Insight-Gespräch mit Ralf Mielke. Erfolgsfaktoren in (Kultur-) Projekten
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- Lothar Möller
- vor 7 Jahren
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1 Insight-Gespräch mit Ralf Mielke (Managing Partner, Goldpark GmbH Unternehmensberatung) Erfolgsfaktoren in (Kultur-) Projekten Teil 1: Umsetzungsschwächen in Kulturprojekten Impressum: Herausgeber: Goldpark GmbH Unternehmensberatung Postanschrift: Johann-Klotz-Straße 12, Frankfurt am Main, Deutschland Kontakt: Telefon +49-(0) Fax: +49-(0) Die Vervielfältigung und Verwertung in gedruckter oder digitaler Form ist ohne schriftliche Genehmigung der Goldpark GmbH Unternehmensberatung nicht gestattet.
2 Erfolgsfaktoren in (Kultur-) Projekten Teil 1: Umsetzungsschwächen in Kulturprojekten Was sind aus Ihrer Sicht die herausforderndsten Veränderungsprojekte? Wir begleiten seit mehr als acht Jahren Change-Projekte unterschiedlichster Art Fusionen, IT- Einführungen, Restrukturierungen, strategische Neuausrichtungen und vieles mehr. Die größten Herausforderungen für Unternehmen sind m.e. aber angestrebte Kulturveränderungen, sogenannte Kulturprojekte (Cultural Change Projekte). Diese Kulturprojekte sind häufig in Post-Merger- Integrationen relevant und zielen sehr spezifisch auf das Zusammenspiel im Unternehmen oder das angestrebte Zusammenspiel zwischen Unternehmen und Kunden ab. Damit nehmen sie Einstellung und Verhalten der Belegschaft in den Fokus und genau das ist dann der Punkt, wo meistens die Krux anfängt. Wie meinen Sie das? Entscheidend bei jedweder Veränderung ist nicht allein die Güte des fachlichen Konzepts, sondern dessen konsequente Umsetzung. Es ist fast eine Binsenweisheit, dass die konsequente Umsetzung durch das Verhalten der Mitarbeiter und Führungskräfte geprägt wird. Und dieses Verhalten hängt maßgeblich davon ab, ob Mitarbeiter und Führungskräfte einen Sinn darin erkennen, weshalb sie sich anders verhalten sollen als bisher. Die Art und Weise, wie ein Projekt von der Belegschaft eingeordnet wird und welche Bedeutung ihm beigemessen wird, ist also entscheidend Bei einem Change-Prozess beispielsweise, der etwas mit der Bewältigung einer Ertragskrise zu tun hat, braucht man i.d.r. nicht lange, um in der Belegschaft ein Verständnis dafür zu erzeugen, weshalb eine neue Strategie oder Restrukturierung Der Kern der so häufig festzustellenden Umsetzungsschwäche von Veränderungsvorhaben liegt in der unterschiedlich wahrgenommenen Dringlichkeit des Projektes bei den Beteiligten. notwendig ist. Bei einer Kulturveränderung ist das etwas ganz anderes, insbesondere wenn dieses Projekt aus einer Position der wirtschaftlichen Stärke heraus initiiert wird, wie das z.b. bei vielen Genossenschaftsbanken in der Vergangenheit der Fall war. Hier werden sich viele Mitarbeiter und Führungskräfte die Frage stellen, weshalb beispielweise eine neue Art, Vertrieb zu machen, ein anderer Umgang miteinander oder eine neu-modische Art zu führen eigentlich notwendig sind. Die Schwierigkeit hat also etwas mit der wahrgenommenen Dringlichkeit zu tun. Können Sie das noch etwas konkreter machen? Man kann das in der Tat besonders gut anhand von Kulturprojekten beschreiben. So ist ein besonderes Kennzeichen von Kulturprojekten, dass die wahrgenommene Bedrohlichkeit (Dringlichkeit) für die Mitarbeiter und Führungskräfte häufig erst einmal sehr gering ist. Gleichzeitig ist aber das Ausmaß der (vom Unternehmen) gewünschten Einstellungs- und Verhaltensänderungen bei Kulturprojekten im Vergleich zu anderen Projekten sehr hoch. Goldpark GmbH Unternehmensberatung 2014 Seite 2 von 6
3 Abb. 1: Dringlichkeit und Bedrohlichkeit von Kulturprojekten Resultat ist oft, dass ein beachtlicher Teil der Mannschaft auf das Vorhaben einer Kulturveränderung mit einem Lächeln oder mit Gleichgültigkeit schaut. Und genau das macht das Geschäft kompliziert, das unterscheidet gerade Kulturprojekte so markant von vielen anderen Projekten. Um es auf den Punkt zu bringen: Die besondere Herausforderung von Kulturprojekten liegt darin, dass wir es beim Thema Kultur mit einem der wenigen managementrelevanten Themen zu tun haben, bei dem die wahrgenommene Bedrohlichkeit/ Dringlichkeit im gesamten Unternehmen meistens sehr gering, die Forderung nach Einstellungs- und Verhaltensänderung jedoch in der Regel sehr hoch ist. Die Konsequenzen sind meistens Ablehnung ( Ringelpietz mit Anfassen und Kindergeburtstag ), Gleichgültigkeit und Desinteresse ( Lass die mal machen ). Dieses unausgewogene Verhältnis von Dringlichkeit zu geforderter Einstellungs- und Verhaltensänderung ist ein unscheinbarer, aber unter Umständen entscheidender Misserfolgsfaktor von Projektumsetzungen jedweder Art nicht nur von Kulturprojekten. Und? Wie begegnet man diesen Herausforderungen? Der wichtigste Schritt ist zunächst die Erkenntnis, dass je nach Ausprägung dieser beiden Dimensionen Projekte unterschiedlich gesteuert werden müssen. Ich will das etwas genauer erläutern: Jedes Veränderungsvorhaben, egal ob mit IT-, Kultur- oder Restrukturierungshintergrund besteht aus einem fachlich-konzeptionellen Teil ( Was wird verändert? ) und einem Change-Teil ( Wie muss die Veränderung ablaufen? ). Der fachlich-konzeptionelle Teil beispielsweise eines Kulturprojektes beschäftigt sich mit den Fragen: Welche Werte braucht ein Unternehmen? und Mit welchen Instrumenten wird Werteorientierung ins Tagesgeschäft übertragen? Der Change-Teil dieses Kulturprojektes beschäftigt sich dagegen mit der Frage: Wie sorgen wir dafür, dass sich Werte in einem Unternehmen und damit das Verhalten tatsächlich verändern? Goldpark GmbH Unternehmensberatung 2014 Seite 3 von 6
4 Das Zusammenspiel zwischen diesen beiden Teilen veranschaulichen wir bei Goldpark mit unserem Helix-Modell des Change-Managements. Sie können es sich wie die Helix unserer DNA vorstellen. Zwei Stränge hängen zusammen, überall gibt es Berührungspunkte zwischen dem fachlichen und dem Change-Strang. Ohne einen der beiden Helix-Stränge ist Veränderung in sozialen Systemen de facto nicht möglich. Aber: Nicht zwingend laufen beide Stränge absolut parallel, nicht zwingend entsteht also eine lupenreine Doppelhelix, wie wir sie aus der Humanbiologie kennen. Abb. 2: Goldpark Helix-Modell des Change-Managements Bei einigen Veränderungsprojekten sind die Stränge parallel verschoben, der fachlich konzeptionelle Teil ist z.b. stark vorgelagert. Denken Sie beispielsweise an eine IT-Entwicklung oder eine Softwareanpassung. Bei solchen Projekten geht es zunächst vor allem um die Programmierung und Funktionalität. Der Change-Teil einer solchen Veränderung benötigt manchmal nichts weiter als eine durchdachte Change-Kommunikation, damit die User gut informiert werden. Diese kann zeitlich auch nachgelagert erfolgen. Bei einigen Veränderungsvorhaben liegt der Fall jedoch ganz anders, weil der Change- Teil der Helix deutlich früher einsetzt und Das Helix-Modell macht deutlich, das Fachinhalte und Veränderungsbegleitung untrennbar miteinander verbunden sind. stärker betont werden muss, als der fachlich-konzeptionelle Teil. Dabei gilt: Je geringer die wahrgenommene Dringlichkeit in der Belegschaft und je höher die Forderung nach Einstellungsänderung, umso wichtiger ist es, sich mit der Frage zu beschäftigen: Wie sorgen wir dafür, dass neue Verhaltensweisen nachhaltig umgesetzt werden? Und das bedeutet, den Change-Strang voranzustellen und dann erst mit dem Fachstrang zu verknüpfen. Kulturprojekte sind dafür ein exzellentes Beispiel. Insofern können drei Typen von Veränderungsvorhaben nach Dringlichkeit und geforderter Verhaltensänderung unterschieden werden, wie die nachstehende Abbildung verdeutlicht. Je nach Art des Veränderungsvorhabens braucht es eine andere Form der Projektarbeit. Goldpark GmbH Unternehmensberatung 2014 Seite 4 von 6
5 Abb. 3: Projektsteuerungsmatrix Bedrohlichkeit und geforderte Einstellungs-/ Verhaltensänderung Ist diese Erkenntnis in einem Unternehmen nicht vorhanden, kann es passieren, dass sich zum Beispiel in einem Kulturprojekt das Projekt-Team, das die Veränderung initiieren soll, mit den völlig falschen Aufgabeninhalten beschäftigt. Das Veränderungsvorhaben scheitert so meist schon, bevor es überhaupt angefangen hat. Was bedeutet es genau, wenn Sie sagen, Kulturprojekt-Teams beschäftigen sich mit den falschen Inhalten? Ha ha (lacht), ja das klingt ein bisschen verwirrend, sollten die Projekt-Teams doch eigentlich wissen, wohin die Reise gehen soll. Doch die Falle, in die viele Projekt-Teams tappen, ist überraschend logisch. Sie besteht darin, dass sich die Projekt-Teams mit der inhaltlichen Lösung des Veränderungsvorhabens beschäftigen, weil sie das aus anderen Projekten gut kennen. Aber: WAS getan werden muss ist vor allem bei Kulturprojekten zunächst von nachrangiger Bedeutung. Die kriegsentscheidende Frage dagegen ist: WIE die Erarbeitung erfolgen soll. Das WIE dominiert das WAS. Damit verbunden sind Fragen wie: Wie soll das Unternehmen ins Arbeiten gebracht werden? Wer muss z.b. Werte erarbeiten und wie werden sie erarbeitet? An welchen Stellen wird die Führungsmannschaft eingebunden? Wie und durch wen sollen die folgenden wichtigen Fragen beantwortet werden? - Wie können wir unsere derzeitigen Kulturbestandteile erkennen? - Welche wenigen, aber dafür zentralen Werte benötigen wir zukünftig? - Wie können wir unsere zentralen Werte genau beschreiben? - Wie bestimmen unsere Werte konkret den Umgang zwischen Kollegen, den Umgang zwischen Kunden und uns und den Umgang zwischen Führungskräften und Mitarbeitern? Woran merken wir, dass wir uns wertekonform verhalten? Sie sehen: Es ist gerade nicht die Aufgabe des Projekt-Teams, die Kultur des Unternehmens oder die Werte selbst zu erarbeiten. Sein Goldpark GmbH Unternehmensberatung 2014 Seite 5 von 6
6 Aufgabenfeld liegt bei den Aufgaben WIE die Kultur, WIE die Werte erarbeitet werden sollen, WIE der Prozess gestaltet wird, nicht beim inhaltlichen WAS. Die Beschäftigung mit dem WAS wäre sogar doppelt falsch, denn es würde zu einer von oben erarbeiteten Lösung kommen, was die Umsetzung von Verhaltensveränderungen erschweren würde. Heißt das dann nicht, dass vor Projektstart zunächst die Diskrepanz zwischen der wahrgenommenen Dringlichkeit und der geforderten Einstellungsänderung festgestellt werden müsste? Ganz richtig. Wir analysieren dies mittels der sogenannten Organisationsdiagnose. Diese Schere zwischen Dringlichkeit und geforderter Einstellungsänderung zu erkennen ist extrem wichtig. Je größer sie ist, umso mehr verlagert sich die Thematik weg von der inhaltlichen auf die Change- Komponente. Denn es macht bei der inhaltlichen Arbeit der Projekt-Teams einen riesen Unterschied, ob im Projekt vorwiegend a) eine Lösung für eine fachspezifische Frage oder b) eine Lösung für Verhaltensveränderung erarbeitet werden soll. Es macht sogar einen Unterschied für die Auswahl der Projektmitglieder und die benötigten Kompetenzen in einem Projekt-Team. So darf die Projektgruppe eines Kulturprojektes, bei der die Schere zwischen wahrgenommener Dringlichkeit und geforderter Einstellungs- und Verhaltensänderung besonders groß ist, gerade nicht inhaltlich-fachlich arbeiten, sondern muss sich als Designspezialist verstehen. Ihre Hauptaufgabe ist die Beschäftigung mit der Frage: Wie gestalten wir den Change- Kulturprojekte benötigen Strang, damit er erfolgreich umgesetzt wird? Damit sind bei Designspezialisten. den Projektmitgliedern vor allem die Designkompetenzen gefragt im Sinne von Prozess- und OE-Kompetenz und gerade nicht die klassisch fachliche Expertise. Diese Erkenntnis wirkt auf viele Projekt-Teams, die wir bei solchen Prozessen begleiten, ausgesprochen befreiend. Es braucht häufig eine Weile, bis diese zunächst bei vielen nur diffus wahrgenommene Erkenntnis in den Teams gereift ist. Ist sie das aber, dann führt sie zu einer echten Entlastung, weil in vielen Fällen die Schwere des Themas abzunehmen scheint. Es wird den Projektmitgliedern plötzlich klar, was ihre eigentliche Aufgabe ist. Das Interview führte: Prof. Dr. Christian Bleis Ralf Mielke (Jahrgang 1968), ist Managing Partner bei der Goldpark GmbH Unternehmensberatung in Frankfurt am Main Lesen Sie in der nächsten Newsletter-Ausgabe Erfolgsfaktoren in Kulturprojekten Teil 2: Unplanbares planbar machen und unsichtbare Regeln begreifen. Goldpark GmbH Unternehmensberatung 2014 Seite 6 von 6
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