Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit
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- Clemens Kalb
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1 Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit Unionsrechtliche Rahmenbedingungen und die Rechtsprechung des EuGH Trier, ERA, Prof. Dr. Monika Schlachter Institut für Arbeitsrecht und Arbeitsbeziehungen in der EG, Trier, Deutschland Prof. Dr. Monika Schlachter 1
2 I. Rechtsentwicklungen auf EU-Ebene 1) Ausgangspunkt: Art. 119 EGV Normzweck: Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen Ergänzung durch EuGH vom , Rs. C-43/75 (Defrenne II) Rn Gleichzeitig dient (Art. 119) den sozialen Zielen der Gemeinschaft, die durch gemeinsames Vorgehen den sozialen Fortschritt sichern und die ständige Besserung der Lebens- und Beschäftigungsbedingungen anstreben soll. Prof. Dr. Monika Schlachter 2
3 a) Regelungsgehalt von Art. 119 EGV: Mitgliedstaaten müssen die Anwendung des Grundsatzes gleicher Lohn für gleiche Arbeit sicherstellen und beibehalten seinerzeit keine weitere Regelungskompetenz auf Unionsebene, nur die Mitgliedstaaten sollten handeln Unmittelbare Wirkung zwischen den Arbeitsvertragspartnern (EuGH, , Rs. C- 43/75 (Defrenne II) Slg. 1976, I-455) Prof. Dr. Monika Schlachter 3
4 b) Ergänzung durch die Lohnausgleichs-RL 75/117/EWG Erweitert den Lohngleichheitsgrundsatz auf: gleiche Arbeit, oder Arbeit, die als gleichwertig anerkannt wird. EuGH keine Änderung, sondern Interpretation des Inhalts von Art. 119 EGV (EuGH, , Rs. C-61/81 (KOM./.UK) Slg. 1982, I-2545) Mitgliedstaaten müssen gerichtliche Durchsetzbarkeit gewährleisten Prof. Dr. Monika Schlachter 4
5 c) Entgeltbegriff: alle Arten von Vergütungen, die ein Arbeitgeber aufgrund des Dienstverhältnisses einem Arbeitnehmer mittelbar oder unmittelbar gewährt. geldwerter Vorteil, der auf den arbeitsvertraglichen Beziehungen der Parteien beruht. keine Gesamtbetrachtung aller Entgeltbestandteile, sondern jeder Komponente für sich genommen. Prof. Dr. Monika Schlachter 5
6 d) Gleiche Arbeit identische Tätigkeit oder gegenseitige Austauschbarkeit der Beschäftigten (EuGH, , Rs. C-309/97 (Wiener Gebietskrankenkasse) Slg. 1999, I-2865 Kriterien sind: Art der Arbeit, Ausbildungsanforderungen, Arbeitsbedingungen nicht maßgeblich: - gleichzeitige Beschäftigung (EuGH, , Rs. C-200/91(Coloroll) Slg. 1994, I-4389) - zeitlicher Umfang der Leistung (EuGH, , Rs. C-96/80 (Jenkins) Slg. 1981, I-911) (EuGH, , Rs. C-300/06 (Voß) Slg, 2007, I-10573) Prof. Dr. Monika Schlachter 6
7 d) Gleichwertige Arbeit keine festgeschriebenen Kriterien, aber unionsrechtsautonome Auslegung (EuGH, , Rs. C-61/81 (KOM./.UK) Slg. 1982, I-2545) genannt werden: Leistungsanforderungen, Kenntnisse, Entscheidungsbefugnisse, Arbeitsbedingungen, (EuGH, , Rs. C-400/93 (Royal Copenhagen) Slg. 1995, I-1275) die als gleichwertig eingestuft worden sind oder eingestuft werden müssten Mitgliedstaaten sind verpflichtet, Gleichwertigkeitskontrolle zu ermöglichen Prof. Dr. Monika Schlachter 7
8 2) Neufassung nach dem Vertrag von Amsterdam: Art. 141 EGV/ inhaltsgleich nach dem Vertrag von Lissabon: Art. 157 AEUV Mitgliedstaaten gewährleisten gleichen Lohn für gleiche/gleichwertige Arbeit Rechtsgrundlage für weitere Rechtssetzung auf Unionsebene (Art. 141 Abs. 3) Mitgliedstaaten dürfen Positive Maßnahmen ergreifen, die zum Ausgleich von Benachteiligungen in der beruflichen Laufbahn spezifische Vergünstigungen dienen (Art. 141 Abs. 4) Prof. Dr. Monika Schlachter 8
9 3) Neufassung der Geschlechtergleichbehandlungs-RL 2006/54/EG: Aufhebung der RL 75/117 (Lohngleichheit) und der RL 97/80 (Beweislast, mit erstmaliger Definition der mittelbaren Benachteiligung) übernimmt Teile der Entgeltgleichheitsrechtsprechung Prof. Dr. Monika Schlachter 9
10 II. EuGH-Entscheidungen zum Entgeltgleichheitsgrundsatz 1) Entgeltbegriff des Gerichtshofs: Sondervergütungen (EuGH , Rs. C-333/97 (Lewen) Slg. 1999, I-7243) Weihnachtsgeld (EuGH , Rs. C-339/92 (Helmig) Slg, 1994, I-5727) für Mehrarbeit Zulagen (EuGH , Rs. C-236/98 (JämO) Slg. 2000, I-2189) für ungünstige Arbeitszeit Sozialleistungen (EuGH , Rs. C-171/88 (Rinner-Kühn) Slg. 1989, I-2741) Personalrabatt Prof. Dr. Monika Schlachter 10
11 Leistungen in Zeiten von Nichtarbeit (EuGH , Rs. C-411/96 (Boyle) Slg. 1998, I-6401) Mutterschutzzeiten (EuGH , Rs. C-110/91 (Moroni) Slg. 1993, I-6591) bei Beendigung von Arbeitsverhältnissen (EuGH , Rs. C-177/88 (Rinner-Kühn) Slg. 1989, I-2741) Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall Prof. Dr. Monika Schlachter 11
12 2) Entgeltbegriff und betriebliche Altersversorgung Gesetzliche Sozialversicherungssysteme werden vom Entgeltgleichheitsgrundsatz nicht erfasst. Betriebliche Altersversorgung wird erfasst: Zugang Beiträge Leistungen Prof. Dr. Monika Schlachter 12
13 Zeitliche Wirkung: Anspruch auf Zugang rückwirkend bis (EuGH, , Rs. C-246/96, Slg. 1997, I-7153; EuGH, , Rs. C-50/96 (Schröder./.DP) Slg. 2000, I-743) wer Zugang rückwirkend verlangt, muss auch Beiträge leisten Anspruch auf Leistungen rückwirkend bis (EuGH, , Rs. C-109/91 (Ten Oever) Slg. 1993, I-4879) vgl. Erwägungsgründe 18-18, Art RL 2006/54/EG Prof. Dr. Monika Schlachter 13
14 3) Geeignete Vergleichsperson Personen, die gleiche oder gleichwertige Arbeit verrichten beim selben Arbeitgeber (EuGH , Rs. C-43/75 (Defrenne II) Slg. 1976, I-455) nicht zwingend beim selben Arbeitgeber beschäftigt? (EuGH, , Rs. C-256/01 (Allonby) Slg. 2004, I-873) (EuGH, , Rs. C-320/00 (Lawrence) Slg. 2002, I-7325) Die Entgeltfestsetzung muss auf dieselben Urheber zurückführbar sein, (Arbeitgeber/ Kollektivparteien/ Gesetzgeber), die eine Ungleichbehandlung auch beseitigen können. aber: RL 2006/54EG hat diesen Grundsatz nicht ausdrücklich übernommen Prof. Dr. Monika Schlachter 14
15 Vorgänger am Arbeitsplatz (EuGH , Rs. C-129/79 (Macarthys) Slg. 1980, I-1275) nur bei im Wesentlichen unveränderten äußeren Umständen (EuGH, , Rs. C-200/91(Coloroll) Slg. 1994, I-4389) Prof. Dr. Monika Schlachter 15
16 4. Mittelbare Benachteiligung ursprünglich Definition in der Beweislast-RL 97/80/EG setzt voraus, dass anscheinend neutrale Vorschriften oder Verfahren wesentlich mehr Angehörige des einen Geschlechts nachteilig treffen, ohne dass dies gerechtfertigt werden kann. Definition am Bild der Teilzeitarbeit entwickelt (EuGH, , Rs. C-127/92 (Enderby) Slg. 1993, I-5535) Prof. Dr. Monika Schlachter 16
17 nunmehr Definition in der Geschlechtergleichbehandlungs-RL 2006/54/EG:, dass dem Anschein nach neutrale Vorschriften oder Verfahren Angehörige des einen Geschlechts in besonderer Weise benachteiligen können, ohne dass dies Definition an der mittelbaren Diskriminierung wegen der Staatsangehörigkeit entwickelt (EuGH, , Rs. C-124/99 (Borawitz) Slg. 2000, I-7293) es genügt, dass sich eine Regelung ihrem Wesen nach besonders auf die geschützte Gruppe auswirkt hypothetische Betrachtung, scheint damit etabliert (Richtlinie/Primärrecht), senkt aber die Beweiswirkung Prof. Dr. Monika Schlachter 17
18 Rechtfertigungsebene Eine Benachteiligung ist nicht unzulässig, wenn sie gerechtfertigt werden kann. Voraussetzungen: (EuGH, , Rs. C-179/84 (Bilka) Slg. 1986, I-1607) die Maßnahme dient einem legitimen unternehmerischen (ggf. sozialpolitischen) Interesse Mittel muss zur Zielerreichung geeignet sein und in erforderlicher und verhältnismäßiger Weise eingesetzt werden Prof. Dr. Monika Schlachter 18
19 Beispiel: Entgeltberechnung abhängig von der Dauer der Betriebszugehörigkeit (EuGH, , Rs. C-17/05 (Cadman) Slg. 2006, I-9583) Größere Berufserfahrung hat im allgemeinen bessere Arbeitsleistung zur Folge (?) Arbeitgeber braucht idr die Bedeutung von mehr Berufserfahrung für den konkreten Arbeitsplatz nicht zu belegen Arbeitnehmer kann aber Indizien vorbringen, die diesen Zusammenhang in Zweifel ziehen; dann trifft die Beweislast den Arbeitgeber Prof. Dr. Monika Schlachter 19
20 Beispiel e, die eine geschlechtsbezogene Entlohnung nicht rechtfertigen: Sparzwänge (EuGH, , Rs. C-226/98 (JØrgensen) Slg. 2000, I ) ( dürfen nicht geschlechtsspezifisch verteilt werden) Regelung im Tarifvertrag/ im Gesetz vorgesehen (EuGH, , Rs. C-184/89 (Nimz) Slg. 1991, I-297) ( müssen selbst der Entgeltgleichheit genügen) Prof. Dr. Monika Schlachter 20
21 5. Rechtsfolge Diskriminierende Entgeltregelungen sind nicht anzuwenden (EuGH, , Rs. C-184/89 (Nimz) Slg. 1991, I-297) Lohngleichheit ist durch Angleichung nach oben herzustellen (EuGH, , Rs. C-33/89 (Kowalska) Slg. 1990, I-2591) bis die Ungleichbehandlung beseitigt ist. (für die Vergangenheit bleibt die günstige Regel das gültige Bezugssystem, EuGH, , Rs. C-184/89 (Nimz) Slg. 1991, I-297). Prof. Dr. Monika Schlachter 21
22 III. Konzeptionelles Problem Entgeltgleichheit ist auf den Arbeitsinhalt bezogen gleiche/ gleichwertige Arbeit [Arbeitsbewertung] (EuGH, , Rs. C-237/85 (Rummler) Slg. 1986, I-2101) (EuGH, , Rs. C-381/99 (Brunnhofer) Slg. 2001, I-4961) Entlohnungskonzepte orientieren sich am Erfolg bei der Tätigkeit [Leistungsbewertung] Humankapitaltheorie berücksichtigt objektive Faktoren, wie: Ausbildung, Dienstalter, Berufserfahrung Prof. Dr. Monika Schlachter 22
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