Kommentar zum Workshop 6 Lern-Räume gestalten dem Lernen Raum geben. Wartburgschule Münster, Oberstufenkolleg Bielefeld
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- Claudia Geiger
- vor 6 Jahren
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1 Helga Boldt Exzellenzforum des Deutschen Schulpreises 2012 Kommentar zum Workshop 6 Lern-Räume gestalten dem Lernen Raum geben Präsentierende Schulen: Moderation: Wartburgschule Münster, Oberstufenkolleg Bielefeld Barbara Brokamp Der Einfluss der Lernumgebung ( Raum als dritter Pädagoge ) auf das Wohlbefinden und den Lernerfolg ist unumstritten. Schulentwicklung, Unterrichtsentwicklung und städtebauliche / räumliche Gestaltung müssen Hand in Hand gehen. Je stärker sich die Schule zu einer ganztägigen Institution und als zukunftstragender Raum im kommunalen Kontext entwickelt, desto höher sind die Anforderungen, die an sie in (stadt-)gestalterischer Hinsicht gestellt werden. In dem Workshop wurden zwei Schulen eine Grundschule und eine Oberstufenschule - vorgestellt, deren Lernumgebungen von den Nutzern bewusst mitgeplant und sehr unterschiedlich gestaltet wurden. Ausgehend von den Prozesserfahrungen und Ergebnissen der präsentierenden Schulen konnte das Spannungsfeld zwischen Prozessqualität, Raumqualität und Lernqualität im Dialog der Workshopteilnehmerinnen und teilnehmer ausgemessen werden. Eine Verständigung über Qualitätsaspekte und Wirkfaktoren von Lernräumen, also über Bildungsarchitektur, bedarf der Anschauung im wörtlichen Sinne. Das Thema ruft sozusagen nach Visualisierung anders ist das Wechselverhältnis zwischen Schulqualität, Unterrichtsqualität und Raumqualität schlecht zu diskutieren. Die Vertreterinnen und Vertreter der 19 teilnehmenden Schulen waren deshalb bereits im Vorfeld des Exzellenzforums gebeten worden, ihre Erfahrungen mit der Gestaltung und Nutzung von Lern-Räumen einzubringen und mit Bildmaterial zu dokumentieren, wie dem Lernen an ihren Schulen Raum gegeben wird. Gewünscht waren 10 Fotos in Din-A-4-Format oder als Datei. Folgende Fragen / Stichworte waren als Orientierung gegeben worden: Welches ist mein Lieblingsort in der Schule? Und welches ist der Lieblingsort der Schülerinnen und Schüler Gibt es Unorte an unserer Schule? Aus Sicht der Pädagoginnen und Pädagogen? Und aus Sicht der Schülerinnen und Schüler? Intensives Lernen allein in Gruppen in der Gesamtgruppe / Klasse Intensives Lernen im Klassenraum am Tisch in anderen Positionen in Bewegung Intensives Lernen innerhalb und außerhalb des Gebäudes Arbeitsplätze für Lehrkräfte, für pädagogisch Mitarbeitende Gelungener Umgang mit Farben Ruhe und Konzentration Entdecken und Experimentieren Veränderungen: vorher - nachher Dank des Engagements der beteiligten Schulen, die ihre Erfahrungen und Fragen mit eigenem Bildmaterial visualisierten, waren während der vier Workshop-Phasen ausgewählte Aspekte der unterschiedlichen Lernräume immer wieder als sichtbarer Bezugsrahmen verfügbar.
2 Orientiert an folgenden vier Fragen wurden die Erfahrungen der präsentierenden und teilnehmenden Schulen während der ersten beiden Workshopphasen geordnet: 1. Wie / wodurch stärkt die Gestaltung des Gebäudes / der Lernräume das Lernen? In welchen Räumen / räumlichen Kontexten lernt man gut? 2. Wie / wodurch stärkt die Gestaltung des Gebäudes / der Lernräume die sozialen Zusammenhänge? (Soziale Einbindung als Voraussetzung für erfolgreiches Lernen; auch umgekehrt: fehlende soziale Einbindung als Lernhindernis) 3. Arbeitsplatz Schule nicht nur für Lehrkräfte: Wie lässt sich die Arbeitsplatzqualität für alle an der Schule Tätigen beschreiben / herstellen / sichern? 4. Schule als qualitätvoll gestalteter öffentlicher Raum Wie gelingt eine Verantwortungsübernahme durch das Gemeinwesen? Wie gelingt eine Einbindung in das Gemeinwesen? (Wie lässt sich (innen-)architektonische Qualität, Wertigkeit der Materialien, Nutzungsfreundlichkeit realisieren? Wie wird der Raum über den Unterricht hinaus angenommen?) Ergänzt wurden im Verlauf der Bestandsaufnahme die Fragen nach der Veränderung der Raumanforderungen und Raumnutzungen durch den gebundenen Ganztag und die Entwicklung zur inklusiven Schule. Bildungsprozesse vollziehen sich immer in soziokulturell definierten Kontexten. Die Anforderungen an Lernräumen in Mali oder Zimbabwe sind andere als in Schweden oder Deutschland. Sie waren vor 100 Jahren andere als sie im nächsten Jahrhundert sein werden. Subjektiv wahrgenommen und als stärker oder geringer wertschätzende Haltung gegenüber dem eigenen Lernen wahrgenommen wird die jeweilige Passung zwischen dem, was gesellschaftlich als lernförderliche Umgebung gilt und der Realisierung im konkreten Fall. Um diesen Zusammenhang zu erfassen, empfiehlt es sich, den konkreten Lernraum aus zwei Richtungen zu beschreiben: Die Schule als Ganzes, von außen nach innen: Land - Stadt Stadtteil Gelände Gebäude Grundriss. Häufig sind den in der Schule Tätigen die kommunalen / regionalen Entscheidungsstrukturen / Entscheidungsträger nicht hinreichend bekannt und sie wissen nicht, wie die eigene Schule in die kommunale / regionale Schulentwicklungsplanung eingebunden ist. Durch die Doppelstruktur Land als Arbeitgeber und Kommune als Schulträger fehlt häufig ein Basiswissen, wie die Schule selbst an Entscheidungen und Prozessen auf kommunaler Ebene mitwirken kann. Zu dieser Perspektive Schule als Ganzes- gehört auch die Projektion, welche Veränderungen an diesem Standort in den nächsten Jahrzehnten zu erwarten sind und wie eine Veränderungsoffenheit in Bezug auf zukünftige Nutzungsänderungen erreicht werden kann. Und dann von innen nach außen zunächst der Blick auf den Lernraum / Klassenraum, der aus der Perspektive der Schülerinnen und Schüler und aus der Perspektive der Lehrkräfte der Raum mit der höchsten Verweildauer ist: Funktionen / Tätigkeiten, Grad der Flexibilität, Möblierung, Bezug außen innen außen, Altersgruppendifferenzierung, Standards / Vereinbarungen. Für diesen Raum wie auch für andere Räume gilt es, die Tätigkeiten, Lernhaltungen, Nutzungszeiten so genau wie möglich zu beschreiben. Was findet in welchem zeitlichen Umfang statt und welche räumliche Umgebung fördert diese Tätigkeiten. Daraus ergeben sich Prioritäten und Nachrangigkeiten für die Raumgestalt.
3 Erst dann kann eine Traumgruppe beginnen, die Lern-Räume in der eigenen Schule neu zu gestalten. Ein offener Blick der in der Schule Tätigen auf den Gebäudebestand, seine Stärken und Schwächen und die zukünftigen Anforderungen ist Voraussetzung für eine überzeugende Planung. Die Schule sollte eine Vorstellung davon entwickeln, welche Veränderungen in den nächsten 20 Jahren an diesem Standort erwartbar sind. (Literaturhinweis: Zeitschrift Lernende Schule 59/2012, Schule umbauen Lernräume gestalten) und sie sollte ein solides Prozesswissen aufbauen, um standortund gebäudebezogene Entscheidungen auf der Ebene des Schulträgers mit hinreichender Expertise beeinflussen zu können. Voraussetzung für einen gelingenden Anpassungsprozess der Lernräume an aktuelle und zukünftige Lernanforderungen ist eine Entscheidungsstruktur, bei der größtmögliche Expertise, größtmögliche Partizipation und größtmögliche Entscheidungsmacht zusammen kommen. Mit den unterschiedlichen Rollen und Fachlichkeiten in einem solchen Prozess souverän und akzeptierend umzugehen, gehört zu den grundlegenden Qualifikationen von Schulleitungen, die dort, wo sie noch nicht vorhanden sind, aufgebaut werden sollten.
4 Anhang Stichworte zu den vier Fragen 1. Wie / wodurch stärkt die Gestaltung des Gebäudes / der Lernräume das Lernen? In welchen Räumen / räumlichen Kontexten lernt man gut? Licht, Luft, Bewegungsmöglichkeiten, Ruhe im Lernraum verschiedene Tätigkeiten zur gleichen Zeit ermöglichen Individualität herausfordern Klassenraum als Werkstatt System und Ordnung erkennbar machen allein und gemeinsam lernen flexibles Mobiliar unterstützt dieses Bewegungserfahrung nicht nur außerhalb, sondern auch innerhalb des Gebäudes gegliederter Ganztag erfordert Raum und Zeit für alle Bedürfnisse, nicht nur Individualisieren, sondern auch die große Bühne gebundener Ganztag fordert höhere Belastbarkeit der Räume und Materialien Tätigkeiten: Arbeit in Kleingruppen, im Plenum, ruhen, entspannen, frische Luft, Offenheit, Bewegungsmöglichkeiten, viel Transparenz, sich beraten-zu zweit, in Gruppen, in großer Gruppe, Raum für szenische Darstellung, freies Spielen, Pausen / chillen, Anonymität und Geborgenheit, Vielfalt zulassen, Sicherheit gewähren, Nähe Distanz, Fachspezifik berücksichtigen, Vorträge / Präsentationen 2. Wie / wodurch stärkt die Gestaltung des Gebäudes / der Lernräume die sozialen Zusammenhänge? (Soziale Einbindung als Voraussetzung für erfolgreiches Lernen; auch umgekehrt: fehlende soziale Einbindung als Lernhindernis) Wirksamkeit erfahren durch Verantwortungsübernahme Ergebnisse sichtbar machen, präsentieren Besonderheit der eigenen Lerngruppe wahrnehmen und zeigen, dies ist mein Raum, mein Haus Entscheidungen treffen und verantworten, Hausparlament, im überschaubarer Raum Verantwortung übernehmen Routinen entwickeln im Umgang mit unterschiedliche Sozialformen Übersicht besitzen und erfahren durch bewusste Begrenzung von Raumgröße und Anzahl der Personen Regeln für den eigenen Sozialraum vereinbaren, die auch für Gäste gelten, Für alle sichtbar machen: jede/r kann so sein wie der/sie will. gemeinsam lernen auf großen Flächen Rücksicht, Vereinbarung, Erfahrung von Zugehörigkeit Transparenz oben unten rechts links keine Alleinherrschaft der Lehrkräfte keine verschlossene Tür
5 3. Arbeitsplatz Schule nicht nur für Lehrkräfte: Wie lässt sich die Arbeitsplatzqualität für alle an der Schule Tätigen beschreiben / herstellen / sichern? Fortbildung für Schulleitungsteams zu Architektur- und Ausstattungsfragen, initiiert durch den Schulträger Sammlung von best practice-beispielen (Möbel, Fachraumausstattung, Ganztagsfunktionalitäten, Außengelände, ) Akustik Hörbarkeit Lärm am Arbeitsplatz als Gesundheitsrisiko ernst nehmen und gegensteuern Arbeitsplatz für Reinigungskräfte, Hausmeister, Sekretariat, Küchenkräfte mit bedenken ihre Arbeitszufriedenheit und Arbeitsqualität ist für die Schulqualität insgesamt bedeutsam geschützte Räume für Beratung, Planung, Nachdenken kein Jahrmarktsbetrieb Offenheit Vertrauenskultur Konferenzen zu öffentlichen Themen auch öffentlich machen 4. Schule als qualitätvoll gestalteter öffentlicher Raum Wie gelingt eine Verantwortungsübernahme durch das Gemeinwesen? Wie gelingt eine Einbindung in das Gemeinwesen? Schulentwicklung ist ein Prozess Raumnutzung auch Phase 0 Dialog zwischen allen am Prozess beteiligten Unterschiedliche Rollen / Perspektiven und Fachlichkeiten respektieren Verantwortung teilen nicht jeder kann sich um alles kümmern, nicht jeder ist in jedem Bereich kompetent großer Raum, auch für öffentliche Veranstaltungen - wenn sich Schule in das Gemeinwesen öffnet, übernimmt das Gemeinwesen auch Verantwortung
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