Unterschiedliche Fertigungsansätze für mehr Flexibilität

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1 Der CAM-Prozess Möglichkeiten des digitalen Workflows (3) Unterschiedliche Fertigungsansätze für mehr Flexibilität Ist die Konstruktion in der Planungsund Konstruktionssoftware (CAD computer-aided design) abgeschlossen, geht es darum, die virtuell vorliegende Konstruktion in ein analoges Werkstück umzusetzen. Der dritte und letzte Teil der Serie zu Möglichkeiten des digitalen Workflows beschäftigt sich mit der maschinellen Fertigung (CAM computer-aided manufacturing) und den beiden grundlegenden Verfahren: dem subtraktiven oder dem additiven Herstellungsansatz. Bevor sich der Zahntechniker für ein Fertigungsverfahren entscheidet, muss er den virtuellen Datensatz transferieren. Um einen hohen Qualitätsstandard zu gewährleisten, ist eine reibungslose Kommunikation entscheidend. An diesem Punkt geht es um die Schnittstelle zwischen CAD-Software und CAM- Einheit. Die Kommunikation der Schnittstellen läuft gewöhnlich über das STL-Format ab. Dieses Format beschreibt die Oberfläche der Konstruktion durch Dreiecke. Je mehr Dreiecke ein Datensatz hat, desto präziser wird die Kontur beschrieben. Gleichzeitig aber nimmt der Datensatz an Volumen zu, und das Versenden kann zu einem Problem werden (Abb. 1). Bei geringer Datenmenge kommt es bei Rundungen und Kanten zu Ungenauigkeiten. Man spricht hier vom Sekantenfehler. Um den Datentransfer optimal durchzuführen, verwendet unser Labor das Cara-System (3Shape). Hier ist eine sogenannte Inbox zwischengeschaltet, die für eine präzise Kommunikation bei 9

2 Labor und Technik gut handhabbarem Datenvolumen sorgt. Die Inbox ist eine Software, die auf die benötigten Informationen von CAD und CAM abgestimmt ist. Anhand von Algorithmen bestimmt sie das optimale Datenvolumen. An geraden Flächen wird ein geringeres Datenvolumen generiert, an Rundungen und Kanten ein entsprechend größeres Datenvolumen, das die benötigte Präzision ermöglicht (krümmungsabhängige Triangulation). Die Fertigungseinheit bereitet die Datensätze für den subtraktiven oder additiven Weg vor. Da dies zwei unterschiedliche Ansätze sind, ist eine jeweils angepasste Aufbereitung des Konstruktionsdatensatzes notwendig. Der subtraktive Fertigungsweg Bei der subtraktiven Fertigung handelt es sich um ein abtragendes Herstellungsverfahren. Das Werkstück wird aus einem industriell gefertigten, homogenen Werkstoffrohling herausgefräst oder herausgeschliffen. Das garantiert eine hohe Materialqualität des gefertigten Werkstücks. Fräsen und Schleifen gehören zu den zerspanenden Fertigungsverfahren. Beim Fräsen handelt es sich um eine definierte Schneidegeometrie (Abb. 2), beim Schleifen um eine unbestimmte (Abb. 3). Des Weiteren unterscheidet man zwischen Nass- und Trockenbearbeitung. Allein diese Kriterien zeigen, vor welchen Entscheidungsproblemen ein Labor steht, das in eine eigene Fräsmaschine investieren möchte. Das Cara-Fertigungszentrum deckt die Bandbreite der Verfahren ab und ermöglicht eine große Materialienvielfalt. Fräsmaschinen werden über die Anzahl der Achsen definiert, in denen sich die Maschine bewegen kann. Oft ist der Maschinentisch schwenk- und drehbar. Es gibt drei Hauptachsen, x, y und z, die den dreidimensionalen Raum darstellen. Bei Brückenkonstruktionen können durch divergierende Zahnstümpfe untersichgehende Bereiche entstehen, die herauszufräsen sind. Auch komplexere Strukturen wie Implantataufbauten, Stege und weitere individuelle Attachment-Elemente stellen hohe Anforderungen an eine Fräsmaschine. Diese sind mit drei Bewegungsachsen nicht mehr umzusetzen. Es werden weitere Abb. 1: Für einen präzisen Datentransfer wird eine möglichst clevere Oberflächenbeschreibung benötigt. Abb. 2: Beim Fräsen handelt es sich um eine definierte Schneidegeometrie. ZTM Björn Maier 1991 bis 1995 Ausbildung zum Industriemechaniker Fachrichtung CNC und Feinmechanik 1995 bis 1999 Ausbildung zum Zahntechniker im elterlichen Betrieb 1999 bis 2001 Zahnmedizinische Universitätsklinik in Ulm 2001 bis 2006 in zwei gewerblichen Laboren und einem Praxislabor in der Schweiz tätig 2006/2007 Meisterschule Stuttgart Frühjahr 2007 Eröffnung des Dentallabors Zahntechnik Björn Maier Januar 2010 bis Dezember 2011 Mitarbeit an der Zahnmedizinischen Universitätsklinik München Zahlreiche Veröffentlichungen, freier Referent Zahntechnik Björn Maier Ludwigstraße Lauingen Telefon: ( ) Rotationsachsen, A- und B-Achsen, benötigt, um die Unterschnitte herauszuarbeiten. Verfügt eine Fräsmaschine über diese zusätzlichen Achsen, spricht man von einer Fünf-Achs-Maschine. Da zwei weitere Achsen nicht nur aus mechanischer Sicht einen höheren Herstellungsaufwand darstellen, sondern auch die Steuerung aufwendiger machen, handelt es sich um kostenintensive Maschinen. Die Maschinen lassen sich in ihrer Steuerung noch steigern, sodass sie in den fünf Achsen simultan arbeiten können (Abb. 4). Diese Simultanbearbeitung ist es schlussendlich, mit der die hohen Oberflächenqualitäten der Cara-Produkte erzielt werden. Der additive Fertigungsansatz Bei den additiven Fertigungsansätzen handelt es sich um schichtweises Aufbauen von Werkstücken (Abb. 5). Werden 10 ZAHNTECHNIK 10/14 Quelle: DZW ZAHNTECHNIK Ausgabe 10/14 vom

3 Abb. 3: Beim Schleifen ist die Schneidegeometrie nicht definiert. Abb. 4: Die Fünf-Achs-Simultanbearbeitung macht auch aufwendige Konstruktionen möglich. Abb. 5: Bei der additiven Fertigung werden die einzelnen Schichten sukzessive aufgebaut. Abb. 6: Das Objekt wird manuell aus dem Drucksatz herausgetrennt. beim subtraktiven Herstellungsprozess maximal 25 Prozent Material aus einer Fräsronde für die Werkstücke genutzt, verarbeitet die additive Fertigung ausschließlich das Material, das für das Werkstück benötigt wird. Im Mittelpunkt einer Rapid-Prototyping-Anlage steht die Bauplattform. Diese wird stufenweise abgesenkt und so die einzelnen Schichten aufgebaut. Diese Bauplattform bewegt sich in der räumlich betrachteten Z-Achse. Bei der Schichtstärke der einzelnen aufgetragenen Schichten spricht man deshalb von der Z-Stufung. Beim subtraktiven Ansatz werden die entsprechenden Frässtrategien berechnet. Bei der additiven Fertigung zerlegt das System je nach Anbieter das virtuelle Werkstück in einzelne Schichten. Man spricht hier vom Slicen eines Datensatzes. Die einzelnen Schichten baut das System auf der Anlage Schicht für Schicht auf. Je feiner die Schicht wird, desto höher ist die Oberflächenqualität der Produkte. Allerdings erhöht sich auch die Bauzeit. Neben der Z-Stufung spielen die Abstimmung der Soft- und Hardwarekomponenten sowie die Belichtungsstrategie eine entscheidende Rolle für die Homogenität und Oberflächengüte der Werkstücke. Je nach Anbieter arbeitet man mit planbaren Substratflächen unter Nutzung sogenannter Splitstyles. Diese bieten die Mög- Abb. 7: Der Aufbau einer Einheit zur stereolithografischen Fertigung 11 Quelle: DZW ZAHNTECHNIK Ausgabe 10/14 vom

4 Labor und Technik Abb. 8: Der Aufbau einer SLS/SLM-Einheit lichkeit, das Objekt in mehrere Bereiche zu unterteilen und je nach geforderter Präzision mit unterschiedlichen Schichtstärken innerhalb eines Objekts zu arbeiten. Bei den additiven Verfahren für den zahntechnischen Bereich unterscheidet man drei Fertigungsansätze: das 3-D-Printing, das selektive Laserschmelzen (SLM) beziehungsweise selektive Lasersintern (SLS) und die Stereolithografie (SLA). Beim 3- D-Printing wiederum gibt es das Laminated Object Modelling und das Multijet Modelling. Verfahren des 3-D-Printings Beim Laminated Object Modelling han - delt es sich um den Aufbau der Werkstü - cke durch das Überlagern von Folien. Die Datensätze müssen in der vorgegebenen Folienstärke geslict werden. Nach dem Aufziehen einer Folienschicht schneidet das System den Umriss dieser geslicten Ebene aus der Folie heraus. Je nach Aufbau der Maschine geschieht das Heraustren - nen mit einer scharfen Schneide oder mit einem Laserstrahl. Anschließend senkt sich die Bauplattform um die Folienstärke ab. Das System bringt eine Klebeschicht auf die Folienoberfläche auf und setzt darauf die nächste Folienebene. Diese Prozedur wiederholt sich, bis der virtuelle Datensatz in das analoge Werkstück umgesetzt ist (Abb. 6). Da das Material nicht für den Einsatz im Patientenmund freigegeben ist und durch die vorgegebene Folienstärke eine hohe Oberflächenrauigkeit besteht, bleibt der Einsatzbereich im dentalen Bereich auf die Planungsebene beschränkt. Die präzisere Variante des 3-D-Drucks ist das Multijet Modelling. Bei dieser Technik fertigt das System das in Scheiben unter - teilte Objekt über einen lichthärtenden Kunststoff auf der Bauplattform. Der Druckkopf verfügt über mindestens zwei flüssige Substanzen, die über eine Düse aufgetragen werden: Photopolymer in der gewünschten Schichtstär ke, das mit einer UV-Lampe zwischengehär tet wird, und zur Abstützung des Photo polymer Stützstrukturen, die nach dem Aus härten des Photopolymers ausgeschwemmt werden. Über diese Technik lassen sich Werkstücke aus ausbrennbaren Photopolyme - ren für die Gusstechnik herstellen. Stereolithografie-Verfahren Beim Stereolithografie-Verfahren befindet sich die Bauplattform in einem Photopolymer. Ein Laserstrahl härtet die einzelnen Ebenen aus. Nach dem Aushärten der Ebe - ne senkt sich die Bauplattform um die gewünschte Schichtstärke ab. Ein Wischer verteilt eine neue gleichmäßige Pho to po - lymerschicht auf der Bauplattform (Abb. 7). Der Laserstrahl härtet diese erneut aus. Das fertige Objekt wird aus dem Photopolymer entnommen, gereinigt und mit UV-Licht ausgehärtet. Mit diesem Verfahren kann der Anwender seine im Model Builder geplanten Modellkonstruktionen fertigen lassen. Um die gewünschten Cara-Qualitätsansprüche zu erfüllen, verfügt das System über eine Schichtstärke von 50 Mikrometern. Daraus ergibt sich eine Bauzeit pro Kiefer von etwa sechs bis acht Stunden. Dank der im Cara-System verwendeten Maschinengröße kann der Zahntechniker in einem Bauprozess zirka 30 Modellsätze fertigen lassen. Selektives Laserschmelzen Bei dieser Technologie wird aus pulveri - siert vorliegendem CoCr-Pulver eine Schicht auf die andere geschmolzen (Abb. 8). Je feiner die Schicht ist, desto glatter wird die Oberfläche der Konstruktion. Eine spezielle Belichtungsstrategie stellt im Cara-System ein homogenes und dichtes Gefüge sicher und minimiert den Verzug der Bauteile. Gefügespannungen werden minimiert. Somit bekommt der Kunde ein passgenaues, abgestrahltes Nichtedel - metallgerüst. Ein Nacharbeiten oder Oxidations- beziehungsweise Entspannungsglühen entfallen (Abb. 9). Beim selektiven Lasersintern wird Kunststoffpulver verwen - det, das im Gegensatz zum SLM-Verfahren im Bauprozess nicht vollständig aufgeschmolzen wird. Suprakonstruktionen Dank der Cara-I-Bridge werden bedingt abnehmbare Suprakonstruktionen mit abgewinkelten Schraubenkanälen ohne Investitionen in digitale Technologien möglich. Auch bedingt abnehmbare Suprakonstruktionen kann der Zahntechniker 12 ZAHNTECHNIK 10/14 Quelle: DZW ZAHNTECHNIK Ausgabe 10/14 vom

5 Abb. 9: Das abgestrahlte NEM-Gerüst aus der Cara-Fertigung Abb. 10: Zylinder helfen bei der optimalen Positionierung der Schraubenkanäle. Abb. 11: Durch den Kugelaufsatz kann der Schraubenkanal bis zu 20 Grad abgewinkelt werden. Abb. 12: Der Zahntechniker sendet das modifizierte Gerüst an die Cara-Fertigung. passend für die gängigen Implantatsysteme im Cara-System fertigen lassen. Der vorbereitende Arbeitsprozess läuft zunächst wie bei einer gewöhnlichen Arbeit ab. Der Zahntechniker trifft die arbeitsvorbereitenden Maßnahmen und führt die Modellsituation mit schädelbezügli cher Artikulation durch. Um ein hochwertiges Gesamtergebnis zu erreichen, empfiehlt sich eine Zahnaufstellung oder ein Mock-up, das im Patientenmund getestet wird. So bekommt der Patient eine genaue Vorstellung von dem Endergebnis. Das Team kann auf seine Wünsche eingehen und optimale Arbeit leisten. Zurück im Labor wird das Mock-up verschlüsselt, und die Platzverhältnisse liegen deutlich vor. Auf dem Arbeitsmodell setzt der Zahntechniker die zum Cara-I-Bridge-System gehörenden Zylinder auf die Implantate auf (Abb. 10). Diese Zylinder imitieren den Schrauben - ka nal und sind über ein Kugelgelenk auf dem Modell analog befestigt. Der Anwender kann sie bis zu einer Neigung von 20 Grad in die optimale Stellung bringen (Abb. 11). Nun baut der Zahntechniker die Gerüststruktur in Kunststoff auf. Dazu hat er zwei Möglichkeiten: Entweder kann er das Gerüst direkt aus lichthärtendem Kunststoff modellieren oder das mit Silikon dublierte Mock-up aus lichthärtendem Kunststoff nachbilden und es nach dem Härten mit kreuzverzahnten Kunststofffräsen zurückschleifen (Abb. 12). Die modellierte Gerüststruktur und das Implantatmodell werden auf dem Post - Abb. 13: Die Cara-I-Bridge sitzt spannungsfrei auf den Implantaten. Fotos: Björn Maier weg zum Cara-I-Bridge-Fertigungszentrum gesandt. Innerhalb von drei Tagen stellt das Team dort die Suprakonstruktion aus dem gewünschten Material (Titan oder CoCr) her. Auch 12- bis 14-gliedrige Suprakonstruktionen werden präzise gefertigt. Die Modellsituation wird direkt digitalisiert. Die Präzision der Scanner, die die Ausgangssituation erfassen, übertrifft die von herkömmlichen Laborscannern. Auch kleinere Suprakonstruktionen können hergestellt werden. Nun kann der Anwender die gelieferte Gerüststruktur in der geplanten Vorgehensweise fertigstellen (Abb. 13). Neben der keramischen Verblendung ist die Kompositverblendung mit Signum (Heraeus Kulzer) sicherlich eine bemerkenswerte Alternative für eine bedingt abnehmbare Arbeit. Durch die direkte Verschraubung hat der Behandler jederzeit die Möglichkeit, die Arbeit abzunehmen. Somit stellt die Cara-I-Bridge eine Alternative sowohl zu bisher zementierten als auch zu gegossenen Implantatbrücken dar. Auch wirtschaftlich ist sie eine gute Alternative zu anderen Verfahren. Das patentierte Verbundsystem ermöglicht, die Schraubenkanäle optimal auszurichten. Der variable Schraubenkanal bietet mehr Gestaltungsfreiheit und gewährleistet eine ansprechende Äs - thetik. Eine Abwinklung von bis zu 20 Grad ist umsetzbar (Abb. 14 und 15). Da man die Suprakonstruktion direkt auf die Implantate aufsetzt, entfallen die Kosten von Implantataufbauten. 13 Quelle: DZW ZAHNTECHNIK Ausgabe 10/14 vom

6 Labor und Technik Abb. 14 und 15: Gerade Schraubenkanäle können auf Kosten der Ästhetik gehen. Die angulierte Cara-I-Bridge bietet eine ästhetische Lösung. Fotos: Heraeus Kulzer Konsens der European Association of Osseointegration Kopenhagen ist, dass die Gefahr einer Periimplantitis bei verschraubten Lösungen geringer ist als bei zementierten Brücken. Der Be - handler kann die verschraubte Brücke jederzeit unkompliziert abnehmen und wieder einsetzen. Dies erleichtert die jährliche Reinigung, beugt einer Periimplantitis vor und vereinfacht Reparaturen. Eine Studie der Medizinischen Hochschule Hannover belegt die Belastbarkeit verschraubter Implantatbrücken nach mechanischer Wechselbelastung. Die Universität Malmö analysierte in einer Studie die Distorsion CAD/CAM-gefertigter verschraubter Implantatbrücken. Das Ergebnis bestätigt die hohe Passgenauigkeit und Präzision. ZTM Björn Maier, Lauingen 14 ZAHNTECHNIK 10/14 Quelle: DZW ZAHNTECHNIK Ausgabe 10/14 vom