Grundlagenpraktikum. Lageregelung schwimmender Objekte
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- Etta Seidel
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1 FACHGEBIET SYSTEMANALYSE Grundlagenpraktikum Versuch AS-G 27 Lageregelung schwimmender Objekte Verantwortlicher Hochschullehrer: Versuchsverantwortlicher: Prof. Dr.-Ing. habil. J. Wernstedt Dr.-Ing. F. Roß Ausgabe August 2001
2 Inhalt Inhalt Inhalt 2 1. Systembeschreibung 3 2. Regelungstechnische Grundlagen Der Regelkreis Regelgüte Zu untersuchende Reglerarten P-Regler I-Regler PI-Regler Dreipunktregler Fuzzy-PI-Regler Kaskadenregelung Versuchsdurchführung 10 2
3 1. Systembeschreibung Im Praktikum sollen verschiedene Methoden der Lageregelung schwimmender Objekte am Beispiel eines Schiffsmodells demonstriert und untersucht werden. Ein Schiff muß die Eigenschaft besitzen, sich aus einer geneigten Lage wieder aufrichten zu können. Eine Neigung nach Steuerboard oder Backboard nennt man Krängung. Damit das Schiff nicht kentert, muß es Querstabilität besitzen. Abbildung 1.1 zeigt das Schiff in verschiedenen Lagen. Abbildung 1.1: Schiffskrängung Das Gewicht des Schiffes greift am Körperschwerpunkt S des Schiffes an, der Auftieb am Formschwerpunkt W der verdrängten Wassermenge. Diese beiden Kräfte wirken in entgegengesetzter Richtung und liegen im Normalfall (Winkel des Schiffes gleich Null) auf einer Geraden. Neigt sich das Schiff, so liegt der Schwerpunkt der verdrängten Wassermenge an einer anderen Stelle als vorher. Die Auftriebskraft versucht, das Schiff um seinen Schwerpunkt zu drehen. Die Richtung dieser Drehbewegung hängt nun davon ab, ob der Schnittpunkt der Antriebskraft mit der Symmetrieachse des Schiffes oberhalb oder unterhalb des Schwerpunkts liegt. Dieser Schnittpunkt wird auch Metazentrum M genannt. Liegt das Metazentrum oberhalb des Schwerpunkts, so richtet sich das Schiff wieder auf, liegt es unterhalb, so kentert es. Wird ein im Hafen liegendes Schiff einseitig beladen, z.b. mit einem schweren Container oder einem Güterwaggon, so verschiebt sich sein Schwerpunkt, und das Schiff beginnt, ähnlich wie ein Pendel, das aus der Ruhelage ausgelenkt wurde, zu schwingen. Es wird schließlich in eine schräge Endlage einpendeln. Dies ist unerwünscht, da dann z.b. die Gleise des Schiffes nicht mehr exakt mit den Hafengleisen abschließen. Um nun diese Krängung zu 3
4 1. Systembeschreibung kompensieren, werden Systeme von Wassertanks eingesetzt, die sich jeweils an Steuerbord und Backbord des Schiffes befinden. Diese Tanks sind mit Rohrleitungen verbunden, so daß mittels Pumpen oder Druckluft Wasser von einer Seite des Schiffes auf die andere befördert werden kann. Der Formschwerpunkt wird dabei wieder in die geometrische Mitte verschoben. Die regelungstechnische Aufgabe besteht nun in der geeigneten Ansteuerung der Pumpe, die das Wasser von einem Tank in den anderen drückt. Das Schiff soll möglichst schnell und ohne Überschwingen wieder in die horizontale Lage kommen. 4
5 2. Regelungstechnische Grundlagen 2.1. Der Regelkreis Die Aufgabe der Regelungstechnik im einfachsten Falle besteht darin, eine bestimmte physikalische Größe eines technischen Prozesses, Regelgröße genannt, unabhängig von äußeren Einflüssen konstant zu halten (Regelung bei Störung) oder auf ein vorgegebenes Niveau einzustellen (Regelung bei Führung). Dazu wird eine von einem Regler erzeugte Stellgröße mittels eines Stellgliedes auf den Prozeß aufgeschaltet. Damit der Regler diese Stellgröße in Abhängigkeit von der Aufgabenstellung korrekt ermitteln kann, benötigt er den aktuellen Meßwert der physikalischen Größe. Diese wird ihm durch ein Meßglied zur Verfügung gestellt. Sind Prozeß und Regler auf diese Weise verbunden worden, spricht man von einem Regelkreis. Wichtig ist, daß man Prozeß, auch Regelstrecke genannt, und Regler in Gegenkopplung betreibt. Das erreicht man, indem man die gemessene Regelgröße negativ auf den Regler führt. Bei Führungsregelung greift am Reglereingang die Regelabweichung als Differenz aus Führungsgröße und Regelgröße an. (Abbildung 2.1) Störgröße z Prozeß/ Regelstrecke Regelgröße y Stellgröße u Regler Regelabweichung e Führungsgröße w Abbildung 2.1: einfacher Regelkreis Im Praktikum wird als technischer Prozeß (Regelstrecke) ein Schiffsmodell verwendet. Die regelungstechnische Aufgabe besteht in der Konstanthaltung der Schiffsneigung auf Null Grad, unabhängig, ob das Schiff beladen wird oder nicht (Regelung bei Störung). Dazu wird die physikalischen Größe Neigung des Schiffes über ein Potentiometer als Meßglied dem Regler zur Verfügung gestellt. Der Regler ermittelt als Stellgröße die umzupumpende Wassermenge in den beiden Wassertanks, die durch das Stellglied Pumpe auf die Regelstrecke gegeben wird. Da im Praktikum unterschiedliche Reglerarten untersucht werden sollen, wird der jeweils verwendete Regler auf einem Rechner mittels dem Programmpaket Matlab simuliert. Dazu wird zwischen Meßglied und Regler ein AD-Wandler und zwischen Regler und Stellglied ein DA-Wandler geschaltet. 5
6 2. Regelungstechnische Grundlagen 2.2. Regelgüte Um die Güte eines entworfenen Reglers und damit die des Regelkreises zu beurteilen, werden drei Kenngrößen des zeitlichen Verlaufs des Streckenausganges y herangezogen (Abbildung 2.2). Abbildung 2.2: Gütebewertung einer Regelung h: Tm: e b : Die Überschwingweite gibt den maximalen Wert des Überschreitens des gewünschten Sollwertes (Führungsgröße) an. Tm ist die Zeit bis zum Erreichen der Überschwingweite und ist ein Maß für die Schnelligkeit der Regelung Die bleibende Regelabweichung ist ein Maß für die Genauigkeit der Regelung. Sie gibt an, ob die Führungsgröße von der Regelgröße erreicht wird oder um welchen Wert nicht 2.3. Zu untersuchende Reglerarten P-Regler Der P-Regler (proportionaler Regler) ist die einfachste Reglerart und besteht in der Ermittlung der Stellgröße u aus einer Wichtung (Verstärkung K P ) der Regelabweichung nach u = K * e bzw. u = K * y (bei Führungsgröße = 0) (1) P P 6
7 2.3. Zu untersuchende Reglerarten I-Regler Der I-Regler (integraler Regler) ermittelt die Stellgröße u aus einer Wichtung (Verstärkung K IR ) der aufintegrierte Regelabweichung nach u = K IR * e t bzw. u = K IR * y t (bei Führungsgröße = 0) (2) PI-Regler Um das regelungstechnische Verhalten von P-Reglern zu verbessern, kann man einen zusätzlichen integrierenden Reglerteil hinzufügen. Die Stellgröße ermittelt sich dann aus u = K P * e + K IR * e t bzw. u = K P * e + K IR * e t (bei Führungsgröße = 0) (3) Dreipunktregler Dreipunktregler haben drei mögliche Ausgangssignalpegel und zwei Schaltpunkte in Abhängigkeit von der Regelabweichung. A u -B B e -A Abbildung 2.3: Dreipunktregler A u C -B B e C -A Abbildung 2.4: Dreipunktregler mit Schalthysterese 7
8 2. Regelungstechnische Grundlagen Fuzzy-PI-Regler Eine Reglerart, bei der die Stellgröße nicht durch numerische Berechnungen ermittelt wird, stellen die Fuzzy-Regler dar. Fuzzy-Regler arbeiten mit linguistischen Termen wie große Regelabweichung, kleine Regelabweichung oder hohe Pumpenleistung, ohne diese Terme näher zu beschreiben. Die Umwandlung der gemessenen Werte der Regelgröße bzw. der Regelabweichung in solche linguistischen Terme bzw. der linguistischen Terme in reale Stellgrößenwerte wie Pumpenmotorspannung erfolgt durch sogenannte Zugehörigkeitsfunktionen, deren Aufstellung viel Erfahrung bzw. entsprechende Entwicklungstools erfordert. Abbildung 2.5 zeigt eine mögliche Zugehörigkeitsfunktion für die Regelabweichung. µ (Wahrheitswert) -A Negative keine A positive Regelabweichung e Abbildung 2.5: Zugehörigkeitsfunktion der Regelabweichung Der eigentliche Regler besteht aus einem sogenanntem Regelwerk, einer Anzahl von Regeln, die den Reglereingang (z.b. die Regelabweichung e) mit dem Reglerausgang (der Stellgröße u) verknüpfen. Das Regelwerk eines Fuzzy-P-Regler hat folgende Form: WENN e=negativ DANN u=negativ WENN e=positiv DANN u=positiv WENN e=keine DANN u=null Die Reglereinstellung erfolgt ebenfalls über die Verstärkung K P, wobei K P sich berechnet aus K P = 1 A (4) Der FuzzyPID-Regler ist eine Erweiterung der Fuzzy-P-Reglers um den integralen Teil der Regelabweichung. Das Regelwerk erweitert sich wie folgt: WENN e=negativ WENN e=positiv WENN Σe=negativ WENN Σe=positiv WENN e=keine und Σe=keine DANN u=negativ DANN u=positiv DANN u=negativ DANN u=positiv DANN u=null 8
9 2.3. Zu untersuchende Reglerarten Kaskadenregelung Ein Kaskadenregler ist keine neue Reglerart, sondern eine neue Reglerstruktur. Dazu ist es notwendig, daß an der Regelstrecke, also dem Prozeß, außer der Regelgröße eine weitere, die sogenannte Hilfsgröße, gemessen werden kann. Diese wird einem Hilfsregler zugeführt, welcher dem eigentlichen Regler nachgeschaltet ist. Am Schiffsmodell kann hierfür außer der Schiffsneigung noch die Geschwindigkeit, mit der sich das Schiff neigt, also die Winkelgeschwindigkeit, gemessen werden. Die Teilregler eines Kaskadenreglers können wiederum von oben genannter Art sein. Störgröße z Prozeß/ Regelstrecke Regelgröße y Stellgröße u Teilregler 2 Hilfsgröße Teilregler 1 Regelabweichung e Führungsgröße w Abbildung 2.6: Regelkreis mit Kaskadenregelung 9
10 3. Versuchsdurchführung Im Praktikum geht es um die qualitative Untersuchung der Wirkungsweise unterschiedlicher Reglerarten bei der Stabilisierung eines Schiffsmodells. Alle Regler werden auf einem Rechner simuliert. Zur Eingabe der Reglerparameter dient eine menügeführte Bedienoberfläche (Abbildung 3.1). Abbildung 3.1: Bedienoberfläche Wählen Sie nacheinander die folgenden Reglerarten. Verändern Sie die jeweiligen Reglerparameter und simulieren Sie den Regelkreis bei Störung durch einen Beladevorgang. Notieren Sie jeweils die Gütewerte h, Tm und e b. Überprüfen Sie die Regler mit den jeweils besten Reglerparametern bei Wellengang. Diskutieren Sie die Ergebnisse. a) P-Regler b) I-Regler c) PI-Regler d) Dreipunktregler e) Fuzzy-PI-Regler f) Kaskadenregler Realisieren Sie den so gefundenen Kaskadenregler mit den besten Gütewerten als analogen Regler und vergleichen Sie die Gütewerte mit dem simulierten Regler. 10
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