AUTOFREI WOHNEN IN LEIPZIG
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- Philipp Schmid
- vor 6 Jahren
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1 Leipziger Bürgerwettbewerb "Ideen für den Stadtverkehr Seite 1 von 6 AUTOFREI WOHNEN IN LEIPZIG Sehr gerne! Aber wo? In Leipzig leben etwa 40 Prozent der Haushalte ohne Auto. Das sind bei Weitem nicht nur Haushalte die sich finanziell kein Auto leisten können sondern auch viele die ganz bewusst für ein Leben ohne eigenes Auto entscheiden und andere Formen der Mobilität vorziehen. Doch wo soll man wohnen in einer Stadt die voll auf den motorisierten Individualverkehr ausgerichtet ist? Die Antwort: Im autofreie Stadtquartier! Als autofrei bezeichnet man Siedlungen, Siedlungsteile oder Wohnanlagen, die frei von der für den motorisierten Individualverkehr notwendigen Infrastruktur sind und somit keinen Autoverkehr, bis auf Blau-/ Gelblichtfahrzeuge und berechtigte Ausnahmefälle, aufweisen. Da derartige Projekte den örtlichen Stellplatzverordnungen meist zuwiderlaufen versucht man, die Bewohner solcher Siedlungen vertraglich an die Autofreiheit zu binden bzw. als Vereine zu organisieren, deren Hauptaufgabe der Verzicht der Mitglieder auf das eigene Auto ist, Abbildung 1: Lage des neuen Autofreien Quartiers in Leipzig; eigene Darstellung um dadurch ein Ausnahme vom Stellplatzschlüssel genehmigt zu bekommen.
2 Leipziger Bürgerwettbewerb "Ideen für den Stadtverkehr Seite 2 von 6 Zu unterscheiden ist bei autofreien Quartieren zwischen zwei unterschiedlichen Typen: Typ 1 autofrei : 0,0 bis 0,2 Stellplätze pro Wohnung, i.d.r. am Quartiersrand, für Car-Sharing-Dienste, Behinderte, Besucher und speziell begründete Ausnahmefälle für Gewerbe ggf. zusätzliche Stellplätze außerhalb dieses Stellplatz-Schlüssels Freiwillig kein individueller Autobesitz und kein privater Autoverkehr im Gebiet Spezielle Regelungen z.b. für Möbelwagen, Behindertentransporte, Taxen, gewerbliche Anlieferungen und vergleichbare, notwendige Ausnahmen. I.d.R. rechtliche Regelungen zur Autofreiheit in Kauf-/Mietverträgen, Grundbucheintrag, planungsrechtliche Instrumente, städtebauliche Verträge, etc. Typ 2 optisch autofrei Keine Regulation zu den Stellplätzen, d.h. ortsübliche Anzahl Stellplätze pro Wohnung Lage dieser Stellplätze i.d.r. am Quartiersrand Kein privater Autoverkehr im Gebiet, Ausnahmen nur für Blau- und Gelblichtfahrzeuge (Feuerwehr, Entsorgung, etc.), und andere begründete Ausnahmefälle Ortsübliche Mischung von autofreien und autobesitzenden Haushalten, keine rechtliche Bindung zur Autofreiheit BEISPIELE UND VORTEILE Die Idee autofreie Quartiere zu schaffen ist nicht neu. Seit Mitte der Neunziger Jahren wurde und wird in Deutschland über autofreies Wohnen nachgedacht. Die ersten Ideen zu autofreiem Wohnen in Deutschland wurden um 1994 in Freiburg, Hamburg und München entwickelt und bis 1999 umgesetzt. Es folgten viele weitere Projekte in eben diesen und anderen Städten wie z.b. Münster, Bremen, Köln, Kassel und Berlin.
3 Leipziger Bürgerwettbewerb "Ideen für den Stadtverkehr Seite 3 von 6 Der Flächenverbrauch solcher Quartiere ist wesentlich geringer als der von konventionellen Quartieren. Öffentliche und halböffentliche Bereiche können intensiver von Anwohnern zum Aufenthalt oder zur Freizeitgestaltung und Gewerbetreibenden, zum Beispiel als Freisitze, genutzt werden, da sie nicht von Autos besetzt werden. Sie leisten einen Beitrag zum Umweltschutz und entlasten die den kommunalen Haushalt durch geringere Unterhaltskosten für Abbildung 2: Autofrei Leben in Freiburg Vauban; Verkehrsinfrastruktur. Sie sind kinderfreundlich da verkehrsarm und somit für Familien mit Kind(ern) attraktiv und bieten hohe Wohn- und Freiraumqualität. VORAUSSETZUNGEN Die Voraussetzungen für solche Quartiere sind eine gute Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr und eine gut ausgebaute Fahrrad- und Fußgänger-Infrastruktur. In Leipzig gibt es ein flächendeckendes ÖPNV-Netz, die Radverkehrsförderung gewinnt an Bedeutung, Carsharing und Mitfahrgelegenheiten stehen hoch im Kurs. Bisher gibt es jedoch kein Viertel oder Quartier, das den Ansprüchen für autofreies leben voll und ganz gerecht wird. Mit der geplanten Entwicklung des Areals westlich vom Hauptbahnhof besteht die Möglichkeit diesen Missstand zu beseitigen und eine neue Art des Wohnens in Leipzig zu etablieren.
4 Leipziger Bürgerwettbewerb "Ideen für den Stadtverkehr Seite 4 von 6 PLANUNGSSTAND In der Planung des zukünftigen Quartiers westlich des Leipziger Hauptbahnhofs sind vier Bebauungsbänder parallel zu den Gleisen vorgesehen. Das Östliche, direkt an den Gleisen gelegen, mit reiner Gewerbenutzung, das Westliche als reines Wohngebiet. Dazwischen zwei Bänder mit gemischter Nutzung, die das bestehende Parkhaus und eine dahinter geplante Schule, Hotels, Büros und Wohnen umfasst. Die Erschließung des Areals soll im Westen im Bereich des Bahnhofsvorplatzes erfolgen. Die geplante Straße teilt sich unmittelbar hinter der Quartierszufahrt in zwei Erschließungsstränge auf: Die im Osten, zwischen Parkhaus und einem denkmalgeschützten Gebäude verlaufende Haupterschließungsstraße bindet im Norden an die Berliner Straße Abbildung 3: Autofrei Wohnen in Amsterdam; an, eine weitere Straße verläuft im Südwesten des Areals und erschließt unter anderem die Wohnbebauung. Die ursprünglich vorgesehene mittige Erschließungsstraße soll als eine Fuß- und Radwegeverbindung, die vom Bahnhof durch das gesamte Gebiet hindurch führt und im Norden an einen Radweg am Partheufer anschließt, ausgeführt werden. Mit der geplanten Verbindung zwischen Kurt- Schumacher-Straße und Berliner Straße würde, eine für Autofahrer attraktive, Verbindung zwischen Ring und dem Norden Leipzigs geschaffen, die zu einem erhöhten Durchgangsverkehr führen kann. Damit läuft das entstehende Quartier Gefahr, nicht den von Planern geforderten eigenen Stadtteilcharakter als attraktives Wohn- und Arbeitsviertel sondern das Image eines lauten Durchgangsortes zu gewinnen.
5 Leipziger Bürgerwettbewerb "Ideen für den Stadtverkehr Seite 5 von 6 AUTOFREIES QUARTIER BAHNHOF WESTSEITE Das Gebiet westlich des Hauptbahnhofs Leipzig bietet sich, auf Grund seiner Lage und infrastrukturellen Anbindung geradezu dafür an, die komplette Erschließung autofrei zu regeln und dem entgegen zu wirken. Es liegt absolut innenstadtnah, in unmittelbarer Nähe zum Hauptbahnhof und damit zu einem der zentralen Knoten des ÖPNV (12 Straßenbahnlinien, 8 Buslinien, 4 (zukünftig 5) S- Bahnlinien) und des Regional- und Fernverkehrs. Am Standort Hauptbahnhof befinden sich schon jetzt 2 Carsharing-Stationen und ein Parkhaus mit 686 Stellplätzen. Das Quartier stellt den Ausgangspunkt der geplanten Fahrradwege Parkbogen Ost und Bahnbogen Gohlis dar. UMSETZUNG Die Erschließung des Quartiers wäre dann so zu gestalten, dass die Wege innerhalb des Viertels zu Fuß und per Rad zurückgelegt werden. Der Autoverkehr endet am Parkhaus. Die Straßen sind optisch so zu gestalten, dass der Vorrang von Fahrradfahrern und Fußgängern ersichtlich ist. Die Belieferung der Betriebe bleibt, ähnlich wie bei Fußgängerzonen, gewährleistet. Anwohner hätten zwar die Möglichkeit, gestaltete man das Quartier zumindest optisch autofrei mit einem Auto zu ihrer Wohnung zu fahren, etwa zum Einund Ausladen von Einkäufen, geparkt werden würde jedoch außerhalb des Quartiers, an einer Carsharingstation oder mit dem eigenen Auto in einer Quartiersgarage am Rand des Viertels. Dafür könnte das schon vorhandene Parkhaus genutzt werden, in dem dann eine Ebene für dauerparkende Abbildung 4: Autofrei Leben in Freiburg Vauban; Anwohner reserviert werden müsste. Um die Nutzung des Rades als Alternative zum Auto attraktiv zu machen müssen gleichwertige, sichere und überdachte Abstellmöglichkeiten für Räder und Lastenräder direkt an den Wohn- und Geschäftshäusern geschaffen werden.
6 Leipziger Bürgerwettbewerb "Ideen für den Stadtverkehr Seite 6 von 6 Um an diesem Standort ein autofreies Quartier zu entwickeln und mit der dafür notwendigen Infrastruktur auszustatten müssten die schon vorhandenen Pläne, wie zum Beispiel für das Fahrradparkhaus am Hauptbahnhof, umgesetzt werden. Für autofreies Wohnen notwendige Carsharing- Einrichtungen könnten im Erdgeschoss des Bestehenden Parkhauses oder an einem eigenen Standort am Eingang zum Viertel realisiert werden. Kinder, die mit dem Auto zur Schule gebracht werden, könnten, wie im Programm Schulweg Safari vorgeschlagen, über eine Elternhaltestelle an der Westseite des Bahnhofes gefahrlos durch das Autofreie Quartier zur Schule laufen. Der Standort Hauptbahnhof könnte in diesem Rahmen abseits der notwendigen Infrastruktur für autofreies Wohnen zu einem Verkehrsdrehkreuz für alternative Verkehrskonzepte, z.b. Mitfahrgelegenheiten, sowie für den Busfernverkehr, ausgebaut werden. Die Ansiedlung einer Haltestelle für Mitfahrgelegenheiten wäre, mit Blick auf die Entwicklung des Areals auf der Ostseite, eine weitere Ergänzung im Mobilitätsmix. Des Weiteren könnte ein Busfernbahnhof westlich der Schienen im Hauptbahnhof angelegt werden. VORTEILE EINES AUTOFREIEN QUARTIERS Nicht nur der Weg zu Schule wäre in einem autofreien Quartier viel sicherer. Auch das Spielen im Allgemeinen wäre in diesem Viertel für Kinder überall möglich. Durch das Fehlen von Parkenden Autos stünden außerdem viel Platz zur Verfügung um Grünflächen und Plätze für Bewohner und Besucher anzulegen und so eine außergewöhnliche Aufenthaltsqualität im Viertel schaffen. Das Viertel würde alle Vorteile des innerstädtischen Wohnens und Arbeitens bieten, ohne die Nachteile des Großstadtverkehrs. Die Bewohner, Geschäftstätigen und Kunden wären, auf Grund der Konzentration von Mobilitätsdienstleistungen im Umfeld in einem hohen Maße mobil. Für Projektentwickler bietet sich die Chance ein Produkt anzubieten, dass es noch nicht auf dem Leipziger Immobilienmarkt gibt, Alleinstellungsmerkmal und einen höheren Wiedererkennungswert besitzt als konventionelle Innenstadtquartiere. Mit dieser Fläche haben Stadt und Investoren die Chance Außergewöhnliches inmitten der Stadt zu schaffen.
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