BECOME ARROW. Die Kunst des klassischen Bogenschießens. Ferguson

Transkript

1 BECOME THE Byron Ferguson ARROW Die Kunst des klassischen Bogenschießens

2 Inhalt INHALT Bildnachweis... 7 Vorwort von Peter O. Stecher... 8 Kurzbiografie BYRON FERGUSON Becoming the Arrow" zum Pfeil werden " Was ist Become the Arrow"?...24 " 1.2 Warum Blankbogenschießen? Warum ich Langbogen schieße Zum Pfeil werden die Become-the-Arrow-Methode Blankbogenschießen klassisches Bogenschießen Schießen nach der modernen Blankbogenmethode Stand Körperhaltung Atemkontrolle Bogenhand und Bogenarm Die Bogenschulter Der Anker Die Kopfhaltung Den Zielpunkt aussuchen Die Neigung festlegen Die Flugbahn visualisieren/mentale Projektion Wir schätzen Entfernungen nicht so gut, wie wir glauben Visualisieren bei seitlichen Schüssen (Quarterting Shots) Howard Hill und seine Split-Vision-Methode Das Tempo bestimmen Release Training und Schießstil/Form Übungen Mentale Übungen Muskelgedächtnis

3 BECOME THE ARROW 4 Tuning Spannhöhe Blankschafttuning Den Nockpunkt einstellen Mit einem befiederten Schaft schießen Probleme beim Schießen Jagdspitze oder Feldspitze? Einfluss der Höhenlage auf das Tuning...93 Nachwort zum Bogenschießen von Peter O. Stecher Bogenjagd Vorwort zur Bogenjagd von Peter O. Stecher Gezeitentabellen und Mondphasen Beste Zeit für Hirsche Vor Tagesanbruch am Hochsitz? Große Hirsche Standort des Hochsitzes Wild treiben Die Stunde der Wahrheit Vom Boden aus jagen Im Bachbett jagen Körpersprache des Wilds Ein neues Revier auskundschaften Verlorene Blutspur Broadhead Design Fünf Basics zur Bogenjagd Aktion fliegender Elch Die Kraft eines Bären Die häufigsten Fehler bei der Bogenjagd Haufig gestellte Fragen Wie man einen Langbogen baut Children's Hospital Benefit

4 ZUM PFEIL WERDEN DIE BECOME-THE- ARROW-METHODE 2.1 Blankbogenschießen klassisches Bogenschießen Blankbogenschießen ist genau das, wonach es klingt das Schießen mit Pfeil und Bogen ohne Verwendung einer Zielvorrichtung. Sobald Sie an Ihrem Bogen ein Visier befestigen, schießen Sie nicht mehr blank. Was nun ist der Unterschied zwischen Blankbogenschießen und instinktivem Schießen? Blankbogenschützen verwenden eine Reihe von Bezugspunkten Pfeil, Bogenhand, Bogen, Sehne. Instinktivschießen besteht aus Probieren und Hoffen. Der Schütze sieht die Stelle an, die er treffen will, zieht den Bogen und hofft, dass der Pfeil das gewünschte Ziel trifft. Theoretisch werden dabei keine Bezugspunkte verwendet weder Pfeil noch Bogen noch sonst etwas. Howard Hill meinte, er hätte Hunderte von instinktiven Bogenschützen gesehen, aber keinen Einzigen, der ein guter Schütze war. Der am häufigsten geäußerte Kommentar über das instinktive Schießen und einer, der nicht bestritten werden kann lautet, dass man eigentlich nur einmal, nämlich beim ersten Schuss, wirklich instinktiv schießt. Danach wendet man an, was man aus den vorhergehenden Schüssen gelernt hat. Man kann nichts tun, ohne dabei zu lernen. Instinkt beruht nicht auf Nachdenken oder Training. Um uns zu verbessern, denken und trainieren wir jedoch alle. Wir üben. Eine bessere Bezeichnung für den Stil, den wir instinktives Schießen nennen, wäre vielleicht Schnappschießen (Snap Shooting). Man sieht das Ziel und schießt sofort. Auch dabei wird jedoch bewusst gelernt, wenn nicht beim Schuss selbst, dann zumindest beim 42

5 Zum Pfeil werden die Become-the-Arrow-Methode Üben. Ansonsten würde ein schlechter Schütze immer gleich schlecht bleiben, und ein guter Schütze wäre nur der, der bereits als solcher geboren wurde. Abb. 26: Visualisieren des Pfeilflugs. Foto: Byron Ferguson, 2008 Zu den Methoden, die dem Blankbogenschützen zur Verfügung stehen, zählen Stringwalking, Facewalking, Gapshooting (was der von Howard Hill verwendeten Split-Vision- Methode, bei welcher der Abstand zwischen Pfeilspitze und Ziel abgeschätzt wird, nahekommt oder sogar damit identisch ist), und die Zielpunktmethode. Gapshooting und die Zielpunktmethode werden oft miteinander verwechselt. Der Unterschied besteht darin, dass man sich beim Gapshooting aufs Ziel konzentriert. Bei der Zielpunktmethode besteht ebenfalls ein Abstand (engl. gap), es ist dieser jedoch weit größer. Beim Stringwalking und Facewalking und bei der Zielpunktmethode muss jeweils der Abstand zum Ziel bekannt sein. Bei der Zielpunktmethode schätzt man den Abstand zwischen Ziel und Pfeilspitze in Metern anstatt in Zentimetern, wie beim Gapshooting. Dabei schaut man nicht auf das Ziel, sondern hält sich an Referenzpunkte am Boden zwischen sich selbst und dem Ziel. Die Methode macht wenig Spaß und ist für die Jagd denkbar ungeeignet. Stringwalking ist beim Jagen ebenfalls zu umständlich und ist auf den meisten Turnieren verboten. Facewalking... wenn ich eine andere Methode als meine wählen müsste, wäre es das Facewalking. Diese Methode ist schneller als alle anderen. Facewalking ist fast das genaue Gegenteil von Gapshooting, da man dabei den Anker höher oder tiefer nimmt, um die Entfernung zum Ziel auszugleichen, anstatt wie beim Gapshooting den Bogenarm zu heben oder zu senken. Je näher das Ziel, desto höher im Gesicht liegt der Ankerpunkt. Es ist, als würde man die Kimme eines Gewehrs einstellen. Der Untertitel dieses Buchs lautet Die Kunst des klassischen Bogenschießens. In diesem Kapitel erkläre ich, wie und warum diese Kunst entwickelt wurde, warum ich sie als 43

6 BECOME THE ARROW modern bezeichne und worin sie sich von der älteren, von Howard Hill entwickelten und berühmt gemachten Schussmethode unterscheidet. Die Methode Howard Hills wird häufig falsch interpretiert. Ich höre oft, dass Howard Hill der beste Instinktivschütze aller Zeiten war. Howard Hill war kein Instinktivschütze, sondern ein Gapshooter. Er nannte seine Art des Schießens die Zielpunktmethode das Zielen mit der Pfeilspitze. Bei dieser Methode muss man seinen Blick auf den Punkt richten, den man treffen will und dabei gleichzeitig wahrnehmen, wo sich die Pfeilspitze im Verhältnis zu diesem Punkt befindet. Ich verwende mehr oder weniger die gleiche Methode, nur unter Anwendung neuerer Technologien und Materialien, die zu Zeiten Howard Hills noch nicht existierten. Und natürlich kommen ein paar neue Tricks dazu. 2.2 Schießen nach der modernen Blankbogenmethode Abb. 27: Sauberes Ankern der Zughand am Mundwinkel. Foto: Byron Ferguson, 2008 Über die korrekte Form beim Schießen sind bereits Bände geschrieben worden. Form beim Bogenschießen bedeutet für mich schlicht und einfach, dass ich versuche, den verdammten Pfeil ins Gold zu kriegen, gleichgültig auf welche Art. Danach streben wir letztendlich alle. Ganz so einfach ist es natürlich nicht, denn selbstverständlich wollen wir auch noch beständig sein. Die meisten Blankbogenschützen verbringen so wie ich weit mehr Zeit mit Jagen als mit Bogenschießen. Die Methode unserer Wahl ist die Jagd mit Pfeil und Bogen. Der Bogen unserer Wahl ist der Blankbogen. Ich werde Ihnen sowohl vorzeigen als auch erklären, wie man einen Schuss richtig aufbaut, kann Ihnen dabei aber nur Richtlinien vermitteln. Das heißt, ich kann Ihnen in groben Zügen beschreiben, wie man mit dieser Methode schießt; Sie müssen diesen Stil dann durch Lernen und Experimentieren an Ihren Körpertyp und Ihre eigenen Verhältnis- 44

7 Zum Pfeil werden die Become-the-Arrow-Methode se anpassen. Jeder ist anders gebaut, und ein jeder hat seine persönlichen Vorlieben und Abneigungen. Sie allein wissen, was für Sie am besten funktioniert. Der im Folgenden beschriebene Stand eignet sich beispielsweise für die meisten Schützen, vermutlich aber nicht für alle Stand Das Schießen mit dem Blankbogen lässt sich in etwa mit dem Werfen eines Basketballs oder Baseballs oder mit dem Schlagen eines Golfballs vergleichen. DER SCHUSS WIRD VON UNTEN NACH OBEN AUFGEBAUT. Da ich meine Methode ebenfalls von unten nach oben lehre, weise ich meine Schüler an, so zu stehen, als wären sie auf der Pirsch. Stellen Sie sich vor, die Zielscheibe ist das Wild, an das Sie sich heranpirschen wollen. Sie müssen jederzeit in der Lage sein, zu schießen und genau zu zielen. Genau so muss man stehen, wenn man mit dem Langbogen auf die Jagd geht. Einfach ausgedrückt, heißt das, ein rechtshändiger Schütze wird den linken Fuß weiter nach vorne setzen, ein linkshändiger Schütze dagegen den rechten. Das Gewicht sollte gleichmäßig auf beide Beine verteilt und dabei zentriert sein. Durch Zentrieren verfügen Sie erstens über eine stabile Plattform, von der aus Sie schießen können, und sind zweitens besser in der Lage, sich zu drehen, wenn das Wild sich bewegt, wenn Sie Ihr Ziel ändern oder wenn Sie sich aus irgendwelchen anderen Gründen bewegen müssen. Die Füße sollten etwa eine Schulterbreite weit auseinanderstehen. Der Fußrücken des hinteren Fußes muss mit Sehne, Schultern, Pfeil, Bogenhand und Zielmitte auf einer Linie sein. Der vordere Fuß liegt etwas hinter der Linie, die zum Ziel verläuft, und die Fußspitze ist auf das Ziel gerichtet. Bitte beachten Sie die Abbildungen. Die Form ist richtig, wenn der Ellbogen des Bogenarms bei vollem Auszug direkt über dem Fußrücken des rechten Fußes (bei einem rechtshändigen Schützen) liegt. Ich spreche daher vom Ankerfuß. Und wie ist das mit dem Drehen? Wenn mein Ziel sich von rechts nach links bewegt, drehe ich den linken (vorderen) Fuß. Wenn mein Ziel sich von links nach rechts bewegt, drehe ich den rechten (hinteren) Fuß. Diese Methode eignet sich am besten dazu, um das Gleichgewicht zu halten und dabei die Manövrierfähigkeit zu bewahren. Vergessen Sie nicht, dass ich ein rechtshändiger Schütze bin. Wenn Sie Linkshänder sind, drehen Sie das Ganze einfach um. 45

8 BECOME THE ARROW Abb. 28, 29, 30: Eine gleichmäßig gute Schussform ergibt sich, wenn man von unten anfängt und den Schuss richtig aufbaut. Vergessen Sie dabei nicht, dass jeder anders gebaut ist. Wenn Sie die Grundlagen beherrschen, müssen Sie diese auf Ihre Person abstimmen. Verwenden Sie das größere Foto auf dieser Seite als Ausgangspunkt für den Rest des Kapitels und die Abbildungen zu den einzelnen Schritten als Ergänzung Körperhaltung Ich stehe nicht zu aufrecht, und ich bleibe in den Gelenken locker. Ich mache das inzwischen aus reiner Gewohnheit, man muss die Haltung jedoch erst lernen, bevor man zum Pfeil wird. Wenn man zu aufrecht steht, neigt man dazu, sich wie beim Schießen mit dem Compoundbogen etwas zu strecken, was sich für unsere Methode jedoch nicht eignet. Eine allzu aufrechte Haltung sollte auch deshalb vermieden werden, weil Schultern, Bogenarm usw. möglichst genau auf das Ziel ausgerichtet werden müssen, wobei der Pfeil direkt unter dem Auge liegen sollte. Wird der Pfeil zu hochgehalten, liegt der Pfeil zu nahe am Auge, und Bogenarm und Ellbogen sind ebenfalls zu weit oben, wodurch man keine Kontrolle mehr über den Schuss hat. Wenn der Bogen über keinen Let-Off verfügt, kann man so nicht schießen. Der angehobene Bogenarm liegt nicht auf der angestrebten Linie, und die Muskeln können nicht richtig funktionieren. Überlegen Sie sich zum Vergleich, wie Sie lieber an einem Seil ziehen würden mit den Armen auf Höhe der Ohren oder auf Höhe des Brustkorbs? Das Gleiche gilt für die Kontrolle des ausgezogenen Bogens; wenn der Bogen zu schwer ist, kann es leicht sein, dass Sie ihn so nicht mehr ziehen können. 46

9 Zum Pfeil werden die Become-the-Arrow-Methode Meine Knie sind leicht gebeugt, das linke Knie etwas stärker als das rechte, da ich Rechtshänder bin. Da mein Oberkörper leicht geneigt ist, muss ich das linke Knie etwas mehr beugen als das rechte, damit ich im Gleichgewicht bin. Das gebeugte linke Knie kommt bei mir auch vom Jagen, genauer gesagt, vom häufigen Schießen aus dem Hochsitz. Abb. 31: Das vordere Knie muss leicht gebeugt sein, wenn Sie vom Hochsitz oder auf geringe Entfernungen schießen. Dadurch bleiben Schultern, Bogenarm usw. korrekt ausgerichtet. NICHT in der Hüfte abknicken. Anstatt sich aus der Hüfte vorzubeugen, um den richtigen Schusswinkel für einen Schuss nach unten zu erreichen, ist es weit einfacher (und besser), die Knie zu beugen, weil der Körper dadurch in der korrekten Schussform Arme und Schulter im rechten Winkel zum Körper bleibt. Sie stehen bequemer; die unterbewussten Signale stimmen; die Auszugslänge kann unverändert bleiben kurz und gut, der Schuss wird besser. Wenn Sie das vordere Knie beugen, kommen Sie nicht in Versuchung, den Bogenarm zu senken. Ein gesenkter Bogenarm verkürzt den Auszug und führt zu allen möglichen Änderungen, von denen keine gut ist. Der Bogenarm sollte möglichst immer im rechten Winkel zum Körper gehalten werden. Wenn das Ziel bergabwärts liegt, beugen Sie das vordere Knie, um den Oberkörper nach vorne zu beugen; liegt das Ziel bergaufwärts, beugen Sie das hintere Knie. Wenn Sie vom ebenen Boden aus auf ein nahe gelegenes Ziel schießen (etwa zehn Schritt Entfernung), müssen Sie ebenfalls steil nach unten zielen und dabei das vordere Knie beugen. Liegt das Ziel 20, 30 oder mehr Schritte entfernt, brauchen die Knie kaum gebeugt werden. 47

10 BECOME THE ARROW Atemkontrolle Versuchen Sie, beim Schießen Ihren Schwerpunkt zu senken. Teilweise kann dies durch Beugen der Knie erreicht werden. Im Orient glaubt man, dass die Seele in der Bauchmitte liegt, weswegen die Meister des Zens ihren Schülern beibringen, beim Atmen das Zwerchfell zu senken und anstatt mit dem Brustkorb mit dem Bauch zu atmen. (Auch Sänger verwenden diese Atemtechnik.) Ich weiß nicht, ob der Schwerpunkt tatsächlich gesenkt wird oder ob es einem nur so vorkommt, aber auf alle Fälle verbessert sich dadurch die Balance. Jetzt können Sie die Sehne bis zum Ankerpunkt ziehen. Wenn Sie diesen erreicht haben, ziehen Sie den Ellbogen noch ein Stück weiter zurück. Die meisten Schützen hören auf zu ziehen, wenn sie den Ankerpunkt erreicht haben. Da der Ellbogen der Bogenhand dadurch fast im rechten Winkel zur Sehne liegt, ist dies jedoch falsch. Verwenden Sie Ihre Rückenmuskulatur, um Ellbogen, Pfeilschaft und Ziel auf eine Linie zu bringen. Hier nun kommt der zweite Vorteil der Bauchatmung ins Spiel. Wenn alles richtig ausgerichtet ist, d. h., wenn der Ellbogen hinter Ihnen liegt und Sie stetig an der Sehne ziehen, atmen Sie noch einmal tief ein und lassen Sie dann die Luft im Bauch in den Brustkorb steigen. Dadurch erweitert sich der Brustkorb, und die Zughand wird noch ein Stück weiter nach hinten gedrückt. Die Rückenmuskeln ziehen an der Zughand, während die Brustmuskeln die Hand gewissermaßen nach hinten schieben. Auf diese Weise kann man gleichmäßig und ununterbrochen an der Sehne ziehen... nicht zu viel, aber genug, um die Kontrolle zu bewahren. Man kann sauber lösen, ohne an der Sehne zu reißen oder den Bogenarm zu bewegen. Darin liegt der Unterschied zwischen einem ausgezeichneten Schützen und einem guten Schützen. 48

11 Zum Pfeil werden die Become-the-Arrow-Methode Abb. 32: Byron Ferguson und Bowman Peter O. Stecher auf der ATA-Show in Indianapolis, Bogenhand und Bogenarm Jeder macht viel Aufhebens darum, dass er beim Ausziehen ankert; weniger bekannt ist, dass auch der Bogen geankert werden muss. Der Bogen muss während des Zielens, Lösens und Nachhaltens immer aufs Ziel gehalten werden. Wenn Sie beim Lösen an der Sehne reißen, verreißen Sie dabei auch den Bogenarm. Man kann ein schlechtes Release haben und trotzdem ins Ziel treffen, wenn man den Bogenarm im Ziel ANKERT. Wie soll man den Bogen halten? Hier komme ich nochmals auf das Ankern zurück. Oft wird in dem Zusammenhang Howard Hill zitiert, der in seinem Buch Hunting the Hard Way meinte, der Bogen müsse wie in einem Schraubstock gehalten werden. Meist wird das dahin gehend interpretiert, dass man den Bogen krampfhaft festhalten soll. 49

12 BECOME THE ARROW Abb. 33, 34, 35: Ein ruhiger Bogenarm ist für einen guten Schuss unerlässlich. Er sorgt für optimale Form und kann kleinere Formfehler ausgleichen, wenn man einen schlechten Tag erwischt. Am besten entwickelt man einen soliden Bogenarm, indem man sich vorsagt, den Bogenarm ANKERN. Wenn der Griff richtig gestaltet ist, sollte die Bogenhand automatisch bei jedem Schuss in der richtigen Stellung sein. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass Howard Hill das wirklich gemeint hat. Vielmehr glaube ich, er wollte damit sagen, dass man den Bogen so halten und ins Ziel halten soll, als wäre er in einem Schraubstock befestigt, damit er sich nicht bewegt. Was das Halten des Bogens betrifft, so sollte ein guter Bogenmacher den Griff so gestalten können, dass Sie den Bogen automatisch richtig halten. Der Griff sollte so geformt sein, dass Sie gezwungen sind, den Bogen immer gleich zu halten. Ideal wäre es, bei jedem Schuss das gleiche Drehmoment zu erreichen. Ein Recurve- oder Compoundbogen kann mit einem Stabilisator versehen werden, um die beim Abschuss auftretenden Drehmomente zu minimieren; beim Langbogen ist dies nicht möglich. Abb. 36: Wenn das Handgelenk tief gehalten wird, wird der Druck vom Griff über die Hand in den Unterarmknochen weitergeleitet. Den Griff so zu halten, ist weniger anstrengend, als das Handgelenk anzuheben. Vergessen Sie nicht, den Bogen locker zu halten; ein fester Griff führt zu allerlei Problemen nicht zuletzt dazu, dass einem die Zähne klappern. 50

13 Zum Pfeil werden die Become-the-Arrow-Methode Ich bevorzuge es, das Handgelenk geknickt zu halten. Dadurch wird mehr Druck auf die Handfläche und auf die großen Knochen im Arm ausgeübt. Ich habe mehr Kontrolle, und außerdem wird das Handgelenk weniger strapaziert. Der exakte Druckpunkt an der Bogenhand befindet sich innen an der Daumenwurzel. Ein abgewinkelt gehaltenes Handgelenk hat zwei Vorteile: 1. mehr Kontrolle über den Bogen; 2. gleichmäßige Auszugslänge. Ich halte den Bogen zwar nicht krampfhaft fest, aber fest genug, dass er mir beim Release nicht aus der Hand springt. Ich übe KEINEN DRUCK auf den Griff aus. Drückt man den Griff zu fest, verspannt sich der Bogenarm, was oft dazu führt, dass man beim Loslassen der Sehne den Arm bewegt. Der Arm kann sich entweder nach oben, nach unten oder zur Seite bewegen, man kann es nicht voraussagen. Ein fester Griff hat noch einen weiteren Nachteil, nämlich den, dass einem beim Schießen ordentlich die Knochen durchgerüttelt werden. Dieser sogenannte Handschock ist ein bekanntes Thema, und man hört oft, dass einem beim Schießen mit dem Langbogen fast die Plomben aus den Zähnen fallen. Das kommt daher, weil die Vibrationen nicht vom Bogen absorbiert werden, sondern ungemindert auf Bogenhand, Handgelenk und Arm übergehen. Es ist etwas, woran man sich nie richtig gewöhnt. Wer den Bogen krampfhaft festhält, drückt meist auch den Ellbogen durch. Dadurch kann sich der Arm nach dem Release nicht nach vorne bewegen oder beugen. Ein durchgedrückter Arm bildet eine perfekte Leitung für den Handschock, der sich so ungehindert bis in die Zähne fortsetzen kann. Ist der Ellbogen hingegen leicht abgewinkelt, können die Muskeln als Stoßdämpfer dienen. Der Ellbogen meines Bogenarms ist etwas nach außen gedreht, aber nicht durchgedrückt. Wenn Sie einen offenen Stand verwenden, ist es weit schwieriger, den Ellbogen durchzudrücken. Drücken Sie den Arm in Richtung Ziel durch, so weit es geht, ohne den Ellbogen zu sperren. Dies ist wiederum ein Grund dafür, warum alles auf einer Linie liegen muss. Wenn man sich umdrehen muss, während die Beine eng beisammen sind und beide Füße fast im rechten Winkel zum Pfeil liegen ein Stand, der sich besser für den Compoundbogen oder für einen Bogen mit Visier eignet, wird der Ellbogen etwas mehr durchgedrückt sein. Dadurch ist der Stand nicht offen genug, und es kann Probleme beim Lösen geben. Wenn Sie ohnehin schon einen langen Auszug haben, wird es dann noch schwieriger, Holzpfeile mit dem richtigen Spinewert zu finden. 51

14 BECOME THE ARROW Wird der Bogenarm hingegen zu stark abwinkelt oder ist der Stand zu offen, ermüdet man rasch und verliert die Kontrolle. Hier kommt es einem natürlich zugute, wenn man seine Muskeln durch häufiges Üben entsprechend trainiert hat Die Bogenschulter Beide Schultern sollten parallel in einer Linie stehen, die zwischen Ellbogen des Bogenarms, Auge, Pfeil, Bogenarm und Ziel verläuft. Dadurch wird gewährleistet, dass der Druck auf die Schulter des Bogenarms immer auf einer geraden Linie ausgeübt wird, besonders, wenn ein schwerer Bogen verwendet wird. Wenn der Stand zu offen ist, wird mehr Druck auf die Vorderseite der Schulter ausgeübt, wodurch die Schulter nach hinten gedrückt wird. Dies kann zu allen Arten von Schulterproblemen führen. Abb. 37: Beide Schultern sollten parallel in einer Linie stehen, die zwischen Ellbogen des Bogenarms, Auge, Pfeil, Bogenarm und Ziel verläuft. Dadurch wird gewährleistet, dass der Druck auf die Schulter des Bogenarms immer auf gerader Linie erfolgt, besonders, wenn ein schwerer Bogen verwendet wird. 52

15 Zum Pfeil werden die Become-the-Arrow-Methode Die Stellung der Bogenschulter hängt auch vom Bogen ab, genauer gesagt davon, ob dessen Griff eine tiefe, mittlere oder hohe Stellung des Handgelenks verlangt. Nur wenige traditionelle Bögen sind für ein hochgehaltenes Handgelenk konstruiert, da der Bogen dadurch schwerer wird und mehr Druck auf das Gelenk ausgeübt wird, als es der Schütze auf Dauer verkraften kann. Ermüdet die Hand, so verliert man die Kontrolle. Bei einem in tiefer oder mittlerer Stellung gehaltenen Handgelenk wird der Druck direkt auf die Sehnen und Knochen des Handgelenks, des Arms und der Schulter übertragen, während die Muskeln im Handgelenk kaum belastet werden. Daneben hat man bei einem hohen Griff weniger Kontrolle, da die Muskeln, die dabei zum Einsatz kommen, ermüden Der Anker Bevor ich näher auf dieses Thema eingehe, will ich mir etwas von der Seele reden, was mich immer wieder erstaunt und frustriert es gibt Schützen, die den Sport in- und auswendig kennen, ihn schon ewig betreiben, und die trotzdem meinen, man muss alle Grundkenntnisse des Bogenschießens aus dem Fenster werfen, wenn man auf einen traditionellen Bogen umsteigt. Manchmal frage ich mich, ob ihnen das nicht nur als Ausrede dafür dient, das Schießen mit der traditionellen Ausrüstung wieder aufzugeben und mit der Begründung: Ich kann einfach nicht damit umgehen, zu ihrem alten Bogen zurückzukehren. Aber wie dem auch sei... Ich halte die Sehne mit drei Fingern, und zwar jeweils mit dem letzten Gelenk, wobei ein Finger oberhalb der Nocke liegt und zwei unterhalb. Der mittlere Finger liegt am Mundwinkel auf. Mundwinkel stimmt vielleicht nicht ganz, da die Lippen sich bewegen können, wodurch der Ankerpunkt nicht unbedingt immer gleich ist. Abb: 38: Der Ankerpunkt ist von Schütze zu Schütze verschieden und hängt jeweils vom Körperbau, der Kopfform und der Präferenz des Schützen ab. Bei jeder Art von Anker besteht das Ziel darin, den Pfeil in eine Linie mit dem Zentrum der Pupille zu bringen. 53