380-kV-Teilverkabelung Raesfeld Realisierung des ersten Kabelpilotprojektes nach dem Energieleitungsausbaugesetz (EnLAG)
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- Lennart Hausler
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1 380-kV-Teilverkabelung Raesfeld Realisierung des ersten Kabelpilotprojektes nach dem Energieleitungsausbaugesetz (EnLAG) Christoph Gehlen Amprion GmbH Germany KURZFASSUNG Die Bundesregierung hat 2009 das Energieleitungsausbaugesetz beschlossen, in dem für vier Pilotprojekte den Übertragungsnetzbetreibern die Möglichkeit eröffnet wurde, auf Teilstrecken Erdkabel in der 380-kV-Ebene einzusetzen und zu testen. Hierdurch sollen Erfahrungen mit dieser Technik gewonnen werden. Im Zuständigkeitsbereich der Amprion wurde die Verbindung Diele / Dörpen (TenneT) Niederrhein als Pilotstrecke festgelegt wurde in Nordrhein-Westfalen die Planfeststellung durch die Bezirksregierung Münster für den ersten Teilverkabelungsabschnitt in Raesfeld mit einer Länge von 3,4 km erteilt. Unmittelbar nach diesem Bescheid wurde der Kabelbau seitens Amprion begonnen konnten die Arbeiten mit der erfolgreichen Hochspannungsprüfung fertiggestellt werden. Ab 2016 ist der erste Testbetrieb geplant. Hierdurch können die ersten Erfahrungen in Deutschland mit erdverlegten 380-kV-Höchstspannungskabeln mit einer Leistung von mehr als 3,6 MVA hinsichtlich Verfügbarkeit und Betrieb gewonnen werden. Die Baumaßnahme hat gezeigt, dass man Kabelanlagen dieser Größenordnung grundsätzlich bodenschonend verlegen kann. Wegen des hohen Blindleistungsbedarfes ist eine Verkabelung im Höchstspannungs-Drehstrombereich jedoch nur auf kürzeren Abschnitten möglich. Im Projekt Raesfeld lagen die Errichtungskosten der Kabelanlage bei mehr als dem 6-fachen im Vergleich zu einer Freileitung.
2 1 EINLEITUNG Amprion hat als erster Übertragungsnetzbetreiber in Deutschland die Planfeststellung für eine 380-kV-Verkabelung nach dem Energieleitungsausbaugesetz (EnLAG) von 2009 erhalten. Der Beitrag beschreibt die bisherigen Erfahrungen, die mit dem Bau der Kabelanlage in Raesfeld gewonnen wurden. Nach Vorstellung der verwendeten Kabeltechnik wird auf den Tiefbau eingegangen, als Bettungsmaterial wurde ein Flüssigboden verwendet. Eine besondere Herausforderung war die Umsetzung des bodenschonenden Konzeptes, welches im Rahmen der Planfeststellung gefordert wurde. 2 KABEL- UND VERLEGETECHNIK 2.1 Kabeltechnik Die Verbindung Diele / Dörpen- Niederrhein wird vorwiegend in Freileitungstechnik mit zwei Stromkreisen mit einer Viererbündelbeseilung ausgeführt. Die Anforderung an die Kabelanlage ist, mindestens jeweils 1800 MVA je Stromkreis übertragen zu können. Dies ist Grundlage für die Auslegung der Kabelanlage, woraus sich insbesondere auch die jeweiligen Abstände der Kabel untereinander ergeben. Es ergibt sich die Notwendigkeit, zwei Kabelanlagen mit jeweils 6 Einzeladern zu errichten, d.h. es werden 12 parallele Einzelkabel mit einem Querschnitt von 2500 mm² Cu bzw mm² Cu bei lackierten Einzeldrähten erforderlich. Um die erforderliche Übertragungsleistung zu jedem Zeitpunkt sicherzustellen, wurden die Kabelanlagen in einen Block aus sog. Flüssigboden eingebettet. Die Gesamtstrecke des Kabelpilotprojektes Raesfeld beträgt 3,4 km. Lieferbar waren Kabelteillängen von bis zu 1300 m, was zwei Muffenstandorte mit jeweils 12 Verbindungsmuffen erforderte. Diese wurden als Crossbonding-Muffen ausgeführt. Abbildung 1 zeigt beispielhaft den Aufbau eines 380-kV-Kables, wie es in Raesfeld zum Einsatz kam. Die zwei Kabelsysteme wurden im Rahmen einer Ausschreibung an zwei unterschiedliche Kabelhersteller vergeben, um Auswirkungen von ggf. auftretenden Serienfehlern zu begrenzen. Abbildung 1. Grundsätzlicher Aufbau eines 380-kV-Drehstromkabels (Quelle: nkt)
3 Zum Einsatz kamen ein Kabelsystem mit 6 Einzeladern mit einem Querschnitt von 2500 mm² Kupfer (N2XS(FL)2Y 1x2500 RMS/250) und ein System mit 6 Einzeladern mit einem Querschnitt von 2000 mm² Kupfer mit lackierten Einzeldrähten (N2XS(FL)2Y 1x2000 en RMS/250). Der Leistungsumfang der Kabelhersteller umfasste die Herstellung, Lieferung und Montage der Kabelanlage in eine bauseits erstellte Kabelschutzrohranlage konnte die Kabelanlage mit den erfolgreichen Hochspannungsprüfungen und Teilentladungsmessungen fertiggestellt werden. 2.2 Tiefbau Bei den verhältnismäßig einfachen Bedingungen im ländlichen Bereich von Raesfeld wurde vorwiegend die im Kabel- und Leitungstiefbau übliche offene Verlegung gewählt. Lediglich im Bereich der Kreuzung mit der Bundesstraße B70 kam das Bohrpressverfahren als geschlossenes Verfahren zur Anwendung. Abbildung kV-Grabenprofil Raesfeld Abbildung 2 zeigt das Regelgrabenprofil, wie es in Raesfeld gebaut wurde. Aufgabe der Tiefbauunternehmen war es, die Kabelschutzrohranlagen entsprechend der berechneten Vorgaben in die Erde zu bringen. Besondere Herausforderung war hierbei die Umsetzung der bodenschonenden Bauweise und die Herstellung des Flüssigbodens. Für die Baubedarfsfläche stand eine Breite von ca. 40 Metern zur Verfügung, für den späteren Betrieb wurde eine Schutzstreifenbreite von knapp 23 Metern dinglich im Grundbuch gesichert. Vorteil der Schutzrohranlage ist neben dem Schutz des Kabels, dass während der Verlegung nicht die komplette Kabelteillänge als Baugrube offengehalten werden muss. Dies vereinfacht den Bau und ggf. auch die Wasserhaltung. Bei einem Kabeldefekt oder bei einer späteren Erneuerung der Kabel wird davon ausgegangen, dass diese ohne erneute große Tiefbauaufwendungen eingezogen werden können. Nachteil ist ein geringerer Wärmeübergang in das umliegende Erdreich, welcher durch die Dimensionierung der Kabelanlage ausgeglichen wurde. In Abbildung 3 kann man den Umfang und den Aufwand der Baumaßnahmen erkennen. Um mit der Baubedarfsfläche auszukommen, wurde zunächst ein Kabelgraben ausgehoben, während die Fläche des anderen Kabelgrabens zur Lagerung des Aushubs diente. Nach Fertigstellung des ersten Grabens wurde diese Fläche wiederum als Lagerfläche für den Aushub des zweiten Kabelgrabens verwendet.
4 Die Bundesstraße B70 konnte nicht in offener Bauweise gequert werden. Hier kam das grabenlose Bohrpressverfahren zum Einsatz. Im Bereich von zwei Rohrleitungskreuzungen musste in Handschachtung gearbeitet werden. Abbildung 3. Kabelschutzrohrverlegung Als direktes Bettungsmaterial um die Kabelanlage herum kam ein sogenannter Flüssigboden zum Einsatz, der definierte Wärmeableitwerte sicherstellen soll. Abbildung 4 zeigt die Einbettung der Kabelschutzrohre in den Flüssigboden. Die leeren Schutzrohre schwimmen beim Einbringen des Flüssigbodens auf und werden durch entsprechende Einrichtungen, beispielsweise wie hier abgebildet mit Stahlträgern mit Gewindestangen und nach unten offenen Gabeln nach oben fixiert. Nach einer kurzen Abbindezeit können diese Fixierungen entfernt und im weiteren Baustellenverlauf weiterverwendet werden. Nach Fertigstellung der Kabelschutzrohranlage wurde diese kalibriert und druckgeprüft. Dies stellt dann eine eindeutige Schnittstelle zwischen dem Gewerk Tiefbau und dem Gewerk Kabellieferung sicher.
5 Abbildung 4.Einbettung der Schutzrohre in Flüssigboden 2.3 Bodenschonende Bauweise Die offene Verlegung von Kabelanlagen im landwirtschaftlichen Bereich stellt einen Eingriff in den Boden dar. Um die Auswirkungen so gering wie möglich zu halten, wurde im Rahmen der Planfeststellung ein bodenschonendes Konzept erarbeitet. Hierdurch konnte die Akzeptanz der Landwirte für dieses Projekt gewonnen werden. Wesentlicher Punkt der bodenschonenden Bauweise ist, unnötige Verdichtungen des Bodens zu vermeiden. So wurde der Oberboden auf der gesamten Baubedarfsfläche abgehoben und rechts und links seitlich gelagert. Ein Abschieben mit Raupenfahrzeugen war nicht zulässig, da dieses schon zu unzulässigen Verdichtungen geführt hätte. Gegen eine Verunkrautung wurde auf diesen Mieten Senf eingesät. Nachdem der Oberboden abgetragen war, wurde eine Baustraße aus Stahlplatten in der Mitte der Trasse ausgelegt. Diese konnte dann auch mit Radfahrzeugen befahren werden, während außerhalb der Baustraße nur der Einsatz von Kettenfahrzeugen erlaubt war. Abbildung 5 zeigt den abgehobenen Mutterboden sowie die Einrichtung der Baustraße. Ferner sah das Konzept der bodenschonenden Bauweise für Raesfeld vor, dass die einzelnen Bodenschichtenwieder so einzubauen sind, wie sie zu Beginn der Baumaßnahme vorgefunden wurden. Dies erforderte die Lagerung der einzelnen Bodenschichten in getrennten Mieten (Abbildung 6). In Raesfeld wurden Mutterboden, Eschboden, Sand, Lehm und Ton angetroffen, die zum Teil in bis zu fünf verschiedenen Mieten gelagert werden mussten. Ein unabhängiger Gutachter überwachte die Umsetzung des bodenschonenden Konzeptes auf der Baustelle.
6 Abbildung 5. Einrichtung der Baustraße Abbildung 6. Bodenschonendes Konzept in der Umsetzung Nach dem Wiederverfüllen des Oberbodens wurde Rotklee als Pionierfrucht angepflanzt, der den Boden noch einmal kräftig durchwurzeln und mit Nährstoffen anreichern soll. Nach Freigabe durch den Bodenkundler können die Flächen wieder landwirtschaftlich genutzt werden (Abbildung 7).
7 Abbildung 7. Blick auf die fertige Kabelanlage 3 ZUSAMMENFASSUNG Mit dem Kabelprojekt Raesfeld wurde die erste Pilotstrecke nach dem EnLAG fertiggestellt. Es hat sich gezeigt, dass die Verlegung von 380-kV- Hochenergie -Kabeln mit Leistungen von in Summe mehr als 3,6 MVA - mit dem entsprechenden Aufwand - technisch machbar ist und bodenschonend umgesetzt werden kann. Da es weltweit noch keine Langzeiterfahrungen mit 380- kv-vpe-kabeln in dieser Leistungsklasse gibt, kann das Pilotprojekt nun wertvolle Erfahrungen in Bezug auf Verfügbarkeit und Betrieb liefern. Die Errichtungskosten für die Kabelanlage in Raesfeld lagen bei mehr als dem 6-fachen im Vergleich zu einer Freileitung. Hierbei ist jedoch anzumerken, dass die Verhältnisse in Raesfeld sehr einfach waren: Es handelte sich um eine Erdkabelverlegung im landwirtschaftlichen Bereich, geradeaus, mit lediglich einer grabenkosen Straßenkreuzung und zwei Rohrleitungskreuzungen. Es ist davon auszugehen, dass dieser Faktor bei den nächsten Pilotprojekten in dieser Leistungsklasse höher sein wird.
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