Versuchstag 1: Elektrische Fische
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- Karola Giese
- vor 8 Jahren
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1 Protokoll zum neurobiologischen Teil des Tierphysiologischen Praktikums Protokollant: X Gruppe X Datum: X Versuchstag 1: Elektrische Fische 1. Einleitung Die Entdeckung der Elektrizität bei Fischen ist nicht etwa ein Phänomen der Neuzeit. Schon Ägypter, Römer und Griechen wussten um die elektrischen Schläge von Zitteraal (Electrophorus electricus), Zitterwels (Malapteruridae) oder Zitterrochen (Torpedinidae) und wie sie jene für sich nutzen konnten. Der Zitteraal beispielsweise kann eine Spannung von bis zu 700 Volt und eine Stromstärke bis zu einem Ampere erreichen. Diese nutzt er beispielsweise für den Beutefang und die Abwehr von Feinden. Ursache für das Erreichen solcher Stromstärken und Spannungen sind elektrische Organe, die aus in Serie und Reihe geschalteten elektrischen Zellen, sogenannten Elektrocyten, bestehen. Durch die Art und Weise der Verschaltung ist es möglich, dass die Einzelentladungen der Elektrocyten sich summieren und dadurch oben genannte Stromstärken und Spannungen zustande kommen können. Hervorgegangen sind die Elektrocyten vorwiegend aus Muskelzellen, zum Teil auch aus Nerven- oder seltener Drüsenzellen. Aufgrund ihrer unterschiedlichen Herkunft und ihrem Vorhandensein bei verwandschaftlich weit entfernten Familien ist davon auszugehen, dass sie in der Evolution mehrmals (parallel) entwickelt wurden. Je nach Stärke und Art der elektrischen Impulse unterscheidet man zwei Gruppen der elektrischen Fische: Stark und schwach elektrische Fische. Zur Gruppe der stark elektrischen Fische zählen die oben genannten Fischarten. Nur die innervierte (caudale) Seite ihrer Elektrocytenmembran ist erregbar, was zu einem monophasischen Signalverlauf (Zeit gegen Spannung) führt. Die Entladung der elektrischen Organe erfolgt nicht stetig, sondern bei Beunruhigung, zum Beutefang oder zur Feindesabwehr. Erst seit kurzem sind auch schwach elektrische Fische in das Interesse der Wissenschaft gerückt. Sie entsenden ihre Ladungen dauerhaft. Allerdings sind diese viel zu schwach, um Zwecken wie dem Beutefang zu dienen. Vielmehr stehen sie im Dienste der Elektroortung und Elektrokommunikation. Dies kann in ihrem Lebensraum von enormem Nutzen sein. Viele Vertreter oder Mormydiae leben beispielsweise in trüben Flussläufen, in der optische Wahrnehmung kaum möglich ist. Bei schwach elektrischen Fischen sind beide seiten der Elektrocyte erregbar, sodass es zu einem bi- oder gar triphasischen Signalverlauf kommt. Im folgenden Versuch werden 2 Vertreter der schwach elektrischen Fische hinsichtlich ihrer Entladungen untersucht. Nach Auswertung des oszilloskopischen Diagramms werden Rückschlüsse auf Aufbau und Funktionsweise des elektrischen Organs gezogen. 2. Material und Methode Versuchsobjekte: Brienomyrus brevirostris Gnathonemus petersii Versuchsmaterial: Belüftetes Aquarium mit Tontopf als Unterschlupf für den Fisch Differenzverstärker Oszilloskop Zwei Messelektroden (E1 & E2) Drucker
2 Abb. 1: Versuchsaufbau Das Versuchsobjekt befand sich in einem belüfteten Aquarium, das oben mit einer Glasplatte abgedeckt war, um den Fisch am Herausspringen zu hindern. Zusätzlich befand sich eine Tonröhre im Becken, die dem Tier Unterschlupf bot. Elektrode 1 (E1) wurde rostral des Fisches ins Wasser gehalten, Elektrode 2 (E2) caudal. E1 und E2 waren an einen Differenzverstärker angeschlossen, welcher wiederum mit dem Oszilloskop (mit anschließendem Drucker) verbunden war. Über die Elektroden wurde der Potentialunterschied zwischen E1 und E2 gemessen. Es handelte sich somit um eine extrazelluläre und extracorpurale Potentialddifferenzmessung nach der Messvorschrift E = E1 E2. Diese wurde mit dem Differenzverstärker zunächst verstärkt und dann in Form eines Graphen (Spannung gegen Zeit) sichtbar gemacht. Das Ergebnis wurde auf dem Oszilloskop skaliert und anschließend ausgedruckt. 3. Ergebnisse Abb. 2: Oszilloskopisch aufgezeichneter Signalverlauf bei Gnathonemus petersii. E1 caudal, E2 rostral
3 Abb. 3: Oszilloskopisch aufgezeichneter Signalverlauf bei Brienomyrus brevirostris. E1 rostral, E2 caudal Der Signalverlauf von Gnathonemus petersii (Abb. 2) zeigt einen deutlich zu erkennenden biphasischen Verlauf mit 2 lokalen Maxima. Das erste Maximum liegt im negativen Bereich, danach steigt die Kurve bis zum zweiten Maximum im postiven bereich an. Nach diesem Maximum fällt sie ab und kehrt wieder zum Ausgangswert zurück. Detaillierte Beschreibung des Kurvenverlaufs von G. petersii Da ich mich am Versuchtstag mit G. petersii und seinem Signalverlauf beschäftigt habe, folgt zu diesem nun eine dataillierte Auflistung der erzielten Ergebnisse. Da keine Aussage über die absolute Spannung gemacht werden kann, werden im Folgenden nur Spannungsdifferenzen zwischen markanten Punkten des Signalverlaufs betrachtet. A B Zeitdifferenz t Spannungsdifferenz U R1 M1 106µs 232mV M1 S 44µs 424mV S M2 58µs 504mV M2 M3 76µs 1064mV M2 R2 136µs 368mV R1 R2 420µs 0mV Tabb. 1: Zeit- & Spannungsdifferenzen zwischen Ruhewert, Maxima & Schwellenwert Zunächst verläuft die Kurve geradlinig. Nach ca. 50µs ist ein Abfallen der Kurve zu sehen, sodass 106µs nach dem Ruhepotential (R1) ein lokales Maximum im negativen bereich (M1) erreicht wird, mit einer Spannungsdifferenz von 232mV gegenüber R1. Dann steigt die Kurve stetig an, bis sie nach 44µs und 424mV einen Scheitelpunkt (Schwellenwert, S) erreicht, ab dem der Anstieg steiler wird. Nach weiteren 58µs und einer Spannungsdifferenz von 58µs gegenüber S tritt das zweite lokale Maximum (M2) auf, dieses mal im Positiven. Danach fällt die Kurve steil ab und erreicht nach nur 76µs und einem Minus von 1065mV ihr drittes lokales Minimum (M3), wieder im negativen Bereich. In Folge dessen steigt sie wieder langsam an, bis sie nach 136µs den Ruhewert (R2) wieder erreicht hat. Der komplette Vorgang (R1 bis R2) hat eine Gesamtdauer von ca. 420µs. Desweiteren war zu beobachten, dass eine Vertauschung von E1 und E2 zur Folge hatte, dass der Kurvenverlauf genau an der X-Achse gespiegelt wurde. (Leider keine Grafik vorhanden.)
4 4. Auswertung/Diskussion Wie wir bereits wissen, kommt es bei den elektrischen Fischen durch die Verschaltung der Elektrocyten zu einer Addition der Einzelspannungen. Hieraus folgt also, dass der Spannungsverlauf nicht nur jener des gesamten elektrischen Organs ist, sondern ebenso die Vorgänge in jeder einzelnen Elektrozyte wiedergibt. Jeder Kurvenabschnitt muss somit auf zellulärer Ebene mit einem bestimmten Ereignis in Verbindung stehen. Befindet sich E1 rostral und E2 caudal, befindet sich M2 im positiven Bereich. Durch die Messvorschrift E = E1 E2 lässt sich also folgern, dass in diesem Fall E2 negativer als E1 ist. Vertauscht man die beiden Elektroden, befindet sich M2 im negativen Bereich. Wieder ist also die ans caudale Ende des Fisches gehaltene Elektrode negativer, als die rostrale. Dies lässt die Schlussfolgerung zu, dass die Elektrocyten von Caudal innerviert sind. So depolarisiert die caudale zuerst und wird somit negativer. Auf der Basis der Kenntnisse über Aktionspotentiale und deren elektrochemischen Zusammenhang betrachten wir die Kurve also erneut und setzen sie mit den Vorgängen in der Elektrozyte in Verbindung. Das erste lokale Maximum (E1) wird hierbei bewusst zunächst außen vor gelassen. Prinzipiell wird die Spannungskurve von B. brevirostris also zunächst wie jene von G. petersii betrachtet. Im Ruhezustand ist die Zellinnenseite gegenüber der Zellaußenseite negativ geladen. Offene K + -Kanäle lassen K + -Ionen mit dem Konzentrationsgefälle von innen nach Außen diffundieren. Die Natrium-Kalium-Pumpe hält das Gleichgewicht jedoch konstant. Abb. 4a: Elektrozyte im Ruhezustand Abb. 4b: Beginnende Depolarisation der caudalen Elektrozytenmembran Abb 4c: Vollständige Depolarisation der caudalen Abb. 4d: Depolarisation der rostralen Da die Spannungen an beiden en gleich sind, lässt sich extrazellulär keine Potentialdifferenz ableiten. E1 E2 beträgt also Null. Die innervierte Seite der Elektrozyte beginnt sich durch die ligandengesteuerten Na + -Kanäle zu depolarisieren und wird so (im Vergleich zu Vorher) innen etwas positiver. Dies geschieht so lange, bis der Schwellenwert (S) erreicht ist. Sobald der Schwellenwert erreicht ist, öffnen sich auch die spannungsgesteuerten Na + -Kanäle und Na + kann ungehindert in die Zelle einströmen. Die innenseite der caudalen ist somit positiver geladen als die Außenseite. Es folgt ein lokales Maximum in der Spannungskurve, M2. Durch die vollständige Depolarisation der caudalen Elektrozytenmembran und dem Eintram von Na + in die Zelle kommt es zu einer Depolarisation der rostralen. Am Punkt zwischen M2 und M3, an dem die Kurve den Wert des Ruhepotentials passiert, sind beide en gleichstark depolarisiert.
5 Abb 4e: Repolarisation der caudalen Abb 4f: Repolarisation der rostralen Im weiteren Verlauf zwischen M2 und M3 fällt die Kurve immer weiter ab. Dies ist zum einen auf die vollständige Depolarisation der rostralen und zum anderen auf die Repolarisation der caudalen zurückzuführen. Die Na + -Kanäle sind an dieser seite bereits geschlossen und K + -Kanäle wurden geöffnet, sodass die zum ruhepotential zurückkehrt. Es wird M3 erreicht, an dem nur noch die rostrale depolarisiert ist. Ab M3 schließen sich auch die Na + -Kanäle der rostralen wieder und K + -Kanäle öffnen sich, sodass es hier ebenfalls zu einer Repolarisation der kommt. Die komplette Elektrozyte kehrt somit in das Ruhepotential zurück. Nachdem nun das zustande kommen von M2 und M3 geklärt wurden stellt sich die Frage, woher das Maximum M1 kommt. Es weist eine sichtbar geringere Amplitude als M2 und M3 auf. Da der Ausschlag sich wie M3 ebenfalls im negativen Bereich befindet, lässt sich schlussfolgern, dass es sich ebenfalls um ein Ereignis an der rostralen Elektrozytenmembran handeln muss. In Übereinstimmung mit der Literatur liegt die Vermutung nahe, dass das Motoneuron das die caudale Elektrozytenmembran innerviert über die rostrale verläuft. In Folge dessen kommt es zur Öffnung einiger Ca 2+ -Kanäle und einem Ca 2+ -Einstrom in die Zelle, die eine leichte Depolarisation der rostralen bewirken. 5. Quellenangaben Elektrische Fische und Elektrorezeption ; Anton Roth & Karl Daumer, Biologie in unserer Zeit; 6. Jahrgang 1976 / Nr. 1 Skript des ersten Versuchstags zum Neurophysiologischen Teil des Tierphysiologischen Praktikums der Uni Mainz, Sommersemester 2008 Biologie ; W. K. Purves, D. Sadava, G. H. Orians, H. C. Heller; 7. Auflage, 2006; Elsevier Verlag Tierphysiologie ; R. Eckert, D. Randall; 4. Auflage, 2002, Georg Thieme Verlag
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