Was ist guter Unterricht? Kriterien im Lichte empirischer Bildungsforschung
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- Anneliese Burgstaller
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1 Was ist guter Unterricht? Kriterien im Lichte empirischer Bildungsforschung SCHOLASTIK-Studie (Weinert & Helmke, 1997) Max-Planck-Institut für Bildungsforschung (Baumert, 2014) Hattie-Studie (2009, 2012) Die sieben Dimensionen guten Unterrichts 1. Kultur 2. Zielorientierung 3. Inhalte 4. Methodik 5. Zeitnutzung 6. Diagnose 7. Raumgestaltung Dr. Thomas Riecke-Baulecke, Direktor des IQSH
2 Wie unterrichten erfolgreiche Lehrkräfte? _ + (vgl. Helmke/Weinert 1997, S. 250)
3 Erhebliche Variationsbreite professioneller Kompetenzen von Lehrkräften Analyse des Profils und des Unterrichts von Expertenlehrkräften (Münchener SCHOLASTIK-Studie 1997) Reichhaltige, curricular nutzbare Wissensbasis im Fachgebiet Gute Klassenführungs-, Diagnose- und Instruktionskompetenzen Aber auch zwischen den Expertenlehrern gibt es eine erhebliche Variationsbreite in den professionellen Kompetenzen, so dass sich das Konzept des individuellen Lehrstils aufdrängt. kompensatorischer Charakter der Determinanten erfolgreichen Unterrichts Es gibt keine idealen Lehrerpersönlichkeiten. Erfolgreicher Unterricht kann auf sehr verschiedene, aber nicht beliebige Weise realisiert werden. Notwendig sind Kriterien für guten Unterricht, die von unterschiedlichen Persönlichkeiten auf unterschiedliche Art und Weise erreicht werden können.
4 Guter Unterricht zeigt sich in seinen Ergebnissen, also an neuen Erkenntnissen, Fähigkeiten, Fertigkeiten, Einstellungen und Haltungen der Schülerinnen und Schüler, in Bildungs- und Erziehungseffekten.
5 Basisdimensionen der Unterrichtsqualität 1. Klassenführung und Choreographie des Unterrichts Störungspräventive Unterrichtsführung Effektive Zeitnutzung Monitoring der Lerngruppe und der einzelnen Schüler Strukturierte und kohärente Unterrichtsepisoden 2. Kognitives Potenzial der Lerngelegenheiten Auswahl und Sequenzierung kognitiv herausfordernder Aufgaben Kognitiver Anspruch des Unterrichtsgesprächs Kognitiv herausforderndes Üben 3. Respektvolle und adaptive Unterstützung des Lernens Adaptives Unterrichtstempo Konstruktiver Umgang mit Fehlern - Feedback Adaptive multiple Erklärungen Respekt und Geduld bei Verständnisproblemen Baumert, 2014
6 Effekte der Unterrichtsqualität (Standardisierte Koeffizienten auf Klassenebene) Unterrichtsmerkmal Zielkriterium Potenzial zur kognitiven Aktivierung Leistung Angst 0.32* Δ=.29 Klassenführung 0.26* Δ=.24 Konstruktive Unterstützung * Freude * Δ=.19 Δ= * Δ=.26
7 Was fördert Schülerleistung? (bei Kontrolle sozialer Herkunft, Intelligenz ; vgl. Baumert, 2015) Prädiktoren/Parameter Leistung am Ende der 10. Jahrgangsstufe Klassenebene Schulform.60** Unterrichtsmerkmale - Tiefenstruktur Kognitive Herausforderungen im Unterricht.40** Kognitiver Anspruch der Klausuraufgaben.31* Curriculares Niveau der Klausuraufgaben.19* Konstruktive Unterstützung -.07 Unterrichtsmerkmale - Sichtstruktur Differenzierung durch Aufgaben.02 Differenzierung durch Wahl aus vorgegebenen Themen oder Aufgaben - Partner- oder Gruppenarbeit -
8 Fachleistung vs. soziales Verhalten? (BIJU-Studie) Gute Leistungsentwicklung geht auf der individuellen Ebene tendenziell auch mit wünschenswerter psychosozialer Entwicklung einher. Auf der Schulebene handelt es sich - bei einer Betrachtung über alle Schulformen hinweg - geradezu um Kuppelprodukte: Die akademische und die soziale Kultur einer Schule stützen sich in der Regel wechselseitig, und zwar auch dann, wenn die unterschiedliche soziale und intellektuelle Zusammensetzung der Schülerschaft in Rechnung gestellt wird.
9 Die Hattie-Studie
10 Was ist eine Meta-Analyse? Zusammenfassung vieler Studien zu erfolgreichem Lernen Hattie et al. haben die Ergebnisse aus über Studien aufgearbeitet (83. Mio. Schülerinnen und Schüler) Mittelung der Effektstärken: Wie stark wirkt (im Mittel) Einflussgröße A auf das Ergebnis B? Berechnung der Effektstärke d als Maß für praktische Bedeutsamkeit von Maßnahmen
11 No. of Effects Distribution of effects Typical Effect Size d =.40
12 Interpretation der Effektstärke d von Maßnahmen d zwischen -0,2 und 0 d zwischen 0 und 0,2 d zwischen 0,2 und 0,4 d zwischen 0,4 und 0,6 d größer als 0,6 senkt Lernerfolg (fast) kein Effekt moderater Effekt großer Effekt sehr großer Effekt
13 Was schadet? Mobilität (Umzüge) d = -.34 Krankheit d = -.20 Fernsehen d = -.18 Sitzenbleiben d = -.16 Sommerferien d = -.09
14 Was hilft nicht und schadet nicht? Offener Unterricht d =.01 Jahrgangsübergreifender Unterricht d =.04 Leistungsgruppierung d =.12 Interne Differenzierung d =.16 Team Teaching d =.19
15 Was hilft ein wenig? Reduzierung der Klassengröße d =.21 Individualisiertes Lernen d =.22 Teaching to the test d =.22 Integration/Inklusion d =.28 Hausaufgaben d =.29 Entdeckendes Lernen d =.31 Regelmäßige Leistungskontrollen d =.34 Time on task d =.38
16 Was hilft schon mehr? Kooperatives Lernen d =.41 Hohes Selbstvertrauen (S) d =.43 Classroom Management d =.52 Peer Tutoring d =.55 Herausfordernde Ziele d =.56 Arbeit mit Lösungsbeispielen d =.57 Direkte Instruktion d =.59
17 Direkte Instruktion Lernziele der Stunde festlegen, Erfolgskriterien für die Schüler transparent machen und selbst als Modell demonstrieren, überprüfen, ob die Schüler das zu vermittelnde Konzept verstehen, am Ende der Stunde die zentralen Punkte zusammenfassen und in Bezug zueinander setzen. Gleiche Effekte für durchschnittlich begabte Schüler (d = 0.99) wie für unterdurchschnittlich begabte und Sonderschüler (d = 0.86) Gleiche Effekte für elementary und high school students
18 Was hilft richtig? Leseförderung d =.67 Metakognitive Strategien d =.69 Verteiltes vs. massives Lernen d =.71 Lehrkraft-Schüler-Verhältnis d =.72 Feedback d =.73 Reziprokes Unterrichten d =.74 Klarheit der Instruktion d =.75 Formatives Assessment d =.90
19 Feedback Elemente gelungenen Feedbacks Welches Ziel hat der Schüler zu erreichen? Wie sieht die Leistung bisher aus? Was ist als nächstes zu tun? Effektivste Formen des Feedbacks direkte Gabe von Hinweisen Verstärken richtiger Verhaltensweisen Feedback mit direkter Verbindung zu Lernzielen Am wenigsten effektive Formen des Feedbacks Lob Bestrafung & Belohnungen 19
20 Activator or Facilitator? An Activator ES A Facilitator ES Reciprocal teaching.74 Simulations and gaming.32 Feedback.72 Inquiry based teaching.31 Teaching students self-verbalization.67 Smaller class sizes.21 Meta-cognition strategies.67 Individualized instruction.20 Direct Instruction.59 Problem-based learning.15 Mastery learning.57 Different teaching for boys & girls.12 Goals - challenging.56 Web-based learning.09 Frequent/ Effects of testing.46 Whole Language Reading.06 Behavioral organizers.41 Inductive teaching.06 ACTIVATOR.60 FACILITATOR.17
21 Die sieben Dimensionen guten Unterrichts Kriterien für die Ausbildungsberatung in SH 1. Kultur: Art und Weise 2. Zielorientierung: Ergebnisse 3. Inhalte: Themen / Gegenstände 4. Methodik: Prozesslogik und Sozialformen 5. Zeitnutzung: Rhythmisierung 6. Diagnose: Analyse und Bewertung 7. Raum: Lehr-Lern-Umgebung
22 Exkurs: Curricula Inhaltsbezogene Kompetenzen / Leitideen / Basiskonzepte Zahl, Raum und Form, Messen, funktionaler Zusammenhang Lesen, Schreiben, Sprechen, Sprache und Sprachgebrauch Energie, Stoff-Teilchen, Donator-Akzeptor, Gleichgewicht, Struktur-Eigenschaft Leichtathletik, Turnen, Rückschlagspiele strukturieren das Curriculum an ihnen werden (ganzheitlich) allgemeine Kompetenzen vermittelt Allgemeine Kompetenzen Selbst-, Sach-, Sozial-, Methodenkompetenz modellieren, argumentieren, kommunizieren, Probleme lösen, Darstellungen verwenden, mit Symbolen umgehen reproduzieren, transferieren, Neues erschließen
23 1. Kultur Der Unterricht o wird von der Lehrkraft mit Engagement und Interesse an der Sache und den Schülern gestaltet o wird von der Lehrkraft mit Hilfe einer klaren und verständlichen Sprache gestaltet o ist durch gegenseitigen Respekt und einen wertschätzenden Umgangston geprägt o findet unter Beachtung gemeinsam vereinbarter Regeln statt o ist durch eine entspannte und angstfreie Atmosphäre bestimmt o basiert auf einem konstruktiven Umgang mit Fehlern o leitet die Schüler an, ihr eigenes Lernen zu reflektieren o ermutigt Schüler eigene Fragen zu formulieren o
24 2. Zielorientierung Die Ziele der Stunde sind o vom Anspruchsniveau angemessen o kohärenter Teil der längerfristigen Planung o transparent und für die Schüler verständlich o bilden einen erkennbaren roten Faden o werden am Ende reflektiert o
25 3. Inhalte Die Inhalte der Stunde sind o fachlich korrekt o geeignet, um die Ziele zu erreichen o schlüssig und sinnvoll aufeinander bezogen o bedeutsam und exemplarisch o bieten Anknüpfungspunkte für Interessen und Erfahrungen der Schüler o
26 4. Methodik Im Stundenverlauf o ist eine klare und sinnvolle Struktur erkennbar o werden unterschiedliche Methoden und Sozialformen funktional genutzt und angemessen gewechselt o werden gute, Differenzierung ermöglichende Aufgabenstellungen eingesetzt o werden Schüler individuell gefördert, unterschiedliche Lernvoraussetzungen und Lernwege berücksichtigt o wird selbstständiges Arbeiten der Schüler angeregt o wird die Kommunikation der Lernenden über Lösungsstrategien und Ergebnisse akzentuiert o
27 5. Zeitnutzung Im Unterricht o wird pünktlich mit der Arbeit begonnen o ist die Abfolge der Arbeitsschritte sinnvoll rhythmisiert o verläuft die Arbeit ruhig und störungsfrei o wird die Zeit effektiv für das Lernen genutzt o hat die Lehrkraft einen Überblick über die Schüleraktivitäten und kann ordnend eingreifen o wird ausreichend Zeit für das Lernen gegeben o
28 6. Diagnose Im Unterricht werden o Lernprozesse verfolgt und analysiert o den Lernenden differenzierte Rückmeldungen zum Lernfortschritt gegeben o Lernfortschritte positiv gewürdigt, Lernprobleme erkannt und angemessen behandelt o Leistungs- und Lernsituationen entkoppelt o Leistungsansprüche und Kriterien erläutert o gerechte Bewertungen vorgenommen o
29 7. Raumgestaltung Der Unterrichtsraum ist o lernförderlich und ansprechend gestaltet o erlaubt unterschiedliche Methoden und Sozialformen o ermöglicht den Einsatz unterschiedlicher Medien o
30 Watch the impact (only) Watch not the teacher But the impact of the teacher! (Hattie)
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