Einleitung Trauma, Selbstkontrolle, Freiheit und geschlossene Unterbringung. Gliederung. Was ist ein Trauma? Flucht Freeze.
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- David Busch
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1 Einleitung Trauma, Selbstkontrolle, Freiheit und geschlossene Unterbringung Komplexe Traumafolgestörungen und ihre Auswirkungen auf die Selbststeuerungsfähigkeit Bedeutung für die Ausgestaltung von pädagogischer Settings Niemand ist frei, der über sich selbst nicht Herr ist. Matthias Claudius ( ), Deutscher Dichter Schwarzacher Symposium: Qualitätsstandards für freiheitsentziehende Maßnahmen: Neuropädagogik - Herausforderung für pädagogisches Handeln Marc Schmid, Schwarzach, den Kinder-und Jugendpsychiatrische Klinik Zentrum für Liaison und Qualitätssicherung img.fotocommunity.com/images/emotionen/verzweiflung/freiheit-a jpg&w=1000&h =773&ei=tsXOUdS9O8nvswaY7oHwBw&zoom=1&iact=rc&dur=461&page=2&tbnh=138&tbnw=1 85&start=24&ndsp=36&ved=1t:429,r:59,s:0,i:272&tx=61&ty=49&biw=1280&bih= Gliederung Was ist ein Trauma? 1. Was ist ein Trauma? 2. Komplexe Traumafolgestörungen 3. Trauma, Selbststeuerung und pädagogische Probleme 4. Eskalation der Hilfen bis zur geschlossen Unterbringung Traumatisches Lebensereignis Extreme physiologische Erregung 5. Geschlossene Unterbringung als Mittel gegen die Machtlosigkeit 6. Einige Überlegungen zur Funktion von Regeln 7. Traumapädagogik Flucht Freeze Fight 8. Geschlossene Unterbringung und traumapädagogische Konzepte 9. Zusammenfassung und Diskussion Traumasymptome 3 4 1
2 Bei einer Traumatisierung laufen parallel zwei unterschiedliche physiologische Prozesse ab Übererregungskontinuum Fight oder Flight Alarmzustand Wachsamkeit Angst/Schrecken Adrenalin System wird aktiviert -Erregung SerotonergesSystem verändert sich -Impulsivität, Affektivität, Aggressivität Physiologisch Blutdruck (Pulsrate) Atmung Muskeltonus Schmerzwahrnehmung Dissoziatives Kontinuum Freeze-ohnmächtige / passive Reaktion Gefühlslosigkeit / Nachgiebigkeit Dissoziation Opioid System wird aktiviert Euphorie, Betäubung Veränderung der Sinnes-, Körperwahrnehmung (Ort, Zeit etc.) Physiologisch Pulsrate Blutdruck Atmung Muskeltonus Schmerzwahrnehmung Traumatypologien nach Terr (1991) Typ I -Trauma Einzelnes, unerwartetes, traumatisches Erlebnis von kurzer Dauer. z.b. Verkehrsunfälle, Opfer/Zeuge von Gewalttaten, Naturkatastrophen. Öffentlich, besprechbar Symptome: Meist klare sehr lebendige Wiedererinnerungen Vollbild der PTSD Hauptemotion = Angst Eher gute Behandlungsprognose Typ II -Trauma Serie miteinander verknüpfter Ereignisse oder lang andauernde, sich wiederholende traumatische Erlebnisse. Körperliche sexuelle Misshandlungen in der Kindheit, überdauernde zwischen-menschliche Gewalterfahrungen. Symptome: Nur diffuse Wiedererinnerungen, starke Dissoziationstendenz, Bindungsstörungen Hohe Komorbidität, komplexe PTSD Sekundäremotionen (z.b. Scham, Ekel) Schwerer zu behandeln 5 6 Biologische Faktoren Genetik, prä- und perinatale Risikofaktoren Soziale weniger soziale Kompetenzen der Empathiefähigkeit Mentalisierung Bindungsstörung der Interaktion Biologische Faktoren Genetik, prä- und perinatale Risikofaktoren Soziale weniger soziale Kompetenzen der Empathiefähigkeit Mentalisierung Bindungsstörung der Interaktion PTSD: Hyperarousal, Intrusionen, Vermeidung Selbstwert, Gefühl d. Selbstunwirksamkeit kognitive Schemata Invalidierende, vernachlässigende Umgebung Typ-II-Traumata Impulskontrolle Selbstregulation Stresstoleranz Emotionsregulation PTSD: Hyperarousal, Intrusionen, Vermeidung Selbstwert, Gefühl d. Selbstunwirksamkeit kognitive Schemata Invalidierende, vernachlässigende Umgebung Typ-II-Traumata Impulskontrolle Selbstregulation Stresstoleranz Emotionsregulation Schmid (2008) Dissoziationsneigung/ Sinneswahrnehmung des Körperselbst Körperwahrnehmung Somatisierung exekutiven, kognitiven Funktionen 7 Schmid (2008) Dissoziationsneigung/ Sinneswahrnehmung des Körperselbst Körperwahrnehmung Somatisierung exekutiven, kognitiven Funktionen 8 2
3 Biologische Faktoren Genetik, prä- und perinatale Risikofaktoren PTSD: Hyperarousal, Intrusionen, Vermeidung Selbstwert, Gefühl d. Selbstunwirksamkeit kognitive Schemata Schmid (2008) Soziale weniger soziale Kompetenzen Dissoziationsneigung/ Sinneswahrnehmung der Empathiefähigkeit Mentalisierung Invalidierende, vernachlässigende Umgebung Typ-II-Traumata des Körperselbst Körperwahrnehmung Somatisierung Bindungsstörung der Interaktion exekutiven, kognitiven Funktionen Impulskontrolle Selbstregulation Stresstoleranz Emotionsregulation Umgang mit Gefühlen und emotionaler Anspannung Implizite und explizite Emotionsregulation vgl. Schmid (2013) Chronisches Hyperarousal. Gefühle werden schneller als aversive Anspannung erlebt. Handlungsimpulse können nicht adäquat identifiziert bzw. schwerer gegenreguliert werden. Gefühle dauern länger an, Regenerationszeit, und überlagern sich. Umgang mit Gefühlen konnte nie erlernt werden. Gefühle werden tendenziell als bedrohlich erlebt und vermieden/negiert Krise: Spannungsreduktion Emotionsphobie Selbstverletzung Parasuizid Weglaufen Aggression Dissoziation Konsum Biologische Faktoren Genetik, prä- und perinatale Risikofaktoren PTSD: Hyperarousal, Intrusionen, Vermeidung Selbstwert, Gefühl d. Selbstunwirksamkeit kognitive Schemata Soziale weniger soziale Kompetenzen der Empathiefähigkeit Mentalisierung Invalidierende, vernachlässigende Umgebung Typ-II-Traumata Bindungsstörung der Interaktion Impulskontrolle Selbstregulation Stresstoleranz Emotionsregulation Stimulus Emotion Reaktion Spannungsanstieg negiert inadäquat Das Dilemma ist, dass diese Patienten entweder zu viel oder zu wenig von ihren Gefühlen wahrnehmen! (van der Hart) 11 Schmid (2008) Dissoziationsneigung/ Sinneswahrnehmung des Körperselbst Körperwahrnehmung Somatisierung exekutiven, kognitiven Funktionen 12 3
4 Dissoziation und Trauma Veränderung der Veränderung der Pädagogisches Probleme durch Dissoziation Die verzerrte von neutralen Reizen kann Auslöser (Trigger) für Kampf- und Fluchtimpulse/-handlungen sein. Beeinträchtige Körper-und Schmerzwahrnehmung -Unfallneigung, Kraft wird falsch eingeschätzt, Selbstverletzung. Starke Leistungsschwankungen - nicht lernen können. Räumliche, zeitliche Desorientierung - konfabulieren vs. lügen. Schnelle Wechsel fallen schwer - Desorientierung. Können soziale Rolle unter Druck nicht ausfüllen - Retraumatisierungen - können Gruppendynamiken nicht unterbinden. Dissoziation führt fast zwangsläufig zur Nichtpartizipation bei wichtigen Gesprächen (Familien-, Hilfeplan). Wut wird in der Gegenübertragung nicht gespürt - überraschende Aggression - Heftigkeit und Körperkraft sind kaum vorherzusehen. Teufelskreis von stärkerer Intervention und Dissoziation Biologische Faktoren Genetik, prä- und perinatale Risikofaktoren PTSD: Hyperarousal, Intrusionen, Vermeidung Selbstwert, Gefühl d. Selbstunwirksamkeit kognitive Schemata Soziale weniger soziale Kompetenzen der Empathiefähigkeit Mentalisierung Invalidierende, vernachlässigende Umgebung Typ-II-Traumata Bindungsstörung der Interaktion Impulskontrolle Selbstregulation Stresstoleranz Emotionsregulation Bindungsprobleme Schwierigkeiten bei der Kontaktaufnahme Der Kontakt selbst ist das gefürchtete Element, weil er das Versprechen von Liebe, Sicherheit und Trost beinhaltet, das nicht erfüllt werden kann und das (den Patienten) an die abrupten Verletzungen erinnert, die er in seiner Kindheit erlebt hat. Lawrence E. Hedges (1997, S.114) Schmid (2008) Dissoziationsneigung/ Sinneswahrnehmung des Körperselbst Körperwahrnehmung Somatisierung exekutiven, kognitiven Funktionen 15 Über 90% der Heimkinder weisen unsichere Bindungsmuster auf (Schleiffer, 2003)
5 Strategien, um belastende Bindungen eingehen zu können Das Kind muss den Anteil in sich unterdrücken, der das Böse im Elternteil entdecken könnte. Mittlerer Abstand in der Beziehungsgestaltung Der Verstand kann uns sagen, was wir unterlassen sollen. Aber das Herz kann uns sagen, was wir tun müssen. Joseph Joubert J. Freyd1996 Die Kinder zeigen Anzeichen von Dissoziation, Freezeund Fragmentierung, wenn sie mit ihren Eltern unter Stress interagieren. Downing (2007), Liotti(2005). Emotionales Engagement Reflektierende/ professionelle Distanz Dammann 2006, Schmid
6
7 25 26 Ärger / Wut Geschlossene Unterbringung und Traumapädagogik Die Freiheit besteht in erster Linie nicht aus Privilegien, sondern aus Pflichten. Albert Camus
8 Martin Kühn, 2009 vom Referent verändert Freiheitsentziehende Maßnahme - GU Machtbegriff von Hannah Arendt Anwendung auf den sozial-pädagogischen Bereich Macht Gewalt Analyse von Entstehung und Scheitern von totalitären Systemen. Wahre Macht entsteht zwischen Menschen mit gemeinsamen Zielen/Werten, indem Macht von einem Menschen an andere Menschen abgegeben wird. Macht, die auf Unterdrückung und Sanktionen beruht, produziert Misstrauen und reduziert die Gemeinsamkeiten zwischen den Menschen. Gewalt untergräbt somit letztlich die wahre Macht, was zu Gewaltexzessen und dem Verlust von Werten führt. Ohne Legitimation durch andere Menschen führt Macht zu Gewalt und Isolation Macht in der Therapie und Pädagogik Jede therapeutische pädagogische Beziehung weist ein Macht-Ungleichgewicht auf. Therapeuten und Pädagogen werben um das Vertrauen in unsere Fachlichkeit und das Bemühen, um von einer Person die Macht übertragen zu bekommen. Bei der Indikation der geschlossenen Unterbringungen sind die Autonomiebedürfnisse derart ausgeprägt und Bindungsbedürfnisse unterdrückt, dass es unmöglich ist, ausreichend Vertrauen aufzubauen und freiwillig Macht übertragen zu bekommen. Die GU und die damit verbundene Ausübung von Macht/Gewalt ist notwendig, um eine Chance zu haben, eine Beziehung aufzubauen und Macht freiwillig übertragen zu bekommen. Gelingende therapeutische und pädagogische Prozesse sind oft durch grosses Vertrauen, von einem Wir und einem Problemlöseansatz gekennzeichnet Wir-Sprache als Schutz vor Machteskalation -Wie können wir das gemeinsam schaffen? - Was machst Du? - Wie können wir Dich unterstützen? Teufelskreis aus Machtausübung und Widerstand Die Reaktanztheorie (Brehm, 1966) Ausüben von Macht und Kontrolle Widerstand, Regelübertritt, Rebellion, Echte Veränderung von Einstellungen und (Wert-)Handlungen sind nur über Partizipation und vertraute Beziehungen möglich
9 Offen und geschlossen geführte Station in der Erwachsenenpsychiatrie Lang U. (2012): Innovative Psychiatrie mit offenen Türen % Übergriffe Zwangsmedikation Offen Geschlossen 33 Einige Überlegungen zum Umgang mit Regeln Welche Vorerfahrungen mit Regeln haben traumatisierte Heranwachsende? Konnten Regeln mit den Erwachsenen ausgehandelt werden? Wurden die Regeln von den Erwachsenen erklärt, logisch mit einem guten Grund begründet oder willkürlich vorgegeben? Wurden die Regeln nicht eindeutig und transparent definiert? Regeln haben die Kinder in der Regel überfordert (Einrichtungswechsel, Strafen von Eltern). Wurde die Einhaltung von Regeln positiv verstärkt und wertgeschätzt, oder wurde nur die Nichteinhaltung sanktioniert? Wie wurde die Nichteinhaltung von Regeln sanktioniert? Macht es in Anbetracht dieser Erlebnisse Sinn, mit Strafe zu operieren? Wurde lange Zeit wiederholt mit Konsequenzen zum Beispiel der GU gedroht und nichts passierte bis Ist die Einleitung der GU frei vom Gedanken der Strafe? 34 Gruppenregeln und Selbstwirksamkeit - Selbstunwirksamkeit Überlegungen zum Umgang mit Regeln Ziel ist die Internalisierung von Werten chments/out-order/2455d na-toll-na-toll.jpg Mit traumatisierten Kindern eskalieren viele Situationen, bei denen die Einhaltung von Regeln eingefordert wird. Starre Gruppenregeln überfordern besonders belastete Kinder häufig. Die meisten Regelübertretungen und die damit einhergehende Eskalation können als Kontrollverlust erklärt werden. Je rigider die Anwendung von Regeln desto unsicherer sind in der Regel die Fachkräfte. Regeln werde daher individuell ausgehandelt und begründet (Selbstwirksamkeit; Regeln sichern gute Beziehungen). Regeln sollen personifiziert und internalisiert werden (familienähnliche Struktur). Regeln sind dazu da, Ausnahmen zu begründen! Internalisierter Wert Fähigkeit zur adäquaten eine auslösenden Situation Verhalten Regel Verantwortung versus Gehorsam? Erkenntnis vs. Angst vor Konsequenz Innere versus äußere Sicherheit???
10 Umgang mit Regeln Deeskalation hat immer Vorfahrt Für welche Regel lohnt sich das Risiko einer pädagogischen Eskalation? Was sind die Folgen? (Lohnt eine Eskalation bis 1 Uhr nachts wegen Licht aus um Uhr?). Suche den richtigen Moment, um eine Regelverletzung zu besprechen. Achte auf eine wertschätzende Haltung und Argumente, warum Dir diese Regel wichtig ist. Das Einfordern einer Regel macht nur in Situationen Sinn, in denen das Kind diese auch aufnehmen, annehmen und verstehen kann. Echtes Verstehen ist unter Angst und Anspannung nicht möglich. Individuelle Anpassung und Begründung von Regeln Der reissende Fluss wird gewalttätig genannt. Warum nicht das Flussbett, welches ihn einengt? Bertolt Brecht Fazit zu Regeln: «Möglichst wenig abstrakte, institutionalisierte Regeln und möglichst viele persönliche Absprachen mit ausführlicher Begründung zwischen Sozialpädagogen und Kindern» Einführung in die Traumapädagogik Zwei Ebenen der Emotions- und Beziehungsregulation Man ist dort zu Hause, wo man verstanden wird. Indianisches Sprichwort Gegenwärtige Wirklichkeit Körperreaktion Gedanken Handlungsdrang Normale Beziehungen Gefühle Aktuelle Gefühlsreaktionen (nicht nur eigene) werden heftiger und als potentiell bedrohlich erlebt Vergangenes traumatisches Erleben 39 Körperreaktion Gedanken Gefühle Handlungsdrang = Freeze/Fight/Flight Gefährliche Beziehungen Glaubenssätze Selbstbild 40 10
11 Wirkungsweise der Milieutherapie Gegenwärtige Wirklichkeit Körperreaktion Traumapädagogisches Gedanken Milieu / Therapie Gefühle Handlungsdrang Körperreaktion Gefühle Gedanken Handlungsdrang Förderliche Beziehungsgestaltung Vergangenes traumatisches Erleben Korrigierende Erfahrungen mit Gefühlen und Beziehungen im pädagogischen Alltag. Schutz vor Retraumatisierung und den damit verbunden Gefühlen. Grundidee zur Analyse von Problemverhalten Vom Du zum Wir Umweltbedingungen Verhalten der Fachkräfte Interaktion pädagogische Begegnung Verhalten der Klienten Körperreaktion Gedanken Handlungsdrang = Freeze Gefühle Glaubenssätze und Selbstbild verändern sich nur durch alternative Beziehungserfahrungen und gute Therapie. 42 Neue Beziehungserfahrungen führen zur Veränderung Traumapädagogik: Korrigierende Beziehungserfahrung Traumapädagogische Haltung Traumatisierendes Umfeld: Traumapädagogisches Milieu Unberechenbarkeit Einsamkeit Nicht gesehen/gehört werden Geringschätzung Bedürfnisse missachtet Ausgeliefert sein andere Bestimmen absolut über mich Leid Transparenz /Berechenbarkeit Beziehungsangebote/ Anwaltschaft Beachtet werden/wichtig sein Wertschätzung (Besonderheit) Bedürfnisorientierung Mitbestimmen können - Partizipation Freude
12 Der sichere Ort Der sichere Ort Konzept des sicheren Ortes Nur ein sicherer Ort erlaubt es, die hochwirksamen Überlebensstrategien aufzugeben und alternative Verhaltensweisen zu erlernen. Kooperation mit dem Herkunftssystem Haltung Sicherer Ort Mitarbeiter als Teil des pädagogischen Konzeptes Traumatisierte Kinder lösen bei professionellen Helfern intensivste Gefühle aus Phänomen der sekundären Traumatisierung. Sicherer Ort = Äussere Sicherheit + Innere Sicherheit Letztlich ist für die Frage, ob ein Kind nach einer Eskalation auf einer Wohngruppe verbleiben und gehalten werden kann, nicht das Problemverhalten sondern die Tragfähigkeit des Teams ist entscheidend. Nur stabile, sichere Mitarbeiter können in Krisensituationen stabilisieren und deeskalieren. Mitarbeiter benötigen in Krisensituationen ähnliche innerpsychische Fertigkeiten (natürlich auf viel höherem Niveau), wie die Kinder (Emotionsregulation, Selbstwirksamkeit, Resilienzfaktoren). Sowohl die Heranwachsenden als auch die Mitarbeiter brauchen letztlich einen sicheren Ort, an dem sie sich selbstwirksam erleben
13 Indikation für geschlossene Unterbringung Ohnmacht der Helfer Rasant zunehmende Selbstunwirksamkeitserwartung; geringere pädagogische Präsenz Verlust der Kreativität und Rigidität Belastung des Teams, Verlust von Freude Herausforderndes, aufmerksamkeitssuchendes Verhalten der Jugendlichen, Regelübertretungen Aggression der Jugendlichen auf der Wohngruppe Haltungselemente Ebene des Kindes Ebene der Mitarbeiter UnbedingteWertschätzung Wertschätzung der Überlebensleistung und der Besonderheit des Kindes. Wertschätzung der Arbeitsleistung und Persönlichkeit. "GuterGrund" Hinter jedem Problemverhalten und Widerstand des Kindes steckt ein "guter Grund". Die zugrundeliegenden Bedürfnisse müssen beachtet und "versorgt" werden, um ein Gefühl von Hinter Fehlverhalten oder Widerstand eines Mitarbeiters steckt "ein guter Grund". Die zugrundeliegenden Bedürfnisse müssen beachtet und "versorgt" werden. Sicherheit wieder zu erlangen. Individualisierung Jedes Kind benötigte eine andere Förderung und es darf nicht über-und unterfordert werden. Auf die Bedürfnisse der Kinder wird individuell Es kann unterschiedliche Erwartungen an Mitarbeiter geben. Jeder Mitarbeiter braucht eine andere Form der Unterstützung. eingegangen. Achtsamkeit Achtsamkeit auf Spannungszustände, Anzeichen von Über- und Unterforderung. Achtsamkeit auf Symptome von Burn-Out, Unzufriedenheit, Über- und Unterforderung. Partizipation Wichtige Entscheidungen und Regelungen werden Wichtige Entscheidungen und Regelungen gemeinsam ausgehandelt. Das Kind darf, wo immer möglich, (mit)entscheiden. Ziel ist das Erleben von Selbstwirksamkeit. werden gemeinsam ausgehandelt. Mitarbeiter können, wo immer möglich, (mit)entscheiden. Ziel ist das Erleben von Selbstwirksamkeit. Transparenz Institutionelle Abläufe und Absprachen und deren Entscheidungen auf Leitungsebene und deren Hintergründe, Sinn und Motivation werden Hintergründe, Sinn und Motivation werden transparent gemacht. dem Team gegenüber transparent gemacht Traumapädagogische Haltungen im Zwangskontext Haltungselemente Freiheitsentzugund Zwangsmaßnahmen UnbedingteWertschätzung Wertschätzung der Besonderheit, der Überlebensleistung und des ausgeprägten Autonomiestrebens/Widerstands des/der Jugendlichen. "GuterGrund" JedeAnwendung von Zwangsmassnahmen muss begründet werden können. Der gute Grund für jede Zwangsmassnahmen (Gründe des Kindes, Gründe der Helfer) auch der GU sollte in der anschliessenden Reflektion von beiden Seiten verstanden werden, auch wenn man nicht damit einverstanden ist und dies nicht sein muss/kann. Individualisierung Jedes Kind benötigte eine andere Förderung und es darf nicht über-und unterfordert werden. Auf die Bedürfnisse der Kinder wird individuell eingegangen. Die Individualität der Kinder wird auch im Zwangskontext gefördert Kleidungsstil und Zimmersollen individuell, aber heil(-sam) gestaltet sein. Transparenz Transparenz über die Anwendung und den Ablauf des pädagogischen Alltages und insbesondere des Ablaufesvon Zwangsmaßnahmen, d.h. antizipieren unddurchgehen von Szenarien möglichen Zwangsmaßnahmen und alternativen Handlungsmöglichkeiten. Dies kann zur Reduktionder damit verbundenen Ängste, Belastung und traumatischen Wiedererinnerungen führen, sehr zur Deeskalation beitragen und diese im Idealfall unnötig machen. Partizipation Gerade weil die Partizipationsmöglichkeiten des/r Jugendlichen durch die GU stark eingeschränkt sind, sollten diese im pädagogischen Alltag besonders betont werden. Es sollten möglichst viele Möglichkeiten der Kontrolle und Mitbestimmung geschaffen werden. Zukunftsorientierung- Die geschlossenen Unterbringung ist als Übergang zu definieren, und es wird schon sobald wie Entwicklungsförderung möglich/bei der Aufnahme darauf geachtet, dass das gemeinsame Ziel, eine gute Anschlusslösung Traumapädagogische Matrix (Lang et al., 2009) Ebenen des sicheren Ortes Kinder Mitarbeiter Institution Struktur Ansatzpunkte Verbesserung der Fertigkeiten der Emotionsregulation. Verbesserung der Sinnes- und Körperwahrnehmung Reduktion der Dissoziationsneigung. Selbstfürsorge Aufbau von positivem Selbstbild, Selbstwirksamkeit und sozialen Fertigkeiten (inkl. Verbesserung der Stresstoleranz). Erarbeitung von dynamischen Resilienzfaktoren. zu finden, gemeinsam entwickelt wird
14 Traumapädagogische Konzepte Steigerung der Selbstwirksamkeit durch Fallreflektion Institution Leitung Versorger Fachdienst Gruppenpädagogen Kind 53 Externe Hilfen:Kollegiale Intervision/ Supervision/ Coaching/ Verband Traumapädagogische Krisenanalyse Verstehen kann man das Leben nur rückwärts, leben muss man es aber vorwärts. Sören Kierkegaard :Kierkegaard.jpg Traumapädagogische Verhaltensanalysen: Jedes kindliche Verhalten macht auf Basis vorheriger sozialer Lernerfahrungen einen Sinn -es gibt einen guten Grund für jedes noch so bizarre Verhalten! Gibt es Auslöser ( Trigger ), die mit traumatischen Erlebnissen assoziiert sind? Wurden Sicherheitsbedürfnisse des Jugendlichen verletzt? Beziehungs-, Autonomie-und Sicherheitsbedürfnisse des Kindes und der interagierenden pädagogischen Fachkräfte müssen versorgt werden (im Alltag, in weiteren ähnlichen Situationen)! Was muss ein Kind lernen, um sich in ähnlichen Situationen zukünftig adäquater verhalten zu können, wie kann dieser Lernprozess gefördert 55 werden? Drei Ebenen der Unterstützung Administrative Ebene (eher Fachdienst) Abläufe Fachliche Weisungen Rechtliche Rahmenbedingungen Edukative Ebene Vermittlung von Wissen, Techniken Fallverstehen Supportive Ebene Emotionale Unterstützung/ Entlastung Verständnis 56 14
15 Schlussfolgerungen Trauma, pädagogische Konzepte und GU Traumatische Erfahrungen und psychische Erkrankungen sind in der Heimerziehung eher die Regel als die Ausnahme. Vermutlich sind geschlossen untergebrachte Jugendliche diesbezüglich sogar noch wesentlich stärker belastet -systematische epidemiologische Untersuchungen hierzu stehen noch aus. Traumafolgestörungen beeinträchtigen die Fähigkeit zu Selbststeuerung und das Vertrauen in zwischenmenschliche Beziehung dies erschwert den pädagogischen/therapeutischen Zugang. Die Mehrzahl der Regelübertretungen und pädagogische Krisen können als Verlust der Selbstkontrolle betrachtet werden. Bei Jugendlichen, die sich pädagogischen Beziehungen entziehen, fühlen sich die Fachkräfte machtlos Risiko für psychische Belastung/Burnout. GU erschwert es den Heranwachsende, sich den Beziehungsangeboten zu entziehen und macht die sozial-pädagogischen Fachkräfte wieder handlungsfähig. Schlussfolgerungen Trauma, pädagogische Konzepte und GU Traumapädagogische Haltungen und Interventionen lassen sich auf geschlossene Settings übertragen (Fallbesprechungen). Förderung von gezielten Fertigkeiten, welche die Jugendlichen in ihren Herkunftssystemen nicht erlernen konnten. Entscheidend ist es transparent zu sein, gemeinsam ein Narrativ über den guten Grund der Zwangsmassnahme der GU zu entwickeln, in die eigene Biographie zu integrieren (Stadler, 2005) und die Individualität und Partizipation der Jugendlichen auch unter geschlossenen Bedingungen zu leben. GU sollte möglichst nicht als Strafe sondern als sorgendes Beziehungsangebot eingeleitet werden -Gegenübertragungsgefühle sollten bei der Indikationsstellung reflektiert werden. Basis ist ein wertschätzende Haltung und ein Verständnis für die aus den belastenden Beziehungserfahrung der Heranwachsenden resultierenden teils maladaptiven Formen der Beziehungsgestaltung/-angebote DANKE FÜR IHRE AUFMERKSAMKEIT Kontakt und Literatur Haltung ist eine kleine Sache, die einen großen Unterschied macht. Sir Winston Churchill Slides unter: Marc Schmid Kinder- und Jugendpsychiatrische Klinik Schanzenstrasse 13, CH-4056 Basel
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