EQUAL PAY EU-Rechtsrahmen und Rechtsprechung des EuGH
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- Albert Martin
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1 EQUAL PAY EU-Rechtsrahmen und Rechtsprechung des EuGH Mag. a Sandra Konstatzky Gleichbehandlungsanwaltschaft Österreich Gleichbehandlungsanwaltschaft Österreich Equality Body Österreich Hauptaufgabe: juristische Beratung und Unterstützung Anträge Gleichbehandlungskommission Spezielles Verfahren im Vorfeld von Gerichtsverfahren, Auskunftsrechte Musterfälle, z.b. Brunnhofer 2 1
2 Inhalt des Vortrages Hintergrund der Thematik Rechtsgrundlagen Rechtsprechung EuGH Zentrale Begriffe und Definitionen in Equal Pay Fällen aktuelles Vorabentscheidungsverfahren Resümee 3 Gender Pay Gap 16,4 %: Daten der Europäischen Kommission
3 Hintergrund Gender Pay Gap:EU-Durchschnitt 16,4 % Lohnschere schließt sich sehr langsam Die Statistik ist um Arbeitszeit, Bildung, Branche, Alter, Dienstalter,... bereinigt Unerklärbarer Rest diskriminierend? Bereinigungsfaktoren : rechtlich aufgreifbar diskriminierende Aspekte bei Teilzeit 5 Hintergrund Bericht über die Anwendung der RL 2006/54/EG: was behindert die wirksame Anwendung der Lohngleichheit Mangel an Klarheit und Rechtssicherheit in Bezug auf das Konzept der gleichwertigen Arbeit Mangel an Transparenz im Bereich der Lohnsysteme Verfahrenshindernisse 6 3
4 Hintergrund Politisches Handeln der EK Neue Gender Strategy der EK Empfehlung zur Einkommenstransparenz 7 Rechtsgrundlagen Primärrecht Art 157 AEUV (ex-art 119, 141): Entgeltgleichheit ist als einzige gleichbehandlungsrechtliche Thematik im Primärrecht verankert Ursprünglich wettbewerbsrechtliche Zielsetzung dieser Bestimmung 8 4
5 Rechtsgrundlagen doppelter Zweck Art 157 Entscheidung Defrenne II (1976) Art 119 EWG ist direkt anwendbar Doppelter Zweck: wirtschaftlicher und sozialer Entgeltgleichheit gehört zu den Grundlagen der Gemeinschaftsrechtsordnung Grundrechtscharakter der Bestimmung 9 Rechtsgrundlagen Vorrang des sozialen Zwecks EuGH Schröder (2000) u.a.: Wirtschaftlicher Zweck des Art 119 (Art 157), der Wettbewerbsverzerrungen beseitigen soll, hat gegenüber dem sozialen Ziel dieser Vorschrift, nachgeordnete Bedeutung. Lohngleichheit heute auch in Art 23 Grundrechtecharta 10 5
6 Rechtsgrundlagen Art 157 AEUV weiter Entgeltbegriff positive Maßnahme Leistungslohnsysteme Entgelt für eine nach Akkord bezahlten Arbeit soll au Grund der selben Maßeinheit festgesetzt werden Zeitlohnsysteme Eine nach Zeit bezahlte Arbeit soll bei gleichem Arbeitsplatz gleich sein 11 Rechtsgrundlagen Grundrechtecharta Lohngleichheit Art 23 Grundrechtecharta 12 6
7 Rechtsgrundlagen Sekundärrecht - Richtlinien RL 75/117/EWG, Lohngleichheits-RL RL 76/207/EWG und 2002/73/EG, Gleichbehandlungs-RL RL 86/378/EWG und RL 96/97 EG, Betriebspensions-RL (EuGH Bilka 1986) RL 97/80/EG, Beweislast-RL: Beweislast und mittelbare Diskriminierung (EuGH Danfoss 1989, Enderby 1993) 13 Rechtsgrundlagen Sekundärrecht Zusammenfassung all dieser Richtlinien durch die Gleichbehandlungsrichtlinie neu : RL 2006/54 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen (Neufassung) 14 7
8 Rechtsgrundlagen Gleichbehandlungsrichtlinie Artikel 4 Satz 1 Gleichbehandlungs-RL: mittelbare und unmittelbare Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts bei gleicher oder bei einer Arbeit, die als gleichwertig anerkannt wird in Bezug auf sämtliche Entgeltbestandteile und bedingungen beseitigen 15 Rechtsgrundlagen Gleichbehandlungsrichtlinie Art 4 Satz 2 Gleichbehandlungs-RL: Die Festlegung des Entgelts mit Hilfe eines Systems beruflicher Einstufungen muss auf männliche und weibliche ArbeitnehmerInnen gemeinsamen Kriterien beruhen und so beschaffen sein, dass Diskriminierung ausgeschlossen ist 16 8
9 zentrale Begriffe Entgelt persönlicher Anwendungsbereich gleichwertige Arbeit Beweislastumkehr unmittelbare Diskriminierung mittelbare Diskriminierung 17 Rechtsprechung EuGH Entgeltbegriff Der Entgeltbegriff des Art 157 umfasst: Die üblichen Grund- und Mindestlöhne und gehälter sowie sonstige Vergütungen, die der/die ArbeitgeberIn auf Grund des Dienstverhältnisses dem/der ArbeitnehmerIn unmittelbar oder mittelbar in bar oder in Sachleistungen zahlt 18 9
10 Entgeltbegriff Überkollektivvertragliche Zahlungen, Zulagen, Prämien, Gratifikationen Abfindungen, Abfertigungen (EuGH Kowalska, Gruber) Wehrdienstanrechnungen (EuGH ÖGB) Krankenentgelt (EuGH Rinner-Kühn) Krankenentgelt bei schwangerschaftsbedingter Abwesenheit (EuGH Pedersen) 19 Rechtsprechung EuGH Entgeltbegriff Überbrückungsgelder während Arbeitslosigkeit (EuGH Hlozek) Vergütungen an Betriebsrats-Mitglieder (EuGH Bötel) Betriebspensionen (unter anderem EuGH Bilka, Barber) NICHT: Pensionen der gesetzlichen Sozialversicherung 20 10
11 Anwendungsbereich europarechtlicher ArbeitnehmerInnenbegriff (EuGH Lawrie Blum) auch öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse (EuGH Gerstner) ArbeitgeberInnen: Entgeltunterschiede müssen dieselbe Quelle haben. Einheit, damit Verpflichteter Gleichbehandlung herstellen kann (EuGH Lawrence, Allonby) 21 Rechtsprechung EuGH gleichwertige Arbeit Erwägungsgrund 9 der RL 2006/54: Gleichwertigkeit, wenn sich ArbeitnehmerInnen in einer vergleichbaren Lage befinden hinsichtlich - Art der Arbeit - Ausbildung - Arbeitsbedingungen 22 11
12 gleichwertige Arbeit Individueller Maßstab: Vorgänger (EuGH Smith) geringerwertige Tätigkeiten (EuGH Murphy) Eingruppierung in derselben Vergütungsgruppe hat nur Indizwirkung unterschiedlich Bezahlung gleicher Tätigkeiten kann nicht vorab in persönlicher Leistung begründet werden (EuGH Brunnhofer) 23 Rechtsprechung EuGH gleichwertige Arbeit Kollektiver Maßstab: Gesamtbetrachtung eines innerbetrieblichen Entgeltsystems oder eines einzelnen Kriteriums der Entgelte von Männer und Frauen Oft geht es dabei um Gleichwertigkeitsprüfungen Grundsätzlich den nationalen Behörden überlassen 24 12
13 gleichwertige Arbeit Merkmale müssen in ihrer Gesamtheit die gleiche Bezahlung gleichwertiger Arbeit gewährleisten Wenn nur Kriterium muskelmäßige Beanspruchung zu einer Zulage führt, aber keine weiteren Kriterien für frauentypische Belastungen: Lohnsystem widerspricht dem Gleichwertigkeitsgebot (EuGH Rummler) 25 Rechtsprechung EuGH gleichwertige Arbeit Gleichwertigkeit (EuGH BR der Wr. GKK): Tätigkeit von PsychologInnen und ÄrztInnen Führen beide Betreuung von PatientInnen durch EuGH: nicht gleichwertig, da unterschiedliche Berufsausbildung und berechtigung vorliegt 26 13
14 Beweislastumkehr Ausgangsfälle betrafen kollektive Systeme: Frauen erhielten durchschnittlich geringere Zulage als Männer, Unternehmen hatte keinerlei allgemein zugängliche Information über die Verteilung individueller Zulagen (EuGH Danfoss) variable und fixe Bestandteile wurden vermischt (EuGH Royal Copenhagen) 27 Rechtsprechung EuGH Beweislastumkehr Beweislast kehrt sich um, wenn ArbeitnehmerInnen, die dem ersten Anschein nach diskriminiert sind, indem sie dies durch Tatsachen darlegen, sonst kein wirksames Mittel hätten, um die Einhaltung des Grundsatzes des gleichen Entgelts durchzusetzen EuGH Enderby 28 14
15 unmittelbare Diskriminierung Tatbestandsmerkmale: vergleichbare Lage Benachteiligung Grund Geschlecht Rechtfertigung nur, wenn: keine vergleichbare Situation Positive Maßnahme 29 Rechtsprechung EuGH unmittelbare Diskriminierung Unmittelbare Diskriminierung ist jedenfalls das benachteiligende Anknüpfen an Schwangerschaft und Mutterschaft EuGH Gillespie, EuGH Mc Kenna In diesen Fällen: Keine Vergleichsperson erforderlich 30 15
16 mittelbare Diskriminierung Scheinbar neutrale Vorschriften, Kriterien benachteiligende Wirkung auf ein Geschlecht kann unter bestimmten Voraussetzungen gerechtfertigt werden muss verhältnismäßig sein 31 Rechtsprechung EuGH mittelbare Diskriminierung Häufigste Fälle: Teilzeitbeschäftigung EuGH Jenkins, EuGH Bilka Nachweis: früher Statistik heute auch hypothetischer Vergleich: es geht darum, ob scheinbar neutrale Vorschriften oder Kriterien die Gruppe der Frauen in besonderer Weise benachteiligen können 32 16
17 Rechtfertigungsgründe Dienstalter und Berufserfahrung grundsätzlich zulässig (EuGH Danfoss) da mit der Berufserfahrung gewöhnlich eine bessere Arbeitsverrichtung einhergeht Nur, wenn ANIn glaubhaft macht, dass durch höheres Dienstalter keine bessere Arbeitsverrichtung, muss AGIn Beweis dafür antreten (EuGH Cadman) 33 Rechtsprechung EuGH mittelbare Diskriminierung Weitere Themen: Belohnungen für Präsenz, keine Gratifikation während der Karenz (EuGH Lewen) Unterschiedliche Anrechnungen von Abwesenheitszeiten - Wehr- und Zivildienst und Karenz (EUGH ÖGB) 34 17
18 Rechtfertigungsgründe Mehrdienstleistungen bei Teilzeit: Teils widersprüchliche EuGH-Aussagen: Gleiches Entgelt für gleiche absolute Stundenzahl (EuGH Helmig) Aliquotierung der Vollzeit- Mehrstundenvergütung bei Teilzeit (EuGH Elsner-Lakeberg) 35 Rechtsprechung EuGH Rechtfertigungsgründe Nicht zulässig: Haushaltserwägung (EuGH Hill & Stapleton, Schönheit) sozial- und beschäftigungspolitische Ziele (EuGH Krüger) Strittig: Marktwertargumente 36 18
19 Kinderzulage (EuGH ÖGB) Darf Kollektivvertrag eine Kinderzulage für Teilzeitbeschäftigte aliquotieren? nur nach Rahmen RL über Teilzeitarbeit geprüft (Vorlagefrage durch OGH) Hält fest, dass pro-rata-temporis-grundsatz gerechtfertigt ist mittelbare Diskriminierung, was wäre die sachliche Rechtfertigung? 37 Resümee Entgeltbegriff wird vom EuGH sehr weit ausgelegt Entwicklung rechtlicher Figuren für das gesamte Gleichbehandlungsrecht immer noch viel Interpretationsspielraum (gleichwertige Arbeit) Wichtigste Player sind nach wie vor die nationalen Gerichte (Sachverhalte) 38 19
20 Resümee Lohnschere verkleinert sich nur sehr langsam diskriminierende Strukturen sind nur teilweise rechtlich bekämpfbar hohes Verfahrensrisiko aktive, positive Maßnahmen zusätzlich notwendig 39 Danke für die Aufmerksamkeit! 40 20
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