Vertrieb im Anstellungsverhältnis
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- Viktor Sternberg
- vor 8 Jahren
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1 Vertrieb im Anstellungsverhältnis Prof. Dr. Daniel Knickenberg Leinen & Derichs Anwaltsozietät Rechtsanwalt Cleverstr. 16, Köln Fachanwalt für Arbeitsrecht Tel
2 I. Flexible Personalpolitik II. Gerichtsfeste Arbeitsvertragsgestaltung III. Leistungsabhänge Vergütungssysteme IV. Arbeitnehmerüberwachung 2
3 I. Flexible Personalpolitik 1. Nutzung der gesetzlichen Befristungsmöglichkeiten - Befristung mit Sachgrund ( 14 Abs. 1 TzBfG) * Nur vorübergehender Arbeitskraftbedarf z.b. bei Projekten * Vertretung * zeitlich unbefristet * Prognose im Zeitpunkt des Vertragsschlusses 3
4 - Befristung ohne Sachgrund ( 14 Abs. 2 TzBfG) * maximal 2 Jahre bei 3-maliger Verlängerungsoption (4 Jahre bei Neugründung) * keine Vorbeschäftigung
5 - Stolperfallen im Befristungsrecht * Schriftformerfordernis ( 14 Abs. 4 TzBfG) * Befristungsverlängerung * Kündigungsoption ( 15 Abs. 3 TzBfG) 5
6 2. Optimale Nutzung des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts - Offene Vertragsgestaltung hinsichtlich * Einsatzbereich/ -ort * Tätigkeitsbeschreibung * Arbeitszeit - AGB-sichere Versetzungsklauseln 6
7 3. Beendigung von Arbeitsverhältnissen - Gestaltung von Kündigungsfristen - Kündigung außerhalb des KSchG (Schwellenwerte) * Betriebsbezogenheit (Splittung eines Unternehmens in mehrere selbstständige Betriebe eigenständige Leitungsapparate erforderlich) * Ermittlung der Betriebsgröße * nicht zu berücksichtigende Personen (GF, mitarbeitende Gesellschafter, Familienangehörige, Leih-/Zeitarbeitnehmer, freie Handelsvertreter, Azubis) 7
8 - die betriebsbedingte Kündigung * die unternehmerische Organisationsentscheidung (Umstrukturierung, Restrukturierung, Rationalisierung, Outsourcing) * durch die Gerichte nur auf Willkür und grobe Unsachlichkeit hin überprüfbar * Sozialauswahl - einzubeziehende Arbeitnehmer: Stellenbezogenheit, Austauschbarkeit beachte: je weiter das Direktionsrecht, je größer der Kreis der einzubeziehenden Mitarbeiter - Herausnahme von AN mit besonderen Fähigkeiten - keine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit im Unternehmen (unter Berücksichtigung von Umschulungs- / Fortbildungsmaßnahmen) 8
9 - die verhaltensbedingte Kündigung * Kündigungsgründe - der low performer Nichterreichen von Umsatzzielen - Verstoß gegen Wettbewerbsverbot - Spesenbetrug / Arbeitszeitbetrug / Schmiergeld * Abmahnung - generell erforderlich (Warnfunktion / Verhältnismäßigkeit) - bei Erfüllung eines Straftatbestandes (Diebstahl/Unterschlagung/Untreue/Betrug) i.d.r. unabhängig vom wirtschaftlichen Wert entbehrlich, aber stets individuelle Interessenabwägung (Maultaschenfall) 9
10 - Formelle Kündigungsvoraussetzungen * Schriftform ( 623 BGB) Einwurf/Einschreiben! * Fristen des 626 Abs. 2 BGB * bei Verdachtskündigung: Anhörung des betroffenen Mitarbeiters * Beteiligung BR ( 102 BetrVG) * Schwerbehinderte - Zustimmung Integrationsamt muss bei Ausspruch der Kündigung vorliegen ( 85 SBG IX), wenn das Arbeitsverhältnis 6 Monate bestand * Schwangere/Elternzeitler ( 9 MuSchG, 18 BEEG) 10
11 - Abwicklungsvereinbarung - Vereinbarung nach Kündigungsausspruch - volle AGB-Kontrolle, d.h. hinsichtlich Angemessenheit und Transparenz - arbeitgeberseitiger, vorformulierter Klageverzicht ist regelmäßig unwirksam, wenn dieser im unmittelbaren Anschluss an eine Arbeitgeber-Kündigung und ohne Gegenleistung vom Mitarbeiter erklärt wird (BAG v ) - Gegenleistung muss nicht zwingend eine Abfindung sein, auch der Ausspruch einer ordentlichen statt fristlosen Kündigung stellt eine Gegenleistung dar - Keine Beteiligung von Integrationsamt/Fürsorgestelle notwendig 11
12 - Aufhebungsvereinbarung - kein Haustürgeschäft i.s.d. 312 BGB, d.h. kein Widerrufsrecht - Anfechtbar wegen arglistiger Täuschung/Drohung - AGB-Kontrolle nur hinsichtlich der Nebenabreden wie z.b. Ausgleichsklausel auf Angemessenheit und Transparenz - Beendigungserklärung unterliegt nicht der AGB-Kontrolle - Keine Beteiligung von Integrationsamt/Fürsorgestelle notwendig - Hinweispflicht auf sozialversicherungsrechtliche Folgen 12
13 II. Gerichtsfeste Arbeitsvertragsgestaltung 1. Generelle AGB-Kontrolle auch bei einmaliger Verwendung ( 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB) - gilt auch für Altverträge - Transparenz / Überraschungsverbot ( 305 c Abs. 1 BGB) - Klarheit / Verständlichkeit ( 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) - unangemessene Benachteiligung ( 307 Abs. 1 S. 1 BGB) - bei Auslegung im Zweifel zugunsten des AN ( 305 c Abs. 2 BGB) - AGB-Verwender kann sich auf Unwirksamkeit nicht berufen - in der Regel Nichtigkeit der gesamten Klausel (blue pencil Test) 13
14 2. Wichtige Klauseln - Ausschlussklausel (wichtig betreffend aller Vergütungsansprüche, insb. bei Urlaub/Krankheit) * muss für beide Parteien gelten * deutlicher Hinweis auf Rechtsfolgen * mindestens 3 Monatsfrist * einstufig / zweistufig * nicht an versteckter Stelle 14
15 - Vertragsstrafeklauseln * z.b. bei Nichtantritt, Missachtung von Kündigungsfristen, Vertragspflichtverletzung, Wettbewerbsverstößen * Verschulden des Arbeitnehmers erforderlich * Vertragsstrafenhöhe maximal ein Bruttomonatsgehalt, bei unberechtigter Lösung vom Arbeitsvertrag maximal i.h.d. bis zur Kündigungsfrist erzielbaren Gehaltes * Angemessenheit, Verhältnismäßigkeit zwischen Verstoß und Vertragsstrafenhöhe * Konkretisierung der Verbotstatbestände Transparenz 15
16 Exkurs: Maßnahmen bei rechtswidriger Vertragslösung (Durchsetzung des vertraglichen Wettbewerbsverbotes) * Feststellungsklage * Unterlassungsklage (einstweiliger Rechtsschutz)
17 - Rückzahlungsklauseln (Fortbildungskosten) * Fälle betriebsbedingter Kündigung und durch rechtswidriges Arbeitgeberverhalten bedingte Eigenkündigung des Arbeitnehmers müssen ausdrücklich ausgenommen sein * durch Fortbildung erlangter Vorteil des AN muss in angemessenen Verhältnis zur Bindungsfrist stehen * Bindungsfrist von mehr als 2 Jahren problematisch * teilweise erfüllte Bindungsfrist muss bei vorzeitiger Vertragsauflösung berücksichtigt werden (Bsp. Bindungsfrist 24 Monate, Ausscheiden nach 18 Monaten = Rückzahlungsumfang 6/24) * keine geltungserhaltende Reduktion bei zu langen Bindungsfristen 17
18 - Rückzahlungsklausel (Gratifikationen wie z.b. Weihnachtsgeld) * Fälle betriebsbedingter Kündigung und durch rechtswidriges Arbeitgeberverhalten bedingte Eigenkündigung des Arbeitnehmers müssen ausdrücklich ausgenommen sein * soweit Gratifikation an Betriebstreue anknüpft - Gratifikationen von bis zu einem Monatsgehalt Bindungsfrist Gratifikationen von mehr als einem Monatsgehalt Bindungsfrist * Stichtagsregelungen bei gewinn-/leistungsabhängigen Vergütungen problematisch 18
19 - Widerrufsvorbehalte (z.b. bei Incentives, Bonuszahlungen, Sondergratifikationen) * Anspruch vertraglich zugesagt * der unter Widerruf gestellte Anteil am Gesamtverdienst darf i.d.r. maximal % ausmachen. Eine übliche Vergütung muss dem Arbeitnehmer garantiert verbleiben * aus Gründen der Transparenz müssen die Widerrufsgründe im Vertrag konkret, d.h. für den AN erkennbar und nachvollziehbar angegeben werden (z.b. bei wirtschaftlich negativen Unternehmensergebnis ) * AG hat Gleichbehandlungsgebot zu beachten, d.h. Widerruf muss für alle vergleichbaren Mitarbeiter gelten 19
20 Exkurs: Privatnutzung Dienstwagen * Privatnutzung ist geldwerter Vorteil = Vergütungsbestandteil * Widerrufsvorbehalt nur zulässig, wenn die zum Widerruf berechtigenden Gründe gewichtig und im Arbeitsvertrag konkret angegeben sind (z.b. bei berechtigter oder einvernehmliche Freistellung des Mitarbeiters, Änderung des Aufgabengebietes, Missbrauch der Privatnutzung)
21 - Freiwilligkeitsvorbehalte * Verhinderung des Entstehens einer betrieblichen Übung * im Arbeitsvertrag sowie im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit jeder Leistung, die über das vertraglich Geschuldete hinausgeht (Begleitschreiben, Hinweis auf Gehaltsabrechnung) * bloßer Hinweis auf Freiwilligkeit ist nicht ausreichend, sondern: Die Leistung erfolgt freiwillig ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und ohne Übernahme einer Verpflichtung für die Zukunft * Freiwilligkeitsvorbehalt betreffend Privatnutzung des Dienstwagen unzulässig, da i.d.r. fester Vergütungsbestandteil * AG hat auch hier Gleichbehandlungsgebot zu beachten 21
22 - Versetzungsklauseln * fehlt die genaue Bezeichnung der geschuldeten Tätigkeit, hat AG ein einseitiges Direktionsrecht Tätigkeitszuweisung muss billigem Ermessen entsprechen * mit Versetzungsklausel soll eine vorgenommene Tätigkeitskonkretisierung wieder aufgehoben werden * Angabe von Versetzungsgründen nicht erforderlich * in der Klausel muss deutlich zum Ausdruck kommen - Berücksichtigung des AN-Interessen - Ausschluss der Zuweisung geringwertigerer Tätigkeiten * Örtliche Versetzungsklauseln i.d.r. unproblematisch 22
23 - Abgeltung von Überstunden * Klausel: Mit dem Gehalt sind alle anfallenden Überstunden abgegolten. ist mangels Transparenz/Unbestimmtheit unwirksam - Schriftformklausel * Vorrang der Individualabrede gemäß 305 b BGB
24 - Positives Schuldanerkenntnis * AGB-Kontrolle bei vorformulierten Schuldanerkenntnissen * unangemessene Benachteiligung i.s.d. 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, wenn dem Mitarbeiter das Recht genommen wird, geltend zu machen, dass die dem Schuldanerkenntnis zugrunde liegende Forderung überhaupt nicht besteht. * Rechtsfolge: Arbeitgeber muss im Falle einfachen Bestreitens Forderung im Einzelnen darlegen (Schätzungen problematisch) 24
25 III. Leistungsabhängige Vergütungssysteme - Grundsatz der Vertragsfreiheit * Umsatzbeteiligungen * Gewinnbeteiligung * Bonus abhängig von persönlicher Zielerreichung * Insentives - Verhältnis zwischen Fixgehalt und variabler Kompensation, AN muss eine übliche Vergütung sicher sein (Verbot der Abwälzung des unternehmerischen Risikos auf den AN) 25
26 - Transparenz und Klarheit von Provisionsvereinbarungen / Vereinbarungen über variable Vergütung - Ermessens-/ Bewertungsspielräume des AG vermeiden - Auslegung geht i.d.r. zu Lasten des Arbeitgebers (ABG-Verwenders) - jährliche Neuverhandlung von persönlichen Zielen, Gefahr der Fortschreibung bei Säumnis betreffend Neuabschluss aus Gründen des Schadensersatzes - Widerrufs- / Freiwilligkeitsvorbehalte (s.o.) - betriebliche Übung 26
27 IV. Arbeitnehmerüberwachung - Heimliche Videoüberwachung ist nur zulässig, wenn * konkreter Verdacht einer strafbaren Handlung besteht, * weniger einschneidende Mittel zur Aufklärung erschöpft sind und * die Videoüberwachung praktisch das einzig verbleibende Mittel darstellt (Notwehrsituation); * die Überwachung nicht insgesamt unverhältnismäßig ist 27
28 - Offene Videoüberwachung * In öffentlich zugänglichen Räumen folgt Rechtfertigung i.d.r. aus 6 b BDSG Wahrnehmung berechtigter Interessen (z.b. Sicherheitsinteressen, Schutz vor Ladendiebstahl) * In nicht öffentlich zugänglichen Räumen überwiegt im Zweifel das Persönlichkeitsrecht des Mitarbeiters (Art 2 GG), Rechtfertigung ggfs. über 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BDSG
29 - GPS-Ortung von Reisenden (LAG B-W vom , 5 Sa 59/00) * bei berechtigten Interesse des AG zulässig (Anfangsverdacht) - Beteiligungsrechte des Betriebsrates, insbesondere 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG * Bei heimlicher wie offener Videoüberwachung, ggfs. über Einigungsstelle * Unterbliebene Mitbestimmung führt nicht automatisch zum Verwertungsverbot gewonnener Beweismittel - Grenzen des Bundesdatenschutzgesetzes / Persönlichkeitsrecht des Mitarbeiters - Verwertungsverbot unzulässig erlangter Beweismittel 29
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