Grundlagen Wärmetransport
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- Mathias Kraus
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1 Vorwort Mit der Entwicklung von hoch empfindlichen Wärmeflusssensoren auf der Grundlage des Seebeck- Effekts etwa bei der greenteg AG in Zürich ergeben sich für den Physikunterricht der Sekundarstufe (Gymnasium, Berufsschule) neue Möglichkeiten für attraktive, anschauliche Experimente im Bereich des Wärmetransports. Dieses bisher oft vernachlässigte Gebiet der Physik spielt heute in der Praxis, etwa in der Bautechnik, eine wichtige Rolle. Ziel dieser Unterrichtseinheit ist es, den Schülerinnen und Schülern die grosse praktische Bedeutung des Wärmetransports deutlich zu machen. In diesem Dokument werden die Grundlagen des Wärmetransports und der drei Mechanismen Wärmestrahlung, Wärmeströmung (Konvektion) und Wärmeleitung behandelt. 1 Lernziele Wenn Sie diese Lernaufgabe bearbeitet haben, können Sie verständlich, logisch korrekt erklären, was man in Physik und Technik unter Wärmetransport bzw. Wärmefluss versteht, warum Wärmetransport in der Praxis, z.b. beim Bauen, wichtig ist, welcher Zusammenhang zwischen der Wärmeleitung und der elektrischen Leitung in Metallen besteht und Mit Ihren Kenntnissen aus der Wärmelehre (Thermodynamik) können Sie zudem verständlich und anschaulich erläutern, was der Energiesatz ist und welche Bedeutung die physikalischen Grössen Energie, Wärme, spezifischer Wärme und Temperatur haben, wie Wärme transportiert wird (3 Mechanismen), mit welchen Gesetzen diese Mechanismen erklärt werden (Wärmeleitungsgesetz von Fourier, Stefan-Boltzmann sches Strahlungsgesetz) und Wärme als Energieform Im alltäglichen Sprachgebrauch steht Wärme oft für Zuneigung (jemandem Wärme spenden) oder für Wohlbefinden (mir ist warm). In der Physik hingegen ist Wärme eine Form von Energie. Wärme tritt auch als unerwünschte Begleiterscheinung z.b. beim Abbremsen eines Fahrzeugs auf. Auch in elektronischen Geräten, etwa Computern oder Smartphones wird so genannte Abwärme erzeugt. Wärme entsteht auch bei Prozessen, bei denen Reibung im Spiel ist, etwa im Sport. Im physikalisch einfachsten Modellversuch, dem freien Fall, entsteht Wärme, wenn ein Körper m aus einer Höhe h auf eine Unterlage fällt (Figur 1). Dabei wird potenzielle Energie, zu Beginn zunehmend in etische Energie umgewandelt, wobei die potenzielle Energie E m g h pot, E 1 m v E pot um E abnimmt: Seite 1/7
2 1 E ' E E oder m g h m g h m v pot pot Unten angekommen verschwindet die potenzielle Energie; die etische Energie erreicht ihren maximalen Wert 1 E m v m g h und wird unmittelbar nach dem Aufprall scheinbar vernichtet, weil der Körper in sehr kurzer Zeit abgebremst wird und zur Ruhe kommt. In Wirklichkeit wird eine andere Energieform, in Wärme Q, umgewandelt: E während dieses Abbremsvorgangs in 1 Q E m v m g h Die entstehende Wärme Q bewirkt eine Erhöhung der Temperatur des fallenden Körpers m sowie der Unterlage, auf welchen der Körper gefallen ist. Wie die potentielle und etische Energie wird auch die Wärme in der physikalischen SI-Einheit Joule gemessen. Die Temperaturerhöhung nach dem Fall eines Körpers kann mit einem speziellen Thermometer, einem Thermoelement, gemessen werden. Die Funktion von Thermoelementen wird in der Lerneinheit Grundlagen Wärmeflusssensor behandelt. Figur 1: Illustration zur Energieumwandlung beim freien Fall. Potentielle Energie wird über etische in Wärmeenergie umgewandelt. Aus Sicht der Physik ist Temperatur eine thermische Zustandsgrösse eines Körpers, die Folge der mittleren etischen Energie der sich bewegenden Atome und Moleküle des Körpers (Figur ). Einen Zusammenhang zwischen Temperatur und Wärme eines Körpers vermittelt die so genannte spezifische Wärmekapazität c. Sie wird in Joule pro Kilogramm und Grad Celsius gemessen. Sie gibt die Wärme Q an, die erforderlich ist um 1 kg Körpermaterial um 1 C zu erwärmen. Seite /7
3 Figur : Schematische Darstellung ungerichteter atomarer und molekularer Gitterschwingungen, sogenannter Phononen, in einem Festkörper mit geordneter Gitterstruktur. Für Kupfer beträgt die spezifische Wärme beispielsweise Joule c 383. Cu kg Kelvin Um 1 Kilogramm Kupfer um 1 Grad Celsius zu erwärmen ist also eine Wärme von 383 Joule erforderlich. Das Gesetz von Dulong und Petit erlaubt es, die spezifische Wärme eines Festkörpers auf der theoretischen Grundlage des Gleichverteilungssatzes der Wärmelehre zu bestimmen. Dieses Gesetz sagt aus, dass auf jeden sogenannten Schwingungsfreiheitsgrad im Mittel eine Energie von 1 k B T entfällt, mit der Boltzmann schen Konstanten k B = J/K. Gemäss Dulong und Petit hat ein Festkörper 6 Freiheitsgrade, 3 entfallen auf die etische Energie. Da die potenzielle Energie der schwingenden Atome im Mittel gleich gross sein muss wie die etische, entfallen auch auf sie weitere 3 energetische Freiheitsgrade, insgesamt also 6 Freiheitsgrade. Für die gesamte thermische Energie (innere Energie U) die zur Erwärmung von 1 kg Kupfer um 1 K bzw. um 1 C erforderlich ist, erhalten wir damit: m 1 m 1 1 kg 1 J U 6 N k T 6 R T K=39 Joule A B M M kg mol K Cu Cu mol 3 Wärmeleitung im Festkörper Unter Wärmeleitung versteht man den Transport von Wärme durch einen meist festen Körper. Wir betrachten einen isotropen, homogenen Stab der Länge l, etwa aus Kupfer oder einem Kunststoff, der ein Temperaturgefälle aufweist (Figur 3). Oben wird die Temperatur mit Wasserdampf auf T 1 = 371 K (bzw. θ 1 = 98 C), unten mit einem Eis-Wasser-Gemisch auf T = 73 K (bzw. θ = 0 C) konstant gehalten. Dann fliesst die Wärme Q vom oberen Stabende mit der höheren Temperatur T 1 zum unteren mit der tieferen Temperatur T. In Metallen erfolgt die Wärmeleitung hauptsächlich mithilfe schwingender Leitungselektronen; funktioniert also ähnlich wie die elektrische Leitung. Bei Isolatoren hingegen tragen keine Ladungsträger zur Wärmeleitung bei, sie erfolgt einzig durch Gitterschwingungen, den so genannten Phononen. Seite 3/7
4 Figur 3: Schematische Darstellung zur Illustration der Wärmeleitung durch einen homogenen, isotropen Rundstab der Länge l. Durch den Temperaturgradienten zwischen oberem und unterem Ende entsteht ein Wärmefluss Q durch die Querschnittsfläche A des Rundstabs. Die Energie wird dabei von energetischeren, stärkeren Schwingungen zu weniger energetischen schwächeren Schwingungen transportiert. Die Wärme Q, die dabei pro Zeit t durch eine Querschnittsfläche A im Stab fliesst, ist proportional zur Fläche A und zur Änderung ( T T ) T x 1 der Temperatur längs des Körpers (Figur 3): P Wärmeleitung (Fourier sches Gesetz) Q T T T W 1 P A A Einheit: [ ] t x m K Wärmestrom (Wärme pro Zeit); P A Wärmstromdichte Wärmeleitfähigkeit (Wärmeleitzahl, eine Materialkonstante) T x örtliche Temperaturänderung (Temperaturgradient) Da T < T 1 ist, ergibt sich zusammen mit dem Minuszeichen in der Formel ein positiver Wert für P. Die Wärmeleitfähigkeit ist eine Materialkonstante. Das negative Vorzeichen zeigt an, dass die Richtung des Wärmetransports dem Temperaturgradienten T x entgegen gesetzt ist. 3.1 Wärmeleitung und elektrische Leitung: Gesetz von Wiedemann und Franz Die nachfolgenden Tabellen enthalten Werte für die Wärmeleitfähigkeit verschiedener Materialien, Tabelle 1 von Metallen, Tabelle von Baumaterialen. In Tabelle 1 sind zudem die elektrische Leitfähigkeiten und Lorenzzahlen L T von Metallen aufgeführt. Die Lorenzzahl L ist das Verhältnis der Wärmeleitfähigkeit und dem Produkt T aus elektrischer Leitfähigkeit und absoluter Temperatur. Seite 4/7
5 Tabelle 1: Wärmeleitfähigkeit, elektr. Leitfähigkeit (Metalle, 0 C), Lorenzzahl L L Material Silber Kupfer Cr-Ni- StahlVA Aluminium W/(m K) Ω m L W Ω T K Nickel Tabelle : Wärmeleitfähigkeit unterschiedlicher Isolatoren) bei T=93 K (0 C). Material Glas Beton Backstein Dämmstoffe Luft W/(m K) Der von Arnold Sommerfeld 1933 berechnete theoretische Wert der Lorenzzahl beträgt: Wärmeleitung und elektrische Leitung (Gesetz von Wiedemann und Franz) 3 k B J W Ω L. T 3 e K A s K Diese Theorie sagt aus, dass in Metallen die elektrische Leitung und die Wärmeleitung stets proportional zueinander und temperaturabhängig sind. Demnach gilt für Metalle: Ein guter elektrischer Leiter ist immer auch ein guter Wärmeleiter. Dieser Zusammenhang wurde schon 1853 von G. H. Wiedemann und R. Franz empirisch entdeckt. Tabelle 1 zeigt, dass die Sommerfeld sche Theorie für die reinen Metalle Kupfer und Silber sehr gut, für Aluminium und Nickel gut und für die Legierung 18/8-Chrom-Nickel-Stahl, die ca. 40-mal schlechter leitet als Kupfer, etwas weniger gut stimmt. 4 Konvektion Die Konvektion, der Wärmetransport durch Strömung, z.b. in Luft oder Wasser, ist ein zweiter Wärmetransportmechanismus. Konvektion kommt durch die Bewegung von Teilchen in Flüssigkeiten und Gasen zustande. Beispielsweise entsteht beim unterseitigen Erwärmen von Wasser in einem Becherglas eine Konvektionsströmung, weil das erwärmte, leichtere Wasser aufsteigt ( Figur 4). Figur 4: Konvektionsströmungen in heissem Wasser verursacht durch unterseitiges Erwärmen. Seite 5/7
6 Aus Tabelle ist ersichtlich, dass Luft sehr gut zur Wärmeisolation geeignet ist, insofern man die Konvektion (Luftzirkulation) unterbindet. Dieser Umstand wird für typische Dämmstoffe wie beispielsweise Polyurethan oder Polystyrol (Styropor), ausgenutzt. Diese Materialien bestehen zu einem Grossteil aus kleinsten eingeschlossenen Luft- bzw. Gasblasen. 5 Wärmestrahlung Wärmestrahlung ist neben der Wärmeleitung und der Konvektion der dritte Wärmetransportmechanismus. Ein Körper mit einer Oberflächentemperatur T kann Wärmestrahlung absorbieren (aufnehmen) oder emittieren (aussenden). Ein stark absorbierender (sog. schwarzer) Körper emittiert auch ein Maximum an (elektromagnetischer) Strahlung. Diese Wärme ist eine langwellige Form des sichtbaren Lichts und kann mit Infrarotkameras als Falschfarbenbild dargestellt werden. Jede Farbe entspricht dabei einer bestimmten Temperatur (Figur 5). Figur 5: Aufnahme der Wärmestrahlung eines Gebäudes mit einer Wärmebildkamera. Die verschiedenen Farben representieren unterschiedliche Temperaturen. Die Temperaturskala in C ist am rechten Rand abgebildet. Die von einem ideal schwarzen Körper emittierte gesamte Strahlungsleistung P (in Watt) (summiert über alle Wellenlängen) ist proportional zur strahlenden Gesamtoberfläche A und zur 4. Potenz (!) der absoluten Temperatur T des Körpers (in Kelvin). Sie beträgt: P Q t Gesetz von Josef Stefan und Ludwig Boltzmann A T 4 mit 5 4 B k 3 15 h c m W K 4 6 Zusammenfassung Wärme kann also durch Wärmeleitung, Konvektion und Wärmestrahlung transportiert werden. In den meisten Fällen sind bei der Wärmeübertragung mehrere dieser drei Mechanismen involviert, wobei je nach Temperatur der eine oder der andere überwiegt. Die drei Wärmetransportarten können anhand eines thermisch fast ideal isolierenden Gefäßes, dem nach seinem Erfinder benannten Dewar schen Gefäss (Thermosflasche), erklärt werden. Seite 6/7
7 Im Dewar schen Gefäss wird der Wärmetransport von innen nach aussen durch 3 Massnahmen fast vollständig unterbunden: 1. Verwendung von schlecht-wärmeleitendem Material wie Borosilikatglas oder 18/8-Chrom- Nickel-Stahl.. Doppelwandiger Gefässaufbau mit einem Vakuummantel verhindert die Wärmeströmung in Luft (Konvektion) zwischen innen und aussen. 3. Beidseitig verspiegelte Innenwände (Silberschichten) unterbinden den Wärmetransport durch Wärmestrahlung. Figur 6: Dewar sches Gefäss. Im täglichen Leben äussern sich die drei Wärmetransportmechanismen auf unterschiedliche Weise: Wärmeleitung: Reine Metalle, wie Kupfer oder Aluminium, fühlen sich kälter an als Plastik. Tassen werden meist aus Keramik, Becher aus Karton oder Kunststoffen gefertigt und nicht aus Metallen. So wird weniger Wärme auf die Hand übertragen und man verbrennt sich beim Trinken nicht die Finger. Pfannenböden, welche die Wärme der Kochplatten möglichst gut übertragen sollen werden dagegen aus reinen Metallen (Cu, Al) hergestellt. Konvektion: Ventilatoren erzeugen einen Luftstrom (Konvektion), welcher die Wärme von der Haut abführt. Naturgemäss verkaufen sich Ventiltoren deshalb im Sommer besser als im Winter. Computer oder industrielle Maschinen werden oft mit Luft bzw. Wasser oder einer sog. Wärmeträgerflüssigkeit gekühlt. Haare werden mit einem Fön getrocknet. Wärmestrahlung: Quellen sind die Sonne, IR-Heizstrahler, Lagerfeuer, Kerzen usw. Sie übertragen die Wärme z.t. auch über sehr grosse Distanzen. Infrarot-Detektoren sind Lichtsensoren die im langwelligen Teil des elektromagnetischen Spektrums empfindlich sind. Seite 7/7
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