Das internationale Menschenrecht auf Arbeit Völkerrechtliche Anforderungen an Deutschland

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1 Deutsches Institut für Menschenrechte German Institute for Human Rights Zimmerstrasse 26/27 D Berlin Phone: (+49) (0) Studie Fax: (+49) (0) info@institut-fuer-menschenrechte.de Das internationale Menschenrecht auf Arbeit Völkerrechtliche Anforderungen an Deutschland Marita Körner

2 Impressum Deutsches Institut für Menschenrechte German Institute for Human Rights Zimmerstr. 26/27 D Berlin Phone (+49) (0) Fax (+49) (0) info@institut-fuer-menschenrechte.de Gestaltung: iserundschmidt Kreativagentur für PublicRelations GmbH Bad Honnef Berlin Studie Das internationale Menschenrecht auf Arbeit Völkerrechtliche Anforderungen an Deutschland Januar 2004 ISBN Marita Körner

3 Die Autorin Vorwort Die Autorin Vorwort Marita Körner, Dr. jur., Privatdozentin für Zivilrecht, Arbeitsrecht, Rechtsvergleichung und Rechtsinformatik, vertritt zurzeit die Professur für Bürgerliches Recht, Handels- und Arbeitsrecht an der Juristischen Fakultät der Universität Augsburg. Schwerpunkte u.a.: Arbeitsrechtsvergleichung, Europäisches Arbeitsrecht und Arbeitsvölkerrecht. All human rights are universal, indivisible and interdependent and interrelated. * Dieses Zitat aus der Abschlusserklärung der Wiener Weltmenschenrechtskonferenz von 1993 bringt zum Ausdruck, dass bürgerliche und politische Rechte und wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte untrennbare Teile des menschenrechtlichen Systems darstellen. Die Wiener Konferenz hat damit das Prinzip der Unteilbarkeit der Menschenrechte erneut bekräftigt, das bereits die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen von 1948 postuliert hatte, das durch die Blockkonfrontation des Kalten Krieges jedoch aus dem Blick geraten war. In Deutschland sind die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte nach wie vor weniger stark im Bewusstsein der Öffentlichkeit verankert als die bürgerlichen und politischen Rechte. Das zeigt sich auch darin, dass diese Rechte in den derzeitigen Diskussionen um die Reformen der deutschen Sozialsysteme selten als Referenz herangezogen werden. Das Recht auf Arbeit mag in Deutschland vielen als überkommener Kampfbegriff aus einer ideologisch aufgeladenen Debatte der 1970er Jahre erscheinen. Die vorliegende Studie zeigt, dass das Recht auf Arbeit als eines der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte in verschiedenen internationalen Rechtsinstrumenten verankert ist und in den Anmerkungen und Empfehlungen der zugehörigen Organe mit Leben gefüllt und ausdifferenziert wird. Auf der Basis dieser Quellen verortet die Autorin das Recht auf Arbeit als ausfüllungsbedürftiges, aber auch ausfüllungsfähiges Konzept. Die Studie macht jedoch auch deutlich, dass die Auslegung anderer wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Rechte weitaus fortgeschrittener ist. Wir hoffen, dass die Studie einerseits zum internationalen Prozess der weiteren Konkretisierung des Menschenrechts auf Arbeit beitragen, und andererseits in Deutschland das Bewusstsein für das Recht auf Arbeit als Bestandteil des internationalen Menschenrechtsschutzes schärfen kann. Die Studie steht im Rahmen weiterer Arbeiten des Deutschen Instituts für Menschenrechte zu den wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechten: Im Jahr 2004 werden zwei weitere Publikationen des Institutes erscheinen, die sich mit der grundlegenden Frage der Justiziabilität dieser Rechte sowie mit den Rechten älterer pflegebedürftiger Menschen auf Gesundheit und Wohnung beschäftigen. Dezember 2003 Dr. Heiner Bielefeldt Direktor Deutsches Institut für Menschenrechte 4 * Vienna Declaration and Programme of Action, A/CONF 157/23, 12. Juli 1993, Para. 5. 5

4 Inhalt Inhalt Inhalt Einleitende Zusammenfassung Hintergrund Die Bedeutung der Erwerbsarbeit Bestimmung des Begriffs Recht auf Arbeit Das Recht auf Arbeit als subjektives Recht? Recht auf Arbeit vs. Recht in der Arbeit Recht auf Arbeit vs. Recht zur Arbeit, Recht am Arbeitsplatz und Recht auf Beschäftigung Die historische Entwicklung des Rechts auf Arbeit Das Recht auf Arbeit im deutschen Verfassungsrecht Grundgesetz Länderverfassungen Das Recht auf Arbeit in internationalen Rechtsinstrumenten Internationale Verpflichtungen Rechtsquellen Art. 23 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (AEMR) Der Internationale Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (IPWSKR) a) Inhalt des Art aa) Persönlicher Geltungsbereich.. 19 bb) Sachlicher Geltungsbereich (1) Berufsfreiheit (2) Arbeitspflichten (a) Pflicht zur Arbeit? (b) Verbot der Zwangsarbeit (3) Keine Arbeitsplatzgarantie (4) Arbeitsrechtliche Gewährleistungen (5) Beschäftigungspoltitk (a) Vollbeschäftigung (b) Berufsberatung und Ausbildung (6) Besondere Beschäftigtengruppen 24 b) Schranken des Rechts auf Arbeit in Art aa) Art. 2 I bb) Art. 2 II c) Art d) Kontrolle aa) Geplantes Fakultativprotokoll.. 27 bb) Staatenberichte Art. 11 des UN-Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form der Diskriminierung der Frau a) Verpflichtungen b) Kontrolle Übereinkommen Nr. 122 der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) a) Verpflichtungen b) Kontrolle Auf Europa begrenzte Verpflichtungen Art. 1 der Europäischen Sozialcharta (ESC) a) Verpflichtungen b) Kontrolle Europäische Union a) Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG-Vertrag) b) Grundrechtscharta der Europäischen Union c) Kontrolle Die Umsetzung des Rechts auf Arbeit in Deutschland Innerstaatliche Umsetzung völkerrechtlicher Pflichten Maßnahmen zur Realisierung des Rechts auf Arbeit Beschäftigungspolitik a) Vollbeschäftigung als Ziel b) Arbeitsförderung c) Förderung der selbständigen Berufstätigkeit d) Europäische Beschäftigungspolitik Arbeitsrecht als Umsetzung des Rechts auf Arbeit a) Gerechte Arbeitsbedingungen b) Bestandsschutz c) Deregulierung d) Der Ansatz der Europäischen Union Schutz bei Arbeitslosigkeit Verfassungsrecht Bewertung der deutschen Umsetzungsstrategien durch die internationalen Überwachungsorgane Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte a) General Comments b) Concluding Observations Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form der Diskriminierung der Frau Internationale Arbeitsorganisation Europäische Sozialcharte Europäische Union: Europäischer Gerichtshof (EuGH) a) Nachtarbeitsverbot für Frauen b) Ausschluss von Frauen von den Streitkräften Das Versicherungsprinzip: ein übersehenes Problem? Reaktionen in der deutschen Politik und Justiz Schlussfolgerungen Abkürzungsverzeichnis

5 Einleitende Zusammenfassung Einleitende Zusammenfassung Ziel der Studie zum Menschenrecht auf Arbeit ist die Analyse der internationalrechtlichen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland zur Gewährleistung eines Rechtes auf Arbeit sowie deren Umsetzung aus Sicht der internationalen Überwachungsorgane. Die Studie leistet keine Einzelanalyse konkreter Problembereiche in der Bundesrepublik Deutschland. Die Bestandsaufnahme der internationalrechtlichen Pflichten in der vorliegenden Untersuchung soll Grundlage für die Frage sein, welche praktischen Anwendungsbereiche einer näheren Analyse bedürfen. Die Studie kommt zu folgenden Schlussfolgerungen: 1. Unter dem Recht auf Arbeit ist in einer demokratischen Staatsverfassung mit marktwirtschaftlichem Wirtschaftssystem kein subjektives Recht des/der Einzelnen auf einen konkreten Arbeitsplatz zu verstehen. Bei der Realisierung des Rechts auf Arbeit liegt der Schwerpunkt deshalb auf der Beschäftigungs- und Arbeitsmarktpolitik des Staates, dem Bestandsschutz für das Arbeitsverhältnis, dem Schutz bei Arbeitslosigkeit sowie dem Diskriminierungsschutz. 2. Unstreitig handelt es sich bei dem in den deutschen Länderverfassungen geregelten Recht auf Arbeit um einen Programmsatz, aus dem aber durchaus, insbesondere in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Grundgesetzes, eine staatliche Pflicht zu beschäftigungsfördernder Politik abgeleitet werden kann. Allerdings gibt es auch bei einem klaren Ziel immer mehrere Wege, es zu erreichen. Außerdem verpflichtet nicht nur schon das deutsche Stabilitätsgesetz von 1967 zur Verfolgung auch anderer wirtschaftspolitischer Ziele, sondern auch die seit 1997 neu in den EG-Vertrag aufgenommene Beschäftigungspolitik soll ausdrücklich in den Gesamtrahmen der Wirtschaftspolitik eingebettet sein. 3. Aus den dargestellten internationalen Instrumenten (Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, Übereinkommen zur Beseitigung der Diskriminierung der Frau, ILO-Übereinkommen Nr. 122, Europäische Sozialcharta) folgt die völkerrechtliche Pflicht für die Bundesrepublik Deutschland, das Recht auf Arbeit umzusetzen. Jedoch ergibt sich eine konzise Definition weder aus einzelnen internationalen Instrumenten noch aus deren Zusammenschau. Vielmehr ist der Inhalt des Rechts auf Arbeit nirgends klar abgegrenzt. Das Recht auf Arbeit ist im Gegenteil umso abstrakter, unschärfer und damit unverbindlicher, je ausdrücklicher es Erwähnung findet. Sein Inhalt und seine Grenzen sind dann kaum zu erkennen. Auch die Rechtsprechung durch die internationalen und europäischen Kontrollausschüsse kann nur zu punktuellen Klarstellungen führen, da sie exemplarisch ist. Gerade weil das Anspruchsobjekt Arbeit viel weniger spezifisch und damit weniger greifbar ist als andere Menschenrechte, ist es für die Kontrollinstanzen, auch angesichts ihrer eingeschränkten personellen und zeitlichen Ausstattung, ausgeschlossen, zum Recht auf Arbeit einen scharf konturierten Rahmen zu schaffen. Dazu wird es schon, im Gegensatz zu anderen Menschenrechtsverletzungen, viel zu selten thematisiert. 4. Dieses strukturelle Problem des Rechts auf Arbeit bedeutet aber keineswegs, dass an die Staaten keine Forderungen gestellt werden könnten. Ganz im Gegenteil ergibt sich für das weite Gebiet der Beschäftigungspolitik die Pflicht, dass der Staat mit dem Ziel der Beschäftigungsförderung handelt. Auf ganz bestimmte Maßnahmen werden sich diese Handlungspflichten aber selten beziehen können. Alle Entscheidungen in diesem Bereich sind politische und damit umstrittene Entscheidungen. Außerdem stehen die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte (WSK-Rechte) immer unter dem Vorbehalt der Leistungsfähigkeit des Staates, der sie erbringen soll. Angesichts zurzeit leerer Staatskassen tendiert auch die deutsche Politik um höhere Beschäftigung zu erreichen derzeit zu Leistungskürzungen. Mit Blick 8 9

6 Einleitende Zusammenfassung Hintergrund 1 auf die Sozialstaatskosten und die demographische Entwicklung will die Politik durch nichtpekuniäre Anreiz- und Drucksysteme den Beschäftigungsstand erhöhen. Dieser Weg wird auch von der Europäischen Union vorgeschlagen. Das Dilemma besteht darin, dass die Beschäftigungspolitik zwar ein wichtiger Umsetzungsmechanismus für das Recht auf Arbeit ist, aber es wegen des weiten politischen Handlungsspielraums der Regierungen allenfalls dann als Verstoß gegen das Recht auf Arbeit gewertet werden kann, wenn überhaupt keine Beschäftigungspolitik betrieben wird. 5. Die meisten Impulse zur Beschäftigungsförderung kommen inzwischen von der Europäischen Union, die seit 1997 Beschäftigungspolitische Leitlinien auflegt und deren Berücksichtigung in den Mitgliedstaaten auch überwacht. Die Leitlinien sind zwar nicht rechtsverbindlich, bieten aber einen konkreteren Orientierungsrahmen als die bestehenden völkerrechtlichen Instrumente, da sie an den spezifischen politischen, wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen der EU- Mitgliedstaaten ausgerichtet sind und deshalb auch erheblich mehr beachtet werden. 6. Liegen Fälle von Diskriminierung vor, können Verstöße gegen das Recht auf Arbeit leichter festgestellt werden. Hier geht es darum, dass bestimmte Gruppen, zum Beispiel Frauen, Ältere, Behinderte und Menschen, die nicht die deutsche Staatsangehörigkeit haben, nicht schlechter behandelt werden dürfen als die Gesamtgruppe, sofern kein sachlicher Grund vorliegt. 7. Abzuraten ist von einer Trennung zwischen dem Recht auf Arbeit und dem Recht in der Arbeit, weil damit das in der Bundesrepublik ausgefeilte Arbeitsrecht als Umsetzungsmechanismus für das Recht auf Arbeit ausgeschlossen würde. Schon die internationalen Pakte verknüpfen diese beiden Ebenen. Nirgends erscheint das Recht auf Arbeit isoliert, sondern immer eingebettet in weiterreichende arbeitsrechtliche Schutzmechanismen. 8. Durch das Recht auf Arbeit kann also und hier liegt seine eigentliche Kraft in einem Bereich, der Millionen von Menschen unmittelbar betrifft, das Bewusstsein über Existenz und Bedeutung von sozialen Menschenrechten gestärkt werden. 1 Hintergrund In den Reformzeiten der späten siebziger Jahre stand in Deutschland auch das Recht auf Arbeit auf der Agenda 1. Schon zu dieser Zeit lässt sich, beginnend mit der Ölkrise, ein stetiger Anstieg der Arbeitslosigkeit beobachten, die 1984 in der damaligen Bundesrepublik bereits 2,2 Millionen betrug 2 und seitdem nie mehr signifikant sank. Dennoch wurde es nach dem wenige Jahre dauernden Boom der juristischen Auseinandersetzung zum Recht auf Arbeit wieder ruhig um dieses in völkerrechtlichen Instrumenten niedergelegte, aber auch in deutschen Länderverfassungen verankerte Recht. Selbst dem Arbeitnehmerlager nahestehende Arbeitsrechtler/innen beriefen sich, wohl angesichts eines immer ausgefeilteren nationalen Arbeitsrechts, kaum darauf. Aus den Programmsätzen der Verfassungen und als solche interpretiert die herrschende Meinung das Recht auf Arbeit in den Landesverfassungen konnte man wenig Greifbares herleiten, und die internationalen Instrumente galten als durchsetzungsschwach. losigkeit nicht fertig geworden. Daher stellt sich die Frage neu, ob und inwieweit das in einigen internationalen Instrumenten verankerte Recht auf Arbeit einen Beitrag für die Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit leisten kann. Darüber hinaus fordert die stetige Zunahme von prekärer Beschäftigung, die durch die technologie- und globalisierungsbedingten Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt gefördert wird, zu einem neuen Blick auf das Recht auf Arbeit heraus. Diese Neuentdeckung des Rechts auf Arbeit ist auch schon deshalb erforderlich und geboten, weil es in Deutschland noch immer kein öffentliches Bewusstsein für soziale und wirtschaftliche Menschenrechte gibt anders als bei den bürgerlichen und politischen Menschenrechten. Die Perspektive der vorliegenden Untersuchung ist insofern eine andere als die während der Diskussion der späten siebziger und frühen achtziger Jahre, bei der die verfassungsrechtliche Debatte im Mittelpunkt stand. 1.1 Die Bedeutung der Erwerbsarbeit Die Lage hat sich geändert: 180 Millionen Arbeitslose meldete die Internationale Arbeitsorganisation (ILO International Labour Organisation) im Januar 2003 in ihrem Weltbeschäftigungsbericht 3. Schätzungen gehen unter Hinzurechnung versteckter Arbeitslosigkeit von bis zu 7 Millionen Beschäftigungssuchenden in Deutschland aus 4. Die nationale Politik ist bislang mit der seit den achtziger Jahren wachsenden Arbeits- Eher stiefmütterlich wurde in den meisten Abhandlungen zum Recht auf Arbeit die internationale Ebene behandelt. Das hatte auch mit dem Blickwinkel zu tun, aus dem das Recht auf Arbeit betrachtet wurde, denn vor 25 Jahren äußerten sich dazu zwar auch Experten/innen aus dem Völkerrecht, vorwiegend aber aus dem Arbeits- und Sozialrecht, die in der Regel eine nationale Perspektive hatten. Selbst das Recht der damaligen Europäischen Gemeinschaft wurde in seinen gestaltenden Auswirkungen auf das nationale 10 1 Hier nur exemplarisch: Achten, Udo / Bieback, Karl-Jürgen / Däubler, Wolfgang, Recht auf Arbeit eine politische Herausforderung, Neuwied 1978; Wank, Rolf Das Recht auf Arbeit im Verfassungsrecht und im Arbeitsrecht, Königstein 1980; zur Aufsatzliteratur aus dieser Zeit siehe Schaub, Günter, Arbeitsrechtshandbuch, 2000, 9. Aufl., S. 1116, Anm Fenn, Herbert, Recht auf Arbeit arbeitsrechtliche Aspekte, in: Pietzcker, Jost, Recht auf Arbeit Symposium zum 70. Geburtstag von Karl Josef Partsch, 1984, S Süddeutsche Zeitung (SZ) Schmid Günther, Wege in eine neue Vollbeschäftigung, 2002, S

7 1 Hintergrund Hintergrund 1 Recht zu dieser Zeit noch weitgehend ignoriert. Das hat sich, was das Recht der EU angeht, gründlich geändert, seit das europäische Recht so umfassend geworden ist, dass nahezu alle nationalen Rechtsbereiche davon betroffen sind und es deshalb auch in der juristischen Ausbildung vom freiwilligen Wahlfach zum Pflichtstoff in fast jeder Vorlesung zum nationalen Recht avanciert ist. In Bezug auf das Völkerrecht, zumal die Menschenrechte und hier insbesondere die sozialen und wirtschaftlichen Grundrechte, sieht das ganz anders aus. Weder gibt es in der deutschen Rechtswissenschaft darüber ausreichende Kenntnisse noch in der Bevölkerung ein entsprechendes Bewusstsein. Daher konzentriert sich die vorliegende Studie auf die internationalrechtlichen Grundlagen des Rechts auf Arbeit und die Frage, was daraus für die Bundesrepublik Deutschland an Verpflichtungen folgt. Der besondere Charakter der Arbeit als Menschenrecht ergibt sich schon daraus, dass sie nicht nur der Existenzsicherung dient. Sie vermittelt auch und gerade soziale Identität in der Arbeitsgesellschaft, in der sich der Großteil der erwachsenen Bevölkerung über die Teilnahme am Erwerbsleben definiert, da soziale Anerkennung und Teilhabe im Wesentlichen davon abhängen 5. Diese Schlüsselstellung der Erwerbsarbeit ist allerdings historisch betrachtet keineswegs selbstverständlich, sondern hat sich mit der Entwicklung der Industriegesellschaft immer stärker ausgeprägt. Parallel dazu kristallisierte sich der Zusammenhang zwischen Arbeitsbedingungen, sozialer Gerechtigkeit und friedlicher Entwicklung heraus, der 1919 zur Gründung der Internationalen Arbeitsorganisation führte. In diesem Rahmen spielte Erwerbsarbeit erstmals auf internationaler Ebene eine Rolle, und zwar zunächst vorwiegend aus der Furcht vor neuen revolutionären Bewegungen, später dann mit dem Hauptziel, soziale Gerechtigkeit zu verwirklichen 6. Spätestens nach dem zweiten Weltkrieg waren beide Trends in der Bedeutung der Erwerbsarbeit international etabliert zum einen, Arbeit als einen Aspekt der Menschenwürde wahrzunehmen, zum anderen das Bestreben, sozialen Ausgleich in der Erwerbsarbeit zu schaffen. Letzteres ist nicht nur als soziologischer Befund relevant, sondern es könnte sich in Deutschland über Art. 2 in Verbindung mit Art. 1 des Grundgesetzes (GG) auch rechtlich auswirken, wenn angenommen würde, dass der Mensch seine Persönlichkeit in einem hohen Maße in der Arbeit entfalten kann. Dafür spricht viel, denn in einer am Erwerbszweck ausgerichteten Gesellschaft gilt Erwerbstätigkeit als soziale Norm. Wer die Norm nicht erfüllt, wird ausgegrenzt mit der Folge, dass Arbeitslosigkeit ein Anschlag auf die körperliche und seelisch-geistige Integrität ist (...) Sie ist Raub und Enteignung der Fähigkeiten und Eigenschaften, die (...) in einem mühsamen und aufwendigen Bildungsprozess erworben wurden und die von ihren gesellschaftlichen Betätigungsmöglichkeiten abgeschnitten in Gefahr sind, zu verrotten und schwere Persönlichkeitsstörungen hervorzurufen. Vielfältige Formen der Selbstachtung und der sozialen Anerkennung im friedlichen Verkehr miteinander sind nach wie vor in zentraler Weise mit einer Arbeit verknüpft, die ihres Lohnes würdig ist 7. Dieser Befund aus soziologischer Sicht wird vom Ersten Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung bestätigt, wonach (unfreiwillige) Erwerbslosigkeit mit einer Verschlechterung der psychischen und bei Langzeitarbeitslosigkeit auch physischen Befindlichkeit einhergeht 8. Daneben darf nicht vernachlässigt werden, dass trotz der sozialen Sicherungssysteme in den Industriestaaten, mit diesen Systemen in der letzten Stufe in Deutschland mit der Sozialhilfe nur das Existenzminimum gesichert wird und ein Schutz vor sozialer Ausgrenzung dadurch nicht gewährleistet ist. Auch relative Einkommensarmut, so der Begriff der Europäischen Kommission, bei der nicht die Existenz bedroht ist, grenzt Menschen sozial aus, weil sie von den Angeboten der Bildung, der Freizeit und des Konsums ausgeschlossen bleiben. 1.2 Bestimmung des Begriffs Recht auf Arbeit Der Begriff Arbeit ist weit und umfasst alle zielgerichteten Tätigkeiten zum Zweck der Befriedigung bestimmter Bedürfnisse. Aus dem Begriff selbst lässt sich keine Einschränkung auf Erwerbstätigkeit ableiten, sodass auch Hausarbeit, Kindererziehung oder ehrenamtliche Tätigkeiten selbstverständlich Arbeit sind, im familiären Bereich sogar existenznotwendige Arbeit. Diese Tätigkeiten im informellen Sektor sind jedoch in der Regel nicht vergütet, sie verschaffen also keine eigenständige materielle Lebensgrundlage, die zur gleichberechtigten Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, insbesondere auch zur Wahrnehmung von anderen Menschenrechten, wie zum Beispiel auf Bildung oder Gesundheit, erforderlich ist. Daher ist Arbeit für den vorliegenden Zusammenhang eingeschränkt im Sinne von Berufs- bzw. Erwerbsarbeit zu verstehen, das heißt als Arbeit im Rahmen der eigenen Fähigkeiten gegen Entgelt, da nur diese Form der Arbeit die materielle Existenzsicherung gewährleistet. Entscheidend ist dabei, dass es sich um eine frei übernommene Arbeit handelt 9. Offen bleibt, ob die Gewährleistung nur auf abhängige Arbeit zielt oder auch selbständige Tätigkeit umfasst. Von beiden Varianten geht die vorliegende Untersuchung aus. Recht auf Arbeit meint also nicht nur Arbeit in einem Arbeitsverhältnis, das heißt als Arbeitnehmer/in, sondern jede Art von existenzsichernder Beschäftigung, also auch selbständige (freiberufliche oder gewerbliche) Tätigkeiten. Diese Sichtweise wird durch die Stellungnahmen der internationalen Kontrollorgane zum Recht auf Arbeit bestätigt, die regelmäßig staatliche Maßnahmen zur Förderung der selbständigen Erwerbstätigkeit positiv bewerten Das Recht auf Arbeit als subjektives Recht? Das Recht auf Arbeit ist ambivalent, da es etwas verspricht, das es so nicht halten kann. Es kann zunächst in zwei Richtungen verstanden werden: als subjektives Recht gegen private Arbeitgeber/innen oder den Staat oder (nur) als Leitlinie für eine entsprechende Beschäftigungspolitik. Davon hängt ab, welche konkreten Verpflichtungen die Staaten treffen, die die einschlägigen völkerrechtlichen Verträge ratifiziert haben. Als Adressat eines Rechts auf Arbeit kann im marktwirtschaftlichen System der Bundesrepublik Deutschland nur der Staat in Betracht kommen. Ein Anspruch auf einen ganz bestimmten Arbeitsplatz gegenüber privaten Arbeitgeber/innen würde eine Grundlage des Zivilrechtssystems, die Vertragsfreiheit, zugunsten eines Kontrahierungszwangs aufheben und damit in ein planwirtschaftliches System führen. Entsprechend war das Recht auf Arbeit in den ehemaligen sozialistischen Staaten als Anspruch auf einen Arbeitsplatz verstanden worden. Aber auch der Staat als Adressat eines individuellen Anspruchs auf einen konkreten Arbeitsplatz stünde vor unlösbaren Problemen. Sein politischer Bewegungsspielraum wäre auf das Ziel der Vollbeschäftigung hin eingeschränkt. Er müsste auch bei leeren Staatskassen in seinem Einflussbereich den erreichten Beschäftigungsstand halten, gegebenenfalls sogar neue Stellen schaffen. Diese einseitige Ausrichtung an einem Politikziel wäre schon wirtschaftlich nicht leistbar, da sich der Staat in Zeiten, da seine Einnahmen zurückgehen, auch aufgrund der EU-Verpflichtungen zur Einhaltung von Stabilitätskriterien nicht nach Belieben verschulden darf. Darüber hinaus würde eine derartige Konzentration auf ein Ziel rasch an verfassungsrechtliche Schranken stoßen 11. Auch das Anspruchsobjekt eines subjektiven Rechts auf Arbeit ist schwer zu bestimmen. Auf welche Art von Arbeit soll sich das Recht beziehen? Auf eine der Qualifikation entsprechende oder nur auf eine die Existenz sichernde Arbeit? Hier befinden wir uns bereits mitten im positiven Recht der Bundesrepublik Deutschland, dem Arbeitslosenrecht, geregelt im Sozialgesetzbuch III (SGB III). Inwieweit dieser Rechtsbereich für die Umsetzung der internationalen Gewährleistung eines Rechts auf Arbeit eine Rolle spielt, wird noch zu zeigen sein 12. Es bleibt also festzuhalten: Adressat des Rechts auf Arbeit kann nur der Staat sein. Das Recht auf Arbeit ist aber nicht als subjektives Recht zu verstehen, da der Staat nur eine begrenzte eigene Verfügungsmacht über Arbeitsplätze hat, die auch nicht beliebig vermehrt werden können. Daher bestimmt das Recht auf Arbeit eher den Orientierungsrahmen für staatliche 5 Vgl. dazu auch Eide, Asbjørn, Economic, Social and Cultural Rights as Human Rights, in: Eide/Krause/Rosas (Hrsg.), Economic, Social and Cultural Rights, Dordrecht u.a., 1995, 1. Aufl., S. 21 ff. 6 Dazu auch Drzewicki, Krzysztof, The Right to Work and Rights in Work, in: Eide/Krause/Rosas (Hrsg.), Economic, Social and Cultural Rights, 2001, 2. Aufl., S. 223 ff. 7 Negt, Oskar, Arbeit und menschliche Würde, 2002, S BMA 2001, Bezüge zum Problem Zwangsarbeit siehe unten a)bb)(2). 10 Dazu genauer unten Riedel, Eibe, Theorie der Menschenrechtsstandards, 1986, S Siehe unten und

8 1 Hintergrund Hintergrund 1 Beschäftigungspolitik. Daneben stellt sich die Frage, ob der Staat auch verpflichtet ist, bei der gesamten Gesetzgebung das Ziel der Beschäftigungsförderung zu berücksichtigen. Das spielt für viele Rechtsgebiete eine Rolle, genannt sei zum Beispiel das Steuerrecht. In der vorliegenden Untersuchung wird aber nur das Arbeitsrecht angesprochen. Schließlich ist zu bedenken, dass ein individuell verstandenes Recht auf Arbeit in die Tarifautonomie eingreifen würde, da die Tarifpartner Bindungen, zum Beispiel zur Lohnhöhe, unterworfen werden müssten Recht auf Arbeit versus Recht in der Arbeit Eine Trennung zwischen dem Recht auf Arbeit und Rechten in der Arbeit ist vorschnell, sofern daraus die Schlussfolgerung gezogen wird, dass die Rechte in der Arbeit, also die Rechtsmaterie, die mit Arbeitsrecht umschrieben ist, für die Überlegungen zum Recht auf Arbeit ausgeklammert werden können. Diese Perspektive nimmt das Recht auf Arbeit als vorgelagert wahr, da es Rechte in der Arbeit nur geben kann für Menschen, die Arbeit haben. Das ist zwar auf den ersten Blick plausibel, weil Rechte in der Arbeit nur so viele Arbeitsplätze erfassen können, wie nach der Wirtschaftslage bereitgestellt werden können. Schon eine Diskussion aber, wie sie aktuell um die Reform des arbeitsrechtlichen Kündigungsrechts geführt wird, zeigt, dass arbeitsrechtliche Regeln offenbar beschäftigungsfördernde oder auch -behindernde Wirkungen haben können bzw. so wahrgenommen werden. Die Ausgestaltung des Rechtsrahmens für Beschäftigung, das Arbeitsrecht, hat also einen erheblichen Einfluss auf die Umsetzung des Rechts auf Arbeit selbst. So wird zum Teil das Arbeitsrecht als Arbeitnehmerschutzrecht insgesamt als Beschäftigungsbremse qualifiziert. Das Dilemma, das daraus folgt, ist offensichtlich: Wenn Arbeitsrecht beschäftigungshemmend wirken kann, soll es dann zugunsten einer besseren Realisierung des Rechts auf Arbeit eingeschränkt werden? Dass diese Schlussfolgerung kontraproduktiv ist, zeigt allein schon die Existenz und inhaltliche Arbeit der Internationalen Arbeitsorganisation in Genf, die seit den zwanziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts Mindeststandards für Arbeitsbedingungen ausarbeitet. Das eine darf gegen das andere also nicht ausgespielt werden. Beim Recht auf Arbeit geht es nicht um irgenddeine Arbeit, sondern um eine menschenwürdige. Dafür liefert die ILO Minimalstandards, von denen die Staaten nach oben abweichen dürfen. Das Recht auf Arbeit und Rechte in der Arbeit sind also keine Gegensätze, sondern sie ergänzen sich. Für die vorliegende Untersuchung zum Recht auf Arbeit folgt daraus, dass bei der Frage der Umsetzung des Rechts auf Arbeit in Deutschland auch das Arbeitsrecht in den Blick genommen werden muss Recht auf Arbeit versus Recht zur Arbeit, Recht am Arbeitsplatz und Recht auf Beschäftigung In der arbeitsrechtlichen Literatur führen noch weitere Kategorien von Rechten an der Arbeit zu Abgrenzungsproblemen. Zum einen geht es um das Recht zur Arbeit 14. Damit ist im Gegensatz zum Recht auf Arbeit die Berufsfreiheit des Art. 12 I GG gemeint, wonach alle Deutschen das Recht haben, einen Beruf frei zu wählen und auszuüben. Um einen Anspruch auf einen bestimmten Arbeitsplatz oder überhaupt auf einen Arbeitsplatz geht es bei Art. 12 GG nicht. Beim Recht auf Beschäftigung dagegen handelt es sich um einen privatrechtlichen, aus dem schon bestehenden Arbeitsvertrag folgenden Anspruch gegen den/die Arbeitgeber/in. Der/die hat die Pflicht, den/die Arbeitnehmer/in entsprechend der vereinbarten Tätigkeit nicht nur zu entlohnen, sondern auch tatsächlich zu beschäftigen. Hierher gehört zum Beispiel der Fall eines Regierungsdirektors, der nur 240 Stunden im Jahr beschäftigt wurde und erfolgreich vor dem Verwaltungsgericht gegen seinen Arbeitgeber klagte, ihn angemessen zu beschäftigen. Überschrieben war der entsprechende Pressebericht mit dem irreführenden Titel Leitender Beamter hat ein Recht auf Arbeit 15. Aus dem ursprünglich umstrittenen, mittlerweile anerkannten Beschäftigungsanspruch kann im übrigen auch der Wandel des Wertes der Arbeit von der reinen Existenzsicherung zur Sinnsicherung abgelesen werden. Nach wie vor umstritten und im Ergebnis abzulehnen ist ein Recht am Arbeitsplatz. Der Bedeutung der Berufsarbeit für den Einzelnen entsprechend, wird zum Teil ein Recht am Arbeitsplatz als absolutes Recht im Sinne der Schadensersatznorm des 823 I BGB angenommen. Damit wäre der Arbeitsplatz geschützt wie andere Rechtsgüter des 823 BGB. Die Folge wäre, dass die Verletzung eines solchen Rechts zu Schadensersatzansprüchen gegen den/die Verletzer/in führen würde. Denkbar sind Fälle wie der eines/r arbeitswilligen Arbeitnehmer/s/in gegen die Streikenden, wenn der Streik rechtswidrig war. Diese Konstellation ist nicht abwegig. In Frankreich gibt es solche Fälle 16. Wegen der unabsehbaren Konsequenzen eines derartigen Anspruchs hat das Bundesarbeitsgericht ihn zwar nicht von vornherein ausgeschlossen 17, sich in einem jüngeren Fall aber eher ablehnend geäußert. Allerdings hat es die Frage für den konkreten Fall offen lassen können Die historische Entwicklung des Rechts auf Arbeit Seit der französischen Revolution von 1789 ist die Normierung eines Rechts auf Arbeit immer wieder gefordert worden, weil nach der Abschaffung des Feudalismus erstmals Arbeitslosigkeit nach unserem heutigen Verständnis bei arbeitslosen Landarbeitern und Handwerkern aufgetreten ist 19. Das Recht wurde zunächst in der Februar-Revolution 1848 in Frankreich in Gestalt eines Anspruchs auf Beschäftigung in so genannten ateliers nationaux umgesetzt, es scheiterte aber umgehend wegen des großen Andrangs von Arbeitslosen am eigentlichen Problem eines Rechts auf Arbeit: an der praktischen Umsetzung. Auch Karl Marx hatte das früh erkannt und im Recht auf Arbeit eine erste unbeholfene Formel für die Ansprüche des Proletariats gesehen 20, die erst noch konkretisiert werden müsste. Die erstarkenden Gewerkschaften konzentrierten sich dann in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts mehr auf die eigene Durchsetzungsmacht durch Koalitionsfreiheit und Streikfreiheit, schließlich auch durch den Abschluss von Tarifverträgen. Die verfassungspolitische Forderung nach einem Recht auf Arbeit erhoben sie nicht, zumal dessen Konturen im Laufe der Jahrzehnte verschwommen blieben und von der traditionellen Armenfürsorge über die neue soziale Sicherung für Arbeitnehmer/innen bis zu staatlicher Arbeitsmarktpolitik reichten 21. Diese drei Elemente des Rechts auf Arbeit wurden in der Weimarer Reichsverfassung ausdrücklich normiert (Art. 163 II 2; Art. 157, 158, 161; Art. 163 II 1), aber nicht als verbindliche Normen, sondern als Staatsziele verstanden. Die nationalsozialistische Arbeitsverfassung proklamierte dann zwar ein Recht auf Arbeit für alle und profitierte vom allgemeinen konjunkturellen Aufschwung jener Jahre 22. Die Arbeitslosenzahlen konnten wegen der umfangreichen Kriegsproduktion bis 1938 auch reduziert werden; aus einem Recht auf Arbeit wurde aber dann ein Zwangssystem mit Dienstverpflichtungen und Kündigungsverboten. Insgesamt fällt auf, dass, historisch betrachtet, das Recht auf Arbeit immer im Zusammenhang mit großen politischen und wirtschaftlichen Umwälzungen thematisiert wurde, sei es in Revolutionsjahren oder beim Neubeginn mit der Weimarer Reichsverfassung Das Recht auf Arbeit im deutschen Verfassungsrecht Grundgesetz Die Weimarer Reichsverfassung hatte in Art. 163 noch ein Recht auf Arbeit anerkannt, allerdings auch eine Pflicht zur Arbeit vorgesehen. Das Grundgesetz garantiert in Art. 12 zwar die freie Wahl von Beruf und Ausbildungsplatz, formuliert aber, anders als die französische oder die italienische 13 Als Gefahr sieht das auch Kempen, Otto, Die Zweischneidigkeit des Rechts auf Arbeit Reflexionen über eine wenig reflektierte Forderung, in: Däubler, Wolfgang (Hrsg.) Arbeit und Recht: Festschrift für Albert Gnade, 1992, S. 57 ff. 14 So die Formulierung von Fenn, Herbert, (siehe Fn.2), S Süddeutsche Zeitung (SZ), Mit weiteren Nachweisen Gamillscheg, Franz, Arbeitsrecht I, 2000, 8. Aufl., S BAG, Neue juristische Wochenschrift (NJW) 1971, BAG, Neue juristische Wochenschrift (NJW) 1999, 164, Kempen, Otto, Die Zweischneidigkeit des Rechts auf Arbeit, (siehe Fn. 13) S Zitiert nach Däubler, Wolfgang, Das Arbeitsrecht 2, 1998, S ebd., S Mottek, Hans, Wirtschaftsgeschichte Deutschlands, Bd. III, Berlin 1974, S

9 1 Hintergrund Hintergrund 1 Verfassung kein Recht auf Arbeit. Entsprechend hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) schon 1964 festgestellt, Art. 12 GG gewähre keinen Anspruch darauf, im erwählten Beruf Beschäftigung zu finden. Vielmehr müsse der/die Einzelne das mit der Berufswahl verbundene Risiko selbst tragen, da es sich dabei um seine/ ihre freie Entscheidung handele, denn sonst stagnieren der freie Wettbewerb und die freie Wirtschaft 23. Bei dieser Auslegung des Art. 12 GG ist es bis heute geblieben 24, sodass aus dem Grundgesetz ein Recht auf Arbeit nicht herleitbar ist. Das hat auch das Bundesverfassungsgericht bestätigt 25. Zu Beginn der neunziger Jahre wurde allerdings die Aufnahme eines Rechts auf Arbeit in das Grundgesetz diskutiert 26. Art. 5 des Einigungsvertrages vom hatte den gesetzgebenden Körperschaften aufgegeben, sich mit der Aufnahme von Staatszielbestimmungen in das Grundgesetz zu befassen. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hatte daraus in seinen Verfassungspolitischen Leitlinien zu einer gesamtdeutschen Verfassung 1992 insbesondere die Aufnahme des Rechts auf Arbeit als Staatsziel in das Grundgesetz gefordert. Eine unerwünschte Nebenfolge wurde dabei nicht berücksichtigt: der zu erwartende erhöhte staatliche Druck auf die Tarifpoltitk mit dem Ziel, Tarifverträge so auszugestalten, dass Beschäftigung gefördert wird 27. Nach zweijährigen Beratungen wurde schließlich zwar das Staatsziel Umweltschutz, nicht jedoch das Recht auf Arbeit ins Grundgesetz aufgenommen. Es hat aber bei der Landesverfassungsgebung in den neuen Bundesländern eine große Rolle gespielt 28. Für das Grundgesetz hat das Bundesverfassungsgericht aus dem Sozialstaatsgebot des Art. 20 I GG Teilaspekte eines Rechts auf Arbeit abgeleitet. So entnimmt es dem Sozialstaatsgebot die Verpflichtung zur Gewährung des Existenzminimums 29, der sozialen Sicherung der Beschäftigten 30 und auch der Beteiligungsmöglichkeiten der Beschäftigten am Arbeitsplatz 31. Allgemein wird man zwar sagen können, dass die Verpflichtung auf den sozialen Rechtsstaat die Verpflichtung des Staates einschließt, alle Anstrengungen zu unternehmen, Arbeitslosigkeit zu vermeiden 32. Entsprechend hat das Bundesverfassungsgericht in einer jüngeren Entscheidung festgestellt, das Ziel, Massenarbeitslosigkeit zu bekämpfen, hat aufgrund des Sozialstaatsprinzips Verfassungsrang 33. Wie Arbeitslosigkeit aber vermieden werden kann, ist Gegenstand der staatlichen Arbeitsmarktpolitik, die in ihrer konkreten Ausgestaltung nicht unter dem Gesichtspunkt des Sozialstaatsprinzips betrachtet werden kann. Außerdem enthält das Sozialstaatsprinzip nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts infolge seiner Weite und Unbestimmtheit regelmäßig keine unmittelbaren Handlungsanweisungen, die durch die Gerichte ohne gesetzliche Grundlage in einfaches Recht umgesetzt werden können 34. Das Bundesverfassungsgericht deutet den Aspekt sozial als Staatszielbestimmung und nicht, wie die Grundrechte, als subjektiv öffentliches Recht, weshalb der Gesetzgeber ein weites Ermessen bei der Verwirklichung des Sozialstaatsprinzips hat 35. Deshalb folgt aus dem Sozialstaatsgebot schon gar kein verfassungsrechtliches Gebot staatlicher Vollbeschäftigungspolitik, zumal das Grundgesetz unstreitig die Entscheidung über eine bestimmte Wirtschaftspolitik offen lässt Länderverfassungen Anders sieht es mit einem ausdrücklichen Recht auf Arbeit bei einer Reihe von Länderverfassungen aus. Alle Verfassungen der alten Bundesländer mit Ausnahme von Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Baden-Württemberg, die keinen eigenen Grundrechtskatalog enthalten, sondern auf die Grundrechte des GG verweisen, haben nach dem zweiten Weltkrieg ein Grundrecht auf Arbeit aufgenommen, wenn auch mit unterschiedlicher Ausprägung. Am konkretesten ist Art. 13 I der Berliner Verfassung ausgestaltet. Dort heißt es: Jedermann hat das Recht auf Arbeit. Dieses Recht ist durch eine Politik der Vollbeschäftigung und Wirtschaftslenkung zu verwirklichen. Wenn Arbeit nicht nachgewiesen werden kann, besteht Anspruch auf Unterhalt aus öffentlichen Mitteln. Hier wird das Problem der Umsetzung eines Rechtes auf Arbeit mit einbezogen, ähnlich wie in der Bremer Verfassung, wo einerseits in Art. 8 I das Recht auf Arbeit gewährleistet und andererseits in Art. 49 II den Staat verpflichtet, geeignete Maßnahmen zu treffen, dass jeder, der auf Arbeit angewiesen ist, durch Arbeit seinen Lebensunterhalt erwerben kann. In den anderen Landesverfassungen ist lediglich das Recht auf Arbeit als solches geregelt oder, wie in der Hamburger Verfassung, nur in der Präambel die Arbeitskraft dem Schutz des Staates unterstellt: NRW Art. 24 I Hessen Art. 28 II Bayern Art. 166 Saarland Art. 45 Rheinland-Pfalz Art. 53 Nach 1990 wurde auch in den neuen Bundesländern ein Recht auf Arbeit als Staatsziel in die Landesverfassungen aufgenommen, am deutlichsten in Art. 48 I der Verfassung des Landes Brandenburg, der auch Umsetzungsregelungen enthält 36. Es herrscht zwar weitgehend Einigkeit darüber, dass das Recht auf Arbeit in den Landesverfassungen nicht gegen das Grundgesetz verstößt 37, es kann aber schon deshalb nicht als Konkretisierung oder Auslegungshilfe des grundgesetzlichen Sozialstaatsprinzips verstanden werden, weil das Grundgesetz als Bundesrecht Vorrang hat und dort das Prinzip der neutralen Wirtschafts- und Arbeitsverfassung verankert ist 38. Die praktische Bedeutung der entsprechenden Bestimmungen in den Länderverfassungen ist gering, weil sie sowohl von der Rechtsprechung als auch von der Literatur als reine Programmsätze angesehen werden. Das entspricht auch den Formulierungen der meisten Verfassungen der neuen Bundesländer, die das Recht auf Arbeit als Staatsziel festlegen. So heißt es in Art. 17 I der Verfassung von Mecklenburg-Vorpommern: Das Land trägt zur Erhaltung und Schaffung von Arbeitsplätzen bei. Es sichert im Rahmen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts einen hohen Beschäftigungsstand. Die sächsische Verfassung erkennt in Art. 7 I das Recht eines jeden Menschen auf ein menschenwürdiges Dasein, insbesondere auf Arbeit, auf angemessenen Wohnraum, auf angemessenen Lebensunterhalt, auf soziale Sicherung und auf Bildung, als Staatsziel an". Sachsen-Anhalt formuliert in Art. 39 I seiner Verfassung: Allen die Möglichkeit zu geben, ihren Lebensstandard durch eine frei gewählte Arbeit zu verdienen, ist dauernde Aufgabe des Landes und der Kommunen. Auch die thüringische Verfassung begreift das Recht auf Arbeit in Art. 36 als Staatsziel: Es ist ständige Aufgabe des Freistaats, jedem die Möglichkeit zu schaffen, seinen Lebensunterhalt durch frei gewählte und dauerhafte Arbeit zu verdienen. Zur Verwirklichung dieses Staatsziels ergreifen das Land und seine Gebietskörperschaften insbesondere Maßnahmen der Wirtschafts- und Arbeitsförderung, der beruflichen Weiterbildung und der Umschulung". Das Recht auf Arbeit in den Verfassungen kann also zwar als politisches Argument für eine effizientere Beschäftigungspolitik herangezogen werden, nicht aber als Rechtsgrundlage für durchsetzbare Rechtsansprüche 39. Folge davon ist, dass die Verletzung dieses Programmsatzes sanktionslos bleibt. Die weitgehende Akzeptanz dieser Sichtweise hat auch damit zu tun, dass die Bundesländer ohnehin nur sehr begrenzte Kompetenzen und Mittel für die Schaffung von Arbeitsplätzen haben. 23 BAG, Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 1964, Vgl. Däubler, Wolfgang, Das Arbeitsrecht 2, 1998, S. 75, Anm BVerfGE 84, 133, 146 f. 26 Dazu unter anderem Scholz, Rupert, Arbeitsverfassung, Grundgesetzreform und Landesverfassungsrecht, Recht der Arbeit (RdA) 1993, 249 ff. 27 Kempen, Otto, (siehe Fn. 13) S Dazu unten BVerfGE 1, 97, 104 f.; 40, 21, BVerfGE 11, 105, BVerfGE 5, 85, 206; 19, 303, So auch Gamillscheg, Franz, Arbeitsrecht I, 2000, 8. Aufl., S BVerfG , Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht (NZA) 2001, 777, BVerfGE 65, 182 ff., Art. 48 I: Das Land ist verpflichtet, im Rahmen seiner Kräfte durch eine Politik der Vollbeschäftigung und Arbeitsförderung für die Verwirklichung des Rechts auf Arbeit zu sorgen, welches das Recht jedes Einzelnen umfasst, seinen Lebensunterhalt durch frei gewählte Arbeit zu verdienen. Art. 48 II: Unentgeltliche Berufsberatung und Arbeitsvermittlung werden gewährleistet. Soweit eine angemessene Arbeitsgelegenheit nicht nachgewiesen werden kann, besteht Anspruch auf Umschulung, berufliche Weiterbildung und Unterhalt Vgl. Däubler, Wolfgang, Das Arbeitsrecht 2, 1998, S. 77, Anm. 92; a.a. Scholz, Rupert, Arbeitsverfassung, Grundgesetzreform und Landesverfassungsrecht, Recht der Arbeit (RdA) 1993, S. 249 ff. 38 Scholz, Rupert, ebd., S Vgl. Däubler, Wolfgang, Das Arbeitsrecht 2, 1998, S. 77, Anm

10 2 2 2 Das Recht auf Arbeit in internationalen Rechtsinstrumenten 2.1 Internationale Verpflichtungen Rechtsquellen Durch die Gründung der Internationalen Arbeitsorganisation (International Labour Organisation ILO) wurde im Jahre 1919 erstmals auf internationaler Ebene die Bedeutung der Erwerbsarbeit für den einzelnen Menschen einerseits und der Entwicklung sozial gerechter Gesellschaften als Grundlage für eine friedliche weltweite Entwicklung andererseits institutionalisiert. Lange vor den entsprechenden Menschenrechtspakten hat die ILO begonnen, eine internationale Arbeitsgesetzgebung aufzubauen, die bis 1966 dem Jahr, aus dem der Internationale Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte stammt, schon 126 Übereinkommen und Empfehlungen zu zahlreichen arbeits- und sozialrechtlichen Fragestellungen umfasste. Ausdrücklich genannt ist das Recht auf Arbeit in keinem der Übereinkommen. Von den etwa 50 Verträgen und Beschlüssen zu Menschenrechten, die neben den ILO-Rechtsgrundlagen das Thema Arbeit betreffen, enthalten nur wenige ein ausdrückliches Recht auf Arbeit. Der wichtigste ist der Internationale Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte vom (IPWSKR), der im Folgenden auch im Mittelpunkt stehen wird. Die Pakte, die das Recht auf Arbeit ansprechen, definieren es allerdings nicht, sondern geben allenfalls Hinweise zu Umsetzungsstrategien. Deshalb soll in diesem Teil B für jedes der in Fragen kommenden internationalen Instrumente gefragt werden, wie das Recht auf Arbeit jeweils auszulegen ist, auch im Hinblick darauf, ob sich aus den verschiedenen Rechtsquellen eine einheitliche Interpretation ableiten lässt. Als Völkerrechtsquellen für das Recht auf Arbeit spielt neben dem Vertragsrecht das so genannte soft law eine Rolle. Es wird hier nicht im Einzelnen genannt, sondern bei den vertraglichen Quellen berücksichtigt. Bei diesem weichen Recht handelt es sich um Beschlüsse, Deklarationen und Resolutionen, Absichtserklärungen und Ähnliches, die immer dann abgegeben werden, wenn man sich auf die Schaffung einer Völkerrechtsnorm nicht einigen kann. Die Erklärungen sollen also gerade nicht rechtsverbindlich sein. Bedeutungslos sind sie aber dennoch nicht, weil ihnen oft Tendenzen für die Entstehung neuer Normen entnommen werden können und sich die Staaten zum Teil auch schon ohne rechtliche Verbindlichkeit daran halten 40. Außerdem kann dieses soft law, ähnlich wie die in Art. 38 I lit. des Statuts des Internationalen Gerichtshofs (IGH-Statut) genannten Rechtserkenntnisquellen (richterliche Entscheidungen und Lehrmeinungen) für die Auslegung der völkerrechtlichen Normen herangezogen werden. Deshalb soll wegen ihrer Bedeutung mit einer rechtlich unverbindlichen Erklärung begonnen werden Art. 23 Allgemeine Erklärung der Menschenrechte Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (AEMR) wurde als erstes Menschenrechtsinstrument am von der Generalversammlung der Vereinten Nationen (UN) angenommen 41. Zur historischen Bedeutung der Deklaration hat vor allem bei- getragen, dass neben bürgerlichen und politischen Rechten auch wirtschaftliche, soziale und kulturelle Menschenrechte (Art ) aufgenommen wurden. Als Resolution der Generalversammlung ist die Menschenrechtsdeklaration zwar nicht völkerrechtlich verbindlich, denn nach Art UN-Charta haben Entschließungen der Generalversammlung nur den Charakter von Empfehlungen. Es handelt sich bei der Menschenrechtsdeklaration also um einen Appell, der keine justiziablen Rechte einräumt. Aber als menschenrechtliches Grundsatzdokument spielt sie als Auslegungshilfe für alle einzelnen Übereinkommen eine Rolle 42. Das Recht auf Arbeit ist eines der zentralen wirtschaftlichen Menschenrechte. In Art. 23 der Menschenrechtsrechtserklärung wurde es zuerst formuliert: 1. Jeder Mensch hat das Recht auf Arbeit, auf freie Berufswahl, auf angemessene und befriedigende Arbeitsbedingungen sowie auf Schutz gegen Arbeitslosigkeit... Dabei geht Art. 23 dem Problem aus dem Weg, wie der Staat den Anspruch seiner Bürger auf Verschaffung von Arbeit erfüllen soll, ohne durch die Einschränkung der Freiheit der Arbeitsplatzwahl in andere Menschenrechte einzugreifen, indem das Recht auf Arbeit gleichzeitig mit der freien Wahl des Arbeitsplatzes proklamiert wird Der Internationale Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte 44 Der Internationale Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (IPWSKR) ist von zentraler Bedeutung für diese Untersuchung. Zusammen mit dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte (IPBPR) ist er das wichtigste Instrument des universellen Menschenrechtsschutzes, das einen großen Teil der in der AEMR formulierten Menschenrechte in völkerrechtlich verbindliche Vertragspflichten transformiert. Mit der Ratifizierung gehen die Staaten nicht nur die üblichen zwischenstaatlichen Verpflichtungen ein, sondern räumen ihren Bürgern auch unmittelbar die im Pakt gewährten Rechte ein. Allerdings sind die beiden Pakte unterschiedlich ausgestaltet. Die Freiheitsrechte des IPBPR stellen unmittelbar auf das Recht des Einzelnen ab, das heißt gewähren Individualansprüche gegen einen Staat. Dies wird durch das Zusatzprotokoll zum IPBPR untermauert, das ein Verfahren für Individualbeschwerden vorsieht 45. Dagegen betont der IPWSKR die Verpflichtung der Staaten. Formuliert der IPBPR: everyone shall have the right..., so heißt es beim IPWSKR: The State Parties to the present Covenant recognize the right of everyone.... Die Verpflichtung der Staaten ergibt sich insbesondere auch aus Art. 2 I IPWSKR, wonach die Vertragsstaaten die volle Verwirklichung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte (WSK-Rechte) nach und nach mit allen geeigneten Mitteln, vor allem durch gesetzgeberische Maßnahmen, zu erreichen haben. Entsprechend heißt es auch in Art. 6 zum Recht auf Arbeit, dass die Vertragsstaaten dieses Recht anerkennen und geeignete Schritte zu seinem Schutz unternehmen: (1) Die Vertragsparteien erkennen das Recht auf Arbeit an, welches das Recht jedes Einzelnen auf die Möglichkeit, seinen Lebensunterhalt durch frei gewählte oder angenommene Arbeit zu verdienen, umfasst, und unternehmen geeignete Schritte zum Schutz dieses Rechts. (2) Die von einem Vertragsstaat zur vollen Verwirklichung dieses Rechts zu unternehmenden Schritte umfassen fachliche und berufliche Beratung und Ausbildungsprogramme sowie die Festlegung von Grundsätzen und Verfahren zur Erzielung einer stetigen wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Entwicklung und einer produktiven Vollbeschäftigung unter Bedingungen, welche die politischen und wirtschaftlichen Grundfreiheiten des Einzelnen schützen". a) Inhalt des Art. 6 IPWSKR aa) Persönlicher Geltungsbereich Nach dem Wortlaut des Art. 6 I IPWSKR hat jeder einzelne ein Recht auf Arbeit, sodass der persönliche Geltungsbereich der Regelung umfassend zu sein scheint. Folglich wird zum Teil auch angenommen, dass der persönliche Geltungsbereich des Rechts auf Vgl. zum Beispiel zur arbeitsrechtlichen Situation in Südafrika vor der Abschaffung der Apartheid: Körner-Dammann, Marita, Bedeutung und faktische Wirkung von ILO-Standards, Baden-Baden 1991, insbes. S. 89 ff. 41 Zur Arbeit der Menschenrechtskommission Samnoy, Ashild, Human Rights as International Consensus. The Making of the Universal Declaration of Human Rights , Bergen, Zum Teil wird sogar angenommen, dass Teile der Deklaration durch die Praxis der UN-Organe und der Mitgliedstaaten zu Gewohnheitsrecht geworden sind, Verdross, Alfred / Simma, Bruno, Universelles Völkerrecht, 1984, 3. Aufl., Zum Problem, dass aus dem Recht auf Arbeit keine Einschränkung der Freiheit der Wahl des Arbeitsplatzes herausgelesen werden kann, schon Partsch, Karl Josef, Internationale Grundrechte der Arbeit, Recht der Arbeit (RdA) 1951, 361, BGBl II S GA Res XXI (1966). 19

11 2 2 Arbeit für alle Menschen gilt, die sich im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates aufhalten, unabhängig von der Dauer und Art ihres Aufenthaltes 46. Allerdings war schon bei der Ausarbeitung des WSK- Paktes umstritten, ob das Recht auf Arbeit nur den Staatsangehörigen zustehen sollte 47. Vergleicht man den Sozialpakt mit dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte (IPBPR), so wird deutlich, dass zwischen Rechten mit beschränktem persönlichen Geltungsbereich und Rechten, die für jede/n gelten sollen, unterschieden wird. So gilt Art. 13 IPBPR (Verfahrensrechte bei der Ausweisung) nur für Menschen mit ausländischer Staatsangehörigkeit, Art. 25 IPBPR (Rechte auf Teilnahme am politischen Leben) nur für Staatsangehörige. Art. 6 I IPWSKR ist also ein Recht, das jede/r hat. Dafür spricht auch Art. 2 III IPWSKR, der Entwicklungsländern erlaubt, die wirtschaftlichen Rechte des Paktes auf Staatsangehörige einzuschränken 48, also auch das Recht auf Arbeit, das zu den wirtschaftlichen Rechten gehört. Für die anderen Vertragsstaaten gilt dann aber, dass eine Einschränkung auf Staatsangehörige gerade nicht gewollt war 49. Jedoch wird in der Literatur die Auffassung vertreten, dass gerade das Diskriminierungsverbot des Art. 2 II IPWSKR 50 die Einschränkung von Paktrechten auf Staatsangehörige erlaube, weil bei der Aufzählung der Diskiminierungsverbote die Staatsangehörigkeit nicht genannt ist 51. Die nationale Herkunft ist zwar aufgeführt, ist aber nicht mit Staatsangehörigkeit gleichzusetzen, da sie nicht den rechtlichen Status, sondern die Abstammung einer Person meint 52 und sich daher vor allem auf nationale Minderheiten in einem Staat bezieht, die durchaus dessen Staatsangehörigkeit innehaben können. Die Staatsangehörigkeit unterfällt aber dennoch dem Diskriminierungsverbot, da Art. 2 II IPWSKR die Gründe für Diskriminierungsverbote nicht abschließend nennt, sondern auch eine Diskriminierung aufgrund des sonstigen Status verbietet 53. Allerdings ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte des Paktes, dass das Diskriminierungsverbot nicht schrankenlos sein sollte. Das ursprünglich geplante Verbot einer distinction Ungleichbehandlung wurde durch discrimination ersetzt, um deutlich zu machen, dass nicht jede, sondern nur eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung eine Verletzung des Paktes darstellen sollte 54. Daraus ergibt sich aber auch, dass eine Ungleichbehandlung jedenfalls einen Eingriff in Paktrechte bedeutet, der durch Sachgründe gerechtfertigt sein muss. Eine grundsätzliche Einschränkung des persönlichen Anwendungsbereiches des Art. 6 IPWSKR auf Staatsangehörige kann daraus aber nicht abgelesen werden. Aus einer späteren Staatenpraxis nach Art. 31 III b der Wiener Vertragsrechtskonvention (WVRK) könnte sich aber eine einschränkende Auslegung des Art. 6 I IPWSKR ergeben. Dafür gibt es zwei Anhaltspunkte. Zum einen hat die Generalversammlung in einer 1985 abgegebenen Erklärung zu den Menschenrechten von Personen, die nicht Staatsangehörige des Landes sind, in dem sie wohnen 55, nur das Recht auf gerechte Arbeitsbedingungen, nicht aber das Recht auf Arbeit genannt. Daraus ließe sich schlussfolgern, die Mitgliedstaaten würden davon ausgehen, dass Menschen anderer Staatsangehörigkeit kein Recht auf Arbeit haben. Dem widerspricht aber die Erklärung der Generalversammlung selbst, denn deren Art. 2 II stellt ausdrücklich fest, dass weitergehende Rechte von Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit, die in anderen völkerrechtlichen Instrumenten niedergelegt sind, also auch die aus Art. 6 IPWSKR, nicht eingeschränkt werden sollen. Zum anderen könnte die Praxis vieler Staaten, die Erwerbstätigkeit von Personen, die nicht Staatsangehörige ihres Landes sind, einzuschränken, zu einer Begrenzung des persönlichen Anwendungsbereichs von Art. 6 I IPWSKR durch nachfolgende Übung geführt haben. Dem ist aber nicht so, da schon keine einheitliche Übung zur Beschränkung der Erwerbstätigkeit für diese Menschen besteht 56. Außerdem wurden die Erwerbsmöglichkeiten von Angehörigen anderer Staaten auch schon vor der Existenz des Sozialpaktes eingeschränkt, sodass es sich nicht um nachfolgende Staatenpraxis handelt, die bei den Arbeiten zum Pakt nicht hätte berücksichtigt werden können. Schließlich hat die Bundesrepublik Deutschland, anders als zum Beispiel Frankreich und Großbritannien, bei der Ratifizierung des IPWSKR keine Vorbehalte zum persönlichen Anwendungsbereich erklärt, die gemäß 19 WVRK im Prinzip möglich sind. Folglich ist für Deutschland der Anwendungsbereich des Art. 6 I IPWSKR nicht auf Staatsangehörige beschränkt. bb) Sachlicher Geltungsbereich Der sachliche Geltungsbereich des Art. 6 IPWSKR umfasst zwei Ebenen: zum einen die Verpflichtung der Staaten, das Recht auf Arbeit zu schützen und das Abwehrrecht auf freie Berufswahl in Absatz 1 des Art. 6; zum anderen in Absatz 2 eine Konkretisierung der Staatenpflichten zur Verwirklichung von Absatz 1. Zum Begriff der Arbeit kann auf Kapitel 1.2 dieser Studie verwiesen werden 57, denn schon aus dem Wortlaut von Art. 6 I ergibt sich, dass Arbeit in einem umfassenderen Sinn zu verstehen ist als nur als Mittel zur Sicherung der Lebensgrundlage. Nach Art. 6 I umfasst das Recht auf Arbeit die Sicherung des Lebensunterhalts, geht aber in seiner Gesamtbedeutung darüber hinaus. Allerdings konkretisiert Art. 6 I nur den Aspekt der Lebensunterhaltssicherung, indem der freie Zugang zum Arbeitsmarkt als Voraussetzung für das Recht auf Arbeit angenommen wird. (1) Berufsfreiheit Die Sicherstellung einer frei gewählten oder angenommenen Arbeit in Art. 6 I IPWSKR entspricht im Wesentlichen der Berufsfreiheit des Art. 12 I GG und bedeutet, dass der Staat Berufs- und Arbeitsverbote, Zulassungsschranken und berufsregelnde Maßnahmen unterlassen muss, sofern sie nicht durch objektive, berufsbezogene Kriterien gerechtfertigt sind. So hat der Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (Sozialausschuss, WSK-Ausschuss) 58 zum Beispiel bei der Prüfung des 2. deutschen Staatenberichts, ebenso wie zuvor schon der ILO-Expertenausschuss 59, die Entlassung von Beamten und Beamtinnen der ehemaligen DDR wegen ihrer SED-Mitgliedschaft oder Mitarbeit im Staatssicherheitsdienst als Verstoß gegen deren Recht auf Arbeit gewertet 60, ohne allerdings zu spezifizieren, ob die Ablehnungskriterien als berufsbezogen gelten konnten und damit zulässig wären. Berufsfreiheit bedeutet aber im Rahmen des Art. 6 I IPWSKR, wie auch bei Art. 12 GG, nur die Wahl zwischen den vorhandenen Arbeitsplätzen. (2) Arbeitspflichten (a) Pflicht zur Arbeit? Unterhalb der Schwelle der Zwangsarbeit stellt sich Frage, ob das Recht auf Arbeit auch eine Arbeitspflicht umfasst oder ob diese gerade ausgeschlossen ist. Bei der Ausarbeitung von Art. 6 I IPWSKR gab es Staaten, die eine Arbeitspflicht als Teil des Rechts auf Arbeit befürworteten 61. Vor allem das francistische Spanien sah ohne eine Arbeitspflicht dem sozialen Schmarotzertum Tür und Tor geöffnet 62. Auch bei der Ausarbeitung von Art. 23 AEMR war umstritten gewesen, ob das Recht auf Arbeit mit einer allgemeinen Arbeitspflicht zu vereinbaren ist. Ob allein der Wortlaut des Art. 23 AEMR Jedermann hat das Recht auf Arbeit, auf freie Berufswahl... eindeutig gegen eine 46 Dohmes-Ockenfels, Daniela, Die Rechte auf Arbeit und Bildung der Asylbewerber in der Europäischen Union, Berlin 1999, S Unter anderem Dänemark hatte vorgeschlagen, Art. 6 auf Staatsangehörige einzuschränken, UN Doc. E/CN.4/542 (1951). 48 Zur Historie dieser Regelung, die zum Teil für völkerrechtswidrig gehalten wird, vgl. Dohmes-Ockenfels, Daniela (siehe Fn. 46) S. 82 ff. 49 So auch Tomuschat, Christian, The Right to Work, in: Rosas/Helgesen/Gomien (Hrsg.), Human Rights in a Changing East- West Perspective, New York 1990, S. 174, 188; Craven, Matthew, The International Covenant on Economic, Social and Cultural Rights, A Perspective on its Development, Oxford 1995, S Dazu unten b) bb). 51 Lillich, Richard, The human rights of aliens in contemporary international law, Manchester 1984, S. 47 f.; Elles, Diana, Aliens and Activities of the United Nations in the Field of Human Rights, Revue des Droits de l'homme 7 (1974), S. 291, So schon für den Begriff in der AEMR, UN Doc. E/CN.4/Sub.2/SR.5 (1947), S. 7 ff. 53 So auch Craven, Matthew, 1995 (s. Fn. 49) S Vgl. die umfangreichen Nachweise bei Dohmes-Ockenfels, Daniela (s. Fn. 46) S. 84, Anm Declaration on the human rights of individuals who are not nationals of the country in which they live, GA Res. 40/144, UN Doc. A/40/53 (1985/86). 56 Vgl. nur die auf die Europäische Union bezogene Darstellung von Dohmes-Ockenfels, Daniela (s. Fn. 46) zu den Erwerbsmöglichkeiten von Asylbewerbern, S. 39 ff Zu diesem Kontrollorgan siehe unten d). 59 Int. Labour Conf. 83 (1996), Rapport III, Partie 4 A, C. 111, Allemagne, 7 ff.: Der ILO-Expertenausschuss sah einen Verstoß gegen Art. 1 und 2 des Übereinkommen Nr. 111 über die Diskriminierung im Beruf, da eine Diskriminierung wegen der politischen Gesinnung vorliege. 60 UN Doc. E/C.12/1993/19, 249, Craven, Matthew, 1995 (s. Fn. 49) S UN Doc. A/C.3/SR.709 (1956),

12 2 2 die Pflicht auf Arbeit als Teil des Rechts auf Arbeit spricht, wie in der Literatur angenommen 63, mag dahinstehen. Jedenfalls sind sich die internationalen Überwachungsorgane einig, dass eine allgemeine Arbeitspflicht mit dem Recht auf Arbeit unvereinbar ist 64. (b) Verbot der Zwangsarbeit Bei Zwangsarbeit geht es, anders als bei der Arbeitspflicht, nicht um eine allgemeine Pflicht für alle, sondern um Tätigkeiten, die nur einzelnen Personen oder Personengruppen auferlegt werden. Art. 2 des ILO- Übereinkommens über Zwangs- und Pflichtarbeit vom definiert sie als jede Art von Arbeit oder Dienstleistung, die von einer Person unter Androhung irgendeiner Strafe verlangt wird und für die sie sich nicht freiwillig zur Verfügung gestellt hat. Das Verbot der Zwangsarbeit ist eindeutiger geregelt. Zwar spricht Art. 6 I IPWSKR sie nicht direkt an; Art. 8 III IPBPR sowie die ILO-Übereinkommen Nr. 29 und Nr. 105 über die Abschaffung der Zwangsarbeit vom verbieten sie aber ausdrücklich und können zur Interpretation von Art. 6 I IPWSKR herangezogen werden. Das führt dazu, dass im Rahmen des IPWSKR die Pflicht zur Leistung bestimmter Arbeiten als zulässige Einschränkung des Rechts auf Arbeit gerechtfertigt sein kann, die auch Art. 2 II a e des ILO-Übereinkommens Nr. 29 vom Zwangsarbeitsverbot ausnimmt. Dazu gehören bestimmte Arbeitspflichten im Rahmen des Militärdienstes, im Katastrophenfall oder Arbeitspflichten, die auf einem Strafurteil basieren. (3) Keine Arbeitsplatzgarantie Eingangs wurde bereits darauf hingewiesen, dass das Recht auf Arbeit vor allem in freiheitlichen Wirtschaftssystemen nicht bedeuten kann, dass der Staat einen individuellen Arbeitsplatz garantieren muss. Bei der Erarbeitung des IPWSKR war das nicht selbstverständlich. Im Gegenteil wurde zum Teil argumentiert, dass das Recht auf freie Berufswahl gerade auch die Pflicht des Staates umfasse, für einen Arbeitsplatz im frei gewählten Beruf zu sorgen 65, ohne dass deutlich geworden wäre, wie der Staat das bewerkstelligen soll. Der Wortlaut des Art. 6 I IPWSKR lässt zwar beide Interpretationen zu; die Mehrheit der Staaten geht aber davon aus, dass das Recht auf Arbeit so nicht zu verstehen ist. Der Vorschlag der damaligen UdSSR auf Aufnahme einer Arbeitsplatzgarantie wurde ausdrücklich abgelehnt 66. (4) Arbeitsrechtliche Gewährleistungen Arbeitsrechtliche Regelungen schützen und gestalten das Arbeitsverhältnis, setzen also den Bestand eines Arbeitsvertrages voraus. Es handelt sich dabei folglich, wie oben schon angesprochen 67 um Rechte in der Arbeit. Dagegen ist das Recht auf Arbeit vorgelagert; Arbeitsrecht könnte daher erst zur Anwendung kommen, wenn das Recht auf Arbeit schon verwirklicht wurde. So plausibel dieser Gedankengang erscheinen mag, er greift zu kurz. Zum einen geht es beim Recht auf Arbeit nicht um irgendeine beliebige Arbeit, sondern um eine rechtlich geschützte. Man kann sogar so weit gehen, dass die Pflicht der Staaten, das Recht auf Arbeit zu wahren, beinhaltet, dass sie durch Gesetzgebung die Wahrung dieses Rechts auch zwischen Privatpersonen sicherstellen müssen 68. Zum anderen ist der zentrale Bereich des Arbeitsrechts, der Kündigungsschutz, nicht nur an der Schnittstelle zwischen dem Recht auf Arbeit und dem Recht in der Arbeit angesiedelt, sondern er kann als Ausfluss des Rechtes auf Arbeit angesehen werden, da dieses Recht inhaltsleer bliebe, wenn grundlose Entlassungen möglich wären 69. Die Struktur der Art. 6-9 des IPWSKR stützt diese Interpretation. Während Art. 6 das Recht auf Arbeit schützt, beschäftigen sich die Art. 7-9 mit den Rechten in der Arbeit, wobei sich ihre Struktur im deutschen Arbeits- und Sozialrecht im Wesentlichen wiederfindet: Art. 7 beinhaltet individiualarbeitsrechtliche Garantien, Art. 8 verpflichtet die Staaten zu Einhaltung von kollektiven Rechten und Art. 9 betrifft die sozialversicherungsrechtliche Absicherung. Es fällt auf, dass das wichtigste Schutzrecht des Arbeitnehmers, der Kündigungsschutz, in Art. 7 nicht enthalten ist. Da der Schutz vor willkürlicher Entlassung aber den zentralen Bereich eines Arbeitsrechtssystems bildet, ist auszuschließen, dass gerade er bei Art. 7-9 unberücksichtigt bleiben sollte, zumal er im Rahmen der ILO von überragender Bedeutung ist. Vielmehr kann daraus geschlossen werden, dass der Kündigungsschutz gar nicht nur als reine arbeitsrechtliche Sicherung angesehen wurde, sondern als unmittelbar aus dem Recht auf Arbeit in Art. 6 IPWSKR folgend. Das bestätigt auch die Arbeit des Sozialausschusses. Wenn auch nur gelegentlich, so hat sich der Ausschuss aber jedenfalls zum Schutz vor willkürlichen Kündigungen geäußert und diesen Schutz als Teil des Rechts auf Arbeit aus Art. 6 I IPWSKR bewertet 70. Daraus folgt für den Umfang des Rechts auf Arbeit, dass aus dem Bereich des Arbeitsrechts jedenfalls das Kündigungsschutzrecht eines Staates mit zu berücksichtigen ist 71, denn von dessen Ausgestaltung hängt ab, inwieweit sich der/die Einzelne auf seinen/ihren Arbeitsplatz als wesentlichen Faktor seiner/ihrer Existenzsicherung verlassen kann. (5) Beschäftigungspolitik Beschäftigungspolitik ist der wichtigste Bereich für die Umsetzung des Rechtes auf Arbeit, da es einen individuellen Anspruch auf einen Arbeitsplatz nicht gibt. (a) Vollbeschäftigung Nach Art. 6 II IPWSKR haben die Staaten eine Politik der Vollbeschäftigung zu verfolgen. Allerdings lässt der Wortlaut keinen Raum für eine Interpretation, dass Vollbeschäftigung garantiert werden muss und damit ein Anspruch des Einzelnen auf einen Arbeitsplatz besteht. Auch die zu ergreifenden Maßnahmen sind offen. Schon wirtschaftswissenschaftlich ist umstritten, welcher wirtschaftspolitische Weg am ehesten zum Erfolg führt. Von staatsinterventionistischen bis zu neoliberalen Konzepten reicht die Palette der Rezepte. Ein empirischer Nachweis über die besseren Erfolgsaussichten des einen oder anderen Modells ist aber nicht möglich. Daher ist das Handlungsspektrum der Staaten weit gesteckt, ohne dass eine Verletzung des Art. 6 IPWSKR festgestellt werden könnte. Darüber hinaus berücksichtigt der Sozialausschuss bei der Prüfung der Staatenberichte die wirtschaftliche Entwicklung im jeweiligen Land, was es zusätzlich außerordentlich schwer macht, eine Verletzung der Pflichten aus dem Pakt zu bejahen. Unter der aus Art. 6 II IPWSKR folgenden Pflicht zur Förderung der Vollbeschäftigung können in Deutschland alle staatlichen Maßnahmen betrachtet werden, die der Arbeitsförderung dienen sollen, also insbesondere die Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik, aber auch die Ausgestaltung der Arbeitslosenversicherung, die beide im Sozialgesetzbuch III zur Arbeitsförderung und Arbeitslosenversicherung (SGB III) geregelt sind. (b) Berufsberatung und Ausbildungsprogramme Weiter sind als ausdrückliche Maßnahmen zur Verwirklichung des Rechts auf Arbeit in Art. 6 II IPWSKR fachliche und berufliche Beratung, die auch die Arbeitsvermittlung umfasst, sowie Ausbildungsprogramme genannt. Zur Auslegung dieser beiden Maßnahmen greift der Sozialausschuss auf die einschlägigen ILO- Übereinkommen zurück, da sich die ILO schon lange mit diesen Themen beschäftigt 72, so z.b auf ILO-Übereinkommen Nr. 96 über Büros für entgeltliche Arbeitsvermittlung von 1949, wonach nur ausnahmsweise eine kostenpflichtige Arbeitsvermittlung zulässig sein soll. Die Europäische Sozialcharta von 1961 enthält in Art. 1 III eine ähnliche Regelung 73. Über die Unentgeltlichkeit der Arbeitsvermittlung trifft Art. 6 IPWSKR allerdings keine Aussage. Aus dem Zweck der Arbeitsvermittlung Arbeitslose, die sich in der Regel Vermittlungsdienste nicht leisten können, in Arbeit zu bringen und mit Blick auf das ILO- Übereinkommen Nr. 96 ist Art. 6 IPWSKR so zu lesen, dass jedenfalls auch eine kostenfreie Arbeitsvermittlung angeboten werden muss 74. Ob es sich um öffentliche oder private Vermittlungsangebote handelt, dürfte dagegen gleichgültig sein. Auch bei der Berufsausbildung kann zur Auslegung des Art. 6 II IPWSKR auf ILO-Instrumente zurückgegriffen werden. Zum einen gibt es eine Reihe von Empfehlungen zur Berufsausbildung 75, die aber nicht rechtsverbindlich sind. Zum anderen regelt das ILO-Über- 63 Källström, Kent, in: Eide, Asbjørn u.a., Universal Declaration of Human Rights: A Commentary, Drammen, 1992, Art. 23, S. 361 f. 64 UN Doc. E/C.12/1987/5, 155 f. (Sozialausschuss); Int. Labour Conf. 70 (1984), Rapport III, Partie 4 A, C.29, Polen, 2 (ILO-Expertenausschuss); zum ESC-Expertenausschuss siehe Gomien/Harris/Zwaak, Law and practice of the European Convention on Human Rights and the European Social Charter, 1996, S. 382 f. 65 Nachweise bei Dohmes-Ockenfels, Daniela (s. Fn. 46) S. 102, Anm Källström, Kent, 1992 (s. Fn. 53) S und Drzewicki, Krzysztof, in: Eide/Krause/Rosas, Economic, Social and Cultural Rights, 1995, 1. Aufl., S. 169, Im Ergebnis so auch Craven, Matthew, 1995 (s. Fn. 49) S. 221; Drzewicki, Krzysztof (siehe Fn. 58) S. 169, 182 f. 70 Unter anderem UN Doc. E/c.12/1987/5, 30, 155; UN Doc. E/C.12/1/Add.4 (1996), Dazu näher unten Dazu näher Betten, Lammy, International Labour Law, 1993, S Zur ESC siehe unten So im Ergebnis auch Dohmes-Ockenfels, Daniela (s. Fn. 46) S Vgl. Betten, Lammy (s. Fn. 72) S

13 einkommen Nr. 142 über die Berufsberatung und die Berufsausbildung im Rahmen der Erschließung des Arbeitskräftepotentials von 1975, dass Maßnahmen und Programme für die Berufsberatung und die Berufsbildung entwickelt werden müssen, um die Beschäftigung zu fördern. Allerdings hängt auch hier die konkrete Ausgestaltung von den nationalen Bedürfnissen und der wirtschaftlichen Entwicklung ab, sodass Verstöße nur dann eindeutig festzustellen sind, wenn es überhaupt keine Maßnahmen zur Berufsausbildung gibt. Dagegen ist es wiederum unerheblich für die Verwirklichung der Paktrechte, ob die Berufsausbildung öffentlich, privat oder, wie in Deutschland, dual mit privatem Ausbildungsplatz und öffentlichrechtlicher Berufsschule organisiert ist. Insgesamt aber gilt, dass alle Maßnahmen der staatlichen Berufsförderung eine politsche Entscheidung sind und daher, wenn sie an Art. 6 IPWSKR gemessen werden, einem sehr weiten Entscheidungsspielraum unterliegen 76. Konkrete Verstöße sind deshalb schwer festzustellen. (6) Besondere Beschäftigtengruppen Zum Recht auf Arbeit allgemein hat sich der Sozialausschuss zwar noch nicht in einem General Comment geäußert, aber zu zwei Gruppen, die auf dem Arbeitsmarkt besondere Probleme haben, hat er entsprechende Ausführungen gemacht: zu Behinderten und zu älteren Menschen. Im General Comment Nr. 5 von zu behinderten Menschen hat der Sozialausschuss klargestellt, dass die Staaten positive Maßnahmen ergreifen müssen, um Diskriminierungen zu vermeiden, und hat für die berufliche Rehabilitation ausdrücklich auf das ILO- Übereinkommen Nr. 159 über die berufliche Rehabilitation und die Beschäftigung der Behinderten von 1983 Bezug genommen. Da gerade ältere Menschen in Zeiten wirtschaftlicher Schwierigkeiten Probleme haben, Arbeit zu finden, hat der Sozialausschuss in seinem General Comment Nr. 6 von darauf hingewiesen, dass auch diese Personengruppe besonders vor Diskriminierung geschützt werden muss. In Deutschland wurden in den letzten Jahren aus persönlichkeitsrechtlicher Perspektive die Altersgrenzen für das Ausscheiden aus dem Erwerbsleben diskutiert 79. Die Frage war und ist, ob Altersgrenzen, die das Ende des Erwerbslebens mit dem Erreichen eines bestimmten Alters erzwingen, mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Einzelnen aus Art. 2 GG zu vereinbaren sind. Derzeit werden Altersgrenzen im Rahmen des Rentenrechts wieder thematisiert, wenn auch unter umgekehrtem Vorzeichen: Nun geht es um die Frage, ob die im Rentenrecht gesetzlich geregelte Altersgrenze für alle ausgedehnt werden darf. b) Schranken des Rechts auf Arbeit in Art. 2 IPWSKR Nicht jeder Eingriff in den sachlichen Geltungsbereich des Art. 6 I stellt auch eine Verletzung des Rechts auf Arbeit dar, denn Art. 2 IPWSKR erlaubt Einschränkungen. Erkennbar ist das nicht auf den ersten Blick, denn nur in Art. 4 IPWSKR ist von Einschränkungen die Rede. Aber auch Art. 2 enthält in Abs. 1 wie auch in Abs. 2 Möglichkeiten, die unvollständige Umsetzung des Art. 6 zu rechtfertigen. aa) Art. 2 I IPWSKR Maßnahmen zur Verwirklichtung der Paktrechte Art. 2 I IPWSKR regelt, wie die materiellen Paktrechte umzusetzen sind. Die Vorschrift lautet: Jeder Vertragsstaat verpflichtet sich, einzeln und durch internationale Hilfe und Zusammenarbeit, insbesondere wirtschaftlicher und technischer Art, unter Ausschöpfung aller seiner Möglichkeiten Maßnahmen zu treffen, um nach und nach mit allen geeigneten Mitteln, vor allem durch gesetzgeberische Maßnahmen, die volle Verwirklichung der in diesem Pakt anerkannten Rechte zu erreichen". Der Auslegung dieser Vorschrift werden im Folgenden zum einen die Limburg Principles 80 zugrunde gelegt, ein Interpretationskatalog, der 1985 von der International Commission of Jurists ausgearbeitet und, obwohl von einer privaten Organisation geschaffen und daher nicht bindend, sogar als UN-Dokument veröf- 76 Dazu genauer unten a). 77 UN Doc. E/C.12/1994/20, Annex IV. 78 UN Doc. E/C.12/1995/18, Annex IV. 79 Dazu unter anderem Simitis, Spiros, Die Altersgrenzen: ein spät entdecktes Problem, Recht der Arbeit (RdA) 1994, 257 ff. 80 Human Rights Quarterly (HRQ) 9 (1987), S. 122 ff. fentlicht wurde 81. Zum anderen wird der dritte General Comment des Sozialausschusses herangezogen, der Art. 2 I IPWSKR auslegt 82. Art. 2 I IPWSKR erlaubt es den Staaten, die Verpflichtungen aus dem Pakt nach und nach, in der englischen Version progressively, zu verwirklichen, ein Zugeständnis, das der IPBPR nicht kennt 83. Dagegen war ursprünglich sogar geplant gewesen, die Maßnahmen zur Umsetzung bei jedem einzelnen Paktrecht anzugeben, was sich aber als undurchführbar erwies. Die nur progressive Verwirklichung der Rechte des IPWSKR hängt damit zusammen, dass diese Rechte in der Regel staatliche Leistungen erfordern, die von der jeweiligen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Staaten abhängen. Dabei ist allerdings mit dem Sozialausschuss zwischen drei Verpflichtungsebenen bei der Verwirklichung der Paktrechte zu unterscheiden, in denen jeweils ein Kern an Justiziabilität steckt 84 : Auf der ersten Ebene geht es um die Achtung der Paktrechte (to respect). Hier muss der Staat durch das Unterlassen staatlicher Eingriffe Paktrechte umsetzen. Die zweite Ebene ist die des Schutzes (to protect). Der Schutz der Paktrechte kann durch Schutzgesetze realisiert werden, zum Beispiel durch das Verbot von willkürlichen Kündigungen. Erst auf der dritten Ebene, der Erfüllungsebene (to fulfil) ist wegen der hier relevanten Leistungsverpflichtungen Raum für progessive Umsetzung. Nur bei der kostenträchtigen Erfüllung von Rechten soll der Staat einen Ermessensspielraum für den Einsatz seiner Ressourcen haben 85. Uneingeschränkt ist das Ermessen der Staaten aber nicht. In seinem dritten General Comment hat der Sozialausschuss klargestellt, dass die Staaten stetige Fortschritte nachweisen müssen, auch wenn die Paktrechte noch nicht vollständig realisiert sind. Vor allem die Kürzung von Leistungen muss jeweils neu gerechtfertigt werden. Zwar müssen die Vertragsstaaten für die Verwirklichung der Paktrechte alle ihre Möglichkeiten (in der englischen Version das treffendere ressources = Mittel) einsetzen. Bei der Auswahl der Mittel haben sie aber wiederum einen großen Ermessensspielraum 86. Der Ausschuss prüft allerdings, ob die gewählten Mittel angemessen sind 87. Zu diesen Mitteln gehört vor allem die in Art. 2 I IPWSKR genannte Gesetzgebung, hinzuzurechnen sind aber auch Verwaltungsmaßnahmen oder sonstige finanzielle und soziale Mittel 88. Problematisch bleibt aber, dass der Staat selbst durch seine Etatplanung festlegt, wie viele Mittel er für die Umsetzung von WSK-Rechten einsetzen will. Unstreitig ist nur, dass ein Staat selbstverständlich nicht alle Ressourcen für die Verwirklichung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte einsetzen muss, ja wegen anderer Verpflichtungen nicht einmal einsetzen darf, weshalb ihm auch für die Verteilung der Ressourcen ein großer Spielraum verbleibt 89. Dabei besteht die Gefahr, dass die Nichtverwirklichung von Paktrechten häufig mit fehlenden Mitteln gerechtfertigt wird. Um das zu verhindern, misst der Sozialausschuss die Einhaltung der Paktverpflichtungen nicht daran, ob der jeweilige Etat die notwendigen Ressourcen enthält, sondern daran, ob die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Staates insgesamt die Umsetzung der Rechte erlaubt 90. Auch dieser Ansatz kann aber das grundsätzliche Problem nicht lösen. Schon im nationalen Rahmen ist die rechtliche Überprüfung von Ermessensentscheidungen nur sehr eingeschränkt möglich. Noch viel weniger ist zu entscheiden, ob ein Staat sein Ermessen bei wirtschaftspolitischen Entscheidungen richtig ausgeübt hat. Sollen die staatlichen Maßnahmen zur Vermeidung oder zum Abbau von Arbeitslosigkeit bewertet werden, ist nicht nur eine profunde Kenntnis der wirtschaft- 81 UN Doc. E/CN.4/1987/17, Annex. (Limburg Principles). 82 UN Doc. E/C.12/1990/8, Annex III (General Comment No. 3). 83 Dort richtet sich die Umsetzung nach Art. 2 II IPBPR. 84 Dazu Asbjørn Eide und Eibe Riedel in ihren Beiträgen zum Internationalen Seminar des Deutschen Instituts für Menschenrechte zum Thema The Proposal for an Optional Protocol to the International Covenant on Economic, Social and Cultural Rights, Berlin 30./ Zu diesem dreigeteilten Verpflichtungsansatz vgl. auch Klee, Kristina, Die progressive Verwirklichung wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Menschenrechte, Stuttgart u.a. 2000, S. 101 m.w.n 85 Klee, Kristina, ebd. 86 Craven, Matthew, 1995 (s. Fn. 49) S General Comment, 4; Limburg Principles, General Comment, 7; Limburg Principles, Craven, Matthew, 1995 (s. Fn. 49) S General Comment, 10; Limburg Principles,

14 2 2 lichen Situation im jeweiligen Staat erforderlich. Vor allem sind die verschiedenen volkswirtschaftlichen Wege zur Erreichung von Vollbeschäftigung höchst umstritten. Außer für den Fall, dass überhaupt keine Mittel für die Verwirklichung der Paktrechte bereitgestellt werden, dürfte auf der Ebene des Ressourceneinsatzes ein Verstoß gegen den IPWSKR so gut wie nie begründbar sein. Zwar hat der Sozialausschuss Staaten sehr allgemein darauf hingewiesen, dass sie ihre Ressourcen besser zur Umsetzung der Paktrechte einsetzen könnten 91 und zum Teil sogar angegeben, welcher Anteil am Gesamthaushalt für soziale Leistungen vorzusehen sei 20% sah er für ausreichend an 92. bb) Art. 2 II IPWSKR Diskriminierungsverbot Die im IPWSKR verankerten Rechte unterliegen dem Diskriminierungsverbot in Art. 2 II: Die Vertragsstaaten verpflichten sich, zu gewährleisten, dass die in diesem Pakt verkündeten Rechte ohne Diskriminierung hinsichtlich der Rasse, der Hautfarbe, des Geschlechts, der Sprache, der Religion, der politischen oder sonstigen Anschauung, der nationalen oder sozialen Herkunft, des Vermögens, der Geburt oder des sonstigen Status ausgeübt werden. Dieses allgemeine Verbot von Diskriminierung kann nicht bedeuten, dass eine absolute Gleichstellung gemeint ist, denn dann dürften auch berufsbezogene und qualifikationsbedingte Unterschiede nicht gemacht werden. Deshalb ist es heute unumstritten, dass das Diskriminierungsverbot im IPWSKR, wie auch im nationalen deutschen Recht, so zu verstehen ist, dass keine sachwidrigen Unterscheidungen getroffen werden dürfen. Das heißt umgekehrt, dass eine Ungleichbehandlung erlaubt ist, wenn sie durch objektive sachliche Gründe gerechtfertigt werden kann 93. Die Ungleichbehandlung muss nicht direkt erfolgen, um unter das Diskriminierungsverbot zu fallen. Auch indirekte Diskriminierung ist verboten, also die diskriminierende Folge staatlicher Maßnahmen, die als solche nicht unterschiedlich behandeln wollen. Darüber hinaus ist die Aufzählung in Art. 2 II IPWSKR nicht abschließend, sondern exemplarisch zu verstehen, sodass auch andere Unterscheidungsmerkmale, wie zum Beispiel Alter, Krankheit oder Familienstand unter das Diskriminierungsverbot fallen. Da Ungleichbehandlung nicht absolut verboten ist, kommt es auf die zulässigen Rechtfertigungsgründe an. Hier müssen die Staaten legitime Ziele darlegen, die mit bestimmten, an sich diskriminierenden Maßnahmen verfolgt werden. Gerechtfertigt sind diese Maßnahmen dann, wenn sie verhältnismäßig sind, das heißt wie im deutschen Recht, wenn die Maßnahmen für die Erreichung des Ziels geeignet, erforderlich und angemessen sind. Allerdings ist auch diese Prüfung nur sehr eingeschränkt möglich. Ob eine Maßnahme, zum Beispiel zur Förderung des Arbeitsmarktes, als geeignet anerkannt wird, ist im Wesentlichen eine politische Entscheidung und damit umstritten. Die politischen Parteien halten daher auch ganz unterschiedliche Maßnahmen für geeignet. Angesichts dessen müsste der Nachweis gelingen, dass eine geplante Maßnahme grundsätzlich ungeeignet ist. Das dürfte eher eine theoretische Möglichkeit sein. Auch die Einschätzung, ob eine Maßnahme erforderlich ist, ist schwer zu belegen. Dafür käme es darauf an, nachzuweisen, dass ein anderes Mittel ebenso effizient gewesen wäre, was kaum gelingen dürfte. Am ehesten schließlich lässt sich überprüfen, ob die Maßnahme angemessen war, das heißt ob die Beschränkungen im Verhältnis zum angestrebten Ziel stehen. c) Einschränkung des Rechts auf Arbeit gemäß Art. 4 IPWSKR Anders als im Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte sind im IPWSKR die einzelnen Rechte nicht mit Schranken versehen. Vielmehr enthält Art. 4 IPWSKR, ähnlich wie Art. 31 I ESC, nur folgende allgemeine Schranke: Die Vertragsstaaten erkennen an, dass ein Staat die Ausübung der von ihm gemäß diesem Pakt gewährleisteten Rechte nur solchen Einschränkungen unterwerfen darf, die gesetzlich vorgesehen und mit der Natur dieser Rechte vereinbar sind und deren ausschließlicher Zweck es ist, das allgemeine Wohl in einer demokratischen Gesellschaft zu fördern. Der Sozialausschuss hat sich zu Art. 4 noch nicht geäußert, aber die Limburg Principles gehen zum Teil auf Bedingungen für Einschränkungen ein. Zunächst darf eine Einschränkung von Rechten, hier des Rechts auf Arbeit, nur mit einer gesetzlichen Grundlage erfolgen. Dabei sind nicht nur formelle Gesetze gemeint, sondern das gesamte anwendbare Recht. Darüber hinaus dürfen Einschränkungen nur mit dem Ziel der Förderung des allgemeinen Wohls in einer demokratischen Gesellschaft erfolgen, was so vage ist, dass die Grenzen für mögliche Rechtseinschränkungen nicht erkennbar sind. Auch die Limburg Principles liefern hier keine klarere Definition, denn dort wird unter allgemeinem Wohl das Wohlergehen der gesamten Bevölkerung verstanden 94. Damit lässt sich nahezu jede Einschränkung begründen, da es im Ermessen des einzelnen Staates liegt, zu entscheiden, ob bestimmte Eingriffe dem allgemeinen Wohl dienen. Zwar stellt Art. 4 IPWSKR klar, dass dabei die Natur des Rechts gewahrt werden muss, und Art. 5 verbietet eine Auslegung der Paktrechte dahin gehend, dass sie faktisch abgeschafft oder jedenfalls weitgehend beschränkt werden. Dies im konkreten Fall festzustellen, dürfte aber so gut wie nie möglich sein. Zusammenfassend lassen sich die möglichen staatlichen Maßnahmen zur Gewährleistung des Rechts auf Arbeit nach Art. 6 IPWSKR in dreifacher Weise definieren. Zum einen muss das Recht vom Staat geachtet werden, das heißt er darf den/die Einzelne/n nicht an der Ausübung seines Rechts hindern. Zum anderen muss es durch staatliche Maßnahmen geschützt werden, zum Beispiel durch Regelungen des Arbeitsrechts. Und schließlich muss der Staat, wie sich aus Art. 6 II IPWSKR ergibt, das Recht durch staatliche Leistungen erfüllen 95. Diese Erfüllungspflichten liegen aber im Ermessen des Staates, das heißt daraus folgen keine staatlichen Pflichten zur Vornahme bestimmter Leistungen. Wenn allerdings Leistungen gewährt werden, muss das Diskriminierungsverbot eingehalten werden. Aber auch hier ist eine Ungleichbehandlung mit einem sachlichen Grund möglich 96. d) Kontrolle 97 aa) Geplantes Fakultativprotokoll Der Internationale Pakt für bürgerliche und politische Rechte sieht nicht nur in Art. 41 I eine Staatenbeschwerde vor, sondern erlaubt auch in seinem Fakultativprotokoll vom eine Individualbeschwerde. Daher kann auch der/die Einzelne vor dem Menschenrechtsausschuss die Verletzung eines der im IPBPR genannten Rechte geltend machen. Allerdings können auch aufgrund dieser beiden Verfahren Staaten- und Individualbeschwerde, die der IPWSKR nicht kennt, keine Sanktionen gegen den betreffenden Staat verhängt werden, denn Individualbeschwerderecht bedeutet nicht Individualklagerecht. Insofern stellt die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) eine völkerrechtliche Neuerung dar, die seit dem 9. Zusatzprotokoll, das am in Kraft getreten ist, auch Einzelpersonen die Möglichkeit eröffnet, unmittelbar vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu klagen. Die Vereinten Nationen arbeiten zwar schon länger an einem Fakultativprotokoll auch zum Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, das die Einführung eines Individualbeschwerdeverfahrens vorsehen soll 98. In seinem abschließenden Bericht an die Menschenrechtskommission zu einem Zusatzprotokoll über die Möglichkeit der Individualbeschwerde hat sich der Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte am Individualbeschwerdeverfahren des IPBPR orientiert 99. Die umstrittene Frage, ob die Staaten einzelne Rechte vom Individualbeschwerdeverfahren ausnehmen können sollen, wurde negativ beantwortet. Auch besteht im 91 zum Beispiel UN Doc. E/C.12/1995/18, 76, 95, 96, UN Doc. E/C.12/1/Add.1 (1996), So auch unter anderem Craven, Matthew, 1995 (s. Fn. 49) S. 167; Ermacora, Felix, Diskriminierungsschutz und Diskriminierungsverbot in der Arbeit der Vereinten Nationen, 1971, S. 233; Tomuschat, Christian, Equality and Non- Discrimination under the International Covenant on Civil and Political Rights, in: von Münch, Ingo (Hrsg.) Staatsrecht, Völkerrecht, Europarecht: Festschrift für Hans Jürgen Schlochauer, 1981, 691, Limburg Principles, Human Rights Quarterly (HRQ) 9 (1987), 122 ff., Zu diesen verschiedenen Arten von Verpflichtungen Riedel, Eibe, The Examination of State Reports, in: Klein, Eckart (Hrsg.), The Monitoring System of Human Rights Treaty Obligations, 1998, S. 95, 97 f. m.w.n. 96 Vgl. oben b). 97 Ausführlich zu Kontrolle und Justiziabilität: Schneider, Jakob, Justiziabilität von wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechten, Dt. Institut für Menschenrechte (Hrsg.), Berlin Überblick bei Weiß, Norman, Für eine bessere Durchsetzung wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Menschenrechte braucht der Sozialpakt ein Fakultativprotokoll?, in: Menschenrechtsmagazin Themenheft 25 Jahre Sozial- und Zivilpakt, 2002, S. 151 ff. 99 UN Doc. E/1997/22, Annex IV. Zu den Details siehe Schneider, Jakob

15 2 2 Ausschuss Einigkeit über die Aufnahme eines Folgeverfahrens. Der Ausschuss soll die Staaten zum Bericht über Maßnahmen auffordern können, die diese als Abhilfe nach einer Individiualbeschwerde getroffen haben. Solche Folgeverfahren führt der Menschenrechtsausschuss schon durch, obwohl sie das Zusatzprotokoll zum IPBPR nicht vorsieht. Über das Schicksal des Fakultativprotokolls ist noch nicht entschieden. Nur einige Vertragsstaaten, darunter nach anfänglicher Ablehnung auch Deutschland, sind bislang der Aufforderung des UN-Generalsekretärs zur Stellungnahme zum Entwurf des Sozialausschusses in der Regel befürwortend nachgekommen 100. Nachdem der von der Menschenrechtskommission mit Resolution 2001/30 eingesetzte unabhängige Experte in seinem Bericht auf der 58. Sitzung zum Teil erheblich vom Entwurf des Sozialausschusses abweichende Vorschläge gemacht hatte 101 ein eigens zu schaffendes Überwachungsorgan soll sich nur mit schweren Verletzungen von Paktrechten befassen, beschloss die Menschenrechtskommission, in der Sitzungsperiode 2003 eine Arbeitsgruppe einzusetzen, die sich mit einem möglichen Fakultativprotokoll zum Sozialpakt beschäftigen soll. bb) Staatenberichte Daher findet die Kontrolle der Einhaltung der Staatenverpflichtungen aus dem IPWSKR nach wie vor über Staatenberichte statt (Art ) 102. Die Staaten, die den Pakt ratifiziert haben, sind verpflichtet, alle fünf Jahre einen Bericht über die Einhaltung der im Sozialpakt gewährten Rechte abzugeben 103. Der für die Prüfung der Staatenberichte zuständige UN-Wirtschafts- und Sozialrat (Art. 16 I IPWSKR) hatte zunächst gemäß Art. 68 der UN-Charta eine aus Regierungsvertretern und -vertreterinnen bestehende Arbeitsgruppe zur Prüfung der Berichte eingesetzt 104. Da sich dieses Verfahren als wenig effizient erwies, prüft seit 1987 im Auftrag des Wirtschafts- und Sozialrats der Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (Committee on Economic, Social and Cultural Rights - CESCR) die Berichte der Vertragsstaaten. Die Reputation der 18 Experten basiert auf ihrer Unabhängigkeit, Kompetenz und Effizienz 105. Im Rahmen des Berichtsverfahrens des IPWSKR ist dem Sozialausschuss nur die Befugnis eingeräumt, Staatenberichte zur Kenntnis zu nehmen und Empfehlungen abzugeben. Die Betroffenen oder die Vertragsstaaten können keine Untersuchungen über Menschenrechtsverletzungen veranlassen, denn für die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte sollte gerade kein Beschwerdeverfahren eingeführt werden, ein Hauptgrund für die seinerzeitige Trennung des IPWSKR vom IPBPR. Die Staatenberichte werden während der zweimal jährlich in Genf für drei Wochen stattfindenden Sitzungen öffentlich behandelt, nachdem eine presessional working group eine Vorprüfung vorgenommen und eine list of issues erstellt hat, die im Plenum von der jeweiligen Regierungsdelegation zu beantworten ist. An der Sitzung, bei welcher der berichtende Staat seinen Bericht vorstellt, nehmen regelmäßig auch Vertreter/innen anderer UN-Organisationen oder Programme sowie insbesondere auch Vertreter/innen von Nichtregierungsorganisationen teil, die häufig eigene Berichte abgeben 106. Fragen der Ausschussmitglieder beantwortet die Regierungsdelegation entweder sofort dann werden sie in die Protokolle der mündlichen Erörterungen aufgenommen 107 oder in einem ergänzenden Bericht. Die Diskussion über die Staatenberichte hat sich zu einem konstruktiven Dialog zwischen Ausschuss und Berichtsstaat entwickelt, der verhandlungsähnliche Elemente enthält 108. Zum Stand der Umsetzung der WSK-Rechte im berichtenden Staat gibt der Sozialausschuss Concluding Observations ab, die in den jährlichen Bericht des Sozialausschusses an den Wirtschafts- und Sozialrat aufgenommen werden. Diese abschließenden Stellungnahmen und Empfehlungen haben sich zu einer Art Rechtsprechung des Ausschusses entwickelt 109. Obwohl der Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte nur begrenzte Kompetenzen hat, ist es ihm gelungen, zum einen durch differenzierte Verfahrensvorschriften für die Berichterstattung 110, zum anderen durch die Abgabe von General Comments zur Auslegung einzelner Paktrechte 111, seinen Einflussbereich auszuweiten. Erst seine Einrichtung hat die Paktrechte sichtbarer gemacht 112. In der Entwicklung ist ein neues Instrument, das benchmarking, bei dem die Staaten im Wege einer Selbstverpflichtung für bestimmte Paktrechte eine Messlatte mit vorher definierten Indikatoren festlegen, deren Einhaltung dann überprüft wird 113. Allerdings bedüfte es für die effektivere Umsetzung von Menschenrechten umfangreicherer Kompetenzen, angefangen bei einem Protokoll zur Einführung einer Individualbeschwerde, wie sie beim Zivilpakt schon verwirklicht wurde. Nicht zu unterschätzen ist aber heute schon, dass es im Rahmen von Art. 2 I des Sozialpakts aufgrund des dort vorgesehenen Dialogs zwischen berichtenden Staaten und kontrollierendem WSK-Ausschuss zu den genannten verhandlungsähnlichen Prozessen kommt, bei denen der Ausschuss versucht, die Staaten zur besseren Anwendung der im Pakt verbrieften Rechte zu bewegen 114. Hinzu kommt, dass es der WSK-Ausschuss verstanden hat, sich nicht als politisches, sondern als justizähnliches Organ zu positionieren, was zu seinem Ruf der Unparteilichkeit und Seriosität beigetragen hat 115. Nichtsdestoweniger gilt nach wie vor die Einschätzung von Bruno Simma, der dem Ausschuss seit 1987 für die ersten zehn Jahre seiner Existenz angehörte, dass international human rights law is a world in which sovereign states are the makers as well as the breakers of the law" Art. 11 Übereinkommen der Vereinten Nationen zur Beseitigung jeder Form der Diskriminierung der Frau a) Verpflichtungen Dieses Übereinkommen der Vereinten Nationen, in der englischen Version Convention on the Elimination of All Forms of Discrimination against Women (CEDAW) 117, von 1979 enthält speziell für die Beseitigung von Diskriminierung der Frau im Berufsleben in Art. 11 I ein Recht auf Arbeit: Die Vertragsstaaten treffen alle geeigneten Maßnahmen zur Beseitigung der Diskriminierung der Frau im Berufsleben, um ihr auf der Grundlage der Gleichberechtigung von Mann und Frau gleiche Rechte zu gewährleisten, insbesondere a) das Recht auf Arbeit als unveräußerliches Recht jedes Menschen;... das durch spezifische, auch in Art. 11 genannte grundlegende Arbeitsrechte, wie das Recht auf freie Berufswahl, die Entgeltgleichheit oder Arbeitsplatzsicherheit ergänzt wird. In Abs. 2 des Art. 11 wird das Recht auf Arbeit im Zusammenhang mit rechtlichen Maßnahmen des Mutterschutzes nochmals ausdrücklich angesprochen. Das Übereinkommen war seinerzeit ein Durchbruch, nicht nur, weil die Geschlechterdiskriminierung neu 100 UN Doc. E/CN.4/1998/84; E/CN.4/1999/112; E/CN.4/2000/49; E/CN.4/2001/ UN Doc.E/CN.4/2002/57, Dazu Simma, Bruno, The Examination of State Reports: The International Covenant on Economic, Social and Cultural Rights, in: Klein, Eckart (Hrsg.), The Monitoring System of Human Rights Treaty Obligations, 1998, S. 31 ff. 103 Dazu ausführlich Alston, Philip, The Committee on Economic, Social and Cultural Rights, in: Alston, Philip (Hg.), The United Nations and Human Rights, Oxford 1992, S. 473 ff.; Craven, Matthew, 1995 (s. Fn. 49) S. 57 ff. 104 Zur Kritik an dieser Arbeitsgruppe siehe Simma, Bruno, Vereinte Nationen 1989, S. 191, Zur Zusammensetzung und zu den Aufgaben Craven, Matthew, 1995 (s. Fn. 49) S. 42 ff.; Alston, Philip, Out of the Abyss: The challenges confronting the new U.N. Committee on Economic, Social and Cultural Rights, 9 Human Rights Quarterly 1987, 332 ff. 106 So Simma, Bruno / Bennigsen, Sabine, Wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte im Völkerrecht: Der Internationale Pakt von 1966 und sein Kontrollverfahren, in: Baur/Hopt/Mailänder (Hrsg.), Festschrift für Ernst Steindorff zum 70. Geburtstag am 13. März 1990, 1990, S f. 107 Veröffentlicht auf der Internetseite des UN-Menschenrechtskommissariats: Riedel, Eibe, Verhandlungslösungen im Rahmen des Sozialpakts der Vereinten Nationen, IINS (International Institute For Non-Aligned Studies) Research Paper No Craven, Matthew, 1995 (s. Fn. 49) S. 57 ff. 110 UN Doc. C.12/1999/1, , Annex. 111 Craven, Matthew, 1995 (s. Fn. 49) S. 89 ff. 112 Craven, Matthew, The UN Committee on Economic, Social and Cultural Rights, in: Eide/Krause/Rosas (Hrsg.), Economic, Social and Cultural Rights, 2001, 2. Aufl., S. 455 ff., Dazu Riedel, Eibe, Universeller Menschenrechtsschutz - Vom Anspruch zur Durchsetzung, in: Baum/Riedel/Schäfer (Hrsg.), Menschenrechtsschutz in der Praxis der Vereinten Nationen, 1998, S. 95 ff. 114 Riedel, Eibe, Verhandlungslösungen (siehe Fn. 108). 115 ebd. S Simma, Bruno, The Examination of State Reports: International Covenant on Economic, Social and Cultural Rights, in: Klein, Eckart (Hrsg.), The Monitoring System of Human Rights Treaty Obligations, 1998, S. 31 ff., BGBl II S

16 2 2 beleuchtet wurde, sondern auch, weil es die Grenze zwischen bürgerlichen und politischen sowie wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechten überschreitet, indem es in einem Pakt beide Rechtstypen verankert. Gilt generell für das völkerrechtliche Diskriminierungsverbot, dass unterschiedliche Sachverhalte auch unterschiedlich behandelt werden dürfen, wobei immer die Streitfrage auftaucht, was unter einem unterschiedlichen Sachverhalt zu verstehen ist, so will die Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau jede mit dem Geschlecht begründetete Unterscheidung ausschließen (Art. 1). Würde eine Ungleichbehandlung also ausschließlich auf den Aspekt des Geschlechts gestützt, könnte sie nicht gerechtfertigt werden 118. Diese Situation ist in Deutschland unter anderem schon beim Nachtarbeitsverbot für Frauen praktisch geworden, aber nicht völkerrechtlich entschieden worden, sondern durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) und das Bundesverfassungsgericht (BverfG), die das Nachtarbeitsverbot für Frauen für gleichheitswidrig hielten 119. Das Nachtarbeitsverbot als staatliche, da gesetzlich festgelegte Maßnahme fiel eindeutig unter den Gleichbehandlungsgrundsatz. Viel schwieriger ist die Lage zu beurteilen, wenn es um diskriminierende Maßnahmen zwischen Privaten geht. Das Arbeitsverhältnis zwischen einem/r (privaten) Arbeitgeber/in und einem/r Arbeitnehmer/in ist dafür das Paradebeispiel. In den Rechtsbeziehungen zwischen Privatpersonen gilt nach deutschen Recht das Prinzip der Privatautonomie. Im Rahmen der Vertragsfreiheit muß die an den Staat gerichtete Verpflichtung, die Grundrechte des Grundgesetzes zu beachten, nicht eingehalten werden. Allerdings hat die Rechtsprechung gerade im Arbeitsverhältnis wegen der gestörten Vertragsparität zwischen Arbeitgeber/in und Arbeitnehmer/in grundrechtsähnliche Verpflichtungen des Arbeitgebers angenommen, insbesondere in Gestalt des gesetzlich nicht geregelten arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes, der längst nicht nur, aber jedenfalls auch Diskriminierungen wegen des Geschlechts verbietet 120. Außerdem enthält das BGB, initiiert durch die Rechtsprechung des EuGH, in 611 a f. geschlechtsbezogene Benachteiligungsverbote. Insoweit ist Art. 2 lit. e des Übereinkommens zur Frauendiskriminierung zumindest schon partiell entsprochen, wonach sich die Vertragsstaaten verpflichten, alle geeigneten Maßnahmen zur Beseitigung der Diskriminierung der Frau durch Personen, Organisationen oder Unternehmen zu ergreifen. Art. 2 II IPWSKR enthält übrigens keinen derartigen Hinweis, da man sich bei der Erarbeitung des IPWSKR nicht einigen konnte, inwieweit die Staaten auch Private verpflichten sollten, das Diskriminierungsverbot einzuhalten. b) Kontrolle Auch das Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau sieht ein Staatenberichtsverfahren vor. Nach Art. 18 müssen die Vertragsstaaten alle vier Jahre oder auf Aufforderung des Ausschusses für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau (Art. 17) einen Bericht über die zur Durchführung des Übereinkommens getroffenen Gesetzgebungs-, Gerichts-, Verwaltungs- und sonstigen Maßnahmen vorlegen. Auf der Basis dieser Berichte erarbeitet der Ausschuss im Wege eines konstruktiven Dialogs 121 mit den Vertragsstaaten Vorschläge und allgemeine Empfehlungen, die in den Ausschussbericht aufgenommen werden 122. Allerdings weisen viele Berichte Qualitätsmängel auf, die Datenbasis ist oft dünn und eine Analyse der Situation im jeweiligen Land findet zu häufig nicht statt 123. Deutschland hat bislang vier Berichte, jeweils unter Federführung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, vorgelegt den ersten im Jahre 1988, der zweite und dritte wurden 1996 zusammen abgegeben, der vierte im Jahr 1998 sowie der fünfte und aktuellste im August Letzterer umfasst den Zeitraum 1998 bis 2002 und wird Anfang 2004 vor dem Ausschuss für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau erörtert werden nahm die UN-Generalversammlung ein Protokoll für die Einführung eines Individualbeschwerdeverfahrens im Bereich des Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau an 124, das seit Ende 2000 in Kraft ist. Das entsprechende Fakultativprotokoll hat die Bundesrepublik am ratifiziert, es ist seit in Kraft. Die Durchführung einer Individualbeschwerde setzt allerdings voraus, dass der innerstaatliche Rechtsweg erschöpft ist und die Sache nicht bei einem anderen internationalen Gremium anhängig ist. Derzeit ist die erste Individualbeschwerde aus Deutschland beim Ausschuss anhängig. Das Verfahren wird schriftlich abgewickelt. Die Individualbeschwerde richtet sich an den Ausschuss für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau, der den betroffenen Vertragsstaat zu einer Stellungnahme auffordert und abschließend Empfehlungen ausspricht. Da vor der Einleitung eines Individualbeschwerdeverfahrens der innerstaatliche Rechtsweg schon erschöpft sein muss, kann die Beschwerdeführerin das Ergebnis der Ausschussprüfung nicht mehr in einem nationalen Gerichtsverfahren zumindest argumentativ geltend machen. Rechtlich könnte sie das ohnehin nicht, da die Empfehlungen des Ausschusses nicht rechtsverbindlich sind Übereinkommen Nr. 122 der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) zur Beschäftigungspolitik a) Verpflichtungen Die Internationale Arbeitsorganisation hat als UN-Sonderorganisation ihre gesamte Tätigkeit auf die Arbeit und deren Schutz ausgerichtet. Schon in der Deklaration von Philadelphia, die die Ziele und Aufgaben der ILO definiert, heißt es, dass es Aufgabe der ILO sei, in der ganzen Welt Pläne zu fördern, durch die erreicht werden soll: a) Vollbeschäftigung und Hebung des Lebensstandards; b) Beschäftigung der Arbeiter in den Berufen, welche ihnen die Befriedigung geben, das Höchstmaß ihrer Geschicklichkeit und ihrer Begabung zu entfalten und den größten Beitrag zum Gemeinwohl zu leisten;... Diese Ziele versucht die ILO durch die Erarbeitung von Übereinkommen und Empfehlungen, aber auch durch technische Hilfe zu erreichen. Nahezu 200 Übereinkommen und eine noch viel größere Zahl an zwar nicht rechtlich verbindlichen, aber für die Auslegung der Übereinkommen relevanten Resolutionen, Deklarationen etc. hat die ILO bislang verabschiedet. Ein Recht auf Arbeit wird als solches nicht ausdrücklich postuliert, aber aus vielen Übereinkommen lässt sich etwas für das Recht auf Arbeit herleiten. Es handelt sich dabei aber fast ausschließlich um Rechte in der Arbeit, also um die Bedingungen, unter denen Arbeit geleistet wird, die von kollektiven Rechten der Arbeitnehmerverbände auf Vereinigungsfreiheit bis zu Fragen der Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz reichen. Da hier das Recht auf Arbeit im Mittelpunkt steht, wird das Hauptaugenmerk auf die beschäftigungspolitischen Instrumente gelegt, insbesondere auf das ILO-Übereinkommen Nr. 122 von 1964 zur Beschäftigungspolitik 125, zu dem es auch eine Empfehlung Nr. 122 gibt, die sehr detailliert ist und als Auslegungshilfe dient. Sie enthält unter anderem Ausführungen zu Zielen, Grundsätzen und Maßnahmen der Beschäftigungspolitik, ist allerdings nicht rechtsverbindlich. Art. 1 Nr. 1, 2 a) und b) des Übereinkommens Nr. 122 regeln: 1. Um das wirtschaftliche Wachstum und die wirtschaftliche Entwicklung anzuregen, den Lebensstandard zu heben, den Arbeitskräftebedarf zu decken sowie die Arbeitslosigkeit und die Unterbeschäftigung zu beseitigen, hat jedes Mitglied als eines der Hauptziele eine aktive Politik festzule- 118 Delbrück, Jost, in: Festschrift für Schlochauer, 1981 (siehe Fn. 93) S. 247, 264 ff. 119 Dazu unten b). 120 Schaub, Günter, Arbeitsrechtshandbuch, 2000, 9. Aufl., Zu dessen Ablauf genauer Schöpp-Schilling, Hanna Beate, The Convention on the elimination of all forms of discrimination against women, in: Klein, Eckart (Hrsg.), The Monitoring System of Human Rights Treaty Obligations, 1998, S. 71 ff., 78 ff. 122 Jacobson, Roberta, The Committee on the Elimination of Discrimination against Women, in: Alston, Philip (Hrsg.), The United Nations and Human Rights: A Critical Appraisal, 1992, S. 444 ff. 123 Schöpp-Schilling, Hanna Beate (s. Fn. 121) S Klein, Eckart (Hrsg.), 20 Jahre Übereinkommen zur Beseitgung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW), Studien zu Grund- und Menschenrechten, Heft 5, 2000; Golze, Anna, Die Individualbeschwerde nach dem Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau, in: J.Hasse/E. Müller/P. Schneider (Hrsg.), Menschenrechte BGBl II S

17 2 2 gen und zu verfolgen, die dazu bestimmt ist, die volle, produktive und frei gewählte Beschäftigung zu fördern. 2. Diese Politik muss zu gewährleisten suchen, a) dass für alle Personen, die für eine Arbeit zur Verfügung stehen und Arbeit suchen, eine solche vorhanden ist; b) dass diese Arbeit so produktiv wie möglich ist; (...) Das Übereinkommen enthält also nicht ausdrücklich ein Recht auf Arbeit, nimmt aber in der Präambel das Recht auf Arbeit der Menschenrechtsdeklaration auf und zielt darauf, dass die Überwindung der Arbeitslosigkeit zu einem Hauptziel der Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik der Staaten gemacht werden soll. Im Übereinkommen Nr. 122 verpflichten sich die Staaten zu einer Politik, die Arbeitslosigkeit vermeidet und Vollbeschäftigung anstrebt. Die Erreichung dieses Ziels hängt aber von der konkreten Wirtschaftspolitik der Staaten ab, und die ist einer juristischen Überprüfung kaum zugänglich. So stellt Art. 2 des Übereinkommens Nr. 122 klar, dass jeder Staat zwar Schritte unternehmen soll, um die Ziele des Übereinkommens zu erreichen, aber nur soweit es die innerstaatlichen Verhältnisse gestatten. Auch das ILO-Übereinkommen Nr. 168 über Beschäftigungsförderung und den Schutz gegen Arbeitslosigkeit vom ist im vorliegenden Zusammenhang einschlägig. So werden in den Art. 7 und 8 Maßnahmen zur Förderung der produktiven Beschäftigung zur Erreichung von Vollbeschäftigung genannt. Sie reichen von der allgemeinen Arbeitsvermittlung und Berufsberatung (Art. 7) bis zu speziellen Programmen für Gruppen, die besonders schwer einen Arbeitsplatz finden, wie Frauen, Jugendliche und ältere Arbeitnehmer oder Behinderte. Da die Bundesrepublik Deutschland dieses Übereinkommen aber nicht ratifiziert hat, bleibt es in der vorliegenden Untersuchung außer Betracht. Schließlich sei auch noch darauf hingewiesen, dass die ILO-Übereinkommen auch im Rahmen von Art. 6 IPWSKR eine Rolle spielen, da der Sozialausschuss bei der Prüfung der Staatenberichte auch darauf eingeht, ob die geprüften Staaten einschlägige ILO-Übereinkommen ratifiziert haben 126. b) Kontrolle Die Internationale Arbeitsorganisation hat sich seit Jahrzehnten um die Klärung des Inhalts von wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechten (WSK- Rechten) bemüht, insbesondere um die in Art. 6-9 IPWSKR das Recht auf Arbeit; das Recht auf gerechte Arbeitsbedingungen; die Gewerkschaftsfreiheit 127. Das komplexe Berichtssystem der ILO ist auf internationaler Ebene das am weitesten entwickelte, denn mit den Berichten der Staaten werden nicht nur besondere Ausschüsse und UNO-Einrichtungen befasst, sondern sie erreichen auch eine relativ hohe Publizität. Diese Publizität basiert auf den Veröffentlichungen der Überwachungsorgane und der Diskussion auf der jährlich in Genf stattfindenden dreiwöchigen Internationalen Arbeitskonferenz. Die Mitgliedstaaten müssen regelmäßig über ratifizierte Übereinkommen und auch darüber berichten, warum Übereinkommen noch nicht ratifiziert wurden. Diese Berichte werden vom unabhängigen Sachverständigenausschuss geprüft, der seinen Bericht der jährlichen Arbeitskonferenz vorlegt. Sie kann Rügen beschließen. Der Sachverständigenausschuss hat sich zum wichtigsten Kontrollorgan entwickelt, obwohl er in der ILO-Verfassung nicht vorgesehen ist. Sein Tätigkeitsfeld ist weitgehend vom Verwaltungsrat und der Internationalen Arbeitskonferenz abgesteckt worden. Die Überprüfung der gemäß Art. 22 der ILO-Verfassung abzugebenden Staatenberichte ist seine Hauptaufgabe, der er so erfolgreich nachkommt, dass sich seine Interpretationsgrundsätze zu einem weithin akzeptierten, wenn auch nicht rechtsverbindlichen Maßstab für die Auslegung der Übereinkommen und Empfehlungen entwickelt haben 128. Seine Bedeutung kann auch daran abgelesen werden, dass er Modell stand für den Sachverständigenausschuss der Europäischen Sozialcharta (ESC) 129. Zusätzlich zum Sachverständigenausschuss prüft der dreigliedrig zusammengesetzte Konferenzausschuss 130 für die Anwendung von Übereinkommen und Empfehlungen, der jährlich von der Internationalen Arbeitskonferenz ernannt wird, Staatenberichte, basierend auf den Ergebnissen des Sachverständigenausschusses. Ist der Sachverständigenausschuss das eher technisch ausgerichtete Prüfungsorgan, erfüllt der Konferenzausschuss eine mehr politische Funktion. Er greift aus den vom Sachverständigenausschuss überprüften Staatenberichten etwa 50 bis 60 besonders grobe Verstöße heraus, die dann nochmals, wegen der unterschiedlichen Besetzung der Ausschüsse unter anderem Blickwinkel, erörtert und in einem eigenen Bericht festgehalten werden. Daneben gibt es ein Beschwerdesystem für Arbeitnehmer- und Arbeitgeberorganisationen gegen Mitgliedstaaten bei Verletzungen der Vereinigungsfreiheit. Diese Beschwerden werden vom Verwaltungsrat geprüft, der die Fälle veröffentlichen kann 131. Schließlich sind auch Klagen von Mitgliedstaaten oder Arbeitgeber- bzw. Arbeitnehmerorganisationen gegen Mitgliedstaaten nach Art. 26 der ILO-Verfassung möglich. Daher handelt es sich beim erwähnten Klageverfahren nach Art. 26 nicht um ein Gerichtsverfahren, sondern eine Prüfung durch einen vom Verwaltungsrat eingesetzten Untersuchungsausschuss. Ein derartiges Verfahren wurde 1987 gegen die Bundesrepublik Deutschland abgeschlossen. Gegenstand war die auf dem so genannten Radikalenerlass basierende Berufsverbotspolitik Deutschlands Auf Europa begrenzte Verpflichtungen Art. 1 der Europäischen Sozialcharta (ESC) a) Verpflichtungen Die Europäische Sozialcharta von 1961 (ESC) ergänzt die Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom um die Anerkennung von sozialen Menschenrechten. Die Menschenrechtskonvention selbst verbietet zwar in Art. 4 II die Zwangsarbeit, enthält aber kein Recht auf Arbeit. Dieses wurde dann in Art. 1 ESC niedergelegt. Allerdings ist der persönliche Anwendungsbereich der ESC eingeschränkt: Neben den eigenen Staatsangehörigen des Vertragsstaates werden nur die Personen geschützt, die Angehörige anderer Vertragsstaaten sind und ihren rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalt im Hoheitsgebiet des betreffenden Vertragsstaates haben oder dort rechtmäßig beschäftigt sind (Art. 1 Anhang zur ESC). Durch die Revision der Charta im Jahre 1996, die seit in Kraft ist, wurden sowohl Rechte aus dem 1. Zusatzprotokoll von 1988 als auch neue Rechte, wie Kündigungsschutz oder ein Recht auf Würde am Arbeitsplatz, in die Charta aufgenommen 135. Zwar hat die Bundesrepublik die revidierte Sozialcharta bislang nicht ratifiziert; an der Verpflichtung aus Art. 1 ESC in der ursprünglichen Version hat sich aber nichts geändert. In Teil I der Charta Nr. 1 heißt es: Jedermann muss die Möglichkeit haben, seinen Lebensunterhalt durch eine frei übernommene Tätigkeit zu verdienen Näher wird das Recht auf Arbeit in der ESC aber nicht spezifiziert, sondern in Teil II, Art. 1 vorausgesetzt: Um die wirksame Ausübung des Rechts auf Arbeit zu gewährleisten, um dann die Vertragsstaaten zu einer Reihe von konkreten Maßnahmen zu verpflichten: 1. zwecks Verwirklichung der Vollbeschäftigung die Erreichung und Aufrechterhaltung eines möglichst hohen und stabilen Beschäftigungsstandes zu einer ihrer wichtigsten Zielsetzungen und Aufgaben zu machen; 2. das Recht des Arbeitnehmers wirksam zu schützen, seinen Lebensunterhalt durch eine frei übernommene Tätigkeit zu verdienen; 126 Zum Beispiel UN Doc. E/C.12/1/Add.3 (1996), 5; UN Doc. E/C.12/1995/18, 90; UN Doc. E/C.12/1994/20, Samson, Klaus Theodor, The Protection of Economic and Social Rights within the Framework of the International Labour Organisation, in: Matscher, Franz (Hrsg.), Die Durchsetzung wirtschaftlicher und sozialer Grundrechte, 1991, S. 123 ff. 128 Dazu genauer Körner-Dammann, Marita, Bedeutung und faktische Wirkung von ILO-Standards, 1991, S. 47 f. 129 Valticos, Nicolas, Mise en parallèle des actions et des méchanismes de controle au niveau du Conseil de l'europe et de l'oit, in: La Charte sociale européenne Dix années d'application, Brüssel 1978, S Zusammengesetzt aus Staatenvertretern sowie Vertretern der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen. 131 Körner-Dammann, Marita, (siehe Fn. 128) S. 45 ff. 132 ebd., S. 65 ff. 133 BGBl II S BGBl II, S Ein Überblick der Neuregelungen bei Lörcher, Klaus, Die revidierte Europäische Sozialcharta, in: BMA (Hrsg.), Soziale Grundrechte in der Europäischen Union, 2000, S. 99 ff

18 unentgeltliche Arbeitsvermittlungsdienste für alle Arbeitnehmer einzurichten oder aufrecht zu erhalten; 4. eine geeignete Berufsberatung, Berufsausbildung und berufliche Wiedereingliederung sicherzustellen oder zu fördern. Art. 1 zählt also vier Wege auf, die die Vertragsstaaten beschreiten sollen, um die Beschäftigungssituation zu verbessern. Im Wesentlichen geht es um die Verpflichtung zu einer Politik der Vollbeschäftigung und um Unterstützung bei Arbeitslosigkeit. Die Vollbeschäftigungsverpflichtung in Art. 1 Nr. 1 wird vom Europäischen Ausschuss für soziale Rechte (ESC-Ausschuss) 136 so interpretiert, dass sie mehr eine Verpflichtung zum Handeln als eine Verpflichtung zur Erreichung bestimmter Ergebnisse darstellt 137. Ziel ist die progressive Verwirklichung von Vollbeschäftigung: These provisions impose an obligation to adopt over the years a course of conduct so as to achieve a development in a stated direction 138. So ist eine steigende Arbeitslosenrate allein kein ausreichendes Indiz für einen Verstoß gegen Art. 1 Nr. 1, wenn der Vertragsstaat gleichzeitig Anstrengungen zur Verbesserung der Arbeitsmarktsituation nachweist 139. In dieser Lage befinden sich seit der Ölkrise der siebziger Jahre des 20. Jahrhunderts viele Vertragsstaaten. Ausnahmsweise kann aber trotz Arbeitsmarktmaßnahmen bei hoher Arbeitslosigkeit Kritik vom Ausschuss kommen, wenn er, wie im Falle der Slowakei, feststellt, dass the co-existence in the medium and longer term of high economic growth and persistent very high unemployment is not an acceptable situation under this provision of the Charter 140. Inhaltlich werden die Arbeitsmarktmaßnahmen der Staaten vom Ausschuss kaum geprüft, da die Folgen vieler Maßnahmen nur langfristig sichtbar werden und nicht vorhersehbar sind. Die Staaten sind nur verpflichtet, dem ESC-Ausschuss diese Maßnahmen darzulegen und auch anzugeben, mit welchem Kostenaufwand Arbeitsmarktpolitik betrieben wurde. Art. 1 Nr. 2 ESC wird vom Ausschuss zum einen als Verbot von Zwangsarbeit verstanden und zum anderen als Aufforderung, alle Arten von Diskriminierung im Beschäftigungsverhältnis abzuschaffen. Im Rahmen des Zwangsarbeitsverbotes hat der Ausschuss in mehreren Fällen die Strafbarkeit von Arbeitsverweigerung durch Seeleute und Beschäftigte in Flugzeugen für einen Verstoß gegen Art. 1 Nr. 2 ESC gehalten, sofern durch die Arbeitsverweigerung Sicherheit und Eigentum nicht gefährdet wurden 141. Auch überlange Verpflichtungszeiten für Offiziere 25 Jahre im Falle Griechenlands fallen unter das Verbot. Aktueller und problematischer, da schwerer abgrenzbar, sind Maßnahmen, die die Leistungen bei Arbeitslosigkeit dadurch begrenzen, dass Arbeitssuchende zumutbare Arbeit annehmen müssen 142. Auch in Deutschland sind die Zumutbarkeitskriterien immer weiter abgesenkt worden. Derzeit orientiert sich die Zumutbarkeit am erzielbaren Einkommen nach sechs Monaten Arbeitslosigkeit ist eine Beschäftigung nur dann unzumutbar, wenn das Nettoeinkommen unter dem Arbeitslosengeld liegt ( 121 III SGB III). Eine Beschäftigung ist aber nicht schon deshalb unzumutbar, weil sie nicht der Ausbildung oder der bisherigen Tätigkeit des Arbeitnehmers entspricht ( 121 V SGB III). Neben dem Verbot der Zwangsarbeit enthält Art. 1 Nr. 2 ESC nach der Auslegung des ESC-Ausschusses ein Diskriminierungsverbot im Beschäftigungsverhältnis, das, wie sich aus der Präambel ergibt, Diskriminierung aus Gründen der Rasse, der Hautfarbe, des Geschlechts, der Religion, der politischen Meinung oder der sozialen Herkunft untersagt. Beschäftigung ist dabei weit auszulegen und soll alle Arten von Erwerbstätigen umfassen, also Arbeitnehmer/innen und Selbständige 143. Der deutsche Wortlaut ist hier irreführend, denn dort ist nur vom Arbeitnehmer die Rede; Selbständige wären nach der Arbeitnehmerdefinition des deutschen Arbeitsrechts nicht umfasst. Hierbei handelt es sich aber um ein typisches Übersetzungsproblem, da das englische employment (Beschäftigung) zwar den deutschen Arbeitnehmer umfasst, aber darüber hinausgeht und auch den Dienst- vertrag meint, der nach deutschem Recht die typische Vertragsform für verschiedene Gruppen von freiberuflich Tätigen ist. Besonderes Augenmerk hat der Ausschuss immer auf die Diskriminierung wegen des Geschlechts gelegt. So hat er gleich zu Beginn seiner Überwachungstätigkeit die irische Praxis, verheirateten Frauen den Zugang zum öffentlichen Dienst zu verwehren, als Verstoß gegen Art. 1 Nr. 2 kritisiert. Einen vergleichbaren Fall gab es in Deutschland auch: die Zölibatsklausel in den Arbeitsverträgen von Lufthansa-Stewardessen in den sechziger Jahren, wonach das Arbeitsverhältnis mit der Heirat der Beschäftigten automatisch enden sollte; später wurden die Verträge dahingehend modifiziert, dass der Arbeitsvertrag automatisch mit Eintritt einer Schwangerschaft enden sollte. Mit diesen Fällen hat sich der ESC-Ausschuss aber nicht beschäftigt, weil schon das Bundesarbeitsgericht diese Vertragsgestaltungen wegen der indirekten Wirkung des Familienschutzgrundrechts in Art. 6 GG auch im Privatrecht für unwirksam gehalten hatte 144. Heute geht es bei der Diskriminierung wegen des Geschlechts eher um Fälle indirekter Diskriminierung. Die werden, was Deutschland angeht, weniger im Rahmen der Sozialcharta aufgegriffen als vielmehr vor dem Europäischen Gerichtshof, da das EU-Recht seit den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts einen weitreichenden und effizienten Diskriminierungsschutz im Beschäftigungsverhältnis aufgebaut hat 145. Auch zu den anderen Diskriminierungsgründen äußert sich der ESC-Ausschuss regelmäßig. In Bezug auf Deutschland hat er sich unter dem Gesichtspunkt einer Diskriminierung wegen der politischen Meinung mehrfach mit der Verfassungstreueprüfung für Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes beschäftigt. Der Ausschuss hat zwar im Erfordernis der Verfassungstreue keinen Verstoß gegen Art. 1 Nr. 2 gesehen, aber Zweifel geäußert, whether it was really necessary for the legitimate aim of protecting the state and its constitutional order to extend the requirement of fidelity and loyality to candidates for fairly routine and even menial jobs such as engine-drivers, postmen and gardeners 146. Im Folgebericht kam der Ausschuss daher zu dem Ergebnis, dass the existence of measures based neither on the nature of the service nor on essential elements connected with the qualification of the person concerned or on any overt act putting in doubt his loyality or fidelity to the constitution, would constitute a discrimination and would not be considered as being in conformity with Art. 1, paragraph 2 of the Charter 147. Nachdem Deutschland später die Routineanfrage beim Verfassungsschutz über Bewerber für den öffentlichen Dienst abgeschafft hatte und Bewerber nur noch eine Verfassungstreueerklärung abgeben müssen, hat der ESC-Ausschuss keinen Verstoß mehr gegen Art. 1 Nr. 2 feststellen können 148. In Art. 1 Nr. 3 enthält die ESC eine ähnliche Regelung wie das ILO-Übereinkommen Nr. 96 zur unentgeltlichen Arbeitsvermittlung. Danach sind zwar kostenpflichtige Arbeitsvermittlungen erlaubt, es müssen aber auch kostenfreie Arbeitsvermittlungsmöglichkeiten zur Verfügung gestellt werden 149. Obwohl in den letzten Jahren in vielen Ländern, auch in Deutschland, private (kostenpflichtige) Arbeitsvermittlungsdienste tätig geworden sind, bleibt in den Vertragsstaaten die öffentliche Vermittlung die Hauptsäule der unentgeltlichen Arbeitsvermittlung. Zwei wichtige Indikatoren bei der Prüfung der Staatenberichte sind für den Ausschuss zum einen die Vermittlungszahlen, zum anderen die Beteiligung der Sozialpartner an der Organisation der Arbeitsvermittlung. Diese Beteiligung ist in fast allen Vertragsstaaten gewährleistet, in Deutschland gesetzlich abgesichert in 380 I SGB III. Die Vermittlungszahlen sind als Indikator für die Einhaltung von Art. 1 Nr. 3 ESC problematisch; das weiß auch der ESC-Ausschuss, der auf das Problem der statistischen Zuverlässigkeit hinweist 150, das in Deutschland in Gestalt geschönter Zahlen erst kürzlich praktisch geworden ist und mit zu Organisationsänderungen bei der Bundesanstalt für Arbeit geführt hat. Insgesamt betrachtet der ESC-Ausschuss die Einhaltung von Art. 1 Nr. 3 durch Deutschland als durchweg 136 Zu diesem Kontrollorgan siehe unten b). 137 Samuel, Lenia, Fundamental social rights Case law of the European Social Charter, Straßburg 2002, 2. Aufl., S Conclusions I, S. 9, in: Samuel, Lenia (s. Fn. 137). 139 Conclusions III, S. 3, in: Samuel, Lenia (s. Fn. 137) Conclusions XIV-1, S. 33 f., zit. in: Samuel, Lenia, S Conclusions XV-2. Add., S. 131 ff., zit. in: Samuel, Lenia (s. Fn. 137) S Samuel, Lenia (s. Fn. 137) S. 20 f. 142 Conclusions XV-1, S. 140 (Dänemark), S. 357 (Italien), S. 625 ff. (Großbritannien) zit. in: Samuel, Lenia (s. Fn. 137) S Samuel, Lenia (s. Fn. 137) S BAG AP Nr. 1 und Nr. 3 zu Art. 6 GG. 145 Dazu unten a). 146 Conclusions VII, S. 6, zit. in: Samuel, Lenia (s. Fn. 137) S Conclusions VIII, S. 30, zit. in: Samuel, Lenia (s. Fn. 137) S Conclusions XIII-4, S. 331, zit. in: Samuel, Lenia (s. Fn. 137) S ESC-Conclusions XII-1 (1988/89), Art. 1 III, Dänemark, S Samuel, Lenia (s. Fn. 137) S

19 2 2 gewährleistet. Dies gilt auch für Nr. 4 des Art. 1 ESC, der sehr generell Berufsberatung, Berufsausbildung und berufliche Wiedereingliederung betrifft, die in Art. 9, 10 und 15 ESC geregelt sind. Das Verhältnis zwischen diesen beiden Normengruppen war denn auch lange Zeit Gegenstand der Interpretation durch den Ausschuss. Zunächst wurde ihr Zusammenspiel so bewertet, dass ein Verstoß gegen Art. 9, 10 oder 15 immer auch Art. 1 Nr. 4 verletzte. Von dieser Auslegung ist der ESC- Ausschuss dann wieder abgerückt und prüft jetzt Art. 1 Nr. 4 separat: The purpose of Article 1 of the Charter being to ensure the effective exercise of the right to work, the Committee specified that in order to satisfy the requirements of Art. 1, para. 4, a state must not only have institutions providing vocational guidance, training and rehabilitation, but must also ensure access to the institutions for all those interested, including foreigners, nationals of the states parties to the Charter, and the disabled 151. Daraus folgt, dass ein Verstoß gegen Art. 9, 10 oder 15 nicht notwendigerweise auch als Verstoß gegen Art. 1 Nr. 4 gewertet wird, sondern nur, wenn die Arbeitsvermittlung nicht ausreichend ist oder der gleichberechtigte Zugang nicht gewährleistet ist. b) Kontrolle Wie die Europäische Menschenrechtskonvention sieht auch die Europäische Sozialcharta ein internationales Rechtsschutzsystem vor, das aber nicht gerichtsförmig ausgestaltet ist. Zur Kontrolle der staatlichen Verpflichtungen regelt die Sozialcharta gemäß Art. 21 ff. ESC ein Staatenberichtsverfahren vor dem Europäischen Ausschuss für soziale Rechte (früher Sachverständigenausschuss; im Folgenden ESC-Ausschuss), das dem Verfahren vor dem Sozialausschuss des IPWSKR ähnelt. Die Regierungen der Vertragsstaaten müssen dem Europarat alle vier Jahre berichten. Über die Umsetzung der Kernnormen der Europäischen Sozialcharta muss alle zwei Jahre ein Bericht vorgelegt werden. Das Recht auf Arbeit gehört zu diesem Kernbestand. Änderungen durch die revidierte Fassung der ESC sowie die verfahrensrechtlichen Zusatzprotokolle hat die Bundesrepublik bislang nicht ratifiziert, sodass diese Neuerungen für sie nicht gelten. Das Staatenberichtsverfahren der ESC ist kompliziert, da mehrere Organe, Ausschüsse und sonstige Beteiligte involviert sind. Bei diesem Verfahren legen die Vertragsstaaten dem Generalsekretär des Europarats alle zwei Jahre einen Bericht über die Umsetzung der von ihnen angenommenen Chartabestimmungen (Art. 20 I lit.b) vor (Art. 21). Überprüft werden die Berichte vom Sachverständigenausschuss, der sich 1998 in Ausschuss für soziale Rechte umbenannt hat (hier: ESC-Ausschuss) und aus mittlerweile zwölf unabhängigen Sachverständigen besteht. Die ILO entsendet eine beratende Person in die Sitzungen des Ausschusses (Art. 26), was die enge Verknüpfung der von beiden Organisationen geschützten Rechte deutlich macht. Auch die Dreigliedrigkeit der ILO spiegelt sich im Berichtsprüfungsverfahren der ESC, denn nationale Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen können zu den Staatenberichten Stellungnahmen abgeben (Art. 23), was sie allerdings nicht oft tun 152. Dennoch dauern die Prüfungsverfahren, wie beim Sozialausschuss des IPWSKR, mit bis zu drei Jahren sehr lange. Seine Beurteilung fasst der ESC-Ausschuss in einem Bericht in Gestalt von Schlussfolgerungen (conclusions) zusammen. Diese werden an einen Regierungsausschuss weitergeleitet wird, der aus weisungsgebundenen Delegierten der Vertragsparteien sowie Vertreterinnen und Vertretern der Sozialpartner als Beobachtungsgremium besteht. Dieser Regierungsausschuss hat mittlerweile kein eigenes Prüfungsrecht mehr, sondern nur noch politische Überwachungsaufgaben (Art. 27 III). Dennoch beeinträchtigt die Einschaltung von politischen Instanzen die Unabhängigkeit des Verfahrens. So erstellt der Regierungsausschuss einen eigenen Bericht an das Ministerkomitee mit ausgewählten Schlussfolgerungen des ESC-Ausschusses, die wiederum Gegenstand von Empfehlungen des Ministerkomitees an den betroffenen Vertragsstaat werden können. Diese Empfehlungen sind die Sanktion, die die ESC für Vertragsverstöße bereithält. Entsprechend der Unverbindlichkeit der Empfehlungen des Ministerkomitees, kommen viele ESC-Vertragsstaaten ihnen aber nicht nach 153. Nichtsdestoweniger ist der ESC- Ausschuss die Instanz für die Interpretation sozialer Rechte, die bislang die umfangreichste Rechtsprechung zu einer Vielzahl von wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechten (WSK-Rechten) geliefert hat Europäische Union a) Vertrag über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG-Vertrag) Der Vertrag über die Gründung der Europäischen Gemeinschaften (EG-Vertrag) 155 sieht ein Recht auf Arbeit nicht vor. Dennoch enthält das europäische Recht Ansätze oder Bestandteile dessen, was oben als konstitutiv für das Recht auf Arbeit herausgearbeitet wurde, und zwar Maßnahmen gegen Diskriminierung. Schon Art. 141 EG 156 enthält den Grundsatz des gleichen Entgelts für Männer und Frauen, der in Richtlinie 75/117/EWG fortgeführt wird. Richtlinie 76/207/EWG geht weiter und strebt die generelle Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf an, eine Richtlinie, die seit zwanzig Jahren in Deutschland die Bekämpfung der Diskriminierung zwischen Männern und Frauen im Arbeitsleben vorangetrieben hat 157. Sie ist im Jahre 2002 in Richtlinie 2002/73/EG zur Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie um die Arbeitsbedingungen geändert und ausgeweitet worden 158. Schließlich sieht Art. 13 EG, flankiert von Richtlinie 2000/43/EG, Maßnahmen gegen Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf aus Gründen der Rasse, der ethnischen Herkunft, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Orientierung vor. Versteht man das Recht auf Arbeit so, dass jedenfalls partiell auch das staatliche Arbeitsrecht als Umsetzungsmaßnahme darunter fällt 159, spielen auch die arbeitsrechtlichen Antidiskriminierungsvorschriften nach europäischem Recht zumindest indirekt eine Rolle, da diese europäischen Regelungen die nationalen Arbeitsrechte mitgestalten. Anders als auf der Ebene des IPWSKR oder der ESC findet hier eine effiziente rechtliche Kontrolle durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) statt 160. b) EU-Grundrechtscharta Ein Recht auf Arbeit ist auch in der EU-Grundrechtscharta nicht enthalten, hat aber bei der Diskussion um die Charta eine Rolle gespielt. Nach Billigung durch den Europäischen Rat auf dem Gipfel von Nizza wurde die Grundrechtscharta im Dezember 2000 als politische Erklärung vom Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission proklamiert. Sie ist zwar bislang noch nicht rechtsverbindlich ihre rechtliche Wirksamkeit wird davon abhängen, ob sie Bestandteil des EU- bzw. EG-Vertrages und damit der Gerichtsbarkeit des EuGH unterworfen wird, sie bringt aber die gemeinsamen Überzeugungen der Mitgliedstaaten zum Ausdruck. Eine einheitliche Überzeugung ließ sich jedoch hinsichtlich des Umfangs der sozialen Grundrechte, die im Kapitel Solidarität zusammengefasst sind, nicht finden. Dort sind Umweltschutz (Art. 37), Verbraucherschutz (Art. 38) oder Gesundheitsschutz (Art. 35) genannt, das Recht auf Arbeit ist nicht aufgeführt. Allerdings nehmen die Schlussfolgerungen des Kölner Gipfels vom Juni 1999, auf dem die Grundrechtscharta beschlossen wurde, auf Art. 136 EG Bezug, der sich wiederum auf die ESC und die Gemeinschaftscharta sozialer Grundrechte der Arbeitnehmer von 1989 bezieht: "Die Gemeinschaft und die Mitgliedstaaten verfolgen eingedenk der sozialen Grundrechte, wie sie in der am in Turin unterzeichneten Europäischen Sozialcharta und in der Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer von 1989 festgelegt sind, folgende Ziele: die Förderung der Beschäftigung,..., die Entwicklung des Arbeitskräftepotentials im Hinblick auf ein dauerhafthohes Beschäftigungsniveau..." Darüber hinaus enthält die Grundrechtscharta mit dem Verbot der Zwangsarbeit (Art. 5) oder dem Recht auf Zugang zu einem Arbeitsvermittlungsdienst (Art. 29) einzelne Aspekte des Rechts auf Arbeit. Auch Diskriminierungsverbote und etliche Rechte in der Arbeit sind normiert. Allerdings bleibt problematisch, dass die Gemeinschaftspolitik zwar auf einen umfassenden Gesundheits-, Umwelt- und Verbraucherschutz verpflichtet werden soll, nicht aber auf ein hohes Beschäftigungsniveau. Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass der EuGH Art. 15, 151 Conclusions XII-1, S. 67 und Conclusions XII-2, S. 57, zit. in: Samuel, Lenia (s. Fn. 137) S Harris, David / Darcy, John, The European Social Charter, 2001, 2. Aufl., S ebd. S Rosas, Allan / Scheinin, Martin, Implementation Mechanisms and Remedies, in: Eide/Krause/Rosas (Hrsg.), Economic, Social and Cultural Rights, 2001, 2. Aufl., S BGBl. II 1957 S Die vom EuGH verwendete Abkürzung für die Artikel des EG-Vertrages in der Fassung des Vertrages von Amsterdam. 157 Dazu Körner, Marita, Der Dialog des EuGH mit den deutschen Arbeitsgerichten, Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht (NZA) 2001, Zu den neuen Gegenständen Rust, Ursula, Änderungsrichtlinie 2002 zur Gleichbehandlungsrichtlinie von 1976, Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht (NZA) 2003, 72 ff. 159 So oben und unten Zur Kontrolle unten c)

20 2 3 der jeder Person garantiert zu arbeiten und einen frei gewählten oder angenommenen Beruf auszuüben, in diese Richtung interpretieren wird, sobald die Charta rechtsverbindlich ist 161. c) Kontrolle Die Kontrolle des Rechts auf Arbeit durch den EuGH in Betracht zu ziehen, erscheint zunächst abwegig, enthalten doch weder der EG-Vertrag noch das sekundäre Gemeinschaftsrecht ein Recht auf Arbeit. Dort sind aber der Diskriminierungsschutz im Beschäftigungsverhältnis sowie wichtige Teile des Arbeitsrechts geregelt, die wiederum Ausfluss eines Rechts auf Arbeit sind. Hier hat der Europäische Gerichtshof mit seiner Rechtsprechung Weichen gestellt. Der EuGH sichert die Wahrung des Rechts bei der Auslegung und Anwendung dieses Vertrages (Art. 220 EG). Von besonderer Bedeutung sind die Vorabentscheidungsverfahren, bei denen ein nationales Gericht, das in einem Rechtsstreit eine Frage des Europarechts für ausschlaggebend hält, dem EuGH diese Frage vorlegen kann (Art. 234 EG). Die Entscheidung des EuGH ist für das nationale Gericht bindend. Deutsche Gerichte, vor allem deutsche Arbeitsgerichte, legen häufig Streitsachen beim EuGH vor, der auf diese Weise starken Einfluss auf die nationale Rechtsentwicklung nimmt. 3 Die Umsetzung des Rechts auf Arbeit in Deutschland 3.1 Innerstaatliche Umsetzung völkerrechtlicher Pflichten Das Recht auf Arbeit ist in den erörterten völkerrechtlichen Verträgen niedergelegt, die nicht ohne Weiteres Bestandteil der deutschen Rechtsordnung sind. Das Grundgesetz legt sich, was das Verhältnis von Völkerrecht und nationalem Recht angeht, zwar nicht eindeutig fest, folgt aber in den einzelnen, das Völkerrecht betreffenden Artikeln eher einem dualistischen Ansatz, wonach Völkerrecht und nationales Recht nicht von vornherein Bestandteile einer einheitlichen Rechtsordnung sind. Das ist beim monistischen Ansatz anders, der zum Beispiel in Art. 53 und 55 der französischen Verfassung verankert ist. Danach gilt der IPWSKR als völkerrechtlicher Vertrag innerstaatlich unmittelbar und vorrangig. Dieser Ansatz ist für die geschützten Personen günstiger, weil sie sich vor nationalen Gerichten direkt auf den Pakt berufen können, jedenfalls dann, wenn das konkrete Recht unmittelbar anwendbar ist. In Deutschland dagegen müssen völkerrechtliche Normen in innerstaatliches Recht transformiert werden, was bei völkerrechtlichen Verträgen durch ein Zustimmungsgesetz des Bundestages gemäß Art. 59 II GG geschieht. Der transformierte völkerrechtliche Vertrag hat dann den Rang eines einfachen Bundesgesetzes 162. Er ist anderen Bundesgesetzen damit gleichgestellt und geht ihnen nicht etwa vor, kann also durch nachfolgende innerstaatliche Normen auch außer Kraft gesetzt werden. Jedoch geht das Bundesverfassungsgericht davon aus, dass nachfolgende Gesetze völkerrechtsfreundlich auszulegen sind, da nicht anzunehmen ist, dass der Staat gegen seine völkerrechtlichen Pflichten verstoßen will. Die oben behandelten völkerrechtlichen Verträge, die das Recht auf Arbeit einräumen, sind alle durch Transformationsgesetz ins Bundesrecht überführt worden 163, sodass sie in der Bundesrepublik anwendbar sind. Allerdings werden sie von den Gerichten für die Entscheidung konkreter Fälle kaum herangezogen. Das mag zum einen mit Rechtstraditionen zu tun haben. Im anglo-amerikanischen Rechtskreis mit seinem fallbezogenen Recht finden sich internationale Rechtsnormen zur Begründung von nationalen Rechtsstreitigkeiten viel häufiger als bei deutschen Gerichten, sogar dann, wenn die jeweiligen völkerrechtlichen Instrumente für das jeweiligen Land gar nicht bindend sind 164. Deutsche Gerichte sind in dieser Hinsicht, hier in Bezug auf das Recht auf Arbeit, vermutlich auch deshalb viel zurückhaltender, weil zum einen der verfassungsmäßige Schutz dieses Rechts insbesondere über das Sozialstaatsgebot des Grundgesetzes schon stark, wenn auch nicht umfassend ist und zum anderen viele Ausflüsse des Rechts auf Arbeit in deutschen Gesetzen geregelt sind, mit denen sich die Gerichte auf vertrautem Terrain bewegen. Erwähnt seien nur grundlegende arbeitsrechtliche Gewährleistungen, wie der Kündigungsschutz oder sozialrechtliche Rechte, die sich aus dem SGB III ergeben, das die Arbeitsförderung und die Arbeitslosenversicherung betrifft. Außerdem ist die unmittelbare Anwendbarkeit für die nationalen Gerichte erschwert, da das Recht auf Arbeit international nur sehr allgemein geregelt ist. Auch die Rechtsprechung der Überwachungsausschüsse bietet hier oft noch nicht genug Anhaltspunkte, da das Fallrecht noch sehr punktuell ist 165 und häufig keine präzise Interpretation darstellt So auch Weiss, Manfred, Grundrechte-Charta der EU auch für Arbeitnehmer?, Arbeit und Recht (AuR) 2001, Für Völkergewohnheitsrecht gilt die Transformation des Art. 25 GG. 163 Die jeweiligen Hinweise auf die Quelle in BGBl. finden sich oben bei den jeweiligen Verträgen. 164 Vgl. Körner-Dammann, Marita, Bedeutung und faktische Wirkung von ILO-Standards, 1991, S. 120 ff. 165 Ähnlich auch Rosas, Allan / Scheinin, Martin (siehe Fn. 154) S. 425 ff.,

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