Wahrscheinlichkeit und Zufall
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- Rüdiger Schreiber
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1 Wahrscheinlichkeit und Zufall Klassische Probleme der Wahrscheinlichkeitsrechnung 23. Juni 2009 Dr. Katja Krüger Universität Paderborn
2 Inhalt Die Wetten des Chevalier de Méréé Warten auf die erste Sechs Geburtstagswetten 2
3 Die Wetten des Chevalier de Méré 3
4 Die Wetten des Chevalier de Méré Der Provinzadelige Chevalier de Méré war ein leidenschaftlicher Spieler. Gerne verführte er am Pariser Hof seine Mitspieler zu folgendem Würfelspiel:. Wir werfen einen Würfel viermal. Wenn eine oder mehrere Sechsen dabei sind, gewinne ich. Wenn keine Sechs dabei ist, gewinnen Sie. Tatsächlich gewann der Chevalier mit diesem Spiel regelmäßig Geld. Schließlich fand er keine Opfer mehr oder das Spiel wurde ihm vielleicht auch zu langweilig. l g. Er dachte sich eine neue Variante aus, die ebenso lukrativ sein sollte: 2. Doppel-Sechs: Wir werfen ein Paar von Würfeln 24 mal. Wenn dabei eine Doppel-Sechs oder mehrere sind, gewinne ich. Wenn keine Doppel-Sechs dabei ist, gewinnen Sie. Würden Sie Wette annehmen? Eine Wette ist für Sie von Vorteil, wenn Ihre Gewinnchance p > 0,5 ist. 4
5 Intuition und Erfahrung im Widerspruch Proportionalitäts(fehl)schluss: 24 Würfe mit zwei Würfeln verhalten sich zu 3 möglichen Ergebnissen wie 4 Würfe mit einem Würfel zu Ergebnissen. Daher sollten die Gewinnchancen in beiden Wetten gleich sein. Gigerenzer: Die Evolution des statistischen Denkens. Unterrichtswissenschaft 32 (2004) 5
6 A : ( ) Berechnung der Gewinnchancen mit Hilfe von Gegenwahrscheinlichkeiten keine in vier Würfen P A = = 4 29 Wahrscheinlichkeit für mindestens eine in vier Würfen P ( A ) = P ( A ) = = 0, 58 Die Gewinnwahrscheinlichkeit der ersten Wette von Méré liegt mit 5,8% geringfügig g g g über 50%, daher ist diese Wette vorteilhaft. Für die zweite Wette von Méré erhält man eine Gewinnwahrscheinlichkeit, h i hk it die mit 49, % geringfügig i unter 50% liegt, also von Nachteil ist (Rechnung an der Tafel).
7 Analyse des Fehlschlusses p (Gewinn) = ⅔. Wette: mindestens eine, viermal werfen: 4 4 = = Wette: mindestens eine Doppelsechs, 24mal werfen: = 3 3 = Fehlerhafte Anwendung des Dreisatzes: Anzahl der verwendeten Würfel ist nicht proportional zur Wahrscheinlichkeit Würde man in ) mit einem Würfel fünfmal, sechsmal, siebenmal würfeln, so erhielte man schließlich Wahrscheinlichkeiten größer als eins. Fehlerhafte Anwendung der Laplace-Regel: Was gibt der Zähler an? Würde man in a) mit einem Würfel fünfmal, f sechsmal, siebenmal würfeln, so erhielte man schließlich Wahrscheinlichkeiten größer als eins
8 Aus Pascals Brief an Fermat (29.Juli 54) Er [de Méré] sagte mir also, daß er aus folgendem Grund einen Fehler in den Zahlen gefunden habe: Wenn man versucht, mit einem Würfel eine Sechs zu werfen, dann ist es von Vorteil, dies mit 4 Würfen zu tun, und zwar wie 7 zu 25. Wenn man versucht, mit 2 Würfeln eine Doppelsechs zu werfen, ist es von Nachteil, dies mit 24 Würfen zu tun. Dennoch verhält sich 24 zu 3 (was die Anzahl der Ergebnisse von zwei Würfeln ist) wie 4 zu (was die Anzahl der Ergebnisse eines Würfels ist). Das ist es, woran er so großen Anstoß nahm und was ihn dazu veranlaßte, öffentlich zu behaupten, daß die Aussagen der Mathematik unsicher seien, und daß die Arithmetik sich widerspreche. Aber Sie werden den Grund dafür sehr leicht verstehen mit Hilfe der Prinzipien, auf denen Sie aufbauen. Zitat aus Barth und Haller: Stochastik Leistungskurs, S. 72 8
9 Warten auf die erste Sechs 9
10 Werfen bis zur ersten ''. Es wird mit einem Würfel gewürfelt. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass die '' a) schon im.wurf erscheint, b) erst im 2. Wurf erscheint, c) erst im. Wurf erscheint, d) erst im 00. Wurf erscheint, e) keinmal in den ersten 00 Würfen erscheint? Berechnung der Wahrscheinlichkeiten (Tafel) 0
11 Entscheiden Sie selbst, ob die folgenden Aussagen richtig oder falsch sind: () Die Wahrscheinlichkeit h hk it für das erstmalige Auftreten t einer ' ist beim. Wurf am größten. (2) Je länger die Wurfserie "Werfen bis zur ersten ''", desto unwahrscheinlicher ist sie. (3) Im 2. Wurf erscheint die '' im Schnitt etwa doppelt so häufig wie im. Wurf. (4) Eine Wurfserie mit zwei Würfen bis zur ersten '' tritt etwa doppelt so häufig auf wie eine Wurfserie mit sechs Würfen. (5) In sechs Würfen muss die '' einmal auftreten. () Es geschieht im Schnitt fünfmal so häufig, dass die '' in den ersten 00 Würfen keinmal auftritt, wie, dass sie zum ersten Mal im 00. Wurf auftritt.
12 Werfen bis zur ersten ''. Muss die eigentlich in sechs Würfen einmal auftreten? Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass die ' a) mindestens einmal in den ersten sechs Würfen erscheint, b) genau einmal in den ersten sechs Würfen erscheint? Ergebnis (an der Tafel): 2
13 Wahrscheinlichkeiten beim Werfen bis zur ersten Wurfnr. i erste "" pi 0,7 0,4 0,2 0,0 0,08 0,07 0,0 0,05 0,04 0,03 0,03 0,02 0,02 0,02 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 Exponentieller Zerfall: Vergrößert man die Wurfnummer i um, dann verringert sich die Wahrscheinlichkeit p i+ auf 5/ des vorangegangenen g g Wertes p i. Wa ahrscheinlichke eit 0,8 0, 0,4 02 0,2 0,0 0,08 0,0 0,04 0,02 0,00 p i = 5 i Nr. des Wurfes mit der ersten "" 3
14 Wahrscheinlichkeitsverteilung beim Werfen bis zur ersten W f i Wurfnr. i erste "" pi 0,7 0,4 0,2 0,0 0,08 0,07 0,0 0,05 0,04 0,03 0,03 0,02 0,02 0,02 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 Wartezeiten {,2,3 } als Beispiel für eine unendliche Ergebnismenge? = =? i i i p i 5 = = = = = = 5 5 i i i i Der Wert dieser unendlich langen Summe ist bekannt ( t i h R ih ) 4 (geometrische Reihe).
15 Simulation der Wartezeiten bis zur ersten Sechs 000fache Wiederholung des Zufallsversuchs mit dem PC Häufigkeitsverteilung des Merkmals Wartezeit Wartezeit mit den Ausprägungen,2,3 0,8 0, 0,4 0,2 Arithmetisches 0,0 Mittel bei Würfen 0,08 0,0 0,04 0, Wartezeit t Wahr rscheinlichkeit 0,8 0 0, 0,4 0,2 0,0 0,08 0,0 0,04 0,02 0, Nr. des Wurfes mit der ersten "" Durchschnittlich muss man sechs Würfe warten, bis die erste fällt. 5
16 Geburtstagswetten s tt
17 Beispiel Geburtstagswette () In einer Schulklasse sitzen 30 Schüler. Der Lehrer bietet eine Wette an: Ich wette, dass mindestens zwei von Ihnen am gleichen Tag Geburtstag haben. Wären Sie bereit, mit gleichem Einsatz dagegen g zu wetten? Modellierung: Das Jahr hat 35 Tage. Alle sind gleichwahrscheinlich für einen Geburtstag. Ereignis E: Mindestens zwei der 30 Personen haben am selben Tag Geburtstag. E : kein gemeinsamer Geburtstag bei 20 Personen ? P( E) =... 0, P A = P E 0,294 = 0, ( ) ( ) 70 Die Wette ist also unfair, da der Dozent in gut 70% der Fälle gewinnt. 7
18 Simulation der Geburtstagswette () Geburtstagsproblem Geburtstag Zuerst werden 30 zufällige Geburtstage mit 48 dem Computer erzeugt Modell: Ziehen aus einer Urne mit durchnummerierten Kugeln mit Zurücklegen Dieser Zufallsversuch s wird vom PC 000 mal wiederholt 4 95 und die Anzahl verschiedener 5 59 Geburtstage gezählt Messgrößen von Geburtstagsproblem Anz_Verschiedene_Tage
19 Simulation der Geburtstagswette () 40% 35% 30% 25% 20% 5% 0% 5% Anz_Verschiedene_Tage Anteil ( Anz_Verschiedene_Tage < 30) = 0,73343 Vergleich der rel. Häufigkeit 73% mit der berechneten Wahrscheinlichkeit h hk i P(E)=7% Dieser Zufallsversuch wird vom PC 000 mal wiederholt und die Anzahl verschiedener Geburtstage gezählt. Anz_Verschiedene_Tage
20 Beispiel Geburtstagswette () Wie groß darf die Klasse sein, damit die Geburtstagswette für die Schüler von Vorteil ist, d. h. dass die Gewinnchancen des Lehrers P(E) < 0,5 sind? E : ( ) n + =... P E kein gemeinsamer Geburtstag bei n Personen Wie groß muss n sein damit P 35 ( E) = P( E) < 0, 5 n Gegenws P(E) 50, , , , , , , , ,5530, , , , , ,455740, , , , ,70324 In der Klasse dürfen höchstens 22 Schüler sein, damit die Geburtstagswette für sie von Vorteil ist 20
21 Beispiel Geburtstagswette () Wie groß darf die Klasse sein, damit die Geburtstagswette für die Schüler von Vorteil ist, d. h. dass die Gewinnchancen des Lehrers P(E) < 0,5 sind?, 0,9 0,8 0,7 E) P( 0, 0,5 0,4 0,3 02 0,2 0, n=22 Personenzahl n 2
22 Geburtstagswette (2) In einer Vorlesung sitzen 00 Studierende. d Der Dozent bietet eine Wette an: Ich wette, dass mindestens einer von Ihnen am gleichen Tag Geburtstag hat wie ich. a) Wären Sie bereit, mit gleichem Einsatz dagegen zu wetten? b) Wie viele Teilnehmer müsste die Vorlesung haben, damit die Gewinnchancen gleich groß sind? c) Warum ist das Ergebnis bei dieser Aufgabe so anders als in der Geburtstagswette ()? Modellierung: Das Jahr hat 35 Tage. Alle sind gleichwahrscheinlich h h i li h für einen Geburtstag. Ereignis E: 22
23 Geburtstagswette (3) Felicitas it bietet t fünf f Personen, die sich noch nicht kennen, eine 5:-Wette an. Sie wettet darauf, dass mindestens zwei Personen unter diesen fünf in diesem Jahr am selben Wochentag Geburtstag haben. Wir setzen natürlich voraus, dass von den Beteiligten niemand die Geburtstage (außer seinem eigenen) kennt. Würden Sie die Wette annehmen? Information: Eine 5:-Wette auf ein bestimmtes Ereignis heißt: Ich setze 5 ein, der Gegenspieler ; ich verliere meinen Einsatz, falls das Ereignis nicht eintritt; ich erhalte den Einsatz zurück und gewinne dazu, falls das Ereignis eintritt. 23
24 Geburtstagswette (3) Die Wahrscheinlichkeit h hk it dafür, dass fünf f Personen am selben Wochentag Geburtstag haben wie Felicitas ist 85%. Berechnung der Gewinnchancen: Betrachten wir eine Serie von 00 Spielen. In etwa 5% der Spiele hätte Felicitas ihren Einsatz verloren, insgesamt also etwa 75. In etwa 85% der Spiele hätte sie gewonnen, insgesamt also ungefähr 85. Das ergibt einen Reingewinn von 0 in 00 Spielen. Sie hat also einen, wenn auch nicht sehr großen Vorteil gegenüber ihren Mitspielerinnen. Das ist unfair. 24
25 Faire Wetten Eine Wette ist fair, wenn sich für beide Spieler bei häufiger Wiederholung des Spiels Gewinn und Verlust ausgleichen. Wann wäre die Wette von Felicitas fair gewesen? Z.B. Eine 7:3-Wette wäre fair, d.h. sie würde 7 einsetzen, ihr Gegenspieler 3. In 00 Spielen würde sie dann ungefähr 5 7 (= 255 ) verlieren und 85 3 (= 255 ) gewinnen. Eine Wette ist fair, wenn folgende Bilanz stimmt: Einsatz mal Wahrscheinlichkeit des Gegenereignisses = Gegeneinsatz mal Wahrscheinlichkeit des Ereignisses =
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