Infektiologische Notfälle
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- Edith Baumhauer
- vor 7 Jahren
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1 Infektiologische Notfälle Mikrobiologische und weitere Diagnostik in Notfällen Definition des infektiologischen Notfalls Aus Sicht des Patienten: Jede neu auftretende symptomatische Infektion ein Notfall Aus Sicht des Kliniker: infektiologischer Notfall, falls Akute Lebensbedrohung Risiko für residuelle Schäden, falls Diagnose und Therapie verzögert Epidemiologisches Potential, falls Kontrollmassnahmen verzögert Wichtige infektiologische Notfälle Bakterielle Meningitis Nekrotisierende Fasziitis Sepsis bei Splenektomie Malaria...viele weitere akute Infektionen Harnwegsinfektion Otitis media Tonsillopharyngitis... Einfache infektiologische Notfälle - Akute Harnwegsinfektion Typische Symptome Dysurie Pollakisurie Suprapubische Druckdolenz Diagnostik Urinstatus, -sediment Urinkultur Keimidentifikation, Resistenzprüfung Einfache infektiologische Notfälle - Tonsillopharyngitis Diagnose durch klinische Inspektion, Palpation Gerötete, zerklüftete, evt. belegte Tonsillen Geröteter Pharynx Lymphadenopathie zervikal, submandibulär Unterscheidung bakteriell versus viral nicht möglich! Mikrobiologische Diagnostik Schnelltest Gruppe A Streptokokken (Rachenabstrich) Kultur Infektiologischer Notfall - Blickdiagnosen Beispiele Erysipel Meningokokkensepsis
2 Erysipel Meningokokkensepsis Erreger: Gruppe A Streptokokken Eintrittspforte: Hautläsion Klinik Rasch fortschreitende Rötung mit klarer Demarkation Lokale Ueberwärmung Fieber, evt. Schüttelfrost Mikrobiologische Diagnostik Blutkulturen Beispiel der Purpura fulminans Typischer Erreger: Neisseria meningitidis In der Regel Sepsis + Meningitis Purpura fulminans Purpura fulminans Purpura fulminans Purpura fulminans Haut Blutkultur DeLaMaza LM. NEJM 1996; 334: 1709
3 Diagnostik bei Purpura fulminans Blutkulturen Evt. Punktion einer Läsion Gramfärbung, Kultur Lumbalpunktion: Liquordiagnostik Bakterielle Meningitis Rasche Einleitung der Therapie Max. 30 Min. Verdachtsdiagnose Erste Antibiotikadosis Test Protein Glukose Zellzahl Differenzierung Gramfärbg. pos. Ziehl-Neelson Liquordiagnostik bei Verdacht auf Meningitis: Interpretation Viral Normal mononukleär - - Bakteriell polynukleär 60% - Tuberkulose mononukleär % pos. Epidemiologische Notfallaspekte: Neisseria meningitidis-chemoprophylaxe Altersgruppe Prophylaxe Kinder Rifampicin 2x10mg/kg po x 2 Tage Erwachsene Rifampicin 2 x 600 mg po x 2 Tage oder Ciprofloxacin mg po einmalig Schwangere Ceftriaxon 250 mg i/m einmalig Indiziert bei: Indexpatient, Familienangehörige, im gleichen Haushalt lebende Kontaktpersonen, direkte Kontaktpersonen in Heimen, Kinderkrippen, Ferienlagern, militärischen Institutionen, Personen mit intensivem Kontakt zu Speichel oder Nasensekret eines Indexpatienten. BAG Bulletin Weitere infektiologische Blickdiagnosen Ohne Bedarf für mikrobiologische Diagnostik Varizella-Zoster-Infektion Primärinfektion (Varizellen) Reaktivierung (Herpes zoster) Erythema chronicum migrans Diagnose des infektiologischen Notfalls durch klinisches Sensorium Beispiel: nekrotisierende Fasziitis
4 35jährige Patientin mit Beinschwellung und Sepsis Jetziges Leiden Synkope ausgesprochen müde Schmerzen im linken Bein massiver iv-drogenkonsum seit 2 Wochen Persönliche Anamnese Status bei Eintritt IVDA seit 1990 Persönlichkeitsstörung (PUK) seit 2 Wochen Heroinprogramm + Beikonsum HCV-Screening positiv, St.n. Hepatitis B MRSA-Trägertum stark reduzierter AZ, afebril soporös, GCS 10 enge Pupillen, steifer Nacken dehydriert, Puls 104/, 3/6 Systolikum SO2 spontan 89%, Af 18/ Einstichstellen an allen Extremitäten, Abszess linke Leiste linker Unterschenkel gerötet, geschwollen, induriert, überwärmt, stark druckdolent Abszesslokalisation inguinal links Verlauf somnolent, schmerzleidend respiratorische Insuffizienz Transfusions-bedürftige Anämie spontane eitrige Abszessperforation verkrustete und eitrige Hautläsionen zunehmende Beinschwellung links mit starker Druckdolenz und Krepitation
5 Klinische Inspektion Chirurgische Intervention Progression der Nekrosen trotz wiederholter chirurgischer Intervention Häufigste Erreger der nekrotisierenden Fasziitis Streptokokken Gruppe A Mischinfektionen mit Aeroben und anaeroben Gramnegativen Fusobacterium necrophorum Nekrotisierende Fasziitis als Notfall Lokalbefund täuscht oft Intakte Haut Lokale Schwellung Krepitation erst im fortgeschrittenen Stadium Hinweise Reduzierter AZ bei relativ blandem Lokalbefund Evt. CK, Aldolase-Erhöhung Evt. Sensibilitätsstörung der Haut lokal Rolle der mikrobiologischen Diagnostik bei nekrotisierender Fasziitis Blutkulturen oft negativ Abstriche aus oberflächlichen Wunden Häufig nicht repräsentativ Intraoperativ entnommene Proben In der Regel positiv Wertvoll für die Steuerung/Anpassung der antibiotischen Therapie
6 Sepsis ein Kontinuum klinischer Zustände Asymptomatische Bakteriämie SIRS Sepsis Septischer Schock Sepsis: Stadieneinteilung I. Systemic inflammatory response syndrome (SIRS) 2 oder mehr der folgenden: T > 38 0 oder <36 0 C Herzfrequenz > 90/min Atemfrequenz > 20/min Leukozyten > 12 x 10 9 /L oder < 4 x 10 9 /L oder 10% stabkernige II. Sepsis SIRS plus kulturell nachgewiesene Infektion Sepsis: Stadieneinteilung III. Schwere Sepsis Sepsis mit Organdysfunktion, Hypotonie oder Hypoperfusion mit beispielsweise: Laktatazidose Oligurie akuter Veränderung der Bewusstseinslage IV. Septischer Schock Hypotonie (trotz Flüssigkeitsersatz) plus Störungen als Folge der Hypoperfusion Mikroorganismen Gramnegative Bakterien a Grampositive Bakterien b Pilze Polymikrobiell Klassische Pathogene c Mikroorganismen bei verschiedenen Formen der schweren Sepsis Bakteriämie, % (n=436) < 5 Dokumentierte Infektion, ohne Bakteriämie, % (n=430) < 5 Total Fälle, % (n = 866) < 5 Sepsis verschiedene Quellen Quellen Obere Harnwegsinfektion Pyelonephritis mit Bakteriämie (Urosepsis) Untere Atemwegsinfektion Pneumonie mit Bakteriämie Weichteilinfektion Abszess oder Phlegmone mit Bakteriämie Osteomyelitis mit Bakteriämie Gastroenteritis mit Bakteriämie Cholangitis mit Bakteriämie (Cholangiosepsis) Katheterinfektion mit Bakteriämie (Katheter-assoziierte Bakteriämie) a Enterobacteriaceae, Pseudomonas, Haemophilus spp., andere Gram-negative Bakterien; b S. Aureus, Koagulase-negative Staphylokokken, Enterokokken, S. pneumoniae, andere Streptokokken; c Neisseria Meningitidis, S. pneumoniae, H. influenzae, S. pyogenes
7 Grundkrankheiten und Risikofaktoren als Prädisposition für Bakteriämie Gram-negative Bakteriämie Diabetes mellitus Gram-positive Bakteriämie Intravaskuläre Katheter Day 1 Mikrobiologische Diagnose Rascher zum Ergebnis Day 2 Day 3 Day 4 Lymphoproliferative Krankheiten Fremdkörper, Prothesen Adjust Leberzirrhose Verbrennung 2-33 days Verbrennung Invasive Eingriffe Neutropenie Intravenöser Drogenkonsum Blood Culture Gram Species Resistance Culture Neutropenie Blasendauerkatheter Divertikulitis, perforierter Darm Pilze: Neutropenie, Breitspektrum-Antibiotika Infektion durch Super-Antigen produzierende S. pyogenes 6 h PCR Adjust Gram, Species, Resistance (VRE and MRSA) PCR Prinzipien der Antibiotikatherapie Realität in der Praxis Diagnose nicht gesichert Klinische Verdachtsdiagnose Erreger zum Zeitpunkt der therapeutischen Entscheidung nicht bekannt Informationen zur Resistenz (im Einzelfall) nicht bekannt Klinischer Verlauf im Einzelfall nicht bekannt Einige Fragen gehen durch den Kopf Lebensgefährliche Situation? Bakterielle Infektion wahrscheinlich? Wahrscheinlichste Erreger? Perorale Therapie. Sinnvoll? Möglich? Risiken für eingeschränkte Compliance? Allergien? Interaktionen? Einfaches Szenario Keine lebensgefährliche Situation, keine Allergien oder Interaktionen, gute Compliance, bakterielle Infektion der unteren Atemwege wahrscheinlich Welches Antibiotikum? Weitere Ueberlegungen: Wirkspektrum Pharmakokinetik Nebenwirkungsprofil Preis
8 Sollen Antibiotika kombiniert werden? Für meiste Infektionen: nicht notwendig Kombination von bakteriziden mit bakteriostatischen Antibiotika Oft ein theoretisches Problem In der Praxis kein Thema Schwere Infektionen: Entscheidung des Spezialisten unter Abwägen der Vor- und Nachteile der (oft limitierten) Optionen
2.2. Empirische intravenöse Therapie gemäss vermutetem Fokus
2.2. Empirische intravenöse Therapie gemäss vermutetem Fokus Abdominal nosokomial (> 48h Hospitalisation) Amoxicillin/Clavulansäure i.v. 2.2 g i.v. 3x/Tag oder Ceftriaxon 2 g i.v. + Metronidazol 500 mg
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