Norbert Walter. für. Welt am Sonntag. 9.März Gewerbe-Immobilien: Nur keine Angst vor
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- Kornelius Maier
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1 Norbert Walter für Welt am Sonntag 9.März 2002 Gewerbe-Immobilien: Nur keine Angst vor der.ulvh Prof. Dr. Norbert Walter Chefvolkswirt Deutsche Bank Gruppe Deutsche Bank Research Große Gallusstraße Frankfurt am Main Tel.: Fax: Und was Sie schon immer über Gott, die Welt und die Volkswirtschaft wissen wollten, aber sich immer noch nicht trauen zu fragen, finden Sie nur unter: Dieses Dokument besteht aus insgesamt 6 Seiten
2 INHALTSVERZEICHNIS Seite Rezession oder nicht? 3 Die Ist-Situation 4 Die Aussichten 5 Gibt es ein Ende von Immobilienzyklen? 7
3 Rezession oder nicht? Die Immobilienbranche scheint seit einem halben Jahr in zwei unversöhnliche Lager geteilt zu sein: Auf der einen Seite stehen die (vermeintlichen) Pessimisten, die von einer Rezession, mitunter sogar von einer Krise auf den deutschen und manchen europäischen Büromärkten reden. Auf der anderen Seite gibt es Marktbeobachter, die sich weigern, das gefürchtete R-Wort in den Mund zu nehmen; sie reden teilweise sogar von einer ausnehmend guten Konjunktur. Sind die einen nun die ewigen Skeptiker, die in der Marktwirtschaft stets nur die Risiken sehen, und die anderen nur die Berufsoptimisten, die die Märkte und damit das Geschäft nicht schlecht reden dürfen? Ich glaube, beide Seiten sind besser miteinander vereinbar als die vereinfachende Gegenüberstellung der beiden Positionen vermuten lässt. Während die einen auf sinkende Vermietungszahlen und fallende Mieten verweisen, zeigen die anderen auf hohe Mittelzuflüsse bei den indirekten Immobilienanlagen sowie auf die sehr gute Ausgangssituation des Jahres Beide Seiten haben Recht, und man sollte bei der Beurteilung des Marktes auch beide Stimmen hören: So ist es durchaus angemessen die momentane Situation als Rezession zu bezeichnen, denn die Leerstände werden in den meisten europäischen Städten auch 2002 bei sinkenden Umsätzen zunehmen. Mietrückgänge sind daher programmiert. Der Begriff Rezession wird dabei in Anlehnung an die Definition einer sogenannten technischen Rezession verwendet: Dieser kennzeichnet eine Volkswirtschaft, deren Bruttoinlandsprodukt in zwei aufeinander folgenden Quartalen schrumpft. In diesem Sinne sind die Aussichten zwar getrübt jedoch keineswegs trübe, denn der Abschwung erfolgt von einem Rekordniveau aus und dürfte wahrscheinlich auch nicht sehr lange anhalten. So gesehen ist dann auch die Einschätzung der optimistischeren Marktteilnehmer richtig, die weniger die kürzer fristigere Veränderung als das absolute Niveau im Auge haben. Für sie stellt der moderate Rückgang der Mieten eher eine Normalisierung dar und bedeutet mittelfristig kein Problem. Kommen wir nun aber zur Analyse der momentanen Situation. Die Ist-Situation 2001 war das letzte Jahr einer beeindruckenden Rallye. Diese begann in den wichtigsten deutschen Bürostandorten Die Vermietungsvolumina nahmen zu, bei verhaltener Neubautätigkeit sanken die Leerstände, und die Mieten zogen deutlich an. In München lag die Leerstandsquote im Jahr 2001 unter 1% und damit auf dem niedrigsten Niveau in Europa. Auch andere westdeutsche Großstädte haben im Vergleich zum europäischen Durchschnitt nur sehr wenig Freiflächen (in Stuttgart waren dies 2001 knapp über 1%, in Hamburg gut 2% und in Frankfurt am Main 2,5%). Aufgrund der starken Nachfrage nach hochwertigen und prestigeträchtigen Büroräumen durch Unternehmen der New Economy sowie durch andere unternehmensnahe Dienstleister wie Anwaltskanzleien und Unternehmensberatungen kletterten die Spitzenmieten mit teilweise zweistelligen Zuwachsraten. Im Frankfurter Bankenviertel wurden 2001 wiederholt mehr als 50 Euro pro Quadratmeter vereinbart, 1997 lag die Spitzenmiete in der Bankenmetropole noch knapp über 30 Euro. In München zahlte man Ende 2001 fast 35% mehr für Top-Büroräume als drei Jahre zuvor. Ähnliches lässt sich für andere europäische Großstädte sagen: In Paris stieg die Spitzenmiete seit 1997 um über
4 20%, in London um 15% und auf dem expandierenden Markt Madrid sogar um über 50%. Ein so kräftiger und umfassender Aufschwung weckte natürlich Investoren und so nahm auch die Zahl der Projekte zu. Bis 2001 konnte die Nachfrage das zusätzliche Angebot noch gut absorbieren; und da zumindest vor zwei Jahren ein Ende des wirtschaftlichen Aufschwungs in Deutschland und Europa nicht ernsthaft diskutiert wurde, waren diese Neuplanungen mit dem geschätzten Bedarf vereinbar. Seit Beginn 2001 haben sich jedoch zwei entscheidende Parameter geändert: Erstens wurde die New Economy entzaubert; der Markt erinnerte viele Start-ups daran, dass große Erwartungen keine Garantie für großen Erfolg sind. Hier brach nicht nur ein wichtiges Segment als direkter Nachfrager weg, indirekt gingen anderen Beratungsunternehmen Kunden verloren. Daher mussten zahlreiche Werbeagenturen, Unternehmensberatungen und Investmentbanken ihre Beschäftigungsziele nach unten korrigieren. Zweitens belastete die weltweite, konjunkturelle Abkühlung die deutsche Exportwirtschaft. Im letzten Jahr stagnierte die Produktion des Verarbeitenden Gewerbes, in diesem Jahr ist sogar mit einem kleinen Minus zu rechnen selbst wenn die deutsche Konjunktur in der zweiten Jahreshälfte anspringt. Diese Gemengelage hat zur Folge, dass umfangreiche Fertigstellungen, die für eine Hochkonjunktur ausgerichtet waren, während einer Flaute auf die Märkte kommen. Die logische Konsequenz sind steigende Leerstände und (moderat) sinkende Mieten. Das gilt nicht nur für Deutschland. In vielen europäischen Großstädten reagierten die Büromärkte erstaunlich schnell auf den weltweiten Abschwung. Aus London, Athen und Stockholm wurden bereits im letzten Quartal 2001 Rückgänge bei den Mieten gemeldet, und selbst in den bejubelten Boom-Märkten Madrid und Dublin gerieten die Büromieten unter Druck. Die deutschen Märkte haben zwar aufgrund der sehr geringen Leerstände angebotsseitig eine gute Ausgangslage, allerdings hat Deutschland die niedrigste Wachstumsrate in Europa; von der Nachfrageseite gehen also schwächere Impulse aus als in anderen europäischen Städten. Die Aussichten Was heißt dies nun für die Zukunft der deutschen Büromärkte? In einem worst-case- Szenario, bei dem neue Projekte von insgesamt 12 Mio. m² bis 2006 auf die acht wichtigen deutschen Büromärkte kämen, müsste man sich auf eine ähnlich langanhaltende und ernste Krise einstellen wie zu Beginn der 90er Jahre. Dieses Szenario halte ich allerdings für ausgesprochen unwahrscheinlich, weil die Wirtschaft durchaus lernfähig ist. Es gibt keinen Grund für die Banken, ihre Politik der zurückhaltenden Kreditvergabe für spekulative Bauten aufzugeben. Daher dürfte es ab 2004 zu erheblichen Plananpassungen nach unten und somit nicht zu Bürohalden kommen. Zwar ist in diesem und im nächsten Jahr mit steigenden Leerständen und daher auch mit nachgebenden Mieten zu rechnen. Sobald die Konjunktur jedoch anspringt, werden die überhängenden Kapazitäten in den westdeutschen Ballungsgebieten rasch absorbiert werden. Dies gilt jedoch nicht für die ostdeutschen Märkte: Hier dürfte die Lage noch einige Jahre angespannt bleiben in Leipzig steht noch immer fast jedes vierte Büro leer, in Dresden jedes siebte.
5 Da aber nur sehr wenig zusätzliche Flächen geplant sind, dürfte sich die Situation in den kommenden Jahren allmählich auch hier entspannen. Dieses optimistische Szenario für die mittlere Frist basiert allerdings auf zwei entscheidenden Annahmen: erstens, dass die deutsche Wirtschaft wieder nachhaltig wächst und zweitens, dass es zu den angesprochenen Plananpassungen kommt. Nur dann bleibt die Rezession mild, und es gibt lediglich eine Delle im Immobilienzyklus. Man sollte das worst-case-szenario deshalb nicht völlig ausblenden, denn die Risiken bleiben real. Gibt es ein Ende von Immobilienzyklen? In jeder Abschwungphase des Immobilienzyklus stellt sich dieselbe Frage: Lassen sich diese Zyklen vermeiden? Ein möglicher Abschwung lässt sich zwar abfedern, gänzlich vermeiden ließe er sich jedoch erst, wenn man den Konjunkturverlauf der nächsten Jahre exakt für alle Branchen und Regionen prognostizieren könnte. Das letzte Jahr hat uns Konjunkturforschern gezeigt, dass wir zwar gute Frühindikatoren für die sehr kurze Frist haben, dass jedoch Prognosen für über 6 Monate hinaus mit großer Unsicherheit behaftet sind. Prognosen sind nämlich immer nur bedingte Vorhersagen; sie fußen auf Annahmen, die man zum Zeitpunkt der Prognose für plausibel hält. Je länger der Zeithorizont einer Prognose ist, desto wahrscheinlicher wirken unerwartete Störfaktoren entgegen den zugrundliegenden Annahmen. Aufgrund der langen Produktionszeiten von Immobilien ist eine kurzfristige Überbzw. Unterversorgung daher unvermeidbar. Wichtiger für die Investition in Immobilien ist aber weniger das kurzfristige Auf und Ab der Mieten, sondern der langfristige Trend. Dieser richtet sich v.a. nach dem Wirtschaftspotenzial einer Region, und dieses lässt sich vergleichsweise gut einschätzen. Neben der Nachfrageseite bestimmt die Veränderung des Büroangebots die Volatilität der Märkte. Hier spielen die Banken bei der Finanzierung eine entscheidende Rolle. Viele Kreditinstitute sind bei der Finanzierung von Gewerbeimmobilien vorsichtiger geworden. Spekulative Büroflächen gelangen seltener auf die Märkte. Dadurch hat sich das Abschwungrisiko reduziert. Die Kehrseite der Medaille ist natürlich, dass bei einem unerwarteten Aufschwung der Büroraum schneller knapp wird und die Mieten stärker anziehen als früher. Nicht nutzbare Chancen sind dann der Preis für die geringere Risikobereitschaft. Neben diesem stabilisierenden Finanzierungsmechanismus zeichnet sich in den letzten Jahren eine Zyklen verstärkende Entwicklung ab: Verkürzte Mietfristen und zunehmende Untervermietung von vorübergehend nicht benötigten Büroflächen führen dazu, dass die Immobilienbranche konjunkturelle Störungen schneller zu spüren bekommt als in früheren konjunkturellen Schwächephasen: Bei rückläufiger Nachfrage können Unternehmen mit vorübergehendem Büroüberhang sehr schnell zusätzliche Büroflächen anbieten. Was lässt sich also aus dem momentanen Abschwung für die Zukunft lernen? Ich fürchte nicht viel. Die vorsichtige Projektfinanzierung, die aus den Lehren der 90-er Jahre herrührt, dürfte in der Zukunft größere Überkapazitäten vermeiden helfen. Gleichzeitig hat das Zerplatzen der letzten Aktienblase die Erwartungen bezüglich der
6 Unternehmen der New Economy gemäßigt. Diese neue Vorsicht verhindert Übertreibungen und dämpft die Nachfrage im Topsegment. Sowohl bei der Immobilienfinanzierung als auch bei Kreditgewährung für Unternehmen gewährleistet Basel II, dass diese Vorsicht nicht wieder kurzzeitig in Vergessenheit gerät.
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