Entwurf eines Gesetzes zur nachhaltigen und sozial ausgewogenen Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung. (GKV-Finanzierungsgesetz GKV-FinG)
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- Lieselotte Kohler
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1 Entwurf eines Gesetzes zur nachhaltigen und sozial ausgewogenen Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Finanzierungsgesetz GKV-FinG) Ausgangslage - Zielvorgaben - Eckpunkte - Kritik Berlin, 22. September 2010
2 Ausgangspunkt: Koalitionsvertrag Aussagen zur Finanzierung der GKV Das bestehende Ausgleichssystem soll in eine Ordnung mit mehr Beitragsautonomie überführt werden. Langfristig soll das bestehende System in eine Ordnung mit einkommensunabhängigen Arbeitnehmerbeiträgen überführt werden. Der Arbeitgeberanteil soll fest bleiben, um eine weitgehende Entkoppelung der Gesundheitskosten von den Lohnzusatzkosten zu verwirklichen Der Morbi-RSA soll auf das notwendige Maß reduziert, vereinfacht sowie unbürokratischer und unanfälliger für Manipulationen werden. 2
3 Ausgangspunkt: Finanzielle Situation GKV Dringender Handlungsbedarf Erwartetes Defizit laut Schätzerkreis für 2011: 11 Mrd. Euro Unterdeckung des Gesundheitsfonds zwingt Kassen bereits in diesem Jahr zur Einführung eines Zusatzbeitrages Zurzeit 16 Kassen mit Zusatzbeitrag Mehrheitlich Prämie in Höhe von 8 Euro Erheblicher Mitgliederverlust zu verzeichnen Weitere Verschlechterung der finanziellen Situation der einzelnen Krankenkasse nicht auszuschließen Einschränkung Beitragsautonomie verknüpft mit Unterdeckung Gesundheitsfonds bringt Kassen in Insolvenzgefahr 3
4 GKV-Finanzierungsgesetz: Zielvorgaben Ausgaben stabilisieren Festschreibung der Verwaltungskosten der Krankenkassen Beschränkung des Anstiegs der Krankenhausausgaben Begrenzung des Anstiegs der Ausgaben im zahnärztlichen Bereich Senkung der Preise für Impfstoffe und Erhöhung der Wirtschaftlichkeitsreserven beim Re-Import von Arzneimittel Begrenzung des Vergütungsniveaus in der hausarztzentrierten Versorgung 4
5 GKV-Finanzierungsgesetz: Zielvorgaben geplante jährliche Einsparungen Krankenkassen Krankenhaus Festschreibung der Verwaltungskosten für zwei Jahre auf dem Niveau von 2010 Beschränkung des Anstiegs auf 50% der Grundlohnsummensteigerung Effizienzabschlag für vereinbarte Mehrleistungen 300 Mio. 150 Mio. 350 Mio.. 5
6 GKV-Finanzierungsgesetz: Zielvorgaben geplante jährliche Einsparungen zahnärztlichen Bereich Begrenzung des Anstiegs der Ausgaben auf 50% der Grundlohnsummensteigerung 20 Mio. Hausarztzentrierte Versorgung Begrenzung des Vergütungsniveaus 500 Mio. Gemäß Planung des BMG belaufen sich die Einsparungen aus dem GKV-FinG und dem AMNOG insgesamt auf 3,5 Mrd. Euro. 6
7 Kritik: Einsparungsziele Einsparungen in den verschiedenen Bereichen ungleich verteilt Nullrunde bei Verwaltungskosten Krankenkassen Lediglich Begrenzung der Steigerung im Bereich Krankenhäuser und Zahnärzte (trotz massiver Steigerungen in den letzten Jahren) Keine Aussagen zu Einsparungen im vertragsärztlichen Bereich über die Regelung für Hausarztverträge hinaus Einsparergebnisse sind fraglich Ausnahmeregelungen im Bereich Hausarztverträge und im Bereich der zahnärztlichen Versorgung (Ausklammerung Zahnersatz und geplanter Ost-West-Angleichung Vergütung) unterlaufen Konsolidierungsbemühungen 7
8 Kritik: Einsparungsziele Keine Beschränkung der Monopol-Verträge in der hausarztzentrierten Versorgung Verpflichtung des 73 b SGB V bleibt Begrenzung des Vergütungsvolumens nur für Neuverträge Bestandsschutz für bestehende Verträge sichert Einkommensinteressen der Hausärzte Darüber hinaus im Vergleich zum Referentenentwurf durch Kabinettsbeschluss noch Erweiterung des Bestandsschutz auf Anschlussvereinbarungen bis Ende 2012! Einschätzung: Nachträgliche Bestrafung der Kassen, die sich frühzeitig gesetzeskonform Verhalten haben. 8
9 GKV-Finanzierungsgesetz: Zielvorgaben Finanzierungsgrundlagen stärken (Wieder-)Anhebung des paritätisch finanzierten Beitragssatzes Festschreibung des Arbeitgeberbeitrages Einführung von kassenindividuellen, sozial ausgeglichenen, einkommensunabhängigen Zusatzbeiträgen Sozialausgleich gerecht gestalten Einführung eines unbürokratischen, gerechten Sozialausgleichs direkt bei den Arbeitgebern bzw. den Rentenversicherungsträgern Automatischer Überforderungsschutz 9
10 Eckpunkte Finanzierung Der Arbeitgeberbeitrag wird (wieder) von 7% auf 7,3% angehoben und dann eingefroren. Der Versichertenbeitrag wird von 7,9% auf 8,2% angehoben. Zusatzbeiträge müssen als Pauschale in Euro und Cent erhoben werden und werden von den Kassen dem Mitglied in Rechnung gestellt. Die Zahlung durchschnittlicher (statt kassenindividueller) Zusatzbeiträge für Arbeitslosengeld II-Bezieher erfolgt durch den Bund 10
11 Kritik: Finanzierung Ausgabensteigerungen werden ab 2012 alleine durch Zusatzbeiträge der Versicherten finanziert. Damit wird die paritätische Finanzierung der GKV weiter ausgehöhlt. Durch den Ersatz der 1%igen Überforderungsklausel durch eine 2%ige soziale Belastungsgrenze werden auf lange Sicht alle Versicherten stärker belastet. Übernahme des (durchschnittlichen) Zusatzbeitrages bei ALG II-Bezieher durch den Bund reduziert Ausfallrisiko bei Kassen. Regelung findet nach Kabinettsbeschluss keine Anwendung mehr bei ALG I-Beziehern und Beziehern von Kurzarbeitergeld! 11
12 Eckpunkte Sozialausgleich Einführung eines automatischen Sozialausgleichs im Lohnverfahren Festlegung des GKV-weiten, durchschnittlichen Zusatzbeitras durch das BMG im Einvernehmen mit dem Finanzminister Automatischer Sozialausgleich, wenn der durchschnittliche Zusatzbeitrag 2 % des individuellen sozialversicherungspflichtigen Einkommens übersteigt alte Belastungsgrenze (1%) entfällt 12
13 Eckpunkte Sozialausgleich Die Differenz zwischen dem durchschnittlichen Zusatzbeitrag und der sozialen Belastungsgrenze von 2% des individuellen Einkommens wird dem Mitglied direkt vom Arbeitgeber ausbezahlt Unabhängig davon, ob die Kasse einen Zusatzbeitrag erhebt! Der Arbeitgeber verringert seine zu überweisenden SV-Beiträge in dieser Höhe. Finanzierung zunächst aus Liquiditätsreserve Gesundheitsfonds (bis Ab 2015 weitere Zahlungen aus Bundesmitteln geplant. 13
14 Kritik: Sozialausgleich Verlagerung des Sozialausgleichs von der Kassenebene auf die Ebene des Gesundheitsfonds ist sachgerecht, weil dies einen vollständigen Finanzkraftausgleich zwischen den Kassen ermöglicht. Bislang waren Kassen mit unterdurchschnittlicher Grundlohnsumme benachteiligt. 14
15 Kritik: Sozialausgleich Kritisch ist, dass die Höhe des jährlichen Steuerzuschusses zur Finanzierung des Sozialausgleichs ab 2015 erst in 2014 festgelegt werden soll. Neu im Kabinettsentwurf: Festlegung des durchschnittlichen Zusatzbeitrages soll im Einvernehmen mit dem Finanzministerium erfolgen Damit wird wie befürchtet der Steuerzuschuss zum Gesundheitsfonds abhängig von Finanzlage Als Bemessung für den Sozialausgleich gelten (weiterhin nur) die sozialversicherungspflichtigen Einkommen. Die Berücksichtigung weiterer Einkommensarten war ursprünglich zentrales Argument für die Einführung einer einkommensunabhängigen Prämie. 15
16 Kritik: Sozialausgleich Die maximale Belastungsgrenze eines Mitglieds durch Zusatzbeiträge wird auf 2% des sozialversicherungspflichtigen Einkommens angehoben. Da die Zusatzbeiträge als fixer Eurobetrag erhoben werden müssen, kommt es zu einer stärkeren Belastung der Bezieher geringer Einkommen. Weil der Steuerzuschuss nicht ausschließlich über die Einkommenssteuer finanziert wird, sondern aus dem gesamten Steueraufkommen aufgebracht wird, finanzieren Bezieher geringer Einkommen ihren Steuerzuschuss partiell mit. Besser wäre Finanzierung ausschließlich über direkte Steuern 16
17 Kritik: sonstige Regelungen Regelung zur Versicherungsfreiheit von besser verdienenden Arbeitnehmern: Erleichterung des Wechsels in die private Krankenversicherung (Wegfall der 3-Jahres- Frist) entzieht GKV unnötigerweise Finanzmittel, geschätzt 400 Mio. in zwei Jahren. Die Umsetzung der Reform im Bereich der Beitrags- und Meldeverfahren verlangt erhebliche Anstrengungen u. a. von den Krankenkassen als Einzugstellen - und das bei gedeckelten Verwaltungskosten. 17
18 Resümee Der Kassenwettbewerb wird mittelfristig spätestens ab 2012 massiv angeheizt, da die Zusatzprämien unverzerrte Preissignale im Kassenwettbewerb senden werden und mit einer hohen Wechselbereitschaft zu rechnen ist. Die finanzielle Situation der Kassen wird weiterhin stark im Fokus der Öffentlichkeit/Presse stehen, wie die Diskussion des vom GKV- Spitzenverbandes geführten Gefährdungsindexes schon gezeigt hat. 18
19 GKV-Finanzierungsgesetz Perspektive 2011 nach BMG Prognostiziertes Defizit ,0 Mrd. Ausgabenstabilisierung (Einsparungen) + 3,5 Mrd. Einmalig erhöhter Steuerzuschuss + 2,0 Mrd. Beitragserhöhung um 0,6%-Punkte + 6,3 Mrd. Erleichterung Wechsel in PKV - 0,2 Mrd. Saldo (nach BMG) + 0,6 Mrd. Gemäß Prognose des GKV-SV ist jedoch mit einem Defizit von 1 Mrd. zu rechnen 19
20 Zeitplan GKV-FinG Kabinettbeschluss: 22. September 2010: 1. Lesung Bundestag: 1. Oktober 2010 Abschluss Ausschussberatungen: 10. November /3. Lesung Bundestag: 3. Dezember 2010 geplantes Inkrafttreten am 1. Januar 2011 Gesetz ist nicht zustimmungspflichtig durch Bundesrat 20
21 Vielen Dank! IKK e.v. Hegelplatz Berlin info@ikkev.de
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