Sozialpsychologie 1. Sommersemester 2017 Prof. Dr. Daniela Niesta Kayser
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1 Sozialpsychologie 1 Sommersemester 2017 Prof. Dr. Daniela Niesta Kayser
2 Themen Einführung, Organisatorisches und Grundlagen Gegenstand und Definition der Sozialpsychologie entfällt Ostermontag Methoden und Theorien der Sozialpsychologie: Ein Überblick Mai Wozu dient das Denken? Kognitive Theorien I: Theorie der psychologischen Reaktanz, Theorie der kognizierten Kontrolle Wozu dients das Denken? Kognitive Theorien II: Theorie der kognitiven Dissonanz Soziale Wahrnehmung und Urteilsverzerrung Informationsverarbeitung und Urteilsheuristiken Pfingstmontag Stereotype und Vorurteile Prosoziales Verhalten Aggression und antisoziales Verhalten Gruppenzugehörigkeit und Soziale Exklusion I Gruppenzugehörigkeit und Soziale Exklusion II Folie 2
3 Überblick WHAT S ON THE PLATE TODAY? Warm-up Hypothesentheorie der sozialen Wahrnehmung Reaktanztheorie Kognitive Theorien der Sozialpsychologie: Theorie der kognitiven Dissonanz 3
4 Warm-up Erinnern Sie sich? Worauf liegt die Betonung bei der Hypothesentheorie der Sozialen Wahrnehmung? 4
5 Größenakzentuierung: Ergebnisse von Bruner & Goodman (1947) % Abweichung von tats. Größe N = 30 Zehnjährige 1 cent 5 cents 10 cents 25 cents 50 cents Münzen Pappscheiben Folie 5
6 Größenakzentuierung: Ergebnisse von Bruner & Goodman (1947) N = 30 Zehnjährige aus reichen vs. armen Vierteln von Boston % Abweichung von tats. Größe cent 5 cents 10 cents 25 cents 50 cents Reiche Kinder Arme Kinder Folie 6
7 Warm-up Erinnern Sie sich? Was versteht man unter kognizierter Kontrolle? 7
8 Theorie der kognizierten Kontrolle Differenzierung des Kontrollbegriffes subjektive Überzeugung oder Wahrnehmung ist entscheidend für wahrgenommene Kontrolle (Theorie der gelernten Hilflosigkeit) subjektiv wahrgenommene Kontrollmöglichkeit muss weder tatsächlich bestehen noch ausgeübt werden Kontrollillusion Personen neigen zur Überschätzung der eigenen Einflussmöglichkeiten Beispiel: Gewinnzuversicht Folie 8
9 Theorie der kognizierten Kontrolle Bsp.: Xaver hat einen Motorradunfall. Positiv ist es dann für seinen Heilungsprozess, wenn er weiß, er kann durch viel Ruhe den Heilungsprozess beschleunigen (Beeinflussbarkeit), er kann davon ausgehen, dass er in 6 Wochen wieder fit ist (Vorhersehbarkeit), er das nächste mal, durch mehr Vorsicht einen solchen Unfall vermeiden kann (kognitive Kontrolle) und er weiß, dass der Unfall passiert ist, weil er durch ein Werbeplakat abgelenkt war (retrospektive Kontrolle). Folie 9
10 Theorie der kognizierten Kontrolle Annahme einer Kontrollmotivation es besteht eine Motivation, sich selbst als Verursacher von Handlungen und Veränderungen zu erleben (Effizienzmotivation) negatives Verhalten bei wahrgenommenem Kontrollverlust Wahrnehmung von Kontrollmöglichkeit reduziert Stress bzw. eliminiert diesen Verantwortungszuschreibung nach Unfällen unschuldigen Katastrophenopfern wird häufig "eigene Schuld" zugeschrieben dadurch wird versucht, die Kognition potentieller Unkontrollierbarkeit solcher Geschehnisse zu vermeiden bei gravierenden Folgen eines Unfalles höhere Schuldzuschreibung (=höhere Bedrohung des Beobachters) Folie 10
11 Warm-up Erinnern Sie sich? Was versteht man unter Theorie der gelernten Hilflosigkeit? 11
12 Theorie der erlernten Hilflosigkeit Die Theorie der gelernten Hilflosigkeit (Seligman, 1975) bei Erfahrung von Unbeeinflussbarkeit (whatever you do...) Herabsetzung der Beinflussungsmotivation an sich Beeinträchtigung der Fähigkeit, nachfolgende tatsächlich bestehende Handlungs-Ergebnis- Kontingenzen überhaupt lernen zu können Furcht, die mit zunehmender Sicherheit bzgl. der Unbeeinflussbarkeit in Depression übergehen kann (Beeinträchtigungen des Selbstwertgefühles) Folie 12
13 Theorie der erlernten Hilflosigkeit Folie 13
14 Warm-up Erinnern Sie sich? Was versteht man unter Reaktanztheorie? 14
15 Theorie der psychologischen Reaktanz Reaktanzeffekte Bei Freiheitseinengung versucht die Person ihre Freiheit wiederzubekommen. Bekommt sie den Freiheitsspielraum nicht durch die Instanz wieder, die ihr diesen entzogen hat, wird die Person selbst reagieren. Es gibt verschiedene Möglichkeiten Freiheit wieder herzustellen und Reaktanz abzubauen: 1. Direkte Wiederherstellung der Freiheit 2. Indirekte Wiederherstellung der Freiheit 3. Aggressionen 4. Attraktivitätsveränderung Folie 15
16 Theorien in der Sozialpsychologie Verlust von Freiheit kann auch einen Kontrollverlust darstellen Theorie der gelernten Hilflosigkeit Kontrollverlust führt zu Passivität und Hilflosigkeit Erwartung Kontrolle ausüben zu können: gering Häufige Erfahrung von Unkontrollierbarkeit Reaktanztheorie Kontrollverlust führt zu Aktivität und Aggressivität Erwartung Kontrolle ausüben zu können: hoch Unkontrollierbares Ereignis führt zu Aktivität um Kontrolle wieder zu erlangen Folie 16
17 Theorien in der Sozialpsychologie Theorie der kognitiven Dissonanz Folie 2
18 Theorie der kognitiven Dissonanz Theorie der kognitiven Dissonanz Die Wahrung eines stabilen positiven Selbstbildes Eines der mächtigsten Determinanten menschlichen Verhaltens Bei Widerspruch: verstärkte positive Sicht Verleugnen der Möglichkeit, absurde (od. grausame) Dinge zu tun Bewahrung dieses Glaubens? Folie 18
19 Theorie der kognitiven Dissonanz Theorie der kognitiven Dissonanz Informationen, die als irrational, unmoralisch oder einfältig erscheinen heftiges Unbehagen. Bsp.: Rauchen Dieses Unbehagen ausgelöst durch eine Handlung, die unserer (typischerweise positiven) Selbstwahrnehmung zuwiderläuft wird als kognitive Dissonanz bezeichnet. Folie 19
20 Theorie der kognitiven Dissonanz Kognitive Dissonanz entsteht wenn das eigene Handeln sich im Widerspruch zur eigenen Einstellung verhält und man dafür nur eine minimale Rechtfertigung besitzt. Oft werden dann die Einstellungen so geändert, dass sie besser zum vorangegangenen Verhalten passen. Folie 2
21 Theorie der kognitiven Dissonanz Folie 2
22 Theorie der kognitiven Dissonanz Die Theorie der kognitiven Dissonanz Gemäß der kognitiven Dissonanztheorie erleben Menschen Unbehagen (Dissonanz) immer dann, wenn sie mit Kognitionen über irgend einen Aspekt ihres Verhaltens konfrontiert werden, die mit ihrem Selbstkonzept nicht übereinstimmen. Menschen haben das Bedürfnis, diese Dissonanz entweder durch Veränderung ihres Verhaltens oder Rechtfertigung ihres früheren Verhalten zu reduzieren, um dieses in Übereinstimmung mit einer positiven Sicht ihrer Selbst zu bringen. Folie 2
23 Theorie der kognitiven Dissonanz Wann tritt Dissonanz auf? Dissonanz tritt unvermeidlich nach wichtigen Entscheidungen auf, weil der Gedanke Ich wählte Alternative X unvereinbar ist mit dem Gedanken Es wäre mir mit der Alternative Y ein ganzes Stück besser gegangen. Folie 2
24 Theorie der kognitiven Dissonanz Erste Möglichkeit der Dissonanzreduktion Menschen reduzieren diese Dissonanz, indem sie ihre Vorliebe für die gewählte Alternative vergrößern und die für die nicht gewählte verkleinern. Folie 2
25 Theorie der kognitiven Dissonanz Reduktion der Dissonanz durch (1) Vergrößerung der Vorliebe für die gewählte Alternative und (2) Verkleinerung der Vorliebe für die nicht gewählte A. Folie 25
26 Theorie der kognitiven Dissonanz Zweite Möglichkeit der Dissonanzreduktion Dissonanz entsteht zweitens dann, wenn Menschen bereit sind, große Mühe auf sich zu nehmen, um irgendetwas Langweiliges oder Beschwerliches zu erzielen. Es geschieht eine Rechtfertigung von Anstrengung, wobei die Menschen ihr Gefallen für das, was sie erreichen, vergrößern. Bsp.: In einem klassischen Experiment haben Aronson und Mills 1959 den Zusammenhang zwischen Anstrengung und Dissonanzreduktion untersucht. Folie 2
27 Theorie der kognitiven Dissonanz Vpn = Studierende, die sich in einer Diskussionsgruppe treffen sollten Auswahlverfahren: Für ein Drittel war dieses Verfahren außerordentlich unangenehm und anspruchsvoll, für ein weiteres Drittel nur wenig unangenehm und ein Drittel wurde ohne Prozedere aufgenommen Mithören der Diskussion Langweiliges und aufgeblasenes Gespräch Bewertung des Gehörten danach wie interessant etc. Folie 27
28 Theorie der kognitiven Dissonanz Die Probanden, die wenig oder keine Anstrengung aufbringen mussten, konnten es als das sehen, was es war langweilig. Die Probanden mit harten Aufnahmebedingungen mussten sich selbst suggerieren, dass es doch recht interessant war und eine tolle Erfahrung interessant Folie 2
29 Theorie der kognitiven Dissonanz Dritte Möglichkeit der Dissonanzreduktion Dissonanz entsteht drittens dann, wenn Menschen dumme, unmoralische oder absurde Handlungen mit einer unzureichenden Strafe begehen. Wenn Menschen bei geringer externer Rechtfertigung zum Beispiel etwas entgegen ihrer Einstellung sagen (Eintreten für etwas, das der eigenen Einstellung entgegensteht), finden sie interne Rechtfertigung für ihr Verhalten und kommen so weit, selber zu glauben, was sie sagten. Folie 2
30 Theorie der kognitiven Dissonanz Bsp.: Experiment von Festinger und Carlsmith (1959) Studierende führten 1Std. Lang eintönige, langweilige Arbeit aus Ihnen wurde gesagt, dass bei der Studie überprüft wird, ob Menschen bessere Leitung erbringen, wenn man Ihnen vorher sagt, dass es sich um eine interessante Aufgabe handelt Sie selbst glaubten der Kontrollgruppe anzugehören Dann bat der Versuchsleiter die Probanden die nun kommenden Versuchsteilnehmer zu überzeugen, dass die Tätigkeit spannend und interessant sei Folie 2
31 Theorie der kognitiven Dissonanz VERSUCHSAUFBAU Der Versuchsleiter hielt also die Probanden dazu an, die anderen Vpnen zu belügen eine einstellungskonträre Aussage zu treffen, um Dissonanz zu erzeugen Eine Hälfte bekam für die Lüge 20Dollar (= starke externe Rechtfertigung), die andere Hälfte 1Dollar (= geringe externe Rechtfertigung) Nach dem Experiment wurden die Lügner gefragt, wie viel Spaß ihnen die Aufgabe gemacht hat, die sie vor dem Experiment gemacht hatten Folie 2
32 Theorie der kognitiven Dissonanz VERSUCHSAUFBAU 20Dollar-Vpnen: stuften die Aufgabe als genauso langweilig ein, wie sie auch war 1Dollar-Vpnen: stuften Aufgabe als deutlich angenehmer ein Die, die kaum eine externe Rechtfertigung für ihre Lüge hatten, sahen sich also genötigt, sich einzureden, dass ihre Aussage der Wahrheit entsprach, im Gegensatz zu denen, die eine ausreichendeexterne Rechtfertigung für ihr Verhalten hatten. Folie 2
33 Theorie der kognitiven Dissonanz Die erstaunliche Wirkung unzureichender Rechtfertigung Folie 2
34 Theorie der kognitiven Dissonanz Weiteres Beispiel: VL ließ Kinder verschiedene Spielzeuge hinsichtlich ihrer Attraktivität bewerten und verbot ihnen dann ein Spielzeug zu benutzen, dass sie für sehr attraktiv hielten Die einen Kinder bekamen eine milde Strafe und die andere Hälfte eine höhere Strafe angedroht: Welche Strafe ist über mehrere Wochen gesehen die effektivere?? Folie 2
35 Theorie der kognitiven Dissonanz Weiteres Beispiel: Effort justification: Für welchen Chef strengt man sich mehr an? - Den sehr unangenehmen - Den freundlichen Folie 2
36 Theorie der kognitiven Dissonanz Folie 2
37 Nächstes Mal Soziale Wahrnehmung und Urteilsverzerrung Folie 37
38 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Folie 38
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