Studienseminar Koblenz. Pubertät
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- Cathrin Grosser
- vor 7 Jahren
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1 Studienseminar Koblenz Modul 146 Pubertät Die Kunst, einen Kaktus zu umarmen
2 Pubertät ist, wenn Eltern schwierig werden. und Schule öde wird 2/3 aller Wiederholer sind zwischen 11 und 15 Jahre alt 47 % aller Schüler und Schülerinnen beurteilen Schule ab diesem Zeitpunkt negativ; dieser Wert erhöht sich noch leicht bis zum Abitur Czerwenka et al., 1990
3 Symptome Benard und Schlaffer, 2000 suchen verstärkt Kontakt zu Gleichaltrigen bilden Cliquen, orientieren sich an ihrer Peer- Gruppe entwickeln ihren eigenen Stil, möchten gestylt sein möchten cool wirken, was sie stark einschränkt fühlen sich hässlich sind aufsässig oder auch extrem gehemmt sind wenig Stress tolerant
4 Symptome sind sehr labil mangelnde Selbstkontrolle und ausgeprägte Gefühlsschwankungen sind leicht zu kränken, erscheinen narzisstisch sind unkonzentriert und im Unterricht mit ihren Gedanken oft abwesend, übermüdet sind albern verhalten sich provokant sind wenig einfühlsam, aber sehr empfindlich
5 Symptome sind oftmals extrem in ihren Standpunkten, sind idealistisch lehnen sich gegen Autoritäten auf, sind daher widerspruchsbereit, streitsüchtig genieren sich häufig, schämen sich z.b. für ihre Eltern
6 Symptome sind auf der Suche nach Kicks und Inhalten probieren Drogen aus (Bsp. Alkohol-Exzesse auf Klassenfahrten) zeigen z.t. Essstörungen neigen zu Autoaggression (Ritzen, Suizid) schwänzen die Schule
7 Jungen kämpfen um eine gute Position in ihrer Horde neigen zu Hahnenkämpfen ringen um die Anerkennung ihrer Männlichkeit durch männliche Personen sind wenig einfühlsam in dieser Phase haben eine hohe Risikobereitschaft (vgl. Autounfälle) sind besonders gefährdet durch Suizid: 2/3 der Suizidtoten sind Jungen 2/3 der Versuche werden von Mädchen verübt die Zahl der Suizide entspricht der der Verkehrstoten dieses Alters, die Zahl der Versuche wird auf das 20-30fache geschätzt.
8 Mädchen ziehen sich oftmals stark zurück fühlen sich hässlich wollen ihre Reize erproben möchten aber nicht angefasst werden ekeln sich vor Berührungen wollen als Frau bestätigt werden konkurrieren untereinander, besonders um Jungen und körperliche Attraktivität
9 Jungen sind an ihrer Position in der Horde interessiert wollen Anerkennung von Männern produzieren sich geben sich cool sind überengagiert sind streitbar reden nicht über ihre Gefühle Mädchen konkurrieren um die Jungen möchten attraktiv und sexy sein sind unsicher sind zickig fühlen sich hässlich ziehen sich zurück psychologisieren
10 Entwicklungsebenen körperliche Ebene emotionale Ebene soziale Ebene sind zeitlich nicht koordiniert Die körperliche Entwicklung setzt immer früher ein (Jungen: 12,5 J., Mädchen 11,5 J.) Die soziale und emotionale Entwicklung dauert immer länger (bei Männern bis 28 J.) Sie sind länger kindlich, als es die Körpermerkmale vermuten lassen!
11 Prozesse, die in dieser Zeit ablaufen, dienen der Selbstfindung (u.a. Sinn- und Wertevorstellungen entwickeln) Loslösung von den Eltern Berufsfindung, Bestimmung der sozialen Rolle in der Gesellschaft Bestimmung der geschlechtlichen Identität im Miteinander
12 Das familiäre Umfeld der Jugendlichen bietet geringe Planungssicherheit 52 % der Erwerbstätigen arbeiteten 1996 in einem Normalarbeitsverhältnis (Mikrozensus) moderne Familienstrukturen bieten wenig Orientierung dt. Eltern nabeln ihre Kinder allzu früh ab dt. Eltern sind allzu sehr mit sich selbst beschäftigt - Freizeitgesellschaft - Selbstverwirklichung
13 Rückzug dt. Eltern aus der Verantwortung indem sie ihre Kinder allzu früh abnabeln und loslassen (s. Wertekanon) mit sich selbst beschäftigt sind - Freizeitgesellschaft - Selbstverwirklichung
14 Was Jungen brauchen, aber nicht haben Mutproben ihre Kräfte zu messen sich auseinander zu setzen ein männliches Rollenvorbild
15 Männliche Rollenvorbilder sind selten Lehrerinnen überwiegen an den meisten Schularten Kinder wachsen häufig nicht mit dem eigenen Vater auf
16 Computerspiele und Rollenvorbilder Computerspiele bieten keine geeigneten Rollenvorbilder sind klischeehaft überzeichnen und überhöhen männliche und weibliche Rollen bieten supranormale Reize fördern unrealistische Erwartungen
17 Das weibliche Erziehungskonzept ist auf Kooperation und Diskussion angelegt vermeidet Konfrontation erzieht zur Anpassung gibt daher Jungen zu wenig Freiraum sich zu erproben
18 Zeiten der Gefährdung und besonderer Verletzlichkeit verstärktes Umsorgen ist angesagt begleiten und schützen, aber den Freiraum zunehmend vergrößern Rückhalt geben Grenzen setzen und Verstöße konsequent sanktionieren
19 Jugendliche heute sind früh selbstständig im Umgang mit Geld, Konsum sind zunehmend länger finanziell abhängig von ihren Eltern sind viel mit sich selbst beschäftigt
20 Jugendliche heute gehen ungern Bindungen ein halten sich viele Optionen offen legen viel Gewicht auf Kreativität und Lebensfreude halten Sekundärtugenden wie Pünktlichkeit, Disziplin, Ordnung und Bindung für weniger wichtig
21 Haupt-Intentionen der Erziehung
22 Haupt-Intentionen von Erziehung Selbständigkeit Selbstbewusstsein Leistungsfähigkeit Verantwortungsbewusstsein nach Hurrelmann, 2002 Anleitung zur Selbstkompetenz
23 Erziehungsstile der Eltern autoritär permissiv behütend und kontrollierend vernachlässigend autoritativ partizipativ
24 Der autoritative partizipartive Erziehungsstil: Magisches Erziehungsdreieck nach Hurrelmann 2002 Anerkennen Anleiten Anregen
25 Anerkennen nicht erdrücken, aber auch nicht abweisen Wärme geben aktiv zuhören sich einfühlen
26 Anleiten angemessene Umgangsregeln vereinbaren Sanktionen vereinbaren Regelverstöße wahrnehmen und ahnden konsequent sein
27 Anregen Impulse setzen, statt Rat-Schläge zu erteilen Leistung anerkennen, ohne jedoch auf Leistung zu trimmen erwünschtes Verhalten beachten und positiv bekräftigen
28 Neurobiologische Erkenntnisse
29 Umstrukturierung des Gehirns nach Giedd,J., Sowell, E., 1999 Die Anzahl der Neurone, zuständig für Gefühle und die langfristige Planung komplizierter Vorgänge, wächst Es überdauern nur die Neurone, die benutzt und miteinander verschaltet werden Schüler zur Auseinandersetzung mit Gefühlen anleiten
30 Lese-Fenster Es stehen vermehrt Neurone zur Verfügung um sich in die Gefühlswelt der Bücher einzufühlen um komplexen Konstruktionen zu verstehen und zu ordnen, indem man Geschehnisse einer Zeitachse zuordnet (Zeitgefühl)
31 Steigerung intellektueller Fähigkeiten da die Hirnhälften verstärkt kooperieren ganzheitliches und analytisches Denken werden besser integriert Gedanken und Gefühle können eher in Sprache gefasst werden doch neue Fremdsprachen zu erlernen ist erschwert, da die Kontakte starrer werden
32 Der präfrontale Kortex - zuständig für die Hemmung und Steuerung von Impulsen - wird umgebaut Türeknallen, Wutausbrüche, rüpelhaftes Benehmen, Ausflippen, emotionales Ungleichgewicht - launisch und unfroh - überschießend fröhlich - rücksichtslos - überempfindlich - wagemutig und risikofreudig leiden an Ängsten - widerständig gegen Eltern/Lehrer - unterwerfen sich dem Diktat der Peer-group
33 Ich bin zu nett für diese Schüler! Lehrerperspektive Ich bin zu nett. Ich bin rücksichtsvoll. Ich versuche ihnen zu helfen, bemühe mich um sie. Schülerperspektive Der kann sich nicht durchsetzen. Die weiß nicht, was sie will. Die lässt alles durchgehen. Der hat nichts los! Die belagert uns/der labert nur. Der soll uns in Ruhe lassen! Was will die immer von uns?!
34 Angemessen reagieren Angriffe nicht persönlich nehmen gelassen, freundlich und zugewandt bleiben, auch wenn der Schüler ausflippt Vorwürfen mit Ernsthaftigkeit begegnen (für Lachen und Humor fehlt den Schülern oft der Sinn) auf keinen Fall Rat-Schläge erteilen ins Gespräch kommen bei Problemen, z.b. durch Doppeln oder Spiegeln (Aktives Zuhören) den Schülern ihre Probleme lassen können, was bedeutet Distanz zu halten
35 Angemessen reagieren fürsorgliches Bemühen auf das Notwendige beschränken und - wenn möglich - nicht sichtbar werden lassen den Schülern etwas zutrauen, sie mit Aufgaben betrauen und auch zulassen, dass etwas schief geht
36 Einfühlsame Lehrer sind gelassen geduldig großzügig - gütig freundlich zugewandt aufmerksam wertschätzend geben ein Vorbild setzen Grenzen sind konsequent
37 Den Freiraum für Schüler erweitern Unterrichtsreihen zusammen mit den Schülern planen Lehr- und Lernziele mit den Schülern verhandeln rückschauend Unterrichtsreihen strukturieren Schüler verstärkt an der Gestaltung von Unterricht beteiligen, z.b. durch Referate
38 Den Freiraum für Schüler erweitern vermehrt handlungsorientierte Lernphasen einplanen den Gruppenzusammenhalt fördern Lernleistungen von der Gruppe selbst einschätzen lassen Feed-back einfordern und mit der Klasse diskutieren
39 Handlungsoptionen nur sparsam Kritik äußern und diese dann möglichst nur sachorientiert, beschreibend Das Verhalten der Schüler nie kommentieren Berührungen meiden bei Gruppenarbeit auf Wunsch Jungen und Mädchen trennen.
40 Handlungsoptionen Grenzen möglichst weit fassen; diese sind dann aber zu bewachen (Konsequenz) Mit den Schülern kooperieren, z.b. ein Regelwerk des Verhaltens erarbeiten, das auch Maßnahmen für Verstöße listet Fehlverhalten zugestehen, soweit dieses tolerabel ist Humor zeigen, wenn es passt
41 Kontraproduktiv ermahnen sich beklagen predigen/moralisieren gute Vorsätze fassen lassen strafen drohen abprüfen loben/kritisieren umsetzen
42 Mottenkiste Machtdemonstrationen umsetzen auf einen anderen Platz Eintrag ins Klassenbuch Strichlisten und gelbe-rote-karten mündliches Abprüfen ein Stundenprotokoll verlangen eine Überprüfung schreiben lassen
43 Geeignete Interventionen Wahlmöglichkeiten anbieten um Vorschläge bitten Rückmeldungen erbitten Rituale thematisieren und aushandeln Regeln aushandeln und passende Sanktionen festlegen konsequent das Einhalten der Regeln einfordern
44 Grenzen setzen diese aber so weit wie möglich fassen! In diesem Sinne die Schüler anleiten durch: klare Arbeitsaufträge Material zum selbstständigen Arbeiten Rituale Regeln + Sanktionen Aufgaben/Ämter
45 Bestätigung geben indem man die SuS wahrnimmt und Gelungenes anerkennt, indem man sich - wenn möglich - zustimmend äußert das Recht auf eine eigene Meinung aktiv vertritt Schülerbeiträge für alle nutzbar macht die Regeln für Rückmeldungen bewusst macht und selbst beachtet nie kommentiert
46 Freiraum geben und die SuS anregen, Verantwortung für das eigene Tun zu übernehmen, indem man sie anleitet, eine kurze Unterrichtsreihe zu planen ihnen Alternativen zur Wahl anbietet unterschiedliche Lösungswege vergleicht Ziele mit den Schüler/innen festlegt und ihnen als Berater zur Seite steht
47 Abgrenzung zu Symptomen bei Lebenskrisen Das Verhalten des Schülers ändert sich schlagartig und dieses ist von bestimmter Dauer Der Schüler/die Schülerin - zieht sich zurück, sondert sich ab - hält keinen Blickkontakt - arbeitet im Unterricht kaum noch mit - bewegt sich verlangsamt - reagiert unangemessen aggressiv - ist evt. überdreht, mischt den Unterricht auf - zeigt geringe Lernmotivation Das Gespräch mit dem Schüler und den Eltern suchen!
48 Stimmung Körperhaltung Gangart Pubertät wechselhaft launisch abweisend herausfordernd Lebenskrisen gleichbleibend gedrückt oder aggressiv gebeugt verlangsamt Blickkontakt abschweifend meidend, Augen niederschlagend Umgang mit Mitschülern Kontakt mit Lehrer/innen im Gespräch ist peinlich abseits stehend anlehnungsbedürftig evt.
49 Literatur Arp, Claudia, und David: Und plötzlich sind sie 13. Die Kunst, einen Kaktus zu umarmen. Brunnen Verlag, Gießen, Basel 1986 Benard, Cheryl, Schlaffer, Edit: Einsame Cowboys. Jungen in der Pubertät. Kösel-Verlag, München 2000 Czerwenka, K. et al.: Schülerurteile über die Schule (1990) in Strauch, Barbara: Warum sie so seltsam sind. Gehirnentwicklung bei Teenagern. Berlin Verlag, Berlin 2003 Schüler Körper, Friedrich Verlag und Klett, Seelze Freiheit in Grenzen, (2005). Interaktive CD-ROM zur Stärkung der elterlichen Erziehungs-kompetenz für Eltern von Jugendlichen. Autor: Prof. Dr. Klaus A. Schneewind, Univ. Mü., Bestelladresse: kontakt@freiheit-in-grenzen.org (circa 10,- ) Zeitschrift Pädagogik, 6/2011 zum Thema Pubertät, Beltz Verlag Weinheim
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