Vorlesung 3a: Gedächtnis & Lernen: Mikroprozesse des Lernens Prof. Dr. F. Baeriswyl
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- Eva Hausler
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1 Vorlesung 3a: Gedächtnis & Lernen: Mikroprozesse des Lernens Prof. Dr. F. Baeriswyl
2 Zur Bedeutung des phonologischen Speichers für das Lernen I Phonologische Bewusstheit (Fähigkeit, die Lautstruktur der gesprochenen Sprache analysieren und manipulieren zu können, Schneider & Küspert, 2004,220). Fäh., a) Wörter, Silben und Reime zu identifizieren und b) Laute (Phoneme) eines gesprochenen Wortes zu erkennen: Lese- Rechtschreibschwäche; Fremdsprachenlernen
3 Zur Bedeutung des phonologischen Speichers für das Lernen II Defizite im Kindergartenalter bedeuten ein hohes Risiko beim Lesenlernen Die Bedeutung der phonologischen Bewusstheit beim Fremdsprachenlernen bei älteren Sch. ist noch wenig untersucht. Entsprechendes Trainingsmaterial fehlt. (Hörverständnis!)
4 Zur Bedeutung des phonologischen Speichers für das Lernen III Mangelndes Artikulieren beim Lesenlernen wurde bei Legasthenikern beobachtet Fehlendes subvokales Artikulieren von Erwachsenen beim Lesen von anspruchsvollen Texten vermindert die Verarbeitungstiefe
5 Arbeitsgedächtnis - der visuell-räumliche Speicher Ist für das Erstellen, Speichern und Arbeiten mit visuell-räumlichen Informationen und Bildern zuständig U.a. Erklärung für die Tatsache, dass abstrakte Wörter schwieriger zu behalten sind als konkrete (Würde, Ehre / Schloss, Rose)
6 Identisch oder nicht?
7 Bedeutung des visuell-räumlichen Speichers für das Lernen Sollen zu lernende Bewegungsmuster versprachlicht werden? (Slalomfahrer) Beim Lernen können visuelle Stimuli ablenken, überlasten oder unterstützen Visuelles dargebotenes Material wird sprachlich kodiert Wie steht es mit bebilderten Lehrtexten?
8 Sind Texte mit Bildern lernwirksamer? Ausgangsthese: Bilder werden piktoral und verbal kodiert, demnach wird die Information besser behalten: So generell stimmt diese Aussage nicht - es kommt auf die Quantität und Qualität der Bilder an Die visuelle Darbietung von Text und Bild führt zu einer AG-Überlastung; die Aufmerksamkeit muss sich zwischen Text und Bild aufspalten Auditive Darbietung des Textes und visuelle der Bilder führen zu besseren Lernleistungen Realistische Bilder sind weniger lernwirksam als schematisierte Der Text soll sich auf die Darstellung beziehen Logische Bilder wie Folie zum AG sind hilfreich Vgl. (Text in Klauer & Leutner, 2007, 96 ff.)
9 Geschriebene Wörter - ihre Verarbeitung im AG (nach Rummer et al. 2008)
10 Arbeitsgedächtnis - der episodische Speicher Ist auch ein temporäres Speichersystem Verbindet Informationen aus dem LZG zu neuen Einheiten Kann Info. aus verschiedenen Ressourcen integrieren und in eine kurzfristige Repräsentation verarbeiten Schnittstelle zwischen versch. Modalitäten Ist auch durch die zentrale Exekutive kontrolliert
11 Long-term Working Memory nach Kintsch & Ericsson, 1998
12 Das Geheimnis der Gedächtniskünstler Sie bauen hoch automatisierte Verarbeitungsstrategien auf z.b. Kodierungen jeder Zahl in ein Bild z.b. 67 = Schaf (Long-term-Workingmemory) Dadurch schaffen sie Verarbeitungskapazität für die Kodierung der aufgenommenen Information zu neuen Einheiten (Chunks); sie konstruieren aus den Ziffernabfolgen Geschichten Für die Wiedergabe der Ziffern werden die Geschichten zurückkodiert
13 Betonung und Rhythmisierung - die wohl elementarste Verarbeitungsstrategie S!okluba peklimu doklume Miglobe koblafi sablido Portaki laktize kentora Lestiko desmotu zorkadi Materialeffekt und Betonungseffekt Keinen Effekt der Entspannung
14 Bedeutung des Arbeitsgedächtnisses I Es ist ein Modell, das den Aspekt der Verarbeitung im Gedächtnis betont. Verarbeitung ist zudem nicht nur Wiederholung (rehearsal), sondern ist viel komplexer, umfasst sämtliche Formen von Strategien und Techniken. Die Verarbeitung wird durch die sog. Ressourcen der phonologischen Schlaufe, der Lautbilder und der visuell-räumlichen Systeme unterstützt. Untersuchungen bei leseschwachen Kindern zeigten, dass ihr AG eingeschränkt war: Subsysteme wurden wenig aktiviert.
15 Bedeutung des Arbeitsgedächtnisses II Das AG ist ein zentrales Gedächtnismodell für das Lernen: langzeitige Speicherung erfolgt nach Verarbeitung. Die Verarbeitungsgüte ist ein massgeblicher Faktor für das bewusste Behalten und Erinnern. Mit dem AG kann man sich die Mechanismen bei Gedächtniskünstlern erklären: Die Verarbeitungsstrategien basieren auf automatisierten Fertigkeiten, die ohne wesentliche Verarbeitungsansprüche ablaufen. Neu wird jeweils die einkommende Information mit den im LZG gespeicherten Kodierungen assoziiert. So wird die Kapazität optimal für die aktuelle Verarbeitung eingesetzt. Aus der letztgenannten Überlegung können auch Schlüsse für das schulische Lernen abgeleitet werden: Welche Grundfertigkeiten müssen systematisch bis zur Automatisierung aufgebaut werden, damit genügend Kapazität für sinnvolle Lernaktivitäten frei bleibt? Z.B. Vokabeln; Grundoperationen beim Rechnen; 1 x 1; Lesefertigkeiten über Lesetrainings. Sämtliche Trainings beruhen auf dem Prinzip, Automatismen aufzubauen, damit Verarbeitungskapazität frei behalten werden kann.
16 Verarbeitungsauftrag 2 Inwiefern haben Sie Erfahrungen zu einer optimalen Beanspruchung des Arbeitsgedächtnisses im Studium; in der Freizeitbeschäftigung? Welche typischen Erfahrungen kennen Sie bezüglich einer Überlastung des Arbeitsgedächtnisses?
17 Arbeitsgedächtnis und Aufmerksamkeit Das AG ist ein System, das Prozesse der Informationsspeicherung mit Aufmerksamkeitsprozessen verbindet, um Informationen für (höhere) kognitive Prozesse verfügbar zu halten bei gleichzeitiger Offenheit für Änderungen in der Umwelt. Demnach ist die primäre Aufgabe des AG der Umgang mit relevanter Information, wobei sich die Relevanz der Information aus den aktuellen Zielen ergibt. Dabei spielen neben den Speicherprozessen jene der Aufmerksamkeitssteuerung und sensorische Prozesse eine wichtige Rolle, die Änderungen in der Umwelt registrieren und bewerten. Nach Berti & Schröger, 2003, 200)
18 Definitorisches zu Aufmerksamkeit I William James 1890: Es ist die Inbesitznahme eines von anscheinend mehreren simultan möglichen Gegenständen oder Gedankensträngen durch den Geist in klarer und lebendiger Form. Die Fokusbildung, die Konzentration des Bewusstseins sind ihr Wesen. Sie setzt Rückzug von einigen Dingen voraus, um effektiv mit anderen umgehen zu können. Nach Solso, 2005, 79. Zentrales Merkmal: Selektion von Reizen/Ereignissen aus der äusseren oder inneren Welt. Das verlangt eine Bündelung der Ressourcen (Konzentration des Bewusstseins) sowie die Ausblendung von irrelevanten Gedanken.
19 Definitorisches zu Aufmerksamkeit II Unter Aufmerksamkeit versteht man die Selektion von unmittelbar wahrgenommenen, relevanten externen Reizen/Ereignissen. Aufmerksamkeit bezieht sich auf Wahrnehmungsprozesse. Es werden nur die für die Weiterverarbeitung relevanten Reize ausgewählt.
20 Definitorisches zu Konzentration Konzentration bezieht sich auf alle Stufen der weiteren Informationsverarbeitung nach der Reizselektion. Konzentration ist erst am Zustandekommen von Leistung beteiligt K. ist die Fähigkeit, unter Bedingungen, die das Erbringen einer kognitiven Leistung normalerweise erschweren, schnell und genau zu arbeiten (Schmidt- Atzert et al., 2004, 9) Konzentration tritt nur beim Arbeiten auf und wird als anstrengend erlebt
21 Aufmerksamkeit und Konzentration Hohe Konzentration besteht im erfolgreichen Zusammenwirken jener Aufmerksamkeitskomponenten, die unter Einsatz willentlicher Anstrengung eine andauernde Selektion... leisten.
22 Aufmerksamkeit und Konzentration. Ein differenzierteres Modell Aus Schmidt-Atzert, Krumm & Bühner, 2008, 69
23 Aufmerksamkeit und Arbeitsgedächtnis Die Konzeption des Arbeitsgedächtnisses ist eng verknüpft mit dem Begriff der Aufmerksamkeit: Kontrollierte Aufmerksamkeit oder exekutive Kontrolle bedeutet die Fähigkeit, aktiv Aufmerksamkeit auf innere Prozesse zu richten, damit zu erinnerndes Material nicht verloren geht während die Information verarbeitet wird. Ohne intaktes AG ist eine willentliche Beachtung von Reizen undenkbar Bei Aufm. und AG aktivierte Hirnregionen überlappen sich
24 Die Cognitive-load Theorie (CLT) Im AG kann nur eine bestimmte Menge an Information verarbeitet werden Information wird daher didaktisch aufgearbeitet Die CLT erlaubt Hinweise zur Gestaltung des Informationsprozesses Die CLT erlaubt vorherzusagen, unter welchen Bedingungen Lernen möglich ist und unter welchen nicht (Leutner & Klauer, 2007, 96)
25 CLT: Arten kognitiver Belastung Intrinsische: durch das Lernmaterial (den Inhalt) bedingte k. Belastung wie Schwierigkeitsgrad und Komplexität Extrinsische: Darstellung und Gestaltung des Lernmaterials wie irrelevante Info., zahlreiche Verweise, unadäqute Medien... German cl; lernbezogene: kognitive Belastung - mentaler Aufwand des Lernenden, das Lernmaterial zu verstehen (Entlastung durch automatisierte Schemata, advaced organizer)
26 Zum Begriff Schema Schemata sind mentale Einheiten, die sprachlich meist als Oberbegriffe einzustufen sind wie Blume, Sonnensystem, Gotik, die ferner im Einzelnen mit Wissen angereichert (elaboriert) oder auch vereinfacht (reduziert) werden können und mehr oder minder miteinander vernetzt sind. (Nach Leutner & Klauer, 2007, 96) Jedes Schema belastet das AG nur als 1 Element. Schemata sind auch im motorischen und sensomotorischen Bereich vorhanden Lernstrategien können zu Schemata werden
27 CLT und Lernen Lernen findet nur dann statt, wenn Das Ausmass der kognitiven Gesamtanforderungen die gerade verfügbare kognitive Kapazität nicht übersteigt und Ein ausreichendes Mass an lernförderlichen (germane load) Prozesse ablaufen können Ziel ist also, die extrinsische Belastung zu reduzieren und die lernbezogene (germane) Auslastung zu fördern Emotionale Zustände wie Ängstlichkeit belastet die Verarbeitungskapazität zusätzlich
28 Aufmerksamkeit und Lernen: Die Kapazitätsannahme
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