Punktion der A. radialis + Blutgasanalyse
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- Ewald Hofmeister
- vor 7 Jahren
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1 Punktion der A. radialis + Blutgasanalyse Wissenswertes: Allgemeines: Sinn dieser Station in unserem Skills Lab Innere ist nicht nur die arterielle Blutentnahme, sondern insbesondere auch die nachfolgende Interpretation der Blutgaswerte. Reale Analysen von unserer Intensivstation stehen Ihnen als laminierte Kärtchen zur Verfügung. Die theoretischen Grundlagen der Blutgasanalyse bitten wir Sie dem Übersichtsartikel Blutgasanalyse aus Anaesthesist : von Boemke, Krebs und Rossaint (Physiologische Grundlagen) zu entnehmen. Der Artikel ist online beim Springer Verlag verfügbar. Ebenso empfehlenswert ist das Kapitel Säure-Basen-Haushalt des Lehrbuchs Basislehrbuch Innere Medizin von Renz-Polster, Krautzig und Braun, U & S oder Cecil Textbook of Medicine für die klinische Interpretation. Klinische Bedeutung: 1. Die Dyspnoe ist das Leitsymptom einer akuten respiratorischen Insuffizienz. Problematisch an diesem Symptom ist die Unzuverlässigkeit in Bezug auf den wahren Oxygenierungsstatus des Patienten (man denke nur an die Hyperventilationstetanie oder den chronisch adaptierten COPD Patienten). 2. Weitere Begleitsymptome sind in Bezug auf den Oxygenierungsstatus ebenfalls sehr unzuverlässig: 1. Zyanose: abhängig vom Hb, tritt bei Hb < 7 g/dl nicht mehr auf, da mindestens 5 g/dl Hb deoxygeniert sein müssen, damit die Blauverfärbung des Blutes überhaupt sichtbar wird (dies erklärt ja den paradoxen Befund, das eine Zyanose bei Polyglobulie bereits bei höherem arteriellen O2-Gehalt auftritt als bei normwertigen Hb-Werten). Oder denken sie an die Kohlenmonoxidvergiftung (rosafarbene Haut trotz massiver Oxygenierungsproblematik wegen kompetitiver Verdrängung des O2 aus seiner Bindungstelle am Hb)! 2. Blässe: kann Hinweis auf eine Zentralisierung sein. Kann aber auch andere Ursachen haben, man denke z. B. an Kälte, Stress, Raynaud-Syndrom oder an ein Phäochromozytom 3. Der Goldstandard zur Erfassung des Oxygenierungsstatus ist deshalb die Blutgasanalytik und NICHTS ANDERES!!! Dringende Empfehlung: Erarbeiten Sie Sich den Unterschied zwischen O 2 -Gehalt und O 2 -Sättigung! 1. O 2 -Sättigung: besagt nichts anderes als den Sättigungsgrad des vorhandenen Hämoglobins, in anderen Worten: ein Patient mit einem akut abgefallenen Hb von 4 g/dl und einer Sättigung von 100% ist intubationspflichtig! 2. O 2 -Gehalt: errechnet sich mit Hilfe der Hüfnerzahl: siehe hierzu S. 482 und 492 der ersten Literaturempfehlung 4. Faustregel aus der Notfallmedizin: bei einem polytraumatisierten Patienten (mit entsprechender Volumenmangelproblematik) entsprechen O2-Sättigungen von 90% (ein Wert, der einem rein optisch noch Spielraum suggeriert) einem po 2 von ~ 60 mmhg und stellen praktisch eine Indikation zur Intubation dar.
2 Wie gehe ich bei der Interpretation einer Blutgasanalyse systematisch vor? Schritt 1: Qualitätskontrolle Ist das Gas überhaupt arteriellen Ursprungs? 1. Sättigung auf der BGA mit der aktuellen Sättigung des Pulsoxymeters vergleichen! Beide Werte müssen identisch sein (eine korrekte Messung durch das Pulsoxymeter vorausgesetzt; Messfehler entstehen bei Zentralisation sowie bei feuchter Haut). 2. Auf pco2 achten: der Normwert für arterielle Gase ist mmhg, für eine BGA gemischt-venösen Ursprungs liegt der pco2 bei mmhg, bei maximaler peripherer Sauerstoffausschöpfung oder einer rein peripher-venösen BGA auch deutlich darüber. Liegt ein pco2 von über 50 mmhg vor und ist der Patient beschwerdefrei (und hat keine COPD oder eine andere kardiopulmonale Grunderkrankung, welche eine Adaptation wahrscheinlich macht), so muss der arterielle Ursprung der BGA in Frage gestellt werden. Schritt 2: Liegt eine Hypoxämie vor? 1. Normwert für den arteriellen O2-Partialdruck ist mmhg 2. po2 < 70 mmhg = Hypoxämie 3. po2 < 60 mmhg = bei einem zuvor gesunden Patienten muss hier bereits an die Intubation gedacht werden!! Schritt 3: Liegt eine Anämie vor? 1. Normwert Hb: mg/dl (Männer); g/dl (Frauen) 2. Der Hb wird auch gerne mal übersehen, man sollte aber immer wissen, wo man bzgl. der Hb-Reserve steht (zum Bsp. bei einer chronischen gastrointestinalen Blutung). CAVE!: bei einer akuten Blutung verändert sich der Hb erst einmal nicht, weil es ca. 2-6 Std. braucht, bis Flüssigkeit aus dem Interstitium zum Ausgleich des Volumenmangels in den Intravasalraum resorbiert werden. Bei einem Patienten mit einer akuten Blutung ist ein Hb von 14 g/dl KEINESWEGS ein Grund zur Beruhigung. Hier achtet man in erster Linie auf hämodynamische Parameter und die Klinik. Schritt 4: In welche Richtung ist der ph verändert? 1. Normwert für den arteriellen ph ist ph> 7.44 = Alkalose 3. ph < 7.36 = Azidose 4. Cave: ein normaler ph-wert schließt das Vorhandensein einer Alkalose/Azidose keinesfalls aus, denn diese kann jeweils kompensiert vorliegen. Schritt 5: In welcher Richtung ist der pco2 verändert? 1. Normwert arterieller pco2: mmhg 2. pco2 > 45 mmhg: Hyperkapnie 3. pco2 < 35 mmhg: Hypokapnie Schritt 6: Ist der pco2 gleichsinnig oder entgegen dem ph verändert?
3 1. Merkformel metabolisch miteinander, d.h. wenn ph und pco2 gleichsinnig verändert sind, so spricht dies für eine metabolische Genese der Säure-Basen-Störung 2. Bsp: metabolische Azidose: ph < 7.36, pco2 kompensatorisch erniedrigt (Organismus versucht, saure Äquivalente abzuatmen und den ph dadurch wieder anzuheben) 3. Bsp: metabolische Alkalose: ph > 7.44, pco2 kompensatorisch erhöht (Organismus versucht, durch Hypoventilation und damit CO2-Retention der Alkalose gegenzusteuern) 4. Ist der pco2 hingegen entgegen dem ph-wert verändert, so spricht dies für das Vorliegen einer respiratorischen Störung des Säure-Basen-Haushalts. Schritt 7: Ist die Anionenlücke erhöht? 1. Normwert der Anionenlücke: mmol/l (manche Lehrbücher: 10 16) 2. Formel der Anionenlücke: Natrium Bikarbonat Chlorid (Na + - HCO3 - - Cl - ) 3. Was besagt die Anionenlücke? Die Anionenlücke dient zur Differentialdiagnostik bei metabolischen Azidosen. Diese können einerseits durch mangelnde Ausscheidung von Protonen (akutes und chronisches Nierenversagen, sogenannte Retentionsazidosen) Verlust an Bikarbonat (meist bei Diarrhöe, (selten) renal tubuläre Azidose, so genannte Subtraktionsazidosen) entstehen, andererseits durch Anfall von Säureaquivalenten (Ketoazidose, Laktatazidose, Intoxikation mit Salizylaten, sogenannte Additionsazidosen). Bei letzteren (Additionsazidosen) vergrößert sich die Anionenlücke, da negativ geladene Säureaquivalente diese Lücke ausfüllen 4. Anionenlücke > 18 mmol/l = es liegt eine Additionsazidose vor! 5. Vorgehen bei erhöhter Anionenlücke: ist das Laktat erhöht? = Laktatazidose Sind Ketonkörper im Urin nachweisbar, oder ist der Blutzucker deutlich erhöht? = Ketoazidose keiner der Parameter erhöht: z. B. Verdacht auf Intoxikation mit Salizylaten Schritt 8: Liegt möglicherweise eine gemischte Störung vor? 1. An eine gemischte Störung mit sowohl metabolischer und respiratorischer Komponente muss immer gedacht werden! 2. Eine gemischt Störung liegt immer dann vor, wenn Standardbikarbonat und pco2 im gleichen Stoffwechselsinne wie der ph verändert sind. Bsp: ph < 7.36 = Azidose, pco2 > 45 mmhg = ungleichsinnig wie ph = respiratorische Azidose, HCO3 aber nicht kompensatorisch erhöht, sondern erniedrigt oder normal niedrig. Bsp: ph > 7.44 = Alkalose, pco2 < 35 mmhg oder normal niedrig = respiratorische Alkalose, HCO3 aber nicht kompensatorisch erniedrigt, sondern erhöht. Zusammenfassung der Normwerte für die BGA arterieller ph-wert: arterieller po2: mmhg arterieller pco2: mmhg venöser ph-wert: venöser po2: mmhg (Angaben schwankend)
4 venöser pco2: mmhg (Angaben schwankend) Durchführung: 1. Erster Schritt: der Allan-Test! ein Unterlassen des Allan-Tests (Prüfung auf einen funktionell geschlossenen Hohlhandbogen: funktionell geschlossen heißt hier, dass A. radialis und A. ulnaris anastomosieren und somit sich gegenseitig funktionell ersetzen können) ist ein Kunstfehler. Sollte es in Folge zu einer Durchblutungsstörung der Hand kommen, hat man rechtlich betrachtet wenig Chancen gegen einen potentiell klagenden Patienten. Lassen Sie den Allan-Test deshalb die Studenten paarweise durchführen! 2. Vor jeder arteriellen Punktion ist prinzipiell der Gerinnungsstatus abzuklären, insbesondere bei den tiefen Arterien wie A. brachialis oder A. femoralis. Zu fordern sind vor Punktionen großer Gefäße grundsätzlich die Kriterien der so genannten 50er- Regel: 1. Quick > 50 % 2. Thrombos > 50 x 10 3 /µl 3. Es muss aber angemerkt werden, dass die A. radialis und seltener auch die tiefen Arterien in der Praxis häufig ohne Vorliegen des Gerinnungslabors punktiert werden. Bei der Abklärung einer akuten Dyspnoe wird kein Arzt 60 min lang auf die Gerinnungsparameter warten! 4. Die korrekte Lagerung ist auch hier mehr als die halbe Miete. Der Patient sollte etwas zur Seite rutschen, damit er seinen Arm komplett auf dem Bett (Palmarseite nach oben) ausstrecken kann. Nach der Desinfektion sollte ein Gegenstand (meist wird die Desinfektionsflasche selbst benutzt) zum Unterlagern unter das Handgelenk geschoben werden, damit das Gelenk maximal überstreckt werden kann und trotzdem sicher aufliegt. Der nächste Griff gilt dem langen Klebestreifen, mit dem die Hand in der überstreckten Position fixiert wird. 5. Eine gute Fixierung der Hand ist wichtig! Es darf den Patienten keine Anstrengung kosten, den Arm in der Lagerung zu halten, dieser muss passiv in der Überstreckposition bleiben. Nur so bleibt der Arm des Patienten auch während der Punktion ruhig liegen. 6. Meist können vorgefertigte Blutgasröhrchen zum Transport des arteriellen Blutes auf Intensivstation (dort steht das BGA-Analysegerät) verwendet werden. Falls nicht vorhanden, bedient man sich einer heparinisierten 2 ml Spritze. Zeigen Sie den Studenten ruhig, wie man eine konisierte Heparinspritze herstellt, auch wenn dies heutzutage in der Regel nicht mehr notwendig ist. Im Notfall ist man jedenfalls froh, eine Alternative zu den vorgefertigten Röhrchen zu kennen. Die Heparinisierung ist wichtig(!), weil sonst die Kapillaren des Blutgasanalysegeräts verstopfen und das gesamte Gerät in Folge gespült werden muss. Eine solche Generalspülung kann 30 min in Anspruch nehmen! Ihre Kollegen auf Intensivstation werden sich bedanken Bei der Stichtechnik existieren 2 Philosophien: 1. Rantasten Entspricht der venösen Punktion, man geht langsam vor, bis Blut in das Röhrchen aufsteigt. i. Vorteil: Gefäß wird weniger verletzt ii. Nachteil: rollendes Gefäß mit dieser Technik oft nicht punktierbar (eine Arterie hat eine wesentlich dickere Gefäßwand als eine Vene, d. h. der Widerstand, der zur Punktion überwunden werden muss, ist größer und die Arterie neigt um so mehr dazu, wegzurollen.
5 2. Angreifen Hierbei sticht man die Kanüle ruckartig direkt über dem Gefäß ein und zieht dann langsam zurück, bis Blut in das Röhrchen strömt. i. Vorteil: auch rollende Arterien können gut punktiert werden ii. Nachteil: meist wird die Arterie ventral und dorsal durchstochen, so dass die Gefahr einer Blutungsproblematik oder einer arteriellen Thrombosierung im Rahmen der Heilung erhöht ist. 8. Achten Sie darauf, dass die Kanüle vor dem Transport abgeschraubt oder aber mit einem Gummiwürfel (liegt den vorgefertigten Röhrchen bei) entschärft wird. Übrigens muss die Spritze für den Transport auch verschlossen sein, ein Austausch der Probe mit Raumluft muss unterbunden werden. 9. Achten Sie darauf, dass eine genügende Menge arterielles Blut abgenommen wird (> 1 ml), da sonst die Blutgasanalyse aufgrund dem falschen Mischungsverhältnis mit Heparin verfälscht wird. Bei den vorgefertigten Röhrchen reicht auch weniger Blut.
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