Welche Kompetenzen brauchen Fachkräfte in der Zusammenarbeit mit Familien in der Migrationsgesellschaft?
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- Hannah Winkler
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1 Welche Kompetenzen brauchen Fachkräfte in der Zusammenarbeit mit Familien in der Migrationsgesellschaft? 1 Safiye Yıldız, Institut für Erziehungswissenschaft, Abteilung Sozialpädagogik
2 Gliederung Familien mit Migrationsgeschichte (DACH-Projekt: Österreich, Schweiz, Deutschland) -Familie Toprak: Vorstellungen von Erziehung -Zentrale Ergebnisse aus dem Teilprojekt Deutschland Theoretische Zugänge zum Kompetenzerwerb -Interkulturelle Kompetenz, Kompetenzlosigkeitskompetenz -Diskriminierungs- und rassismuskritische Pädagogik Zusammenfassung 2 Safiye Yıldız, Institut für Erziehungswissenschaft, Abteilung Sozialpädagogik
3 Lebensstrategien von Familien mit Migrationshintergrund in marginalisierten Stadtteilen DACH-Projekt Lalitha Chamakalayil, Prof. Dr. Christine Riegel Pädagogische Hochschule Freiburg Dr. Safiye Yıldız, Prof. Dr. Barbara Stauber Universität Tübingen 3 Safiye Yıldız, Institut für Erziehungswissenschaft, Abteilung Sozialpädagogik
4 Forschungsthemen (DACH-Projekt) Was ist Familie? Bildung Arbeit Stadtteil Methodischer Zugang: Gruppendiskussion und Biografische Interviews
5 Familie Toprak: Vater (studiert), Mutter (Hausfrau zum Zeitpunkt des Interviews), zwei Töchter Biografisches Interview mit Gül: Gül vertritt eindeutig die Kernfamilie: ich bleibe sehr in der Kernfamilie An erster Stelle kommen die Kinder Bildung ist für sie sehr zentral: Ohne Bildung könne man nicht Mutter oder Vater werden Erwartet, dass der Mann sich für das Familienideal, die Kernfamilie einsetzt Aber ihrer Ansicht nach muss man in Deutschland auch viel Glück haben
6 Erziehung der Kinder-/Lebensphilosophie Halit hat eine andere Erziehungs-/Lebensphilosophie als Gül Zitat H: ja also es sind Kinder also es gibt diese Psychologie von Gül ich kann das verstehen, also emmm wir leben für unsere Kinder. Hmm also ich bin gegen dies Idee. Klar es ist unser Kind. Hmm also es ist mein Kind und ich liebe meine Kinder sehr aber ich kann doch nicht mein ganzes Leben meinen Kindern geben. Natürlich müssen wir unsere Kinder in manchen Bereichen schützen und lenken, es so oder so machen aber. Also ich lebe auch. Ich bin auch ein Mensch, es gibt Dinge die ich auch für mich möchte, Dinge die ich machen möchte oder es kann dir nicht passen, kann sein aber ich habe auch ein Leben. Ich kann nicht mein ganzes Leben meinen Kindern oder dir stiften. #01:48:52-8# (Die Interviewpassagen wurden von Kutay Nergüs aus dem Türkischen ins Deutsche übersetzt)
7 Halits Bedarf als Person wahrgenommen zu werden Halit widerspricht in dem biografischen Interview Güls Idee einer klassischen Familie (Normalfamilie/Kernfamilie) und Güls Lebensphilosophie: wir leben für unsere Kinder Er sieht sich als fürsorglich es ist mein Kind und ich liebe meine Kinder, aber er nimmt sich auch als Mensch mit eigenen Bedürfnissen wahr. Ich kann doch nicht mein ganzes Leben meinen Kindern opfern. Er respektiert andere Haltungen, mag aber nicht, mit anderen verglichen zu werden (bspw. Verwandten)
8 Zentrale Ergebnisse: Umgangsweisen von Familien D-A-CH-Teilprojekt Deutschland
9 Überblick Familien_ I Cerrah-Erdem - Ambivalenter Umgang mit Herausforderungen: Abgrenzungen (zu anderen im Quartier), Anklage, Rückzug und Diskriminierungen, Einfordern von Anerkennung durch Selbstpräsentation (als Alleinerziehende/als Professionelle) oft nicht erfolgreich Müller - Migration für ein besseres Leben - Präsentation der gelungenen Familie aus der Perspektive der Mutter. - Stärken der Kinder durch Bildung und Erziehung vor unbenannt bleibenden Herausforderungen - Verschweigen/verdecken eigener biografischer Erfahrungen
10 Überblick Familien_ II Toprak - Migration als ambivalentes Familienprojekt: Strategie von Bildung als Chance trotz vielfacher Diskriminierungserfahrungen bleibt bestehen und wird fortgeführt - Realisierung vom kleinbürgerlichen Familienprojekt in all seiner Gebrochenheit - Transnationale Verflechtungen und Lebensführung - Sich gegenseitig abgrenzende Strategien der Partner_innen Russo - Fehlende Zugänge/fehlendes Interesse an Bildung bei Eltern und Kindern auf Basis von Qualifikation und Vereinbarkeit von Familie und Arbeit: Aneinanderreihung verschiedener irregulärer Arbeitsverhältnisse ohne soziale Absicherung. - Verwurzelung im Quartier durch Unterstützung durch Gemeinwesenarbeit
11 Überblick Familien_ III Weiß - Othering- und Ausgrenzungsprozesse als Sinti: Einfordern von und Orientierung an Normalität, Rückzug ins Private: Familienzusammenhalt. Bezug auf (imaginierte) Familie und Kultur Ghubar - Migration als Konsequenz von Krieg, Bildungsfokus für Kinder, migrantische Ökonomie
12 Lebensstrategien und Möglichkeitsräume Zentrale Themen Migration als (ambivalente) Chance - Besseres Leben für sich und Kinder, aber auch - Einschränkungen, Ausgrenzungen Umgang mit Othering- und Rassismuserfahrungen - Anklage, Rückzug, strukturelle Perspektive
13 Problemlagen Wahrnehmungen Werden die besonderen Belastungen, Diskriminierungserfahrungen, Othering wahrgenommen? Wer nimmt sie wahr, wer nicht? Welche Selbstverwirklichungsmöglichkeiten gibt es für die Familien, Elternteile? Räume zum Austausch?
14 Theoretische Zugänge Theorien analysieren und reflektieren die Lebensbedingungen der Familien und Kinder in ihren vielschichtigen Facetten (Ungleichheiten, Diskriminierungen, Rassismus, Armut, ) Die Praxis und professionelle Handlungen sind ohne Theorien nicht denkbar Welche Theoriezugänge bieten welche Kompetenzen? 14 Safiye Yıldız, Institut für Erziehungswissenschaft, Abteilung Sozialpädagogik
15 Migrationswissenschaftliche Theorien (drei Aspekte) Wir leben in einer Migrationsgesellschaft! Interkulturalität: Kompetenz/Kompetenzlosigkeitskompetenz Rassismusforschung: Rassismuskritische Pädagogik/-arbeit Gender und Diversity: Kompetenzen Welche Theorie(brille)setze ich auf und was sehe ich, was nehme ich wahr, was nehme ich nicht wahr? 15 Safiye Yıldız, Institut für Erziehungswissenschaft, Abteilung Sozialpädagogik
16 Migrationsgesellschaft bedeutet Heterogenität/Multilingualität: Migrant_innen sind keine homogene Masse Diversität bedeutet keine schlichte Existenz der Differenzen (Herstellungsprozesse) - Ethnie, Kultur, Religion, Hautfarbe, Geschlecht, Behinderung, Klasse, Schicht, beruflicher Status, Diversität/Differenzen verweisen auf die existierenden Ungleichheitsverhältnisse und damit unterschiedlichen Lebensbedingungen von Familien 16 Safiye Yıldız, Institut für Erziehungswissenschaft, Abteilung Sozialpädagogik
17 Interkulturelle Kompetenzen (?) Die Frage nach interkultureller Kompetenz hat in den Bereichen der Jugend- Sozial- und Bildungsarbeit an Konjunktur gewonnen Abbau von Stereotypen, Stereotypisierung von Problemlagen Bsp.: Eltern mit Migrationshintergrund bleiben in ihren Kulturkreisen, kommen nicht zu Elternabenden Aufmerksamkeit gegenüber dominierender Kulturalisierung von Eigenschaften von Menschen mit Migrationshintergrund Kulturbrille: Familien werden nicht als selbstverständliche Zugehörige dieser Gesellschaft, sondern als die Anderen in den Blick genommen (Othering: Veranderung) 17 Safiye Yıldız, Institut für Erziehungswissenschaft, Abteilung Sozialpädagogik
18 Umgangsweisen mit Othering und Ausgrenzungen (Familie Weiß) Einfordern von Normalität Wir sind ganz normale Leute. [..] Wie normale (.) normale Leute (2) leben wir hier. Wir gehen in die Schule (1), lernen was, arbeiten (3) und das ist eigentlich alles. 18 Autor/Verfasser/Thema/Rubrik/Titel etc Universität Tübingen
19 Interkulturelle Kompetenzen (?) Reden über Kultur, Schweigen über Strukturen (Annita Kalpaka) In den Blick nehmen der migrationsbedingten Veränderungen, Verunsicherungen, Bewältigungsstrategien von Problemen Aufmerksamkeit auf Familienmitglieder als Subjekt rückt biografische Faktoren, soziale Lebenswirklichkeiten (Brüche, Übergänge) in den Blick Familien als Gestalter der Gesellschaft, ihrer eigenen Lebensbiografien (Akteure, keine passiven Rezipienten) Heterogene Besetzung des Teams Schlüsselpersonen erleichtern die Kontaktaufnahme mit Familien mit Migh. und ihre Einbindung in Angebote Vermitteln Zugänge zu Bildungsinstitutionen (Kita, Schule, Ausbildungsstätte, ) 19 Safiye Yıldız, Institut für Erziehungswissenschaft, Abteilung Sozialpädagogik
20 Rassismusforschung (-phänomen): Kompetenzen Kulturelle Unterscheidungen haben Folgen: Stigmatisierung Rassismus: Denkstruktur und Unterscheidungspraxis (Stuart Hall) Schwarz/weiß-Unterscheidungen Differenzen Herstellung von Dominanz und sozialer Macht (Bsp.: Soziale Arbeit) Aufmerksamkeit gegenüber Rassismus und Diskriminierungserfahrungen von Familien mit Migrationshintergrund (vgl. Sarrazin-Debatte) Reflekionsfähigkeit: Reflektion rassistischer Verhaltensweisen - Räume für das Reden darüber schaffen - Dekonstruktionsfähigkeit ( Wir- und die Fremden ) 20 Safiye Yıldız, Institut für Erziehungswissenschaft, Abteilung Sozialpädagogik
21 Geschlechtertheorien Kompetenzen Kulturalisierende Deutungen von Geschlechterungleichheiten bei Familien mit Migrationshintergrund vermeiden In den gesamtgesellschaftlichen Kontext einbetten: Geschlechterungleichheit ist Produkt gesellschaftlicher Verhältnisse 21 Safiye Yıldız, Institut für Erziehungswissenschaft, Abteilung Sozialpädagogik
22 Interkulturelle Kompetenzen Folgen Reproduktion von Hierarchieverhältnissen zwischen Familien mit Migrationshintergrund und pädagogisch Professionellen (Lehrer_innen) Bsp.: (deutscher) Jugendliche in einer Jugendeinrichtung Kompetenzlosigkeitskompetenz (Paul Mecheril) Immer wieder zu aktualisierendes Wissen über die Migrationsgeschichten, sozialen Lagen, biografischen Erfahrungen 22 Safiye Yıldız, Institut für Erziehungswissenschaft, Abteilung Sozialpädagogik
23 Familien, Eltern als Akteure anerkennen Mitbestimmung/Teilhabe/Einbezug der Familien in Entscheidungsprozesse Themen und Inhalte der Elternbildung sollen von den Eltern selbst bestimmt werden. Verdienen finanzielle Entschädigung für ihr ehrenamtliches Engagement (Gül) Die Eltern darin unterstützen, ihre Bedürfnisse und Rechte zur Geltung zu bringen 23 Safiye Yıldız, Institut für Erziehungswissenschaft, Abteilung Sozialpädagogik
24 Zusammenfassung: Fortbildungsmöglichkeiten Fortbildungsmöglichkeiten schaffen: Zusammenhang von Wissen und Kompetenzen Migrationspädagogik (Paul Mecheril) Rassismuskritische Pädagogik/rassismuskritische Soziale Arbeit (Claus Melter) Transnationalisierung von Erziehungshilfen Netzwerke: Rassismuskritische Pädagogik (BADEWÜ) Migrantenselbstorganisationen DGB-Bildungswerk Thüringen e.v. rassismuskritische Bildungsmaßnahmen ( Netzwerk für Demokratie und Courage (NDC) Safiye Yıldız, Institut für Erziehungswissenschaft, Abteilung Sozialpädagogik
25 Literatur Altan, Melahat/Foitzik, Andreas / Goltz, Jutta (2009): Eine Frage der Haltung - Eltern(bildungs)arbeit in der Migrationsgesellschaft (Aktion Jugendschutz Baden-Württ.) Gudrun Perko und Leah Carola Czollek (2008): Gender und Diversity gerechte Didaktik: ein intersektionaler Ansatz. In: MAGAZIN erwachsenenbildung.at. Das Fachmedium für Forschung, Praxis und Diskurs 3/2008. Online im Internet: ISSN Erscheinungsort: Wien Zeichen. Veröffentlicht Februar Kalpaka, Annita (2006): Pädagogische Professionalität in der Kulturalisierungsfalle über den Umgang mit Kultur in Verhältnissen von Differenz und Dominanz. In: Leiprecht, Rudolf/Kerber, Anne (Hrsg.): Schule in der Einwanderungsgesellschaft. Ein Handbuch. Schwalbach/Ts, S Mecheril, Paul (2013): Kompetenzlosigkeitskompetenz. Pädagogisches Handeln unter Einwanderungsbedingungen. In: Auernheimer, Georg (Hrsg.): Interkulturelle Kompetenz und Pädagogische Professionalität. 4., durchgesehene Auflage. Wiesbaden. S Netzwerk rassismuskritische Migrationspädagogik: Yıldız, Safiye (2009): Interkulturelle Erziehung und Pädagogik. Subjektivierung und Macht in den Ordnungen des nationalen Diskurses. Wiesbaden. VS-Verlag. 25 Safiye Yıldız
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