Beschäftigtentransfer: ein Instrument für den Wandel ein Instrument im Wandel
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- Jobst Diefenbach
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1 ( ) Ilona Denk - Knuth.ppt.pptx Seite 1 Matthias Knuth Beschäftigtentransfer: ein Instrument für den Wandel ein Instrument im Wandel Beschäftigtentransfer ein unterschätztes arbeitsmarktpolitisches Instrument? Friedrich-Ebert-Stiftung und Deutscher Gewerkschaftsbund 30. Juni 2011
2 ( ) Ilona Denk - Knuth.ppt.pptx Seite 2 Entwicklung des Beschäftigtentransfers in Deutschland (1) ab Ende 1950er Jahre Sozialpläne bei Umstrukturierung Bergbau und Stahlindustrie Sozialplan als Mobilitätshilfe in Branchen hinein, die noch expandierten 1972 Novellierung Betriebsverfassungsgesetz: Verallgemeinerung des Sozialplans bei "Betriebsänderungen" Definition "Betriebsänderung" umfassender Begriff von "betrieblicher Restrukturierung" gesetzliche Funktionsbestimmung des Sozialplans: Ausgleich oder... Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge der geplanten Betriebsänderung entstehen" Milderung der Nachteile kann auch durch Beschäftigtentransfer erreicht werden! allgemeine Abnahme von industriellen Arbeitsplätzen ab ca Konzentration der Personalaanpassung auf "Vorruhestand" Verlängerung des ALG-Bezugs für Ältere, Leistungsbezug "unter erleichterten Voraussetzungen" ("59er", später "58er" Regelung) "Rückentwicklung" des Sozialplans zum Abfindungsinstrument 2
3 ( ) Ilona Denk - Knuth.ppt.pptx Seite 3 Entwicklung des Beschäftigtentransfers in Deutschland (2) ab Anfang 1980er Jahre: verstärkter Widerstand gegen Personalabbau und Betriebsstillegungen vereinzelte spektakuläre Betriebsbesetzungen Fortführungspläne Forderung nach "Ersatzarbeitsplätzen" "alternative Produktion": Produktentwicklung und Qualifizierung ab Mitte 1980er Jahre "Beschäftigungspläne": "Qualifizieren statt Entlassen" (Grundig, Blohm & Voss, Stahlstiftung Saar, Thomson) 1987 Krupp Rheinhausen: Konzept "Beschäftigungsgesellschaft Stahl" 3
4 ( ) Ilona Denk - Knuth.ppt.pptx Seite 4 Entwicklung des Beschäftigtentransfers in Deutschland (3) 1988: Einführung des "strukturbedingten" Kurzarbeitergeldes ( 63 Abs. 4 AFG), zunächst nur für Kohle und Stahl Zusammenfassung der Kurzarbeiter in einer "betriebsorganisatorisch eigenständigen Einheit" (bee) ab 1990 Übertragung nach Ostdeutschland für die meisten Branchen als 63 Abs. 5 AFG (DDR) BA-Erlass v : "betriebsorganisatorisch eigenständige Einheit" kann auch eine rechtlich selbständige Einheit sein: "Gesellschaften für Arbeitsförderung, Beschäftigung und Strukturentwicklung" (ABS) 4
5 ( ) Ilona Denk - Knuth.ppt.pptx Seite 5 Entwicklung des Beschäftigtentransfers in Deutschland (4) : beschleunigter Strukturwandel in Westdeutschland: 1994 Struktur-KuG für alle von einer Strukturkrise betroffenen Branchen auch in Westdeutschland "Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaften" (BQG) 1998 Arbeitsförderungsgesetz Sozialgesetzbuch III: "Zuschüsse zu Sozialplanmaßnahmen" stärkere Betonung des Transfergedankens "Transfergesellschaften" (TG) 2003: Drittes Gesetz für Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt ("Hartz III"): "Transferkurzarbeitergeld" Verpflichtung zur frühzeitigen Arbeitsuche ( 38 Abs. 1 SGB III) auch für (künftige) Transferteilnehmer 5
6 ( ) Ilona Denk - Knuth.ppt.pptx Seite 6 Zwischenfazit zur Entwicklung des Beschäftigtentransfers Ohne gewerkschaftlichen Druck hätte es keinen Beschäftigtentransfer gegeben Ambivalenz auch bei Gewerkschaften: Sicherung der Arbeitsplätze hat Vorrang Transfer als letzter Ausweg Politik: reaktives "Aufbohren" vorhandener Regelungen 1. Kurzarbeitergeld auch in Fällen, in denen der Arbeitsplatz definitiv nicht erhalten werden kann (ab 1988) 2. Auslagerung der Beschäftigungsverhältnisse von Kurzarbeitern an einen Ersatzarbeitgeber (ab 1991) künstlicher Arbeitgeber, künstliche Beschäftigungsverhältnisse Entstehung des Beschäftigtentransfers durch Notlösungen im Strukturwandel Beschäftigtentransfer niemals als positives arbeitsmarktpolitisches Programm entworfen und kommuniziert 6
7 ( ) Ilona Denk - Knuth.ppt.pptx Seite 7 Beschäftigtentransfer als "Drei-Parteien-Vertrag" 7
8 ( ) Ilona Denk - Knuth.ppt.pptx Seite 8 Vorteile des Beschäftigtentransfers für den Arbeitnehmer "Beschäftigung" über Ende der Kündigungsfrist hinaus verlängern Arbeitslosigkeit vermeiden: Bewerbung aus Beschäftigung heraus mindestens Arbeitslosigkeit hinausschieben, "Verbrauch" des ALG-Anspruchs setzt später ein Vermeidung der Anrechnung von Abfindungen auf ALG ( 143a SGB III) oder von Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe ( 144 SGB III) intensivere und individuellere Unterstützung als durch Arbeitsagentur Arbeitgeber betriebsbedingte Kündigungen vermeiden und damit Sozialauswahl und Klagerisiko arbeitsrechtliche Trennung beschleunigen Restbetrieb für Konzernzentralen oder potenzielle Investoren rasch "schlanker" präsentieren Imageschaden begrenzen 8
9 ( ) Ilona Denk - Knuth.ppt.pptx Seite 9 Stärken des Beschäftigtentransfers Beschäftigtentransfer flankiert Strukturwandel BT ist eingebunden in Verhandlungslösungen zur sozialverträglichen Gestaltung von Strukturwandel BT ist ebensosehr ein personal- wie ein arbeitsmarktpolitisches Instrument BT mobilisiert Verantwortlichkeit der Personal abgebenden Unternehmen (die zur Finanzierung erheblich beitragen) Gefahr der Unterschätzung des BT als "nur" arbeitsmarktpolitisches Instrument BT ("Transferleistungen") steht im SGB III BT ist mehr als SGB III durch SGB III-Lektüre nicht zu verstehen, was BT ist 9
10 ( ) Ilona Denk - Knuth.ppt.pptx Seite 10 Akteursstruktur im Beschäftigtentransfer beauftragt finanziert mit, will kontrollieren Arbeitnehmer Arbeitsverwaltung kollektiv individuell Transfergesellschaft öffentlich Betriebsrat 10
11 ( ) Ilona Denk - Knuth.ppt.pptx Seite 11 Verfahrensprobleme im Beschäftigtentransfer Betriebsleitungen wollen bevorstehende Restrukturierung nicht öffentlich machen Problem für frühzeitige externe Beratung Legitime Priorität der Interessenvertretung: "Kampf um Arbeitsplätze" Einleitung von BT erst nach Scheitern und damit tendenziell zu spät Separierung der Betroffenen nach Herkunftsbetrieb und Periodizität des Austritts ("betriebsorganisatorisch eigenständige Einheit") u.u. zu wenig "kritische Masse" für differenziertes Förderangebot Entscheidung über ESF-Förderung der Qualifizierung zu spät Entscheidung über EGF-Förderung viel zu spät 11
12 ( ) Ilona Denk - Knuth.ppt.pptx Seite 12 Imageprobleme Der Anlass für BT ist immer negativ besetzt. Angst vor erzwungenem Arbeitsplatzwechsel in D größer als in vielen anderen Ländern. Negativ skandalisierende Medienberichterstattung über Personalabbau; TG's fungieren darin als "Totengräber". Strukturelle Verantwortungslosigkeit niemand stellt sich vor die TG's: BA ist der Finanzier, aber nicht der Auftraggeber. Unternehmen haben andere Sorgen oder sind bereits aufgelöst. Betriebsräte konzentrieren sich auf verbleibende Belegschaften. Gewerkschaften haben keine offizielle Rolle im BT. BT-Anbieter stehen in Konkurrenz zueinander. 12
13 ( ) Ilona Denk - Knuth.ppt.pptx Seite 13 aktuelle Entwicklungen gesetzliche Rahmenbedingungen für Beschäftigtentransfer durch "Beschäftigungschancengesetz" geändert u.a.: Beratung der Betriebspartner durch die Arbeitsagentur im Vorfeld des Sozialplanabschlusses als Fördervoraussetzung Vermittlungsbemühungen von Transfergesellschaft und Arbeitsagentur parallel Beteiligung der Arbeitsagentur bei der Auswahl von Qualifizierungsmaßnahmen Lieferung individueller Teilnehmerdaten an die BA Transferträger sollen sich zertifizieren lassen wie Bildungsträger -- aber ihre Funktion ist eine ganz andere Handlungsbedingungen für Transfergesellschaften werden schwieriger 13
14 ( ) Ilona Denk - Knuth.ppt.pptx Seite 14 Beschäftigtentransfer im EU-Vergleich Vergleichbare Handlungsstrukturen nur in Schweden (trygghetsråden branchenbezogene Beschäftigungssicherungsfonds) Belgien (Outplacement als öffentliche DL in Wallonien, als private in Flandern) Frankreich ('cellules de reconversion') Österreich ("Arbeitsstiftungen" Sozialplanfonds, u.u. mit öffentlicher Beteiligung) Slowenien ("Arbeitsstiftungen" nach österreichischem Vorbild) Italien (mit Einschränkungen) historische und strukturelle Gemeinsamkeiten: industrielle Großbetriebe waren und sind bedeutend entwickelte gewerkschaftliche Traditionen außer Slowenien und Ostdeutschland: Systemtransformation hat keine Transferstrukturen hervorgebracht Gefahr der Marginalisierung: "Altindustrien sind begraben Strukturwandel und Beschäftigtentransfer sind von gestern" In Schweden große Transferfälle auch in der Telekommunikation 14
15 ( ) Ilona Denk - Knuth.ppt.pptx Seite 15 Beschäftigtentransfer neu positionieren in den arbeitsmarktpolitischen Themen der Zukunft "Länger Arbeiten Rente mit 67" setzt gelingende Mobilität bei Umstrukturierung voraus Fachkräftesicherung zur Vermeidung von Fachkräftemangel Fachkräfte in unterwertigem Einsatz für vollwertige Fachtätigkeit zurückgewinnen ersetzen durch umqualifizierte Fachfremde Beispiel österreichische "Implacement-Stiftungen": betriebsnahe, kollektive Qualifizierung mit Praxisphasen als "Eingangshof" für Arbeitslose in ein Unternehmen (brandenburgisches ESF-Projekt transfer impulse WeQua, Lauchhammer und personaltransfer, Berlin mit österreichischen und italienischen Partnern) 15
16 ( ) Ilona Denk - Knuth.ppt.pptx Seite 16 Mögliche institutionelle Innovation (1): Transfer- Tarifverträge (Vorbild Schweden) Aufbau eines Transferfonds der jeweiligen Tarifpartner paritätische Verwaltung Umlageverfahren übernimmt betriebliche Anteile der Transferkosten berät Betriebe bei Personalpassungsbedarf beauftragt TG's im Einvernehmen mit den Betriebspartnern betreibt Erfolgskontrolle und Qualitätssicherung bündelt Transferbedarf von KMU in der Region könnte weitere Aufgaben übernehmen, z.b. Umsetzung von Tarifverträgen zum Personalaustausch arbeitsrechtliche Rahmenregelungen: Umwandlung von Kündigungsfristen in Transferzeiten Mindestregelungen für die Aufstockung von Transfer-KuG anreizkompatible Gestaltung von Abfindungen 16
17 ( ) Ilona Denk - Knuth.ppt.pptx Seite 17 Institutionelle Innovation (2): gesetzliche Weiterentwicklungen (Vorbild Österreich) Ablösung des Transfer-KuG durch "Transfergeld" (etwas höher als ALG, kein Arbeitsverhältnis vorausgesetzt) Bildung von "betriebsorganisatorisch eigenständigen Einheiten" entfällt; Transfer-Teilnehmer können betriebsübergreifend in Maßnahmen zusammengefasst werden Dauer des Transfergeldes richtet sich nach dem Förderbedarf und einem vereinbarten Maßnahmeziel Abgebender Betrieb beteiligt sich an Maßnahmekosten über den Sozialplanfonds Aufstockungen des Transfergeldes sind steuer- und beitragsfrei möglich Es können aber auch steuerfrei zusätzliche Beiträge zur Rentenversicherung geleistet werden (analog Altersteilzeit) Zustimmung der Arbeitsverwaltung zu Massenentlassungen kann von der Durchführung von Transfermaßnahmen abhängig gemacht werden 17
18 ( ) Ilona Denk - Knuth.ppt.pptx Seite 18 Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! 18
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