Berufsbildung 4.0 Neue Anforderungen an die Berufs-, Fort- und Weiterbildung in Zeiten der Digitalisierung
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- Friedrich Albrecht
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1 Dr. Heike Krämer (Bundesinstitut für Berufsbildung) Neue Anforderungen an die Berufs-, Fort- und Weiterbildung in Zeiten der Digitalisierung Erste Ergebnisse des BIBB-Forschungsprojektes zur Untersuchung der Fachkräftequalifikationen und Kompetenzen für die digitalisierte Arbeit von morgen Fachtagung Dortmunder Weiterbildungsforum e.v. 7. November 2018 Dortmund
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4 Beispiele aus einzelnen Berufen
5 Substituierbarkeitspotenzial mit beruflicher Variation Lesebeispiel: 72 Prozent aller Tätigkeiten, die in Deutschland im Berufssegment Fertigungsberufe ausgeübt werden, könnten theoretisch schon heute von Computern durchgeführt werden. Quelle: Dengler/Matthes (2015) auf Basis BERUFENET (2013); Beschäftigungsstatistik der BA (Stand: Juni 2015)
6 Betroffenheit der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten vom hohen Substituierbarkeitspotenzial Ein hohes Substituierbarkeitspotenzial (>70%) weisen x% der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten auf 5,6% bis <11,6% 11,6% bis <14,1% 14,1% bis 19,0% 19,0% bis <21,5% 21,5% bis <35,8% Quelle: IAB (2017)
7 Veränderte Arbeitsplätze und Arbeitsaufgaben - mechanische Tätigkeiten verlieren an Bedeutung - Zunahme von Tätigkeiten: Beurteilen von Zuständen auf Grundlage von Anzeigen/Daten/Bildschirmoberflächen, Abgleichen mit Schaltplänen, technischen Dokumentationen und 2D/3D- Modellen Steigende Bedeutung fachlicher, sozialer und personaler Kompetenzen Ziel: maximale Verfügbarkeit der Produktionsanlage - schnelle Behebung von Störungen durch Anwendung geeigneter Problemlösestrategien - Fehlersuche und Fehlerdiagnose sind zentrale Handlungsschritte - berufliche Handlungsfähigkeit setzt ein umfassendes, erfahrungsbasiertes Systemverständnis voraus. - soziale und personale Kompetenzen gewinnen weiter an Bedeutung
8 Passungsprobleme zwischen den tatsächlichen Qualifikationsbedarfen und der angetroffenen Ausbildung Passungsprobleme in zwei Richtungen: 1. fachliche Einzelkompetenzen innerhalb des Berufsprofils ergänzen, die bisher nicht ausreichend Gegenstand der Ausbildungsrahmenpläne sind, z.b. Netzwerktechnik, Roboter-Handling, Bussysteme 2. ganzheitliche Kompetenzen, die über das jetzige Berufsprofil hinausgehen und die grundsätzliche veränderte Herangehensweisen zu Problemlösungen und das Systemverständnis betreffen: z.b. veränderte Fehlerdiagnose und Problemlösekompetenz, Handhabung von IT-Systemen und Nutzung von Daten, von der Software her denken
9 Beispiel Audiovisuelle Medien Mit freundlicher Genehmigung des WDR
10 Veränderungen von Technologien seit ca. 20 Jahren durchdringt die Digitalisierung alle technologischen Bereiche, heute wird nur noch mit digitalem Material gearbeitet hat nicht zu einer Vereinfachung geführt, sondern in vielen Bereichen zu einer Diversifikation, z.b. bei Formaten Branche ist geprägt durch Vernetzung und Virtualisierung Verbreitungstechnik hat sich in Richtung Netzwerktechnik verändert Zunahme der Schnittmengen mit anderen Berufen, z.b. IT-Fachkräfte durch IT-basierte Produktion mit zentraler Steuerung immer kürzere Innovationszyklen rapider Preisverfall bei neuen Geräten/Hardware Broadcast goes IT Große Produktionsfirma, Postproduktion enorme Zunahme der Datenmengen, dadurch wachsende Bedeutung von Datensicherung und Datenmanagement
11 Veränderungen von Produkten und Prozessen verändertes Konsumverhalten: Beiträge und Filme - jederzeit an jedem Ort Individualisierung und Regionalisierung von Produkten Diversifikation: unterschiedliche Kommunikationskanäle erfordern unterschiedliche Techniken, Zielgruppenorientierung, neue Erzählformen, neue Gestaltungsformen und steigenden Bedarf an Content Auflösung linearer Arbeitsweise zugunsten vernetzter Strukturen (Netzwerke, Pipelines), erfordert nicht mehr nur die Beachtung vor- und nachgelagerter Produktionsstufen, sondern ein Denken in komplexen Zusammenhängen Einen Beitrag für die Langversion im TV, als quadratische Version in Instagram und als Ohne-Ton- Version auf Facebook. Es gibt eine Software, da kann ein dressiertes Eichhörnchen einen Nachrichtenbeitrag mit zusammenhämmern. Zukunft: Arbeiten in der Cloud, ortsungebundenes Arbeiten Fortschreitende Automatisierung
12 Qualifizierung von Fachkräften für die Anforderungen der Digitalisierung Ergebnisse einer Online-Befragung im Rahmen des BIBB-Forschungsprojektes zur Ermittlung der Fachkräftequalifikationen und Kompetenzen für die digitalisierte Arbeit von morgen Untersuchungszeitraum: März bis Mai 2018 Teilnehmer: 2087 Fach- und Führungskräfte unterschiedlicher Berufe
13 Vorbereitung von Fachkräften auf die Veränderungen durch Digitalisierung Unterweisungen am Arbeitsplatz 7 Schulungen durch betriebsinternes Personal 59% Externe Weiterbildungen 56% Hersteller-Schulungen 50% Aufstiegsfortbildungen (z.b. Meister-, Techniker-, Fachwirtfortbildung) 45% Selbstorganisiertes Lernen 38% Sonstiges 9% 0% 20% 40% 60% 80% Gesamt (N=1864), Mehrfachnennungen möglich Heike Krämer, Gabriele Jordanski / AB 4.2
14 Einsatz von Personal mit anderen Qualifikationen anstelle von Fachkräften Ja, Fachkräfte mit Abschluss in einem anderen Ausbildungsberuf 40% Ja, An- und Ungelernte 25% Ja, Fachkräfte mit Forbildungsabschluss 20% Ja, Absolventen/-innen eines dualen Studiums 1 Ja, andere Hochschulabsolventen/-innen 11% Sonstiges 41% 0% 10% 20% 30% 40% 50% Gesamt (N=2087, Mehrfachnennungen möglich Heike Krämer, Gabriele Jordanski / AB 4.2
15 Gründe für den Einsatz von Personal mit anderen Qualifikationen Qualifizierte Fachkräfte sind nicht verfügbar 65% Tätigkeiten können durch Mitarbeitende mit einem anderen (dualen) Ausbildungsberuf ausgeführt werden 33% Tätigkeiten können durch Mitarbeitende mit geringerer Qualifikationen ausgeführt werden 21% Tätigkeiten können nur durch Mitarbeitende mit höherer Qualifikationen ausgeführt werden 19% Sonstiges 8% Gesamt (N=1233), Mehrfachnennungen möglich 0% 20% 40% 60% 80% Heike Krämer, Gabriele Jordanski / AB 4.2
16 Aktueller Stellenwert von Fähigkeiten und Fertigkeiten der Fachkräfte Berufsspezifischen Können und Wissen 78% 19% 1% Lernen 71% 24% 3% Prozess-/Systemverständnis 69% 25% 3% Organisation/Strukturierung 65% 29% 4% 1% Flexibilität/Spontanität 64% 31% 3% Problemlösung 63% 31% 1% 4% 1% Kunde/Service 61% 29% 1% 7% Stress 58% 35% 4% Digitale Technologien/IT 58% 31% 8% 1% Kommunikationsfähigkeit 57% 36% 5% Software 5 38% 1% 7% 3% Umgang mit Daten 5 34% 1% 11% 0% 20% 40% 60% 80% 100% 120% Wichtig Eher wichtig Eher unwichtig Unwichtig keine Angaben Heike Krämer, Gabriele Jordanski / AB 4.2
17 Zukünftiger Stellenwert von Fähigkeiten und Fertigkeiten der Fachkräfte Software 81% 16% 3% Digitale Technologien/IT 80% 18% Lernen 7 26% Prozess-/Systemverständnis 7 26% Sicherheit 71% 28% 1% Umgang mit Daten 70% 28% Flexibilität/Spontanität 65% 33% Berufsspezifisches Können und Wissen 63% 34% 1% Stress 60% 38% 1% Organisation/Strukturierung 59% 39% Problemlösung 59% 39% Kunde/Service 59% 39% 0% 20% 40% 60% 80% 100% 120% Zunehmend Gleichbleibend Abnehmend keine Angaben Heike Krämer, Gabriele Jordanski / AB 4.2
18 Veränderungen von Kompetenzen - erste Schlussfolgerungen 1. Auflösung linearer Produktionsketten zugunsten digitaler Produktionsnetze: erforderlich ist ein Systemverständnis: vernetztes Denken und Handeln in Systemen 2. Veränderungen von Technologien und dabei Verkürzung von Innovationszyklen: Fachkräfte müssen wieder Lernen lernen, eigenen Lernbedarf erkennen und entsprechend aktiv werden 3. Problemlösestrategien entwickeln: Fehlersuche, Fehleranalyse, zielgerichtete Fehlerbehebung 4. IT-Kompetenzen stärken: Handhabung von IT-Systemen, Netzwerktechnik, Roboterhandling Von der Software her denken! 5. Rechtliche Fragen zum Umgang mit und zur Nutzung von Daten, IT-Sicherheit
19 Veränderungen von Kompetenzen - erste Schlussfolgerungen 6. Vernetzung und Individualisierung der Produktion führt zu größerer Bedeutung von Planung und Organisation 7. Stärkere Kunden- und Dienstleistungsorientierung durch Individualisierung, Personalisierung und Regionalisierung Losgröße 1 8. Wachsende Bedeutung personaler und sozialer Kompetenzen, insbesondere Eigenständigkeit Flexibilität Stressresistenz Bereitschaft und Fähigkeit, sich neue Erkenntnisse und Methoden anzueignen
20 Konsequenzen für die Berufsbildungslandschaft Aus heutiger Sicht schätzen wir ein, dass es über einen längeren Zeitraum immer noch Arbeitsumgebungen und damit Qualifikationsanforderungen geben wird, die von der Digitalisierung weniger betroffen sind, während sich digitalisierte Strukturen mit entsprechenden neuen Aufgabenprofilen immer mehr durchsetzen > Alt und Neu nebeneinander dass die Diffusion von 4.0-Qualifikationen in das Berufesystem tendenziell dazu führen wird, dass sich viele existierende Berufsbilder und Berufsstrukturen verändern werden. Es wird nicht mit der Entstehung einer größeren Zahl völlig neuer Berufe gerechnet, da der derzeitige Berufemix von nahezu 330 Ausbildungsberufen eine hinreichende Basis bietet, um das Berufesystem weiter zu entwickeln > Fortschreibung vor Neuschaffung
21 dass es bezogen auf die einzelnen Ausbildungsberufe > Gewinner und Verlierer geben wird. Erkennbar ist, dass qualitativ in bestimmten Berufen, wie Metall- und Elektroberufen oder Medienberufen, eine Anreicherung der Berufsprofile durch zusätzliche Kompetenzen erfolgt. Erkennbar ist aber auch, dass einzelne Berufe quantitativ weniger nachgefragt werden, wie z.b. Bank- oder Industriekaufleute. Unter den gewerblich-technischen Berufen werden unternehmensbezogene Dienstleistungsberufe, wie z.b. Fachinformatiker/in, an Bedeutung gewinnen und hier auch neue Berufsprofile entstehen, während unmittelbar produktionsbezogene Berufe künftig weniger gebraucht werden. Personenbezogene Dienstleistungsberufe bedürfen besonderer Aufmerksamkeit, da diese in unterschiedlichem Maße von Digitalisierung betroffen sind.
22 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Quellen: BIBB-VW-Projekt
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