14 Überstrukturen in geordneten Mischkristallen CuAu Cu 3 Au T > 793 K: Ungeordnet Hart und spröde Kubische kfz Struktur T < 793 K: Geordnet Weich und duktil Tetragonale Struktur Geordnete Überstruktur in Cu 3 Au Kubische Struktur Härte, Zugfestigkeit und Streckgrenze Elektrische Leitfähigkeit, magn. Suszeptibilität 14
15 2. 8 Symmetrien Drehung um eine Symmetrieachse, die durch einen Gitterpunkt führt, die den Kristall in sich selbst überführt. Erlaubte Drehungen (Drehachsen) 2ϖ (1-zählig) 2ϖ/2 (2-zählig) 2ϖ/3 (3-zählig) 2ϖ/4 (4-zählig) 2ϖ/6 (6-zählig) 5-zählige Drehachsen sind in der Krisatallographie verboten! keine Translationsinvarianz, keine Raumfüllung! Symmetrieebenen Drehachsen eines Würfels 3 vierzählige 4 dreizählige 6 zweizählige 15
16 Punktsymmetrien: Spiegelung an einer Ebene: z. B. an der yz-ebene: y = y, z = z, x = - x Das Vorhandensein einer Spiegelebene wird durch das Symbol m angezeigt. Inversion (Spiegelung an einem Punkt): y = - y, z = - z, x = - x Drehachsen, Deckungsgleichheit durch Rotation um einen Winkel, 2-, 3-, 4-, 6-zählig Drehinversionsachsen: Drehung und gleichzeitige Inversion Bezeichnung durch 2, 3, 4, 6 3 = = mm H 2 O 2 symmetrische und 1 antisymmetrische Schwingungsform dreizählig Drehinversionsachsen vierzählig 16
17 Die zwei Spiegelebenen des H 2 O müssen sich in den physikalischen Eigenschaften des Moleküls ausdrücken Hamilton-Operator H: zweifache Symmetrie, Invarianz bei entsprechender Koordinatentransformation Zuordnung von s (Operator) zur Spiegelung, Anwendung auf H, y oder R deren Beschreibung in den gespiegelten Koordinaten Darstellung in Matrizen: Beispiel: Spiegelung an yz-ebene: Ê ˆ Ê xˆ Ê -xˆ Á Á y Á Á = Á y Á Ë Ë z Ë z Reduzierung der dreidimensionalen Darstellung auf drei eindimensionale Matrizen: [(-1)x; (1)y; (1)z] = (-x; y, z) s Y + =1 Y + ; C 2 Y + = +1 Y + s Y - = -1 Y - ; C 2 Y - = -1 Y - C 2 : zweizählige Drehachse s 2 = 1 und (C 2 ) 2 = 1 Eigenwerte: ±1 Ist H spiegelsymmetrisch, so sind die Operatoren vertauschbar. Eigenzustände von H verhalten sich symmetrisch oder antisymmetrisch zu diesen Operatoren, oder äquivalent, sie besitzen gerade oder ungerade Parität. Keine entarteten Energiezustände (Beispiel: H 2 -Molekül) 17
18 2.9 Stereographische Projektion Darstellung der Flächen eines Kristalls Flächennormale schneidet Polkugel im Pol Abbbildung obere Hälfte, geschlossene Symbole Abbildung untere Hälfte, offene Symbole 4mm = C 4v 3 m = D 3d Symmetrieelemente zweier Punktgruppen; m, s, n: zwei-, drei-, vierzählige Drehachsen Ausgezogene Linien: Spiegelebenen Kombination der Symmetrieelemente: 32 Kristallklassen (Punktgruppen) Punktgruppensymbole nach Schönflies: C j : (j=2,3,4,6) j-zählige Drehachse S j : j-zählige Drehinversionsachse D J : j zweizählige Drehachsen senkrecht zu einer j-zähligen Hauptdrehachse T: 4 drei und 3 zweizählige Drehachsen O: 4 drei und 3 vierzählige Drehachsen C i : ein Inversionszentrum C s : eine Symmetrieebene h: horizontal = senkrecht zur Drehachse v: vertikal = parallel zur Hauptdrehachse d: diagonal = parallel zur Hauptachse in 18 der Winkelhalbierenden zwischen den zweizähligen Drehachsen
19 Texturen Ausrichtung der Kristallite in polykristallinen Festkörpern in eine Vorzugsrichtung Faser-Textur in einem Draht Walz-Textur in einem Blech Entstehung eines Textur-Diagramms Punktlinien auf einem Textur-Diagramm mit [111] als Faserachse AB: Drehachse OS: einfallender Strahl 0: reflektierende Ebene I, II, II, IV: reflektierte Strahlen, symmetrisch zu Ebenen ABVV und 0HH 19
20 2.10 Dichteste Packung harter Kugeln Metalle: Symmetrische Bindungsverhältnisse Modell harter Kugeln Energetisch begünstigt: Dichteste Packung A Hexagonal, kubisch-flächenzentrierte dichteste Packung harter Kugeln B A A B A B A B A C A C A C A C B B B C C A A A A C B B B C C A A A Schichtfolge: ABABABAB Hexagonal dichtest gepackt Schichtfolge: ABCABCABC Kubisch-flächenzentriert dichtest gepackt 20
21 2.11 Fünfzählige Symmetrie in Quasikristallen keine Translationsfernordnung, aber Orientierungsfernordnung Al 6 Li 3 Cu Ikosaedereinkristall Pentagons füllen nicht den Raum Ikosaedrisches Raumgitter Elektronenbeugungsbild von Al-14at%-Mn 21
22 2.12 Amorphe Strukturen Systeme mit gerichteter atomarer Bindung: z. B. SiO 2 kristallin amorph Systeme mit symmetrischer atomarer Bindung: z. B. Metalle kristallin amorph 22
2. Struktur von Festkörpern
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