Landkreis Cuxhaven, Naturschutzamt. April 2013
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- Lennart Holst
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1 Charakterisierung und Bewertung des Landschaftsbildes im Maßstab 1: für die Fortschreibung des Landschaftsrahmenplans und für die Vorbereitung der Eingriffsregelung bei der Realisierung von Windenergieanlagen Landkreis Cuxhaven, Naturschutzamt April 2013
2 1. Einführung Der Landschaftsrahmenplan für den Landkreis Cuxhaven (LANDKREIS CUXHAVEN 2000) entspricht in Teilen nicht mehr den derzeitigen Verhältnissen und wird derzeit fortgeschrieben. Die dort in Text und Karte getroffenen Aussagen für das Schutzgut Vielfalt, Eigenart und Schönheit von Natur und Landschaft sind zudem noch nicht nach der von der Fachbehörde für Naturschutz entwickelten Methodik nach KÖHLER und PREISS erarbeitet worden (KÖHLER und PREISS 2000, NIEDERSÄCHSISCHES LANDESAMT FÜR ÖKO- LOGIE 2001); zum Zeitpunkt der Ersterstellung des Landschaftsrahmenplans lag diese Methodik noch nicht vor. Nach der Arbeitshilfe Naturschutz und Windenergie des NLT wird für die Vorhabenszulassung von Windenergieanlagen jedoch ausdrücklich die Methodik von KÖHLER und PREISS empfohlen (NIEDERSÄCHSISCHER LANDKREISTAG 2011). Windenergieanlagen beeinträchtigen das Landschaftsbild in der Regel erheblich. Die Beeinträchtigungen sind umso schwerer, je höher die Bedeutung des betroffenen Landschaftsbildes ist, je mehr Anlagen errichtet werden und je höher diese sind. Als erheblich beeinträchtigt ist mindestens der Umkreis der 15-fachen Anlagehöhe anzusehen. Im Falle von Windenergieanlagen ist eine Wiederherstellung des Landschaftsbildes als Ausgleichsmaßnahme aufgrund ihrer optischen Wirkungen in der Regel nicht zu erreichen. Auch eine landschaftsgerechte Neugestaltung des Landschaftsbildes als Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahme ist zumeist nicht möglich; diese verlangt nämlich, dass ein Zustand hergestellt wird, der den vorher vorhandenen Zustand in weitest möglicher Annährung fortführt, d.h. in gleicher Art, mit gleichen Funktionen und ohne Preisgabe wesentlicher Faktoren des optischen Beziehungsgefüges (BVerwG, Urteil vom C 44.87) (NIEDER- SÄCHSISCHER LANDKREISTAG 2011: 19). Scheiden Wiederherstellung und landschaftsgerechte Neugestaltung aus, ist eine Ersatzzahlung festzulegen ( 15 Abs. 6 Satz 1 BNatSchG). Die Ersatzzahlung bemisst sich nach den durchschnittlichen Kosten der nicht durchgeführten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen einschließlich der erforderlichen durchschnittlichen Kosten für deren Planung und Unterhaltung sowie die Flächenbereitstellung unter Einbeziehung der Personal- und sonstigen Verwaltungskosten ( 15 Abs. 6 Satz 2 BNatSchG). Sind diese Kosten nicht feststellbar, bemisst sich die Ersatzzahlung allein nach Dauer und Schwere des Eingriffs und beträgt höchstens 7 % der Kosten für Planung und Ausführung des Vorhabens einschließlich der Beschaffungskosten für Grundstücke ( 6 Abs. 1 NAGBNatSchG). Die Höhe der Ersatzzahlung muss Dauer und Schwere des Eingriffs bzw. der Eingriffsfolgen berücksichtigen; sie wird deshalb nicht in jedem Fall an diese Obergrenze heranreichen können. Für die Bemessung der Ersatzzahlung ist jedoch auch zu sehen, dass Eingriffe, deren Folgen weder mit Ausgleichs- noch mit Ersatzmaßnahmen kompensiert werden können, generell zu den besonders schwerwiegenden Eingriffen zu rechnen sind und schon Eingriffe mit kompensierbaren Folgen regelmäßig Kompensationskosten bis zu 7 % der Investitionssumme verursachen (NIEDERSÄCHSICHER LANDKREISTAG 2011: 19). Um eine möglichst einheitliche, schnelle und rechtssichere Bearbeitung der Eingriffsregelung im Zusammenhang mit geplanten neuen Windenergieanlagen für die Ermittlung der Ersatzzahlungen vorzubereiten, wurde durch den Landkreis Cuxhaven, Naturschutzamt, die Erarbeitung eines Gutachtens Charakterisierung und Bewertung des Landschaftsbildes im Maßstab 1: für die Fortschreibung des Landschaftsrahmenplans und für die Vorbereitung der Eingriffsregelung bei der Realisierung von Windenergieanlagen in Auftrag gegeben. Die Erstellung des Gutachtens erfolgte durch die Firma entera Umweltplanung & IT, Hannover (Projektleitung: Dr. Ernst Brahms, Bearbeitung: Dipl.-Geogr. Katharina Herbst). 2. Daten und Methodik Die Charakterisierung und Bewertung des Landschaftsbildes im Rahmen des Gutachtens stützt sich ausschließlich auf vorhandene Daten, die vom Landkreis Cuxhaven, Naturschutz-
3 amt, zur Verfügung gestellt worden sind. Alle bis zum Oktober 2012 vorliegenden, hierfür relevanten Daten aus der Ersterstellung bzw. der Fortschreibung des Landschaftsrahmenplans sind eingeflossen; in Einzelfällen sind auch nach diesem Zeitpunkt erstellte Datenbestände verwendet worden. Im Hinblick auf die Fortschreibung des Landschaftsrahmenplans bedeutet dies, dass die hiermit vorlegte Karte Vielfalt, Eigenart und Schönheit von Natur und Landschaft Charakterisierung des Landschaftsbildes in wesentlichen Teilen mit der zukünftigen großformatigen Karte zum Landschaftsbild des Vorentwurfs des Landschaftsrahmenplans übereinstimmen wird; aufgrund in der Zwischenzeit bereits erstellter oder demnächst zu erstellender neuer Datenbestände wird es jedoch noch die eine oder andere Veränderung geben. Die Erfassung und Bewertung der Landschaftsbildeinheiten stützt sich methodisch auf den Ansatz von KÖHLER und PREISS (2000). In einem ersten Schritt erfolgte eine flächendeckende Abgrenzung weitgehend homogen strukturierter und wahrnehmbarer Landschaftsausschnitte, die als Landschaftsbildeinheiten bezeichnet werden. Die Abgrenzung erfolgte insbesondere auf der Basis der naturräumlichen Gliederung bzw. der naturräumlichen Einheiten der Textkarte 1-1 des Landschaftsrahmenplans für den Landkreis Cuxhaven 2000, der Daten zu den Biotoptypen und ihrer Bewertung aus der Fortschreibung des Landschaftsrahmenplans für den Landkreis Cuxhaven (Stand: August 2012), der natur- und kulturgeprägten Landschaftselemente und -strukturen sowie der kulturgeprägten Siedlungselemente und -strukturen der Karte II des Landschaftsrahmenplans für den Landkreis Cuxhaven 2000, der digitalen Daten des ATKIS DGM 5 (DGM 5 = Digitales Geländemodell 5) und der DTK 50 (DTK 50 = Digitale Topografische Karte 1:50.000), der vorherrschenden Bodentypen nach der Karte III des Landschaftsrahmenplans für den Landkreis Cuxhaven 2000, der Echtfarben-Luftbilder/-Orthofotos aus dem Bildflug Juli 2008 im Auftrag des Landkreises Cuxhaven. Gemäß der Methodik von KÖHLER und PREISS wurden die ermittelten Landschaftsbildeinheiten in weitgehend gleichartige Landschaftsbildtypen gegliedert. Als zweiter Schritt erfolgte die Bewertung der einzelnen Landschaftsbildeinheiten anhand der drei Kriterien Natürlichkeit, Eigenart (Historische Kontinuität) und Vielfalt. Für jede Landschaftsbildeinheit wurden diese drei Kriterien bewertet und zu einer Gesamtbewertung der landschaftlichen Eigenart zusammengeführt. Dabei sind folgende fünf Stufen zu unterscheiden: o Landschaftsbildeinheit mit sehr hoher Bedeutung (Wertstufe V), o Landschaftsbildeinheit mit hoher Bedeutung (Wertstufe IV), o Landschaftsbildeinheit mit mittlerer Bedeutung (Wertstufe III), o Landschaftsbildeinheit mit geringer Bedeutung (Wertstufe II), o Landschaftsbildeinheit mit sehr geringer Bedeutung (Wertstufe I). Dieser Bewertungsschritt stützte sich vor allem auf die typischen und prägenden Elemente und Strukturen der Natur- und Kulturlandschaft (LANDKREIS CUXHAVEN 2000). Eine zunehmende Vereinheitlichung der Nutzungs-, Siedlungs- und Bauformen und der Flurgestaltung führt dazu, dass das Landschaftsbild vereinheitlicht und die landschaftliche Eigenart nivelliert wird. In diesem Zusammenhang sind u.a. intensiver, großflächiger Ackerbau, der zunehmend auch Niederungen und Moorrandbereiche einnimmt und damit die naturräumlichen Unterschiede verwischt, intensive Grünlandnutzung mit artenarmen, gleichförmigen Grünlandgesellschaften, die standörtliche Unterschiede nicht mehr erkennen lässt, und landschaftsuntypische Siedlungsformen und Gebäudestrukturen wie beispielsweise Biogasanlagen mit dazugehörigen Lagerflächen und angrenzendem großflächigen Maisanbau zu nennen. Diese Beeinträchtigungen fließen in die Bewertung der einzelnen Landschaftsbildeinheiten unmittelbar ein.
4 Im Unterschied hierzu gibt es Beeinträchtigungen, die nicht als gewachsener Bestandteil einer Landschaftsbildeinheit wahrgenommen werden, sondern die die landschaftliche Eigenart mit einem negativen visuellen, akustischen oder olfaktorischen Eindruck überlagern. Diese überlagernden Beeinträchtigungen bleiben bei der flächendeckenden Bewertung des Landschaftsbildes durch die o.g. fünf Wertstufen unberücksichtigt (NIEDERSÄCHSISCHES LANDESAMT FÜR ÖKOLOGIE 2001: 144). Wesentliche überlagernde Beeinträchtigungen sind insbesondere - vielbefahrene Straßen (DTV über Kfz/d), - überregionale Schienenverbindungen (v.a. auf Dämmen), - Industrie- und Gewerbeanlagen und -flächen, - Funktürme, - Hochspannungsfreileitungen (110 kv, 220 kv und 380 kv), - Kraftwerke und Umspannwerke, - Windenergieanlagen, - Intensivtierhaltungsanlagen (Großstallanlagen), - Lagerstättenabbau, - Kläranlagen, - Deponien und Abfallbehandlungsanlagen, - Freizeitanlagen und -flächen wie Campingplätze, Sportflughäfen u.ä.. Von einer Fernwirkung dieser Beeinträchtigungen ist insbesondere in offenen Landschaften der Küste, der Marschen, der Niederungen, der Moore und der Geest (v.a. Kuppenlagen) auszugehen. 3. Ermittlung der Investitionsanteile Für die Bemessung der Ersatzzahlung für erhebliche Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes durch Windenergieanlagen sollten bezogen auf Windenergieanlagen je nach Wertstufe des erheblich beeinträchtigten Raumes sowie Anzahl und Höhe der Anlagen folgende Richtwerte beachtet werden (NIEDERSÄCHSISCHER LANDKREISTAG 2011: 19-20). Die Höhe der Aufwendungen beträgt bezogen auf Windenergieanlagen über 100 m Gesamthöhe bzw. bei einer Tages- und Nachtkennzeichnung der Anlagen in Bereichen mit für das Landschaftsbild sehr geringer Bedeutung 1,0 %, geringer Bedeutung 2,5 %, mittlerer Bedeutung 4,0 %, hoher Bedeutung 5,5 %, sehr hoher Bedeutung 7,0 %. Der erheblich beeinträchtigte Raum wird i.d.r. mehreren Wertstufen angehören; in diesem Fall sind die Werte bezogen auf die Fläche der einzelnen Wertstufen anteilig zu ermitteln und zugrunde zu legen. Die Vorbelastung des Landschaftsbildes durch bestehende Windenergieanlagen ist zu berücksichtigen, indem die Flächen im Umkreis der 15-fachen Anlagenhöhe der bestehenden Windenergieanlage verglichen mit einem Zustand ohne Windenergieanlagen bei einer fünfstufigen Bewertung um zwei Wertstufen abgewertet werden (NIEDERSÄCHSISCHER LANDKREISTAG 2011: 20). Die Vorbelastung durch Industrie- und Gewerbeanlagen und - flächen mit einer Flächengröße von über 1,0 ha sowie Hochspannungsfreileitungen mit einem Pufferbereich von beidseits 200 m sollen nach Auffassung des Landkreises Cuxhaven, Naturschutzamt, durch Abstufung in die Wertstufe I (= Landschaftsbildeinheit mit sehr geringer Bedeutung) berücksichtigt werden. Ein Abzug sichtverschatteter Bereiche erscheint dann vertretbar, wenn die Fernwirkung der Windenergieanlagen aufgrund topografischer oder anderer Bedingungen gering ist. Für sichtverschattete Bereiche über 25 % kann ein Abzug von 0,1 %, über 50 % von 0,3 % und über 75 % von 0,5 % der Richtwerte als angemessen angesehen werden (NIEDER- SÄCHSISCHER LANDKREISTAG 2011: 20). Zur Abschätzung der Sichtverschattung
5 können näherungsweise die Flächenanteile der Wälder und der engmaschigen linearen Gehölzbestände (einschließlich Wallhecken) herangezogen werden; da letztere deutlich transparenter sind als Wald, wird empfohlen, diese nur jeweils mit einem Viertel ihres Flächenanteils zu berücksichtigen. Quellenverzeichnis Gesetze BauGB Baugesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. September 2004 (BGBl. I S. 2414), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 22. Juli 2011 (BGBl. I S. 1509) geändert worden ist NAGBNatSchG Niedersächsisches Ausführungsgesetz zum Bundesnaturschutzgesetz. Vom 19. Februar 2010 (Nds. GVBl S. 104) Literatur LANDKREIS CUXHAVEN (Hrsg.) (2000): Landschaftsrahmenplan für den Landkreis Cuxhaven. Cuxhaven. NIEDERSÄCHSISCHES LANDESAMT FÜR ÖKOLOGIE (Hrsg.) (2001): Hinweise zur Ausarbeitung und Fortschreibung des Landschaftsrahmenplans. Informationsdienst Naturschutz Niedersachsen, 21. Jg., Heft 3, Seite Hildesheim. NIEDERSÄCHSISCHER LANDKREISTAG (Hrsg.) (2011): Arbeitshilfe Naturschutz und Windenergie Hinweise zur Berücksichtigung des Naturschutzes und der Landschaftspflege sowie zur Durchführung der Umweltprüfung und Umweltverträglichkeitsprüfung bei Standortplanung und Zulassung von Windenergieverfahren. Stand: Oktober Auflage. Hannover. KÖHLER, B.; PREISS, A. (2000): Erfassung und Bewertung des Landschaftsbildes Grundlagen und Methoden zur Bearbeitung des Schutzguts Vielfalt, Eigenart und Schönheit von Natur und Landschaft in der Planung. Informationsdienst Naturschutz Niedersachsen, 20. Jg., Heft 1, Seite Hildesheim.
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