S3 Leitlinie Volumentherapie: Was, wieviel und wie wird s gemessen... R. Kram
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- Pamela Schulz
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1 S3 Leitlinie Volumentherapie: Was, wieviel und wie wird s gemessen... R. Kram
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3 Was ist eine S3 Leitlinie? Arbeitsgemeinschaft medizinisch wissenschaftlicher Fachgesellschaften (AWMF) Vier Entwicklungsstufen S1 Expertengruppe, informeller Konsens S2k formale Konsensfindung S2e systematische Evidenz Recherche S3 Alle Elemente einer sytemischen Entwicklung Logik-, Entscheidungs- und Outcome-Analyse Bewertung klin. Relevanz und wiss. Studien Regelmäßige Überprüfung 3
4 Empfehlungsgrade 4
5 Inhalt 1. Was? 2. Wieviel? 3. Wie wird s gemessen? 5
6 1. Was?
7 Erste Versuche mit der Volumentherapie Dr. T. Latta Applikation von bis zu 10 Litern Salzlösung 7
8 Historische Stichworte ~ 1890 Erste Infusion von Salzlösung durch Punktion einer Vene in der Chirurgie von Landerer ~ 1890 Ringer Lösung ~ 1915 Einführung Gelatinehaltiger Lösung von J.J.Hogan ~ 1920 Small Volume Resuscitation (Hercher, Schück und Simenauer) ~ 1945 Dextranhaltige Lösungen 1962 HAES 8
9 1883: Sydney Ringer, Journal of Physiology: Volumentherapie Alexis Frank Hartmann: Lactated Ringer s Solution Sydney Ringer, Alexis Frank Hartmann,
10 1908: Die endovenöse Applikation der Medikamente hat in den letzten 10 Jahren eine so hervorragende Bedeutung in der praktischen Medizin gewonnen, dass wir heute eine genügende Fertigkeit zur schulgerechten Handhabung von jedem Arzt voraussetzen müssen
11 Zusammensetzung von Infusionslösungen Spezialwissen oder Grundlagenwissen? Ich weiß, dass ich nicht(s) weiß Sokrates Platon
12 Beipackzettel 12
13 Zusammensetzung balancierter Lösungen
14 Def.: Balancierte Elektrolytlösung Betrifft kristalloide Lösungen als auch Trägerlösungen von Kolloiden Physiologisches Elektrolytmuster Physiologische Osmolalität (Isotonie) Physiologischer Säure Basen Status Mit Bikarbonat (aus galenischen Gründen nicht möglich) Oder metabolisierbaren Anionen Malat Azetat 14
15 15
16 16
17 17
18 Physiologische Kochsalzlösung 18
19 Merke! Na + : 154 mmol/l Cl - : 154 mmol/l 19
20 Ein Beispiel: Chlorid 1/3 der extrazellulär osmotisch wirksamen Teilchen Plasma Konz.: 103 mmol/l NaCl 0,9% Lsg.: 154 mmol/l Ringer Laktat Lsg.: 116 mmol/l Plasma Lyte: 98 mmol/l 20
21 Hyperchlorämie bewirkt eine hyperchlorämische Azidose
22 Wirkung Hyperchlorämie 30 ml/kg KG NaCl 0,9% bewirken eine hyperchlorämische Azidose Durch die Infusion hervorgerufene Azidose, keine physiologische Reaktion Gesunde Probanden zeigen nach 50 ml/kg KG über 1h Übelkeit und Erbrechen, erster Urinausscheidung deutlich verspätet (Williams et al. Anesth. Analg. 1999) 22
23 Nachteile der Hyperchlorämischen Azidose Steigerung Proteinkatabolismus Steigerung der Insulinresistenz Reduktion der kardialen Kontraktilität Zunahme des renalen Gefäßwiderstandes Abnahme der GFR Supprimierung des Renin-Angiotensin-Aldosteron Mechanismus Cl: 115 mmol/l Renaler Gefäßwiderstand steigt um 35% GFR sinkt um 20% 23
24 24
25 Wann wird NaCl 0,9% eingesetzt? 25
26 A Randomized, Double-Blind Comparison of Lactated Ringer s Solution and 0,9% NaCl During Renal Transplantation O Maley C.M.N. et al. Anesth Analg: 2005; 100;
27 Methode Randomisiert, Doppelblind 51 Patienten Abbruch nach Interimsanalyse 26 Pat. NS; 25 Pat. RL 27
28 [%] 0,7 0,6 0,5 Behandlungsbedürftige Azidose und Hyperkaliämie 0,4 0,3 31% Hyperkaliämie 0,2 0,1 0 19% NS 0% RL 0% Metabolische Azidose O Malley et al.: Anesth Analg 100(2005) pp
29 Joannidis, Kümpers und Ertmer ; Intensiv news 2012/
30 Dr. Jekyll und Mr. Hyde ist eine Novelle des schottischen Schriftstellers Stevenson aus dem Jahr Der angesehene Dr. Jekyll wird durch einen Zaubertrank in der Nacht zu einer zweiten Persönlichkeit, die alle schlechten Eigenschaften in sich vereint 30
31 Dr. Jekyll Die augenscheinlich positiven Effekte des NaCl 0,9% als vermeintlich nebenwirkungsfreier Flüssigkeitsersatz verkörpern die jahrzehntelang wahrgenommene gute Seite dieses Produkts. Joannidis, Kümpers und Ertmer ; Intensiv news 2012/
32 Mr. Hyde Es kumulieren jedoch Daten, die auf ein verschlechtertes Outcome unter Therapie mit NaCl 0,9% hinweisen und somit die böse Seite in den Vordergrund treten lassen. Joannidis, Kümpers und Ertmer ; Intensiv news 2012/
33 Es handelt sich beim NaCl 0,9% somit um die vielleicht berühmteste gespaltene Persönlichkeit in der modernen Medizin. Joannidis, Kümpers und Ertmer ; Intensiv news 2012/
34 Übrigens... Es ist wohl Zufall, dass sowohl die Urväter der Infusionstherapie, O'Shaughnessy und Latta, als auch die Romanvorlage Brodie allesamt Bürger Edinburghs waren. 34
35 2. Wieviel?
36 Gratwanderung Ausreichende globale Perfusion und Oxygenierung Ausreichendes Volumen, wenig Lungenödem Erhalt der Makrohämodynamik Erhalt der Mikrozirkulation Vermeidung einer interstitiellen Überladung 36
37 Fallstrick: Die Bilanz
38 Fallstrick: Die Bilanz
39 ELWI = 19 ml/kg Extravaskulärer Lungenwasserindex (ELWI) Normalbereich: 3 7 ml/kg ELWI = 7 ml/kg ELWI = 14 ml/kg ELWI = 8 ml/kg 39
40 Was nutzt uns der Laktat Wert? A. Als "Warnsignal" B. Zur Beurteilung einer laufenden Therapie C. Als Indikator für die Prognose 1,2,3 1 Auden J, JAMA 1994;272; Shoemaker WC et. al. Am J Surg 1983; 146: Cady LD, Weil MH, Afifi AA, et. al. Quantification of severity of critical illness with special reference to blood lactate, Crit Care Med 1973; 1:
41 3. Wie wird s gemessen?
42 Diagnose des Volumenmangels
43 Diagnose des Volumenmangels
44 Wie beurteilen wir denn die Hämodynamik? 44
45 Stephen Hales ( ) Haemastatiks 1733
46 Art. Blutdruck und Herzzeitvolumen U = I x R
47 Adolf Jarisch ( ) Es ist bedauerlich, das die Messung eines Druckes soviel einfacher ist als die eines Flusses. Dies hat zu einem übertriebenen Interesse am Blutdruckmanometer geführt. Die meisten Organe benötigen jedoch eher Perfusion als Druck.
48 Deshalb ist erweitertes Monitoring erforderlich! PICCO Klinische Untersuchung (Leg raising) PAK S(c)vO2 Echokardiografie (TTE oder TEE) 48
49 Messung der Vorlast Vorlast Füllungsdrucke ZVD / PCWP Volumetrische Vorlastparameter GEDV / ITBV Volumenreagibilität SVV / PPV Fa. Pulsion 49
50 GEDV GEDV = Globales Enddiastolisches Volumen Lunge kleiner Kreislauf rechtes Herz linkes Herz großer Kreislauf Summe der Blutvolumina aller 4 Herzkammern Fa. Pulsion 50
51 GEDV GEDV zeigt eine gute Korrelation mit dem kardialen Auswurf! Michard et al., Chest 2003;124(5): Fa. Pulsion
52 Cardiac function index (CFI) Ratio aus Cardiac output (CO) Globales End - diastolisches Volumen (GEDV) CFI korreliert mit der Ejektionsfraktion 52
53 SVV = Schlagvolumenvarianz ist die Variation der Schlagvolumina über den Atemzyklus korreliert gut mit der Reaktion des kardialen Auswurfs auf Vorlasterhöhung (Volumenreagibilität) Fa. Pulsion 53
54 Schlagvolumenvarianz (SVV) ohne Aussage bei Spontanatmung Offener Thorax Ständige Arrhythmien 54
55 ITBV ITBV = Intrathorakales Blutvolumen Lunge kleiner Kreislauf rechtes Herz linkes Herz großer Kreislauf ITBV =GEDV + PBV Summe des Blutvolumens aller 4 Herzkammern + pulmonales Blutvolumen Fa. Pulsion 55
56 ITBV ITBV beträgt im Normalfall das 1,25 - fache des GEDV ITBV TD (ml) ITBV = 1.25 * GEDV 28.4 [ml] GEDV (ml) GEDV vs. ITBV bei 57 Intensivpatienten Sakka et al, Intensive Care Med 2000; 26: Fa. Pulsion
57 Zentral- (gemischt-) venöse Sättigung und avdo 2 Normwert 70% zentral und 65% gemischt venös Geringe Sättigung Hohe Ausschöpfung das heißt das heißt Hohe arteriovenöse Sauerstoffgehaltsdifferenz (avdo2) das heißt Geringes Herzzeitvolumen (HZV), da der Sauerstoffverbrauch ja gleich bleibt 57
58 Pulmonal arterieller Katheter (PAK) rudolf-deiml.homepage.t-online.de 58
59 Indikationen des PAK Absolute Indikationen: keine Relative Indikationen z.b.: Hämodyn. Monitoring bei schwerere Lungenarterienembolie Hämodyn. Monitoring bei Pulmonalarteriellem Hypertonus 59
60 V. Cava kollabiert nicht: Hypervolämie 60
61 Passive Leg Raising 61
62 ZVD
63 Die Anfänge Wilson JN, Grow JB. Central venous pressure in optimal blood volume maintenance. Arch Surg 1962; 85:55 63
64 Marik, P et al.; Crit Care Med,
65 2
66 ZVD Zusammenfassend: Es gibt keine Daten, die die weitverbreitete Praxis unterstützt den ZVD zur Szteureung der Volumentherapie zu benutzen. Das ist ohne wissenschaftliche Grundlage und sollte verlassen werden. Marik, P et al.; Crit Care Med,
67 Magdesian, KG et al. : Changes in central venous pressure and blood lactate concentration in response to acute blood loss in horses. J Am Vet Med 2006; 229:
68 ZVD Eine Korrelation zwischen dem statischen CVP und dem zirkulierenden Blutvolumen hat niemals bestanden, allenfalls Extremwerte sind ein guter Indikator für den hämodynamischen Zustand eines Patienten [Gellmann, Anesthesiology 2008]. Der zentralvenöse Druck ist als Surrogatparameter für den Volumenstatus ungeeignet [Janssens, Anästhesist 2009]. Extrem niedrige CVP-Werte machen eine Hypovolämie und eine erniedrigte Vorlast zwar wahrscheinlich, hohe Werte schließen diese jedoch keinesfalls aus [Weyland, Anästhesist 2009]. 68
69 69
70 Und zum Schluss: 70
71 THM 1. Volumentherapie ist ein komplexer und wichtiger Bestandteil der Intensivmedizin 2. Balancierte Infusionslösungen sind zur Volumentherapie das Medikament der Wahl 3. Unphysiologische Kochsalzlösung gilt es zu vermeiden 4. Erweitertes Monitoring in Kombination mit einer klinischen Diagnostik schätzt die Volumensituation am Besten ab. 5. Der ZVD ist zur Abschätzung des Volumenbedarfes immer noch ungeeignet 71
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