Bausteine einer Storytelling-Strategie
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- Josef Bader
- vor 7 Jahren
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1 Bausteine einer Storytelling-Strategie 2 Lernziele In diesem Kapitel lernen Sie, wie Storytelling als Strategie eingesetzt werden kann, und wie man dabei vorgeht. Wir zeigen auf, wie man ein Unternehmen durch Storytelling in Social Media erfolgreich inszenieren kann. 48
2 2 Auch auf einer Cocktailparty will die Kunst der Konversation erst einmal gelernt sein. Und wenn man sich darüber hinaus als Geschichtenerzähler in unternehmerischer Mission beweisen will, kann ein wenig Vorbereitung nicht schaden. Diese Aufgabe stellt sich auch Herrn Metz, nachdem er das Grundgerüst der Story für die Gutshof Fleischwurst GmbH & Co. KG geschaffen hat und nun etwas mehr Struktur in sein Vorhaben bringen möchte. Ist seine Geschichte denn die richtige? Wie kann er das überprüfen? Was wird wie erzählt? Ganz gleich, ob es sich um eine lustige Anekdote aus dem Arbeitsalltag oder um eine Hintergrundstory, die zur Gründung eines Weltkonzerns führte, handelt: 2.1 Geschichten müssen mit menschlicher Stimme erzählt werden. Die Stärke des Storytellings besteht darin, eine emotionale Brücke zwischen Erzähler und Zuhörer zu schlagen, indem ein persönlicher Bezug aufgebaut wird. Hat man also einmal festgelegt, welche Geschichte man über sein Unternehmen und/oder Produkt erzählen möchte, gilt es nun zu überlegen, auf welche Art und Weise man bei seinen Zuhörern Emotionen auslöst, sodass die Botschaft auf diesem Wege nicht nur Gehör, sondern auch Aufmerksamkeit findet. Das Stichwort lautet hier Empathie aufbauen. Zum Vergleich hier zwei Möglichkeiten, einen Sachverhalt zu kommunizieren. Ausgangsbasis: Die neue Gutshof Fleischwurst wird ausschließlich mit Biofleisch aus kontrollierten Betrieben hergestellt und auch die Umverpackung ist biologisch abbaubar. Grundlage für die Produktentwicklung war eine Kundenbefragung. 49
3 Bausteine einer Storytelling-Strategie Ansatz 1: Bio ist Trend. Immer mehr Menschen möchten sich nicht nur gesundheitsbewusst ernähren, sondern legen auch Wert darauf, dass die Produkte, die sie kaufen, ethischen Anforderungen gerecht werden. Dies hat eine groß angelegte Kundenbefragung ergeben. Aus diesem Grund wird die neue Gutshof Fleischwurst mit bestem Biofleisch hergestellt. Doch damit nicht genug: Auch die neue Verpackung wird höchsten Ansprüchen genügen und macht die Fleischwurst nicht nur praktisch portionierbar und hält sie länger frisch, sondern ist auch biologisch abbaubar. Die Gutshof Fleischwurst GmbH & Co. KG steht seit über 100 Jahren für beste Qualität und führt diese Tradition nun auch unter dem Biosiegel weiter. Ansatz 2: Wie wollen wir in Zukunft essen? Das haben sich der Firmenchef Karl Röder und wir, die Mitarbeiter der Gutshof Fleischwurst, gefragt und beschlossen, ein neues Kapitel in der Firmengeschichte zu eröffnen. Ohne unsere treuen Kunden wollen wir diese Entscheidungen aber auch diesmal nicht fällen. Also haben wir Sie, wie es bei uns Tradition ist, miteinbezogen und der Wunsch war eindeutig: Mehr Bio bei gleicher Qualität. Beginnend mit der neuen Biofleischwurst von Gutshof werden wir nach und nach unsere Produktpalette auf das Biosiegel umstellen. Damit nicht genug: Auch die neue, praktische Verpackung ist komplett biologisch abbaubar. Wir freuen uns auch in Zukunft über jede Art von Anregung, wie wir unsere Produkte im Sinne unserer Fans verbessern können. Beide Ansätze haben nahezu den gleichen Informationsgehalt, aber der Schwerpunkt und die Sprache unterscheiden sich stark voneinander. Während Ansatz 1 die Fakten in einer klaren Tonalität hervorhebt, setzt Ansatz 2 ganz stark darauf, das Wir-Gefühl zu betonen. Das Produkt ist also nicht im stillen Kämmerlein entstanden. Der emotionale Anker besteht hier in dem gemeinschaftlichen Beantworten der Frage, wie wir uns in Zukunft ernähren wollen. Dies ist ein übergeordnetes Thema, das mehr Raum für 50
4 2 Diskussionen und Gespräche lässt. Das ist sehr hilfreich, wenn man eine Verbreitung in sozialen Medien erzielen will. Wer erzählt? Bei einer klassischen Pressemitteilung bemüht sich der Verfasser um eine objektive Tonalität und bleibt im Hintergrund. Der Fokus liegt auf dem Inhalt der Meldung. Diese Herangehensweise führt in sozialen Medien nicht zum gewünschten Ergebnis, weil sie eben dialogorientiert angelegt sind. Ohne menschliches Gegenüber gibt es kein Gespräch. Jede Geschichte benötigt einen Erzähler und diese Position ist klar zu definieren. Menschen ziehen es vor, sich mit einer Person oder einer überschaubaren Gruppe zu unterhalten. Erst durch das Herstellen von Vertrautheit lässt sich das schlechte Image des anonymen Verkäufers umgehen. 2.2 Wer soll also Erzähler sein? Der Pressesprecher? Das Marketingteam? Der Chef? Vorweg sei gesagt, dass eine hohe Position in der Unternehmenshierarchie noch lange kein Garant für die Fähigkeiten als Geschichtenerzähler sein kann. Nicht jeder Geschäftsführer kann sein Publikum bei einer Keynote im Stile eines Steve Jobs in seinen Bann ziehen und insbesondere Marketingteams haben Prob leme, sich in der Kommunikation von ihrem Branchensprech zu lösen. Zum Erzähler muss man sich berufen fühlen, sonst kauft einem das Publikum die Werte, für die man mit seinen Geschichten eintritt, nicht ab. Die gute Nachricht an alle CEOs, die gerne so eloquent wären, wie es Steve Jobs war, sich aber damit quälen, auf der Bühne im Rampenlicht zu stehen: In nahezu jedem Unternehmen findet sich jemand, der ihnen diese Aufgabe gerne abnimmt. Ist das nicht der Fall, so sollte man sich ernsthaft Sorgen über seine Unternehmenskultur machen, wenn man keine Evangelisten in den eigenen Reihen findet. Den Erzähler kann auch ein Team begeisterter Mitarbeiter aus unterschiedlichen Abteilungen verkörpern, was insbesondere bei 51
5 Bausteine einer Storytelling-Strategie der Kommunikation in sozialen Medien nützlich ist, wenn man glaubhaft die menschlichen Facetten des Unternehmens darstellen möchte. Welche Entscheidung man auch fällt man sollte, eine Eignung als Erzähler vorausgesetzt, Folgendes beachten: Der Erzähler hält keinen Monolog, sondern eröffnet mit seiner Geschichte einen Dialog. Er ist erreichbar und hat eine klare Identität. Der Erzähler muss die Sprache seines Publikums sprechen. Er muss dort sein, wo seine (potenziellen) Zuhörer sich aufhalten. 2.3 Wo wird mit wem gesprochen? Die etablierten Leitmedien haben immer noch eine nicht zu unterschätzende Meinungsmacht, wobei festzustellen ist, dass nicht nur die Werbebudgets ins Netz verschoben werden, sondern auch der kulturelle und politische Diskurs zunehmend in den sozialen Medien stattfindet. Es besteht längst eine reichweitenbedingte Notwendigkeit, seinem Publikum ins Netz zu folgen. Waren beispielsweise früher noch die Polit-Talks am späten Abend das Lagerfeuer, um das sich Meinungsdeutschland geschart hat, holt sich eine wachsende Netzgemeinde dort höchstens noch den Status quo ab, um die Diskussion über Twitter zu vertiefen. Die Übergänge sind fließend und in die andere Richtung ist Twitter inzwischen eine wichtige Informationsquelle auch für die großen Redaktionen geworden. Darüber hinaus gibt es noch weitere Vorteile: Die Kommunikation findet in Echtzeit statt. Man kann (und muss) schnell reagieren. Hat man im Service früher noch Reaktionszeiten von bis zu 24 Stunden oder mehr vertreten können, erwarten Kunden heute ein Feedback innerhalb weniger Minuten. Im Gegenzug kann ein Unternehmen heute in Echtzeit ein Stimmungsbild einfangen, wenn man z.b. gerade ein neues Produkt vorgestellt hat. 52
6 2 Alles wird messbar. Die Transparenz, welche die sozialen Medien von ihren Usern einfordern, ermöglicht es Unternehmen, ihre Reputation durch ein Monitoring jederzeit abzufragen. Ein Monitoring sollte neben einem quantitativen Aspekt immer auch einen genauen Blick auf die Qualität der Gespräche beinhalten. Folgende Fragen sollte man sich dabei beantworten: Ort: Auf welchen Websites diskutieren Kunden über die Produkte? Sind es eigene Websites, die der Konkurrenz oder unabhängige Communitys? Format: Welcher Formate bedienen sich Kunden beim Gespräch? Gibt es Fotostrecken oder sogar aufwendige Videos von Fans, die das Produkt besprechen? Anlass: Wann beginnen Kunden über das Unternehmen und die Produkte zu sprechen? War das Unternehmen der Initiator für die Gespräche oder wählen die Kunden unabhängige Anlässe? Welche Anlässe sind das? Tiefe: Wie ausführlich reden Kunden über die Produkte? Sind es einfache Bekenntnisse (Likes, Bewertungssysteme) oder längere Besprechungen, die schon die Form einer Story haben? π π Reaktionen: Sind die Reaktionen auf das Unternehmen und das Produkt eher positiv oder eher negativ? Gibt es Fan-Sites oder Hate-Sites? Welche Argumente bringen beide Gruppierungen in der Diskussion auf? Ist das Unternehmen aktiver Teil der Diskussion oder nur Beobachter? 53
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