MENSCHEN IN PREKÄREN LEBENSLAGEN
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- Justus Glöckner
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1 OHNE MOOS NIX LOS! MENSCHEN IN PREKÄREN LEBENSLAGEN MACHT HARTZ IV KRANK? GESUNDHEITLICHE EINSCHRÄNKUNGEN VON LEISTUNGSBEZIEHENDEN Frank Jäger, Wuppertal
2 ZAHLEN UND FAKTEN: LANGZEITARBEITSLOSIGKEIT Die Zahl der Langzeitarbeitslosen ist in den letzten 5 Jahren trotz stark zurückgehender Arbeitslosenzahlen konstant geblieben. Sie liegt bei ca. 1 Mio. Personen. Der Anteil der Langzeitarbeitslosen an den Arbeitslosen hat sich insgesamt vergrößert. 90 Prozent der Langzeitarbeitslosen beziehen Hartz IV. Jeder dritte Arbeitslose ist mindestens seit einem Jahr arbeitslos. Zwischen 2010 und 2014 ist der Anteil der Personen mit schlechten Chancen auf dem Arbeitsmarkt unter den Langzeitarbeitslosen stetig angestiegen. Quelle: IAB-Kurzbericht 20/2015
3 ZAHLEN UND FAKTEN: HARTZ-IV-LEISTUNGSBEZUG Von Januar 2005 bis Dezember 2013 bezogen ca. 12Mi 1,2 Mio. Personen durchgehend Hartz-IV-Leistungen. 61Mi 6,1 Mio. Menschen beziehen Leistungen nach dem SGB II, darunter 1,7 Millionen nicht erwerbsfähige Leistungsberechtigte, etwa 96 Prozent davon sind Kinder unter 15 Jahren. 4,4 Millionen erwerbsfähige Hartz-IV-Beziehende, darunter 3,1 Mio. Langzeitleistungsbezieher, g die innerhalb von 24 Monaten mindestens 21 Monate auf Hartz IV angewiesen waren. Nur jeder vierte Langzeitleistungsbeziehende g ist tatsächlich Langzeitarbeitslos (nicht darunter: u.a. Maßnahmenteilnehmer, Aufstocker, arbeitsunfähig Erkrankte, kinderbetreuende oder pflegende Angehörige). Quelle: IAB-Kurzbericht 20/2015
4 ZAHLEN UND FAKTEN: GESUNDHEITLICHE SELBSTEINSCHÄTZUNG VON HARTZ-IV-BEZIEHENDEN o Über 40 Prozent der erwerbsfähigen SGB-II-Leistungsberechtigten weisen schwerwiegende gesundheitliche Einschränkungen auf. o Gesundheitlich Einschränkungen sind nach Angaben der Befragten deutlich häufiger körperlicher Natur. o Arbeitslose Hartz-IV-Beziehende schätzen ihre gesundheitlichen Einschränkungen gravierender ein wie erwerbstätige Aufstocker im SGB-II-Bezug. Noch größer ist der Unterschied zu erwerbtätigen ohne Leistungsbezug. g o Nur ein geringer Anteil dieser unterschiedlichen Einschätzung kann auf das Gesundheitsverhalten zurückgeführt werden Arztbesuche in den letzten 3 Monaten * 3,7 bei Arbeitslosen im SGB II 2,9 bei Aufstockern im SGB II 2,3 bei Beschäftigten, keine Leistungen Krankenhausaufenthalt in 21,5% der Arbeitslose 18% der Aufstocker 11,5% der Beschäftig- den letzten 12 Monaten* im SGB II im SGB II ten, keine Leistungen *Angaben für Männer und Frauen wurden zusammengefasst Quelle: IAB-Kurzbericht 23/2014
5 URSACHEN FÜR PSYCHISCHE STÖRUNGEN dauerhaftes Erleben gesellschaftlicher Ausgrenzung, Stigmatisierung und Entwertung Die Gesellschaft gibt den Arbeitslosen selbst die Schuld für ihr Schicksal. Sie haben ein Vermittlungshemmnis, ein Qualifikationsdefizit oder strengen sich eben nicht genug an. Fehlende Chancen der Teilhabe am Arbeitsleben werden als persönliches Scheitern erlebt. keine ernsthafte Förderung durch die Jobcenter: mangelhafte Qualität der Eingliederungsmaßnahmen, Statistikbereinigung Überforderung, z.b. durch Bewerbungsauflagen, Organisieren von Frusterlebnissen durch aussichtsloses Bewerben und provozieren von Sanktionen in ungeeigneten Maßnahmen
6 URSACHEN FÜR PSYCHISCHE STÖRUNGEN menschenunwürdiger Umgang in den Jobcentern: kein Umgang auf Augenhöhe, unfreundlicher Umgangston fehlende Aufklärung und Beratung mangelhafte telefonische oder persönliche Erreichbarkeit der Behördenmitarbeiter generalisierter Missbrauchsverdacht, überzogene Nachweispflichten ht Verweis auf Tafeln usw. dauerhafte materielle Unterversorgung durch unterschreiten des Existenzminimums Aufrechnungen von Darlehen und Überzahlungen mit der Leistung häufige Sanktionierung und Leistungsversagung Schuldenspirale bei Langzeitbezug Rückzug aus dem familiären und sozialen Umfeld
7 URSACHEN FÜR KÖRPERLICHE ERKRANKUNGEN BEI LEISTUNGSBEZIEHENDEN Negativselektion des Arbeitsmarktes: gesundheitliche Einschränkung ist oft eine (Mit-)Ursache der Arbeitslosigkeit mangelndes Gesundheitsbewusstsein ungesunde Ernährung mangelhafte medizinische Versorgung körperliche Erkrankung aufgrund von psychosomatischen Störungen
8 URSACHEN FÜR MANGELHAFTE GESUNDHEITSVERSORGUNG fehlende Ermessensspielräume der Behörden beim Umgang mit krankheitsbedingten Bedarfslagen Beschränkung auf Akutbehandlung bei Beitragsrückständen keine Kostenübernahme bei Bedarf an speziellen Präparaten/ Heilmitteln in Sonderfällen zusätzliche Kosten chronischer Erkrankung werden nicht anerkannt (z.b. Teststreifen für Diabetiker, Gesundheitsprävention ) Fahrtkosten zur Behandlung / Substitution werden selten Übernommen (z.b. im Rahmen der Härtefallregelung) l restriktive Bewilligungspraxis bei Ernährungsmehrbedarf Unterversorgung aufgrund von fehlendem KV-Schutz bei 100%- Sanktionen und Leistungsversagung und -verschleppung starres Leistungssystem, fiskalische Vorgaben restriktive Einschränkung vorhandener Ermessenspielräume
9 AUSWEGE AUS DEM DILEMMA? materielle Absicherung, die gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht repressive Elemente aus dem Leistungssystem streichen Zugang zum gesetzlichen Krankenversicherungsschutz erleichtern Schließung der Versorgungslücken im Gesundheitssystem, für alle Menschen, die hier leben Stärkung der Rechtsposition von Leistungsberechtigten t niedrigschwellige Aufklärung, Beratung und Unterstüt- zung von Menschen, die auf Sozialleistungen angewiesen sind, bei der Durchsetzung ihrer Rechte Interessenvertretung: Präsenz gesellschaftlich benachteiligter Gruppen im öffentlichen Diskurs
10 VIELEN DANK FÜR IHRE AUFMERK- SAMKEIT Frank Jäger Referent für Sozialrecht und Politik
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