Dossier: 30 Jahre Kohäsionspolitik der Europäischen Union

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1 Dossier: 30 Jahre Kohäsionspolitik der Europäischen Union Die Kohäsionspolitik der Europäischen Union verfolgt das Ziel, den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt innerhalb der EU zu stärken. Die Anfänge dieser Förderungspolitik liegen in den 1960er Jahren. Der Europäische Sozialfonds (ESF) wurde unmittelbar mit dem Vertrag von Rom eingerichtet. Die schrittweise Entstehung eines gemeinsamen Agrarmarktes machte die Einrichtung eines Europäischen Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung (EAGFL) notwendig, der eine regionalpolitische Komponente hatte. Die Norderweiterung um UK, Irland und Dänemark hatte die Einrichtung des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) zur Folge. Mit der Einheitlichen Europäischen Akte von 1986 wurde die Kohäsionspolitik im EWG Vertrag verankert. Mit der Reform der Strukturfonds 1988 wurde die gemeinschaftliche Kohäsionspolitik etabliert. In Ausrichtung auf die Abfolge von Strategieprozessen der EU (Agenda 2000, Lissabon-Strategie, Europa 2020) wurde sie durch mehrere Reformschritte in Struktur und Programmatik stetig weiter entwickelt. Heute ist die Kohäsionspolitik eines der zentralen Politikfelder der EU. In der laufenden Programmperiode sind die kohäsionspolitischen Instrumente mit 352 Mrd. Euro dotiert, das entspricht etwa einem Drittel des gesamten EU-Budgets. Damit ist die Kohäsionspolitik nicht nur budgetmäßig das zweitgewichtigste Politikbereich der EU, sondern stellt auch weltweit das größte, einem geschlossenen Konzept folgende Entwicklungsprogramm (worauf Prof. Philip McCann von der Universität Groningen hinweist). IWB/EFRE Verwaltungsbehörde Dossier: 30 Jahre EU-Kohäsionspolitik 1

2 Der Vorlauf zur Kohäsionspolitik : Vertrag von Rom Präambel: Anxious to strengthen the unity of their economies and to ensure harmonious development by reducing the gap between the various regions and the backwardness of the least favoured regions ( ) Der Vertrag selbst widmet sich kaum der regionalen Dimension, aber setzt zwei Instrumente mit regionalem Impact ein: den Europäische Sozialfonds (ESF) mit dem Ziel der Förderung der Chancen auf dem Arbeitsmarkt, die Europäische Investitionsbank (EIB) mit dem Ziel der Stärkung der Kapitalbasis, dabei auch mit Blick auf weniger entwickelte Regionen. 1962: Europäischer Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung (EAGFL) Mit dem Beschluss zu einer Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) wird der EAGFL eingerichtet, der in seiner Abteilung Ausrichtung Strukturreformen in der Landwirtschaft und neue Formen ländlicher Entwicklung unterstützte und damit regionalpolitische Bedeutung bekam. 1975: Europäischer Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) Nach der Norderweiterung (UK, Irland, Dänemark) wird der EFRE gegründet mit dem Ziel der Unterstützung von Industriegebieten mit rückläufiger Entwicklung durch Förderung von Einzelprojekten in den Ausbau von Infrastruktur. Die Etablierung einer übergreifenden Kohäsionspolitik 1986: Einheitliche Europäische Akte Rechtliche Verankerung einer gemeinschaftlichen Kohäsions- und Regionalpolitik im EWG- Vertrag Art. 130: Wirtschaftlicher und sozialer Zusammenhalt wird als Politikziel etabliert. 1988: Reform der Strukturfonds Die drei Fonds ESF, EAGFL, EFRE werden als Strukturfonds aufeinander abgestimmt und neu aufgestellt und mit einem verdoppelten Budget ausgestattet. Die Mittelvergabe erfolgt nun auf Basis von mehrjährigen Programmen, die für jedes Ziel oder Zielgebiet vorgelegt werden müssen. Die Abwicklung der Programme erfolgt in geteilter Verantwortung zwischen EU und Mitgliedstaat im Rahmen des Shared Managements, Seither Umsetzung der Kohäsionspolitik in mehrjährigen Programmperioden Periode : Dotation der Kohäsionspolitik: 64 Mrd. ECU (rd. 20% des EU-Budgets) IWB/EFRE Verwaltungsbehörde - Dossier: 30 Jahre EU-Kohäsionspolitik 2

3 Reformen der Kohäsionspolitik in Ausrichtung auf EU- Strategieprozesse und Erweiterungsrunden 1992: EU-Vertrag von Maastricht Kohäsionspolitik als zentraler Pfeiler der Gemeinschaftspolitiken definiert Erneute Reform der Strukturfonds Einrichtung des Kohäsionsfonds, adressiert an Länder mit einem BIP von weniger als 90% des EU-Durchschnitts Periode : Dotation der Kohäsionspolitik: 168 Mrd. ECU (rd. 30% des EU-Budgets) 1999: Beschluss der Agenda 2000 Vorbereitung der großen Erweiterungsrunde Reformpaket zur Stärkung der Gemeinschaftspolitiken Gemeinsame Agrarpolitik mit stärkerem Fokus auf Umwelt und ländlichen Raum Strukturpolitik mit stärkerer Mittelkonzentration, Dezentralisierung von Zuständigkeiten, rechtliche Vereinfachung Einrichtung von Pre-Accession-Instruments für Beitrittsländer Periode : Dotation der Kohäsionspolitik: 235 Mrd. Euro (rd. 33% des EU-Budgets) - Strukturfonds: 195 Mrd. Euro - Kohäsionsfonds: 18 Mrd. Euro - Vorbeitritts-Instrumente: 22 Mrd. Euro 2005: Revision der Lissabon-Strategie Ziel: dynamischster Wirtschaftsraum in der Welt Wettbewerbsfähigkeit, Wachstum und Beschäftigung als Kernziele europäischer Politik Strukturfonds werden zentrale Umsetzungsinstrumente dafür Die Ausrichtung auf die Lissabon-Ziele impliziert einen Paradigmenwechsel in der Programmatik der Kohäsionspolitik: Weg vom vorrangigen Ziel des Disparitätenausgleichs zum Ziel der Entfaltung der Entwicklungspotenziale Ausgleichsorientierung bleibt auf gesamteuropäischer Ebene aufrecht durch Mittelkonzentration auf weniger entwickelte Länder In den Programmen starker Fokus auf Forschung & Entwicklung und Innovation, Hochschulen und Forschungseinrichtungen gewinnen an Bedeutung Die Abgrenzung kleinräumiger Fördergebiete wird aufgegeben, stattdessen gilt eine flächendeckende Förderfähigkeit. Damit werden auch urbane Zentralräume stärker integriert. Periode : Dotation der Kohäsionspolitik: 347 Mrd. Euro (rd. 36 % des EU-Budgets) IWB/EFRE Verwaltungsbehörde - Dossier: 30 Jahre EU-Kohäsionspolitik 3

4 2010: Beschluss der Wachstums- und Beschäftigungsstrategie Europa 2020 Ziel: Intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum mit einer besseren Koordinierung der nationalen und europäischen Wirtschaft. Die Ausrichtung auf diese Strategie verstärkt in der Kohäsionspolitik die Enträumlichung : Die Programme sind immer weniger territorial orientiert, stattdessen dominieren allgemein wirtschaftspolitische Ziele mit Fokus auf Stärkung von Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit. Die Kohäsionspolitik wird zunehmend zu einer sektoralen Investitionsstrategie. Periode : Dotation der Kohäsionspolitik: 352 Mrd. Euro (rd. 33 % des EU-Budgets) Ausrichtung auf 11 thematische Prioritäten zur Förderung des Wachstums (u.a. Ausbau von Forschung und Innovation, Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der KMU, Förderung des Umstiegs auf Low-Carbon-Economy, Förderung der sozialen Integration, Investition in lebenslanges Lernen). Umsetzung der Programme über die drei Fonds: EFRE, ESF, Kohäsionsfonds Die Vertikale Koordination mit den Mitgliedstaaten erfolgt über nationale Reformprogramme, die alle Mitgliedsstatten jährlich für ihre Umsetzung der Europa 2020 Stratgeie vorlegen müssen. Quellen: - History of the European Union Regional Policy, Foliensammlung der DG REGIO der Europäischen Kommission: ec.europa.eu/regional_policy/sources/slides/2007/history.ppt - Markus Gruber: Territorialität in der EU-Kohäsionspolitik, Eine wechselvolle Geschichte: Von der Reform der 1980er Jahre zur Post-Lissabon-Ära Anhang: Abgrenzung förderfähiger Gebiete in der Europäischen Union in den Strukturfonds-Perioden , , und IWB/EFRE Verwaltungsbehörde - Dossier: 30 Jahre EU-Kohäsionspolitik 4

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