Der demografische Wandel in Deutschland Herausforderungen und Chancen für nachhaltiges Wirtschaften
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- Adam Fromm
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1 Der demografische Wandel in Deutschland Herausforderungen und Chancen für nachhaltiges Wirtschaften Prof. Dr. Holger Bonin Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) Mannheim Universität Kassel Institut zur Zukunft der Arbeit (IZA) Auch Du wirst alt! Öffentliche Ringvorlesung im Studium generale der HTWK Leipzig 16. April 2014
2 Wofür sollte sich ein Arbeitsmarkt - und Sozialpolitiker zurzeit besonders einsetzen? Wo sollten momentan die Schwerpunkte seiner Arbeit liegen? Die Menschen in Deutschland sorgen sich um die Zukunft der Renten... Quelle: Allensbach-Umfrage im Auftrag des ZEW. Januar 2014.
3 Für wie sinnvoll halten Sie diese Maßnahme, um etwas gegen fehlende Fachkräfte zu tun?... sind aber skeptisch gegenüber den bereits ergriffenen Maßnahmen. Quelle: Allensbach-Umfrage im Auftrag des ZEW. Januar 2014.
4 Agenda Demografischer Wandel in Deutschland Finanzpolitische Herausforderungen und Handlungsbedarfe Argumente gegen den Alarmismus
5 Agenda Demografischer Wandel in Deutschland Finanzpolitische Herausforderungen und Handlungsbedarfe Argumente gegen den Alarmismus
6 Fertilität in Deutschland Zusammengefasste Geburtenziffern Baby Boom Pillenknick
7 Sterblichkeit in Deutschland Bedingte fernere Lebenserwartung Männlich Weiblich Vollendetes Altersjahr x 1) 1871/ / / / / / ,6 64,6 77,5 38,5 68,5 82,6 46,5 67,8 76,8 48,1 71,0 81,9 49,4 64,5 72,9 51,0 67,6 77,9 46,5 59,8 67,9 48,2 62,8 72,9 38,5 50,3 58,1 40,2 53,2 63,0 31,4 41,3 48,4 33,1 43,9 53,2 24,5 32,3 38,7 26,3 34,7 43,4 18,0 23,8 29,5 19,3 25,8 33,9 12,1 16,2 21,2 12,7 17,5 24,9 7,3 9,8 13,7 7,6 10,4 16,4 4,1 5,2 7,7 4,2 5,6 9,1 2,3 2,7 3,9 2,4 2,9 4,3 k.a. k.a. 2,0 k.a. k.a. 2,2
8 Lebenserwartung wird weiter steigen Vorhergesagte Werte für Frauen bis 2060
9 Deutschland als Zuwanderungsland Zu-/Fortzüge und Wanderungssaldo Immigration Emigration Net Inflow Gastarbeiter Kollaps des Ostblocks Neue Öffnung?
10 Demografische Folgen Künftige Bevölkerung nach Altersklassen Demografischer Wandel verschiebt die Altersstruktur zu Lasten der Jüngeren Demografischer Wandel lässt die Bevölkerung vielleicht schrumpfen, je nach kompensierender Zuwanderung Wanderungssaldo p.a., Geburtenziffer: 1.34, Veränderung der Sterblichkeit gemäß früherem Trend Quelle: Börsch-Supan (2014)
11 Demografische Folgen Künftiger Anteil der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter (2005 = 100) Demografischer Wandel verschiebt die Altersstruktur zulasten der Jüngeren Demografischer Wandel lässt die Bevölkerung vielleicht schrumpfen, je nach kompensierender Zuwanderung Wanderungssaldo: UN-Projektionen, Geburtenziffern: konstant, Veränderung der Sterblichkeit gemäß früheren Trends Quelle: Börsch-Supan (2014)
12 Finanzpolitische Herausforderungen Steuern minus Transfers Öffentliche Haushalte beinhalten immer einen Generationenvertrag! Alter Staatsverschuldung ist ein weiterer Generationenvertrag! Auch kapitalgedeckte Systeme sind ein Generationenvertrag!
13 Sozialpolitische Herausforderungen Umlageverfahren als expliziter Generationenvertrag Anzahl Beitragszahler x Beitragssatz x durchschnittliches Einkommen = Anzahl Transferbezieher x durchschnittlicher Transfer Transferbezieher durchschnittlicher Transfer Beitragssatz = x Beitragszahler durchschnittliches Einkommen
14 Sozialpolitische Handlungsspielräume Entwicklung der Rentenausgaben hängt an weiteren Faktoren Rentenausgaben / Bruttoinlandsprodukt = Erwerbsbeteiligung Arbeitslosigkeit Rentenformel Durchschnittliche Arbeitszeit Altenlastquotient x Rentnerquotient x (1 / Beschäftigtenquote) x Rentenniveau x (1 / Arbeitsintensität) x Restgröße
15 Sozialpolitische Handlungsspielräume Beschäftigung als Schlüsselgröße Beitragssätze Quelle: Börsch-Supan (2014)
16 Sozialpolitische Handlungsspielräume Beschäftigung als Schlüsselgröße Rentenniveau Quelle: Börsch-Supan (2014)
17 Sozialpolitische Handlungsspielräume Rente mit 67 und Bekämpfung der Frühverrentung als Schlüssel zur Verbesserung des Rentnerquotienten Frühverrentung ist in der Tendenz mit höherer (Jugend-) Arbeitslosigkeit verbunden. Quelle: OECD Economic Outlook (2012)
18 Sozialpolitische Handlungsspielräume Rente mit 67 und Bekämpfung der Frühverrentung als Schlüssel zur Verbesserung des Rentnerquotienten Frühverrentung öffnet den Arbeitsmarkt nicht für Jüngere Frühverrentung ist kein Instrument für mehr Generationensolidarität Quelle: Deutscher Mikrozensus
19 Sozialpolitische Handlungsspielräume Rentenformel als zusätzlicher Stabilisator 1. Nachhaltigkeitsfaktor Senkung des Rentenniveaus bei steigendem Rentnerquotienten 2. Riesterfaktor Senkung des Rentenniveaus bei steigendem Beitragssatz (und steigenden Vorsorgeaufwendungen)
20 Deutschland hat Handlungsspielräume genutzt Zerlegung der Veränderung der Rentenausgaben bis 2060 Aber es gibt Grund wachsam zu bleiben! Prozentpunkte BIP Rentnerquotient
21 Demografische Herausforderung forciert Reformen Relation von Prognosen zu Demografie und Rentenausgaben in der EU Jeder Punkt steht für ein EU-Land.
22 Argumente gegen den Alarmismus Demografische Herausforderung forciert Reformen Gegenthese: Alternde Wählerschaft lenkt Ressourcen egoistisch auf sich Beispiele Mütterrente und Rente mit 63? Hypothese: Höherer Altersquotient verstärkt politische Präferenzen für Höhere Steuern für höhere Renten (alle Befragten) Höhere Steuern für höhere Renten (unter 30 Jahre) Höhere Steuern für höhere Renten (über 64 Jahre) Verantwortlichkeit von Familie oder Staat für finanzielle Unterstützung Älterer Verantwortlichkeit von Familie oder Staat für Betreuung Älterer falsifiziert falsifiziert falsifiziert konform falsifiziert Quelle: Börsch-Supan, Heller und Reil-Held (2011)
23 Argumente gegen den Alarmismus Demografische Herausforderung forciert Reformen Alternde Bevölkerungen erleben nicht unbedingt einen abnehmenden Lebensstandard
24 Makroökonomische Projektionen Szenarien für das Trio Frankreich-Deutschland-Italien -Arbeitnehmer gehen zwei Jahre später in Rente -Frauen erreichen 90% der männlichen Erwerbsquote -Arbeitnehmer beginnen zwei Jahre früher zu arbeiten = Annäherung an Schweden oder die Schweiz Prototypische Rentensysteme -Umlagesystem mit Pauschalrente -Kapitalgedecktes System mit privater Vorsorge Verhaltensanpassungen an die Rahmenbedingungen
25 Makroökonomische Projektionen Erwartete Lebensstandards in D-F-I Beeinflussbare Rahmenbedingungen können demografische Belastungen kompensieren Erwerbsbeteiligung und Beschäftigung als Schlüsselfaktor Der Arbeitsmarkt gehört in allen Dimensionen in den Fokus Quelle: Börsch-Supan und Ludwig (2011) Verhaltensreaktionen vermindern die Effekte von Gegenmaßnahmen
26 Argumente gegen den Alarmismus Demografische Herausforderung forciert Reformen Alternde Bevölkerungen erleben nicht unbedingt einen abnehmenden Lebensstandard Alternde Bevölkerungen belasten nicht unbedingt die Produktivität
27 Alterung und Arbeitsproduktivität Sinkende körperliche Leistungskraft und Verlust von Wissen vs. Erfahrung Produktivität lässt sich schlecht messen Vorsicht: Scheinzusammenhänge!
28 Alterung und Arbeitsproduktivität Vorsicht: Scheinzusammenhänge! Quelle: Göbel und Zwick (2009)
29 Alterung und Arbeitsproduktivität Sinkende körperliche Leistungskraft und Verlust von Wissen vs. Erfahrung Produktivität lässt sich schlecht messen Vorsicht: Scheinzusammenhänge! Vorsicht: Es kommt nicht nur auf die individuelle Leistungskraft, sondern auf die Leistung im Team an!
30 Alterung und Arbeitsproduktivität Vorsicht: Es kommt nicht nur auf die individuelle Leistungskraft, sondern auf die Leistung im Team an! Beispiel: Produktivität am Fließband Quelle: Börsch-Supan und Weiss (2011)
31 Argumente gegen den Alarmismus Demografische Herausforderung forciert Reformen Alternde Bevölkerungen erleben nicht unbedingt einen abnehmenden Lebensstandard Alternde Bevölkerungen belasten nicht unbedingt die Produktivität Die Menschen sind gesundheitlich in der Lage, länger zu arbeiten
32 Gesundheit im Alter gesunde Lebenserwartung von Männern mit 65 Quelle: Eurostat (2013)
33 Gesundheit im Alter Subjektive und objektive Gesundheitswerte in Europa, Jahre Die Menschen nehmen sich selbst als gesund wahr, und sind es auch. Die Verschlechterung mit dem Alter ist geringer als die Streuung innerhalb einer Altersgruppe. Es braucht ein flexibles Rentenalter! Quelle: Börsch-Supan (2014)
34 Gesundheit im Alter ist beeinflussbar!... durch Bildung und Ausbildung Krankheitshäufigkeiten bei niedriger Ausbildung im Verhältnis zu mittlerer und hoher Ausbildung Quelle: Avendano et al. (2005)
35 Gesundheit im Alter ist beeinflussbar!... durch die Bedingungen am Arbeitsplatz Es finden sich keine signifikanten Unterschiede im Rentenzugang zwischen belastenden und nicht belastenden Berufen... Quelle: Argaw, Bonin, Mühler und Zierahn (2013)
36 Gesundheit im Alter ist beeinflussbar!... durch die Bedingungen am Arbeitsplatz... vielmehr sind gesundheitliche Belastungen und niedrige Arbeitszufriedenheit mit Frührente verbunden. *** Faktoren, die Wahrscheinlichkeit eines Übergangs in Frührente signifikant beeinflussen Quelle: Argaw, Bonin, Mühler und Zierahn (2013)
37 Gesundheit im Alter Länger zu arbeiten könnte sogar gesundheitlich förderlich sein Eine Mehrzahl von Studien findet einen negativen Effekt von Frührente auf die kognitiven Fähigkeiten und tendenziell negative Wirkungen auf die Lebenszufriedenheit! Frühverrentung und Gedächtnisleistung Quelle: Börsch-Supan (2014)
38 Fazit: Gesundheit in der alternden Gesellschaft Die Gesundheit nimmt natürlich mit dem Alter ab, aber der Alterungsprozess muss die Gesundheitsentwicklung nicht dominieren. Der Alterungsprozess ist wahrscheinlich nicht der wichtigste Treiber der künftigen Gesundheitsausgaben
39 Gesundheitsausgaben in der alternden Gesellschaft Preis- und Mengenentwicklung dominiert die Demografie Projektion der Gesundheitsausgaben EU-27 Quelle: European Commission and Economic Policy Committee (2009)
40 Fazit Die demografische Alterung übt insgesamt erheblichen Druck auf Sozialbudgets und die öffentlichen Haushalte aus aber das ist kein Grund zur Schwarzmalerei. Die beruht teilweise auf Vorurteilen teilweise auf der (viel zu) simplen Fortschreibung des Status quo Alle Akteure (Politik, Unternehmen, Arbeitnehmer) können und werden handeln, und auch die Märkte reagieren; ein Vorteil hierbei ist die Langsamkeit demografischer Verläufe
41 Deutschland ist schon auf einem guten Weg Nachhaltigkeitslücke in den Staatsfinanzen Aber die Politik muss wachsam bleiben und teilweise unpopuläre Reformen voranbringen Und wir alle müssen (uns) besser aufklären und nachhaltiger an die Zukunft denken Nachhaltigkeitslücke = notwendige Verringerung des jährlichen primären Haushaltsdefizits, um die Staatsfinanzen dauerhaft tragfähig zu machen Quelle: European Commission (2011)
42 Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
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