MH Kinaesthetics und Salutogenese ein Beitrag zur ganzheitlichen Gesundheitsförderung. Eingereicht von: Mag.a Theresia Ostermann Mat.Nr.

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1 MH Kinaesthetics und Salutogenese ein Beitrag zur ganzheitlichen Gesundheitsförderung Eingereicht von: Mag.a Theresia Ostermann Mat.Nr.: Universitätslehrgang Public Health der Medizinischen Universität Graz zur Erlangung des akademischen Grades eines Master of Public Health Betreuerin: Univ.Prof.i.R. Dr.in iur. Rotraud A. Perner Institut für Streßprophylaxe & Salutogenese (ISS), Matzen Graz im Oktober

2 ZUSAMMENFASSUNG Eine ganzheitliche Gesundheitsförderung ist die wohl einzige Möglichkeit nachhaltige Gesundheit zu erreichen. Salutogenese als Gesundheitstheorie und MH Kinaesthetics als ein Beispiel der praktischen Umsetzung zeigen eine Möglichkeit der ganzheitlichen Gesundheitsförderung auf. Diese werden mit den Erkenntnissen der transdisziplinären Wissenschaft Public Health in Zusammenhang gebracht. Am Anfang der Arbeit steht eine kritische Auseinandersetzung mit verschiedenen Gesundheitstheorien, welche Gesundheitsdefinition aufzeigt. Verständnis von Gesundheit die Problematik Ausgehend als vom einer noch Abwesenheit von allgemein immer gültigen anzutreffenden Krankheit wird ein Strukturierungsversuch gemacht, unterschiedliche Ansätze in eine schlüssige, nachvollziehbare Ordnung zu bringen. Wie Gesundheit nach den beschriebenen Definitionen gelebt werden kann, zeigen in weiterer Folge die Beschreibungen des von der Fachwelt anerkannten SalutogeneseModells nach Antonovsky und MH Kinaesthetics. MH Kinaesthetics ist ein Lernsystem, in dem die Wahrnehmung der eigenen Bewegung das zentrale Medium darstellt. Das Wort Kinaesthetics kann mit Bewegungswahrnehmung übersetzt werden. In der Arbeit mit MH Kinaesthetics wird die Bewegungskompetenz vor allem bei den Alltagsaktivitäten verbessert, was sich positiv und nachhaltig auf die eigene Gesundheit auswirkt. Damit steht die Qualität der Bewegung im Zentrum der Betrachtung. Um diesen Fokus soll die Public Health Diskussion über Gesundheitsförderung durch Bewegung befruchtend ergänzt werden. Die Verfasserin (selbst ausgebildete MH Kinaesthetics Trainerin) bündelt die allgemeine Gültigkeit von Salutogenese und deren Umsetzung in die Praxis durch gut geschulte Bewegungswahrnehmung in ihrem Leitsatz: Movement in all policies Bewegung auf allen Ebenen. 2

3 ABSTRACT Comprehensive health promotion seems necessary in order to gain health, both individually and as a society. Salutogenesis (from Latin salus for well-being / health and Greek genesis for creation ) as a theory of health alongside with MH Kinaesthetics TM as a tool of application can show us the way towards such comprehensive health promotion. The theoretical and practical application will connect with perceptions of the transdisciplinary science Public Health. The thesis presented here starts with a discussion of current health theories, thereby revealing the difficulty of proposing a generally valid definition of the term health. This discussion is followed by an in-depth-approach to the concept of salutogenesis, the main part of which is dedicated to the theories of ANTONOVSKY, JACOBS and PERNER. This is further followed by a thorough description of MH Kinaesthetics TM as a tool of learning, relating as its primary aim the creation of awareness and understanding through body movement in every day situations. MH KinaestheticsTM trains the competence of movement in daily activities to improve general well being. A consecutive chapter analyses an interview with Mr. HATCH, co-founder of MH KinaestheticsTM and a series of interviews with MH KinaestheticsTM trainers who practise in Austria, Switzerland, and Germany. The chapter is based on the expert interview, which is a method in qualitative social research. The interviews have been conducted in March and April Finally, this thesis evaluates similarities and contrasts between the main ideas in the concepts of salutogenesis and the underlying theoretical construct TM Kinaesthetics, referring both to Public Health views. The essence of the thesis is summarized in the closing statement: Movement in all policies! 3 of MH

4 DANKSAGUNG Ich möchte mich an dieser Stelle bei Frau Marianne Bereuter MAS bedanken, ohne deren motivierende und salutogene Lebensart diese Arbeit nicht zustande gekommen wäre. Mein Dank geht auch an Frau Prof. Dr.in Rotraud A. Perner für die Betreuung der vorliegenden Arbeit. Ich schätze ihre Offenheit für mein Thema und die Freiheit, die ich beim Schreiben und Entwickeln der Arbeit hatte. Ich bedanke mich bei der Republik Österreich, welche mir die Teilnahme am Universitätslehrgang Public Health ermöglicht hat. Weiters möchte ich hier noch drei, für mich sehr wertvolle Begleiter und Begleiterinnen während meines schöpferischen Prozesses dankend erwähnen: Arvo Pärt mit seiner wunderbaren Musik 'In Principio', die den Tiefgang für die ersten beiden Kapiteln ermöglichte. Johanna Doderer, dieser einzigartigen Komponistin die mich mit ihrer Musik motivierte bis zum Ende durchzuhalten. Rotraud A. Perner mit ihrem Buch 'Die Überwindung der Ich-Sucht', das in einer Selbstreflexion zur Weiterentwicklung meiner Persönlichkeit beigetragen hat. 4

5 Eidesstattliche Erklärung Hiermit erkläre ich, dass ich die vorliegende Arbeit selbständig und ohne unerlaubte fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel nicht benutzt bzw. die wörtlich oder sinngemäß entnommenen Stellen anderer AutorInnen als solche kenntlich gemacht habe. Ort/Datum Unterschrift 5

6 Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung Der Gesundheitsbegriff ein Definitionsversuch Gesundheit als Abwesenheit von Krankheit - Störungsfreiheit Die Gesundheitsdefinitionen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) Gesellschaftlich geformte Gesundheitsdefinitionen Gesundheitsdefinitionen nach HURRELMANN Gesundheit in der Krankheit Gesundheit und Gesundsein ist Gesundheit machbar? Gesundheit als kybernetischer Regelkreis Die Gesundheit im Verborgenen Homöostase versus Heterostase Gesundheit als Merkmal lebender Organismen Gesundheitsdimensionen nach JACOBS (2000) Gesundheitsdefinition nach OSTERMANN (Definition der Verfasserin) Zusammenfassung Salutogenese Salutogenese-Modell nach ANTONOVSKY Begriffsbestimmung und Geschichte Grundannahmen Krankheit als normale Erscheinung im Leben Gesundheits-Krankheits-Kontinuum Metapher des Flusses Stressoren Herausforderungen des Lebens Generalisierte Spannungs- und Widerstandsressourcen Kohärenzgefühl Salutogenese als Bildungsaufgabe Weitere salutogenetische Ansätze Resilienz Der Wille zu Überleben PERNER Salutogenese als Schaffung von Bewusstsein Salutogenese und Public Health Schlussbemerkung zur Salutogenese

7 4 MH Kinaesthetics Was ist MH Kinaesthetics? Grundlagen Verhaltenskybernetik Feedback-Kontroll-Theorie Homöokinase Steuerung der Stoffwechselvorgänge Gesundheit aus MH Kinaesthetics Sicht MH Kinaesthetics als Bildungssystem Die methodischen Werkzeuge Das Konzeptsystem Das Lernmodell Der curriculare Blickpunkt Die Bildungsaspekte Die Kompetenzfelder Zusammenfassung an Hand der MH Kinaesthetics Kompetenzfelder Der Beitrag von MH Kinaesthetics zur Public Health Diskussion MH Kinaesthetics ist ein Bildungssystem Die Kinaesthetics Organisationen MH Kinaesthetics als eine Möglichkeit von vielen zur Gesundheitsförderung durch bewusste Bewegung Konzepte zur bewussten Bewegung Die Entscheidung für Kinaesthetics Bewegungsempfehlungen und die Qualität der Bewegung Interviews eine qualitative Analyse Beschreibung der Forschungsmethode Das Leitfadeninterview als Expertinneninterview Aufbereitungsverfahren und Auswertung Analyse und Interpretation der Interviews Allgemeine Daten (Beruf, Ausbildung, Kinaestheticserfahrung) MH Kinaesthetics Was ist MH Kinaesthetics? Der Hintergrund von MH Kinaesthetics

8 Warum sollen Menschen MH Kinaesthetics lernen? Zusammenfassung und Übersicht vom Frageblock Teilnehmerinnen in den von den Trainerinnen durchgeführten Kursen Tätigkeit als Trainerin (Was wollen die Trainerinnen in ihren Kursen vermitteln?) Gesundheit Was bedeutet Gesundheit? Zusammenhang zwischen MH Kinaesthetics und Gesundheit Zusammenhang zwischen MH Kinaesthetics und Salutogenese Zusammenfassung und Übersicht von Frageblock Zusammenfassung von Schlüsselaussagen und der Beitrag von MH Kinaesthetics zur Gesundheitsentwicklung Zusammenhänge zwischen MH Kinaesthetics und Salutogenese praktische Umsetzung im Sinne von Public Health Strategien Gesundheitstheorie und praktische Anwendung Alltagsaktivitäten Gesundheits-Krankheits-Kontinuum und Gesundheit als Prozess Heterostase und das Spiel in der Schwerkraft Mehrdimensionalität und das Zusammenspiel verschiedener Faktoren Stressoren, Spannung und Bewegungswahrnehmung Wahlmöglichkeiten Ressourcenorientierung Kohärenzgefühl und Aktivitäten Persönliche Stellungnahme und Ausblick Literatur Abbildungs- und Tabellenverzeichnis Anhang Interview A Zusammenfassung Interview A Interview B

9 Zusammenfassung Interview B Interview C Zusammenfassung Interview C Interview D Zusammenfassung Interview D Interview E Zusammenfassung Interview E Interview F Zusammenfassung Interview F Interview HATCH Zusammenfassung Interview Hatch

10 1 Einleitung Bewegung ist ein wichtiger Faktor in der aktuellen Gesundheitsförderung. Es ist allgemein bekannt, dass Bewegung zur Gesundheit beiträgt. Beim Fonds Gesundes Österreich, der ersten Adresse für Gesundheitsförderung in Österreich, stand im Jahr 2009 das Thema Bewegung im Mittelpunkt. (vgl. FGÖ. Kampagnen) Im Frühjahr 2010 erschienen im Rahmen der 12. Österreichischen Präventionstagung die Österreichische[n] Empfehlungen für gesundheitswirksame Bewegung. (vgl. FGÖ. Veranstaltungen) In der klassischen Gesundheitsförderung wird neben den Alltagsbewegungen von einem Maß an zusätzlicher Bewegung und von Sport gesprochen. Mit Angaben zu Häufigkeit, Intensität und Dauer der Bewegung wird der Quantität das Hauptaugenmerk gegeben. Die Qualität der Bewegung ist nur selten Thema der Überlegungen. In der vorliegenden Arbeit wird jedoch die Qualität der Bewegung zum Hauptthema der Ausführungen. Die Wahrnehmung der eigenen Bewegungsqualität zu schulen kann auf unterschiedlichen Wegen erfolgen. Einer davon ist MH Kinaesthetics. In diesem Bildungssystem werden Menschen in ihrem Tun und in ihrem Bewegen unterstützt. Die richtige Balance in der Schwerkraft zu finden lernt der Mensch vom embryonalen Stadium an und es ist ein lebenslanger Lernprozess. Das MH Kinaesthetics Konzeptsystem bietet ein geordnetes Schema für dieses Lernen. MH Kinaesthetics ist ein in der Praxis angewendetes Bildungsprogramm, dessen theoretische Grundlagen in der Verhaltenskybernetik zu finden sind. Aus wissenschaftlicher Sicht gibt es kaum Publikationen zu diesem Thema. Das Bildungsprogramm hat sich jedoch in der praktischen Anwendung in den letzten 20 Jahren in den Bereichen Pflege, Infant Handling und Bewegungspädagogik bewährt. In der vorliegenden Arbeit sollen diese Konzepte beschrieben und der derzeitige Wissensstand zusammengefasst werden. In einer qualitativen Untersuchung werden die subjektiven Erfahrungen des Begründers und der Trainerinnen von MH Kinaesthetics dargestellt, sie zeigen eine 10

11 Momentaufnahme des derzeitigen Wissensstandes. Die zentrale Forschungsfrage der vorliegenden Arbeit lautet damit: Welchen Bedeutung hat die Qualität der Bewegung als Bildungsfaktor zur allgemeinen Gesundheitsentwicklung im Zusammenhang mit Salutogenese und Public Health? Inhaltliche Gliederung Das erste Kapitel beschäftigt sich mit Gesundheitsdefinitionen und zeigt auf, wie schwierig es ist, eine allgemein gültige Definition zu finden. Eine Berücksichtigung aller einzelner Faktoren ist schwer möglich. Letztendlich liefert eine Gesundheitsdefinition aus der transdisziplinären Wissenschaft Public Health eine Zusammenschau aller genannten Faktoren. Im zweiten Kapitel steht das Thema Salutogenese im Mittelpunkt der Betrachtung. Es wird aufgezeigt, welche theoretischen Ansätze es dazu gibt und wie sich dieses Thema im Laufe der Zeit entwickelt hat. Dabei taucht die Frage auf inwieweit der Paradigmenwechsel in der Gesundheitsdiskussion vollzogen wurde und welche salutogenen Ansätze möglich sind. Das dritte Kapitel beschreibt MH Kinaesthetics als ein Werkzeug zur Umsetzung der Bewegungswahrnehmung in der Praxis, und zeigt damit einen in der Public Health Diskussion bis jetzt noch nicht beachteten Beitrag zur gesellschaftlichen Gesundheitsentwicklung auf. Im vierten Kapitel kommen MH Kinaesthetics Trainerinnen zu Wort. An Hand von Expertinneninterviews Gesundheit werden die Zusammenhänge von MH Kinaesthetics, und Salutogenese dargestellt. So kann aufgezeigt werden, dass eine verbesserte Bewegungsqualität das menschliche Verhalten positiv beeinflusst. Das erweiterte Bewegungsrepertoire erleichtert den Alltag und eine bewegungsfördernde Umwelt ermöglicht das Empowerment des Individuums. Im fünften Kapitel stellt die Verfasserin zentrale Aussagen des Salutogenese-Modells 11

12 von ANTONOVSKY, der MH Kinaesthetics von MAIETTA/HATCH gegenüber. Das letzte Kapitel gibt die persönliche Meinung der Verfasserin wieder und fordert, dass die Qualität der Bewegung mehr Beachtung findet. Es besteht die Möglichkeit dieses Wissen mit den Methoden der Public Health ins Bildungssystem und in die politische Diskussion einzubringen. 12

13 2 Der Gesundheitsbegriff ein Definitionsversuch Die Frage nach Gesundheit beschäftigt seit jeher den Menschen. Antworten finden sich in den unterschiedlichsten Bereichen und in den verschiedenen Kulturen. Versuche, Gesundheit zu beschreiben und zu quantifizieren gibt es eine Menge und genauso eine Fülle an Literatur zu diesem Thema. Im ersten Kapitel der vorliegenden Arbeit sind wichtige und interessante Themenbereiche aufgegriffen und es wird versucht eine schlüssige Antwort auf folgende Fragen zu bekommen: Was ist Gesundheit in einem ganzheitlichen Sinn? Wer wird autorisiert allgemein gültige Definitionen festzulegen? Kann Gesundheit allgemein gültig definiert werden? Ausgehend von der klassischen Definition mit der Abwesenheit von Krankheit wird im Folgenden ein Strukturierungsversuch unternommen, um unterschiedliche Ansätze in eine schlüssige und nachvollziehbare Ordnung zu bringen. In den jeweiligen Unterpunkten werden diese beschrieben und kommentiert. Die Struktur ergibt sich aus der historischen Entwicklung der Begriffserklärung. Auf Grund von unterschiedlichen, zeittypischen Blickwinkeln lassen sich schwerpunktmäßig verschiedene Themenbereiche definieren. 2.1 Gesundheit als Abwesenheit von Krankheit Störungsfreiheit Bis in die Zeit der europäischen Aufklärung hinein galt Krankheit als Strafe Gottes. Entsprechend wurde Gesundheit als Resultat einer gottgefälligen Lebensführung aufgefasst. Naturwissenschaftliche Erkenntnisse und Fragestellungen begannen im 18. Jahrhundert, dem Einzelnen sowie dem Staat Möglichkeiten zur Einflussnahme zuzugestehen. Die Menschen waren ihrem Schicksal nicht mehr wehrlos ausgeliefert. Eine Gesellschaft ohne Krankheit schien machbar. (vgl. KICKBUSCH 2006, S.11) Philosophen und Gesellschaftstheoretiker setzten großes Vertrauen in die Vernunft des Menschen. Alte Glaubenssätze wurden in den Bereich des Aberglaubens verwiesen. Die aufgeklärte Gesellschaft glaubte an Fortschritt und an eine Entwicklung, die von vernunftbegabten Menschen gesteuert werden konnte. Gesundheit wurde mehr und mehr von der Medizin vereinnahmt und als die Abwesenheit von Krankheit (FALTERMAIER 2005, S.33) definiert. Vorrangiges Ziel 13

14 war nun die Bekämpfung der Krankheit, nicht mehr die Erhaltung und Förderung der Gesundheit. Gesundheit wurde als der perfekteste Zustand menschlicher Existenz verstanden, der Bürger war aufgefordert seine Leidenschaften zu kontrollieren und seinen Körper wie seinen Geist zu pflegen. So blieb der Mensch frei von allen Störfaktoren. Als Störfaktoren werden alle Ursachen für Krankheiten betrachtet. So wird in dieser Definition mehr die Krankheit definiert als die Gesundheit. Dieses Verständnis hat sich bis in unsere Gegenwart gehalten. Wird von Gesundheit gesprochen, ist oft die Krankheit gemeint. Von der Gesundheitspolitik wird die Versorgung der Kranken im Rahmen des Gesundheitssystems erwartet. Das Gesundheitsministerium verwaltet vornehmlich die Krankheiten und die Krankenhäuser, welche in Zusammenarbeit mit den Krankenkassen finanziert werden. Doch Gesundheit ist mehr als Abwesenheit von Krankheit. Nur die Abwesenheit von Krankheit zu sehen ist eindimensional. Die rein medizinische Sichtweise wird als zu eingeschränkt empfunden. Heute wird Gesundheit nicht mehr von Experten definiert und nicht mehr am Gesundheitssystem und damit an der Medizin angedockt sie gilt als Teil der modernen Lebensqualität. (KICKBUSCH, 2006, S.35) Ärzteschaft und Angehörige medizinischer Berufe gelten als die Experten für Krankheiten, während die Gesundheit weniger in ihren Bereich fällt. Es stellt sich überhaupt die Frage, ob eine schwarz-weiß Theorie von Gesundheit und Krankheit nützlich ist. Sind diese zwei Zustände als Gegenpole darstellbar? Noch 1948 anlässlich der Gründung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) war die Hoffnung groß, in einer gemeinsamen internationalen Anstrengung alle Krankheiten ausrotten und so eine gesunde, leistungsfähige Gesellschaft aufbauen zu können. 14

15 2.2 Die Gesundheitsdefinitionen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) Für die Weltgesundheitsorganisation war eine Definition zum Begriff Gesundheit ein Muss. Schon bald nach ihrer Gründung gab es die ersten Versuche einer Begriffserklärung. Die WHO hat einen Gesundheitsbegriff definiert, der nicht mehr nur das Freisein von Krankheit beschreibt. Gesundheit ist der Zustand vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht nur des Freiseins von Krankheit und Gebrechen. Sich des bestmöglichen Gesundheitszustandes zu erfreuen, ist eines der Grundrechte des Menschen, ohne Unterschied der Rasse, der Religion, der politischen Überzeugung, der wirtschaftlichen oder sozialen Stellung. (WHO 1948 zitiert nach KICKBUSCH 2006, S.36) Bei einer wichtigen gesundheitspolitischen Tagung in Ottawa/Kanada (1986) war die WHO maßgeblich an der Erarbeitung eines dynamischen Gesundheitsbegriffes für das 21. Jahrhundert beteiligt. Gesundheit wird von den Menschen in ihrer alltäglichen Umwelt geschaffen und gelebt: Dort wo sie spielen, lernen, arbeiten und lieben. Gesundheit entsteht dadurch, dass man sich um sich selbst und für andere sorgt, dass man in die Lage versetzt ist selber Entscheidungen zu fällen und eine Kontrolle über die eigenen Lebensumstände auszuüben, sowie dadurch, dass die Gesellschaft, in der man lebt, Bedingungen herstellt, die all ihren Bürgern Gesundheit ermöglichen. (WHO 1986) Die erste Definition ist erstmals ein Abrücken von der Störungsfreiheit, mit gleichzeitiger Berücksichtigung verschiedener anderer Dimensionen. Doch wird sie als utopisch kritisiert, weil sie einen Zustand beschreibt der unerreichbar scheint. Mit ihrer Definition entfernt sich die WHO eindeutig von der medizinischen Sichtweise. Gesundheit ist mehr als Abwesenheit von Krankheit. Aber Gesundheit wird zur perfekten Utopie, wie ein absoluter Zustand, der zwar erstrebenswert, aber nicht 15

16 erreichbar ist. Gleichzeitig ist auch die Rede vom Grundrecht jedes Menschen auf Gesundheit. Dieses Grundrecht ist im österreichischen Bundesverfassungsgesetz nicht festgeschrieben. Ein derartiges Grundrecht auf Gesundheit ist in unserer Bundesverfassung nicht verankert. Natürlich werden die körperliche Unversehrtheit und die Gesundheit in anderen Bereichen unserer Rechtsordnung mehrfach geschützt. (Bundeskanzleramt Österreich 2010) Gesundheit als Grundrecht zu verankern scheitert bereits an ihrer Definition. Wie soll das festgeschrieben und vor allem auch vollzogen werden? Scheinbarer Konsens besteht allerdings darin, dass die Gesundheit der Bürger und Bürgerinnen eines Staates schützenswert ist. Kernpunkt der ersten Definition der WHO ist der Begriff Wohlbefinden. Damit wird dem Begriff Gesundheit eine Subjektivität bzw. subjektives Befinden zu Grunde gelegt. In der WHO Definition von 1986 steht nicht mehr das absolute Wohlbefinden im Mittelpunkt, dennoch geht aus der Definition klar hervor, dass die Verantwortung für Gesundheit jeden Einzelnen betrifft. Gesundheit wird hier als ein integraler Bestandteil des Alltags mit den Tätigkeiten spielen lernen arbeiten und lieben beschrieben und den Menschen wird eine aktive Rolle zugeschrieben. Gleichzeitig bedarf es unterstützender Bedingungen von außen, dass die Gesundheit des Einzelnen ermöglicht wird. Die perfekte Utopie ist entschärft, Menschen können auch gesund sein ohne sich vollständig wohl zu fühlen. Der Blickwinkel erweitert sich vom Individuum auf die Gesellschaft, indem eingefordert wird, dass die Gesellschaft gesundheitsfördernde Bedingungen herzustellen hat. Gesundheit wird nicht als Ziel betrachtet, sondern als Mittel, um Menschen zu befähigen, individuelles und gesellschaftliches Leben positiv zu gestalten. Die aktive und selbstverantwortliche Beteiligung gesundheitsfördernde Bedingungen Professionellen Laien und zu des Einzelnen herzustellen ermöglichen. 16 ist und einen Ziel ist die notwendig, Dialog um zwischen Stärkung von

17 Eigenverantwortung und Selbsthilfefähigkeit sowie der sozialen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen. Am Übergang zum 21. Jahrhundert hat die Weltgesundheitsorganisation in die Gesundheitsdiskussion auch die spirituelle Dimension eingebracht. Spirituality belongs to a differing school of thought with entirely different assumptions: it is an emergent property of a complex living system and exists only when such a system is examined in a holistic manner. (WHO 2003) Diese Erweiterung kann als eine Bereicherung der Gesundheitsdiskussion gesehen werden und darf auf Grund des gegenwärtigen Wissensstandes nicht außer Acht gelassen werden. 2.3 Gesellschaftlich geformte Gesundheitsdefinitionen Wer bestimmt, wann jemand gesund oder krank ist? Wer legt Normen und Werte fest, welche zum Vergleich herangezogen werden? Wer bestimmt den Begriff Gesundheit und legt die Definition fest? Es gibt keine allgemein gültige, anerkannte, wissenschaftliche Definition, lediglich Definitionsversuche. Gesundheit ist so multidimensional, dass dieser Begriff in verschiedenen Kulturen und Gesellschaften unterschiedlich beschrieben wird. Somit können Gesundheit und Krankheit als soziokulturelle Konstrukte gesehen werden, die sich in einem ständigen Wandel befinden. Zwei interessante Beispiele sollen hier angeführt werden, um die soziokulturelle Dimension der Begriffsbestimmung zu belegen. Gesundheit ist überhaupt nicht nur ein medizinischer, sondern überwiegend ein gesellschaftlicher Begriff. Gesundheit wieder herzustellen heißt in Wahrheit: Den Kranken zu jener Art von Gesundheit zu bringen, die in der jeweiligen Gesellschaft die jeweils anerkannte ist, ja in der Gesellschaft selbst erst gebildet wird. (BLOCH 1959, S.539) 17

18 Gesundheit ist ein gesamtgesellschaftlicher Sachverhalt. Zwar wird er am Einzelnen sichtbar, aber er ist an diesem sozialen Ort allein oder auch nur vorwiegend dort nicht herstellbar. (HORN 1998, S.157) Der Einzelne kann sich als Individuum noch so bemühen, seine Gesundheit zu erhalten. Wenn gesellschaftlich gesehen die Gegebenheiten nicht stimmen, wird es für ihn äußerst schwierig, sich gesunde Bedingungen zu schaffen. Eine gesunde Gesellschaft steht in gegenseitiger Abhängigkeit zu einem gesunden Individuum. Nach BLOCH und HORN ist Gesundheit nicht individuell machbar. Wir brauchen auch eine gesunde Mitwelt und Umwelt. Die Gesundheit des Einzelnen spiegelt die Situation der jeweiligen Gesellschaft wider. Den Blick für gesellschaftlich bedingte Krankheitserscheinungen zeigt Susan SONTAG (1980) in ihrem Buch Krankheit als Metapher. An den Beispielen der Tuberkulose und Krebs beschreibt sie die gesellschaftlichen Zugänge und Verhaltensweisen gegenüber todbringenden Krankheiten. Sie erklärt auch den Grund, warum diese Krankheiten für die verschiedensten Bilder zum Beispiel in der Politik verwendet werden....besteht doch das Interesse an der Metapher eben darin, dass sie sich auf eine Krankheit bezieht, die von Mystifikation so überlagert und von der Phantasie des unentrinnbaren Verhängnisses so belastet ist. (SONTAG 1980, S.93) Um beim Beispiel Krebs zu bleiben, nennt SONTAG (1980, S.7) eine Vielzahl von Spekulationen über diese Krankheit, die der Medizin immer wieder Rätsel aufgeben. Eine Krankheit, die unverstanden ist, wenn der Grundtenor der Medizin heißt, alle Krankheiten sind heilbar, wird als mysteriös gesehen. In der Rhetorik eignet sich das Mysterium einer solchen Krankheit ganz besonders und wird auch häufig zu den unterschiedlichsten Zwecken verwendet. Die Beschreibung eines Phänomens als Krebs ist eine Anstiftung zur Gewalt. Die Verwendung des Krebs innerhalb des politischen Diskurses befördert den Fatalismus und rechtfertigt strenge Maßnahmen wie sie zugleich die weitverbreitete Ansicht bestätigt, dass die Krankheit tödlich ausgeht. (SONTAG 1980, S.89) 18

19 In der Lebenswelt gibt es klare Rollen und Aufgaben, die zu erfüllen sind. Entspricht jemand seiner Rolle in seinem jeweiligen sozialen Umfeld, wird er als gesund bezeichnet. Ist er unfähig zur Aufgaben- und Rollenerfüllung, gilt er als krank. Gesundheit setzt demnach Konformität und Rollenerfüllung voraus. Die Rollen werden in der jeweiligen Gesellschaft und im sozialen Umfeld festgelegt. So ist Gesundheit an gesellschaftliche Vorgaben und spezielle Erwartungen gebunden. Diese Erwartungen sind oft mit dem Leistungsbegriff gekoppelt. Leistungsfähigkeit wird als ein bevorzugter Ausdruck für Gesundheit verwendet, vor allem von denen, die in der Gesellschaft Definitionsmacht besitzen. (vgl. JACOBS 2000, S.45ff) 2.4 Gesundheitsdefinitionen nach HURRELMANN Der Gesundheitssoziologe HURRELMANN gibt mit seinen Definitionen eine umfassende Erklärung zum Thema Gesundheit. Anhand der folgenden Zitate wird deutlich, dass der Gesundheitsbegriff einer ständigen Wandlung unterworfen ist. Im Jahre 1990 beschreibt HURRELMANN Gesundheit folgendermaßen: Gesundheit als Zustand des objektiven und subjektiven Befindens einer Person, der gegeben ist, wenn diese Person sich in den physischen, psychischen und sozialen Bereichen ihrer Entwicklung im Einklang mit den eigenen Möglichkeiten und Zielvorstellungen und den jeweils gegebenen äußeren Lebensumständen befindet. (HURRELMANN, 1990, S.62) Fünfzehn Jahre später präsentiert HURRELMANN seine Gesundheitsdefinition etwas anders. Gesundheit ist das Stadium des Gleichgewichtes von Risikofaktoren und Schutzfaktoren, das eintritt, wenn einem Menschen eine Bewältigung sowohl der inneren (körperlichen und psychischen) als auch äußeren (sozialen und materiellen) Anforderungen gelingt. Gesundheit ist ein Stadium, das einem Menschen Wohlbefinden und Lebensfreude vermittelt. (HURRELMANN, 2006, S.146) Im ersten Zitat lenkt HURRELMANN seinen Blick sowohl auf objektives wie subjektives Befinden einer Person, die ihre individuellen Möglichkeiten mit den äußeren Lebensumständen in Einklang zu bringen hat. Das Individuum muss in seiner Umwelt 19

20 und Mitwelt bestehen, schafft es dies nicht, kommt es zu Krankheit. Problematische äußere Umstände und Umweltfaktoren müssen als individuelle Herausforderungen bewältigt werden. Risikofaktoren und In diesem Bewältigungsprozess Schutzfaktoren. Sind diese im gibt es unterschiedliche Gleichgewicht, ist nach HURRELMANN Gesundheit gegeben. Mit der Lebensfreude führt HURRELMANN einen neuen Aspekt in die Gesundheitsdiskussion ein. Die Weiterentwicklung seiner Definition zeigt sich an den Begriffen Zustand und Stadium. Er geht von einer statischen zu einer dynamischen Sichtweise über. HURRELMANN sieht Gesundheit und Krankheit nicht mehr als Gegenpole, sondern als ein Kontinuum, indem sich der Mensch einmal mehr zur Gesundheit und einmal mehr zur Krankheit hin bewegt. 2.5 Gesundheit in der Krankheit Den Begriff Gesundheit als Kontinuum greift ZURHORST (2008) auf. Er sieht Gesundheit als einen Prozess. Sein Beitrag zur Diskussion ist, dass es auch Gesundheit mitten in der Krankheit geben kann. Das kann auch bedeuten, dass die Krankheit selbst einen gesunden Schutz gegen widrige Lebensumstände darstellt. Er plädiert für:..ein Verständnis der Gesundheit in der Krankheit und Krankheit in der Gesundheit (ZURHORST 2008, S. 12) In manchen Situationen kann eine Krankheit eine weitere noch größere Schwierigkeit verhindern oder überdecken. ZURHORST bringt dazu das Beispiel der Depression. Diese Krankheit ist nicht einfach ein Leid das abgrenzbar ist. Depression kann möglicherweise ein nicht aushaltbares Befinden abwenden oder zumindest verzögern. Wird diese Krankheit rein nach medizinisch-therapeutischen Methoden behandelt, indem man versucht, sie wegzunehmen oder wegzumachen, kann das unangenehme Folgen für den Patienten haben. Hier könnte die Akzeptanz der Gesundheit in der Krankheit und umgekehrt einiges Leid verhindern. (vgl. ZURHORST 2008, S.12ff) 20

21 2.6 Gesundheit und Gesundsein ist Gesundheit machbar? Der Sozialmediziner und Public Health Experte NOACK (1999) definiert Gesundheit als gesamtgesellschaftliches Ereignis. Er unterscheidet zwischen Gesundheit und Gesundsein. Gesundheit lässt sich nicht auf das technisch Herstellbare reduzieren. Gesundsein bezieht sich auf den Prozess und Gesundheit auf das Ergebnis produktiver gesellschaftlicher Verhältnisse und gelungenen menschlichen Zusammenlebens. Gesundsein und Gesundheit können ermöglicht, aber nicht produziert werden. (NOACK 1999, S.19f) Gesundheit ist kein Produkt, das technisch hergestellt und allein an objektiven Kriterien gemessen werden kann. Der kranke Körper kann nicht als Maschine betrachtet werden, der in die Reparatur gebracht, und als gesund wieder abgeholt wird. Dieses mechanische Weltbild ist längst überholt, aber doch stellt es oft eine bequeme Variante dar, den kranken Körper von Experten richten zu lassen, möglichst rasch, um dann wieder zur Tagesordnung zurückkehren zu können. (vgl. ZIMMERLI 1997, S.10) Gesundheit wird von NOACK auch als ein von gesellschaftlichen Verhältnissen bestimmtes Ereignis gesehen. Gesundheit entsteht im Zusammenleben, wir müssen kommunizieren, um uns in unserer Welt zurecht zu finden. 2.7 Gesundheit als kybernetischer Regelkreis In der Definition von VOIGT sind die bis jetzt erwähnten Bereiche Subjektivität, kulturell-gesellschaftliche Dimension und Gleichgewicht mit inbegriffen. Neu beschreibt er Gesundheit als kybernetischen Regelkreis. Gesundheit ist ein Gleichgewichtszustand, der auch verstanden werden kann als kybernetischer Regelkreis auf ganz verschiedenen Ebenen innerhalb und zwischen Körper und Psyche, Individuum und Gesellschaft. (VOIGT 1978, S.17) Gesundheit wird als Gleichgewicht gesehen, aber im Bezug auf den kybernetischen Regelkreis. Das heißt, das Gleichgewicht ist nicht statisch, sondern einem dynamischen Prozess Gleichgewichtszustand unterworfen. zu kommen Der Mensch und 21 hat ist bestrebt, dazu in einen unterschiedliche

22 Steuerungsmechanismen, welche nach dem Prinzip des kybernetischen Regelkreises funktionieren. Treten Veränderungen ein, werden diese vom System wahrgenommen, die Informationen weitergegeben und das System versucht sich anzupassen und Regelmechanismen in Gang zu setzen. Diese Prozesse spielen sich auf den unterschiedlichsten Ebenen ab und stehen in gegenseitiger Wechselwirkung zueinander. 2.8 Die Gesundheit im Verborgenen Wenn Gesundheit nicht messbar ist, sondern in der Übereinstimmung mit sich selbst besteht, liegt Gesundheit im Verborgenen. Wenn man Gesundheit in Wahrheit nicht messen kann, so eben deswegen, weil sie ein Zustand der inneren Angemessenheit und der Übereinstimmung mit sich selbst ist, die man nicht durch andere Kontrolle überbieten kann. [...] Es liegt ganz unzweifelhaft in der Lebendigkeit unserer Natur, dass die Bewusstheit sich von sich selbst zurückhält, so dass Gesundheit sich verbirgt. Trotz aller Verborgenheit kommt sie aber in einer Art Wohlgefühl zutage, und mehr noch darin, dass wir vor lauter Wohlgefühl unternehmensfreudig, erkenntnisoffen und selbstvergessen sind und selbst Strapazen und Anstrengungen kaum spüren das ist Gesundheit. (GADAMER 1994, S.138f u. S.143f ) Wie soll eine Definition möglich sein, wenn Gesundheit im Verborgenen liegt und es sich um einen dynamischen Prozess handelt, der ein Leben lang dauert? Dies zeigt die Schwierigkeit der Begriffsbestimmung deutlich. Es ist fast unmöglich eine Gesundheitsdefinition zu formulieren und dabei außer acht zu lassen, dass Gesundheit nicht fassbar und messbar ist. Und doch wird immer wieder versucht Gesundheit zu erfassen. Dies zeigt sich am Beispiel der Gesundenuntersuchungen. Hier wird nach dem Ausscheidungsprinzip gearbeitet, sind alle möglichen Krankheiten ausgeschlossen, sprechen wir von gesund. So gibt es eine Möglichkeit der Quantifizierung und Erfassung von Gesundheit, aber in Wahrheit erfolgt dies über die Krankheiten und die Gesundheit bleibt im Verborgenen. 2.9 Homöostase versus Heterostase Homöostase steht für Gleichgewicht, Stabilität und Harmonie. Das Bestreben ist, diese 22

23 Homöostase im Körper und auch in der Umwelt herzustellen, um gesund zu sein. Gemeint ist dabei ein bereits vorhandenes Gleichgewicht, von dem durch Veränderungen abgewichen wird, um es dann durch Regulationsmechanismen so gut wie möglich wieder zu erlangen. Demgegenüber steht die Heterostase. Damit sind Ungleichgewicht und Flexibilität gemeint. Es handelt sich um eine ständige Anpassung an Veränderungen, damit einher geht eine gleichzeitige Weiterentwicklung. Heterostase beinhaltet, flexibel auf Störungen zu reagieren, diese innerhalb des Systems Mensch zu korrigieren und sich weiter zu entwickeln. Die Gesundheit als Homöostase wird nach BECKER folgendermaßen definiert. Der Mehrzahl der Menschen scheint es unter den Lebensbedingungen in heutigen Industriegesellschaften im allgemeinen gut zu gelingen, in einem Gleichgewicht nicht nur mit sich selbst, sondern auch mit der Umwelt zu leben. (BECKER 1998, S.19) Im Gegensatz dazu betrachtet ANTONOVSKY Heterostase als existentiellen Bestandteil auf dem Weg zu Gesundheit und definiert:...dass Heterostase, Ungleichgewicht und Leid inhärente Bestandteile menschlicher Existenz sind, ebenso wie der Tod. (ANTONOVSKY 1997, S.6) In diesen Texten sind zwei Themen wichtig. Erstens müssen Leid und Schmerz Platz in der Gesundheitsdiskussion bekommen. Keine Gesundheit ohne Krankheit und umgekehrt. Die klassischen Beseitigungsversuche von Leid, Misserfolg und Schmerz sind unbefriedigend und führen in die Irre. Eine Einsicht dazu kann durch die dialektische Einheit von Gesundheit und Krankheit ermöglicht werden. Nur in der Akzeptanz der Gleichwertigkeit dieser beiden Gegenpole liegt das Verständnis für einen ganzheitlichen Gesundheitsbegriff. (vgl. ZURHORST 2008, S.11f) Abgrenzung und Ausgrenzung sind ein Spezialgebiet unserer heutigen Zeit. Vielleicht auch immer noch ein Rest des dualistischen Denkens im Kartesianismus. So wie in diesem Denken Leib und Seele getrennt gesehen werden, wird Teil für Teil abgespaltet und alles bis in die kleinste Einheit zerlegt. Dabei soll bedacht werden, dass jede 23

24 kleinste Einheit ein Teil eines großen, ganzen Gefüges ist. Das zweite hier wichtige Thema ist die Unbeweglichkeit und das Eingefahrensein in alte Gewohnheiten. Über Krankheiten können alte Muster aufgebrochen werden und der Körper kann lernen, sich wieder an eine neue Situation anzupassen. Die WeiterEntwicklung in Richtung neuer Zustände ist gesund, die Rück-Entwicklung zu alten Zuständen macht krank. Ein gesunder Organismus strebt weniger danach, im aktuellen Zustand und der gegebenen Umwelt sich zu erhalten, sondern er strebt nach Verwirklichung seines Wesens. (vgl. CANGUILHEM 1975) Flexibilität und Weiterentwicklung sind erstrebenswert und wichtige Punkte für eine gesunde Gesellschaft. Aber auch hier sind Grenzen und Überforderungen zu berücksichtigen. Wird eine Gesellschaft, die sich immer schneller wandelt nicht die Flexibilität (und damit die Gesundheit) des Menschen überfordern? (JACOBS 2000, S.48) Heterostase ist ein Kernthema in der Salutogenese-Diskussion und in der MH Kinaesthetics. Menschen passen sich ihrer Umgebung an oder die Umgebung passt sich ihnen an und sie lernen über und durch Veränderung. Jede Bewegung ist individuell und jedes Mal anders ausgeführt. Die zahlreichen Variationen werden oft nicht bewusst wahrgenommen. Das Körpersystem nimmt die Unterschiede auf und arbeitet damit, wie in dem oben beschriebenen kybernetischen Regelkreis. Der Mensch vergleicht die verschiedenen Varianten und lernt aus dem Unterschied. Dies gilt nicht nur auf individueller Ebene, sondern kann auch im gesellschaftlichen Kontext gesehen werden. Die genaueren Zusammenhänge werden in Kapitel 5 der vorliegenden Arbeit dargestellt, der Bezug zur Salutogenese wird in Kapitel 6 hergestellt Gesundheit als Merkmal lebender Organismen Wird der Mensch als Einheit und lebendes System betrachtet, kommt es zu einer sehr umfassenden Gesundheitsdefinition. Die Zusammenhänge und Wechselwirkungen in einem lebenden System zu erfassen, erscheint schwierig bis unmöglich. Umwelt und Natur stellen einen dynamischen Prozess dar. Der Mensch ist abhängig von der 24

25 Umwelt und seine Gesundheit ist in diesem dynamischen Prozess gefordert. Gesundheit kann als multidimensionales Phänomen gesehen werden, wobei die verschiedenen Aspekte und Ebenen in Wechselwirkung zueinander stehen. Die Systemlehre betrachtet Gesundheit als ein fortlaufendes Geschehen und beinhaltet damit die Aussage, dass Gesundheit ständige Aktivität und Wandel ist. Dies kann auch als schöpferische Antwort des Organismus auf Umweltherausforderungen bezeichnet werden. (vgl. CAPRA 1983, S.354ff) Umweltanforderungen benötigen Flexibilität und Anpassungsvermögen, beides ist notwendig, damit der Mensch gesund bleibt. Gesundheit ist also ein Gefühl des Wohlbefindens als Ergebnis dynamischer Ausgeglichenheit der physischen und psychischen Aspekte des Organismus sowie seines Zusammenwirkens mit seiner natürlichen und gesellschaftlichen Umwelt. (CAPRA 1983, S.361) Um gesund zu sein braucht ein lebendes System Flexibilität, eine große Zahl von Optionen für das Zusammenwirken mit seiner Umwelt. Die Flexibilität eines Systems hängt davon ab, wie viele seiner Variablen innerhalb ihrer Toleranzgrenzen in Fluss gehalten werden: Je dynamischer der Zustand des Organismus, desto größer die Flexibilität. (CAPRA, 1983 S.361) In diesen Definitionen und den Gedankengängen zu einem lebenden System sind alle oben schon beschriebenen Dimensionen enthalten. Durch das Wort Wohlbefinden kann von einer Subjektivität gesprochen werden, in der eine Person aufgrund ihrer Erfahrungen selbst entscheidet, ob sie sich als gesund bezeichnet. Die Qualität dieser Erfahrung steht intuitiv fest, aber es ist schwierig sie zu beschreiben oder zu quantifizieren. Flexibilität, Dynamik, aber auch Gleichgewicht werden in einem Atemzug genannt. Lebende Systeme haben die Tendenz, sich immer wieder innerhalb des Organismus in einen Gleichgewichtszustand zu bringen. Dieser Zustand kann durch Anpassung an Muster und vorhandene Systeme erfolgen oder auch durch Wandlung und Veränderung einen dynamischen Prozess auslösen. Ich sehe beide Möglichkeiten als eine Variante, um in einen Gleichklang zu kommen. Die Art der Flexibilität ist nicht ausschlaggebend, wichtig ist zu lernen, sich an Umweltveränderungen anzupassen. 25

26 Hier ist ein Zusammenhang zur MH Kinaesthetics zu erkennen. Verschiedene Möglichkeiten stehen zur Verfügung, diese auszuprobieren und sich für eine zu entscheiden, ist der Lernprozess innerhalb eines Lernzyklusses. Die unterschiedlichen Varianten sind immer abhängig von den Gegebenheiten innerhalb des Systems aber auch außerhalb. MH Kinaesthetics geht davon aus: Der Mensch ist ein geschlossenes System. (vgl. MATURANA 1987) Eine Person versucht immer einen Ausgleich im System Körper zu schaffen. Dieser Ausgleich erfolgt durch Bewegung unter Berücksichtigung der Schwerkraft. Ist zum Beispiel ein Bein kürzer als das andere, wird die Hüfte und der Schultergürtel angepasst. Der Kopf wird etwas schief gehalten, damit die Person wieder geradeaus schauen kann und vor allem das Gleichgewichtsorgan im Ohr in optimaler Position ist. Alle Teile spielen zusammen und versuchen die bestmögliche Variante zu finden, um den Alltag zu bewältigen Gesundheitsdimensionen nach JACOBS (2000) Der Pastoralpsychologe Christoph Jakobs bezieht sich in seinem Standardwerk Salutogenese auf alle bereits genannten Aspekte der Gesundheit. In den folgenden Unterpunkten werden Dimensionen genannt, die zur weiteren Ergänzung der Gesundheitsdebatte beitragen. Gesundheit als Weisheit des Volkes Gesundheit liegt im Verborgenen und wird in unserem alltäglichen Umfeld geschaffen, dort wo wir leben, arbeiten, spielen und lieben. Gesundheit ist eine Gesamtweisheit die von einem ganzen Volk, einer Gemeinde, einem Staat mitgetragen wird. Zur Lebendigkeit dieser Weisheit können Verordnungen und Regelungen nur einen kleinen Beitrag leisten. Durch Werte wie zum Beispiel Respekt und Anerkennung für jedes Individuum, kann diese Weisheit gelehrt und von jedem Einzelnen gelebt und daduch gelehrt werden. Gesundheit als dynamischer Prozess Gesundheit ist kein statischer Zustand, sondern fortlaufend in Bewegung. Wollen wir Gesundheit definieren halten wir sie fest. Es gibt keinen Stillstand. Gesundheit bewegt 26

27 und entwickelt sich immer weiter, so auch in Richtung Krankheit. Sie ist der fortlaufende Versuch ein dynamisches Gleichgewicht herzustellen. Gesundheit als Leib-Seele-Einheit Der Mensch als Teil einer großen Einheit gesehen eröffnet einen breiteren Blickwinkel. Das Individuum wird als Einheit von Körper und Geist betrachtet und als solches wahrgenommen. Die Seele als Symbolbild der Zustände in der Systemeinheit Mensch und der Körper als physische Ausdrucksform spiegeln diese Leib-Seele-Einheit wider. Gesundheit als Begriff in vielen Spannungsfeldern Die extremsten Pole dieser Spannungsfelder stellen sicherlich die Definitionen der Abwesenheit von Krankheit als Definitionsversuch von Gesundheit und der als Utopie bezeichnete Zustand des völligen Wohlbefindens dar. Der eindimensionalen Sichtweise der Störungsfreiheit steht die Ansicht Schmerz und Leid in den Gesundheitsbegriff einzubeziehen gegenüber. Gesundheit als Interaktion Gesundheit wird als eine Wechselbeziehung zwischen Person und Umwelt beschrieben. Der Mensch steht immer im Austausch mit seiner Umwelt und die Umwelt mit dem Menschen. (vgl. Jacobs 2000, S.42ff) MH Kinaesthetics beschreibt Lernen durch das Führen und Folgen anderer Menschen, also als Interaktion zwischen Personen und deren personaler Umwelt. Auch innerhalb des eigenen Körpers erlernen wir durch das Folgen die Wahrnehmung der einzelnen Körperteile und deren Verhältnis zueinander. Mit diesem breiten Feld an Begriffen und Dimensionen wird klar, dass Gesundheit interdisziplinär und betrachterabhängig ist. JACOBS zeigt in seinen Punkten das Spannungsfeld auf und möchte auch der Spiritualität ihre Bedeutung geben. Gesundheit liegt im Verborgenen und in der Übereinstimmung mit sich selbst. Diese Übereinstimmung des Einzelnen wird auch in der Gemeinschaft deutlich. Gesundheit ist Teil der Identität einer Person. Sie ist das Potential und die Voraussetzung für Handlungsfähigkeit als Einzelperson und auch im gesellschaftlichen Kontext. Gesundheit als Entwicklungsdimension impliziert Entwicklungsprozesse durch die 27

28 Auseinandersetzung mit sich selbst und seiner Umwelt. JACOBS sieht den Einzelnen in seiner Umwelt als den Träger der Gesundheit und das Ebenbild das sich daraus ergibt. Wichtig ist ihm auch der spirituelle Aspekt. Dies zeigt sich, indem der Mensch sich als Teil eines großen Ganzen versteht und der Glaube und das Vertrauen in das Leben. (vgl. JACOBS 2000, S.41f) 2.12 Gesundheitsdefinition nach OSTERMANN (eigene Definition der Verfasserin) In der Auseinandersetzung mit dem Gesundheitsbegriff sind viele Dimensionen und Faktoren zur Sprache gekommen. Eine Dimension die wenig bis gar nicht angesprochen wurde, der aber meiner Meinung nach ein wichtiger Stellenwert zukommt, ist die Zeit. Demzufolge möchte ich folgende ergänzende Definition von Gesundheit liefern: Gesundheit definiert im Bezug auf eine maßvolle Einheit von Zeit und Achtsamkeit gibt dem Menschen die Möglichkeit in seiner gesamten Lebenszeit das dynamische Gleichgewicht zu beobachten, auszugleichen und wiederherzustellen. Wie viel Zeit steht zur Verfügung und wie viel Zeit wird verwendet? Jeder hat seine Lebenszeit zur Verfügung, wobei der Einzelne nur die Qualität bestimmen kann, die Quantität liegt verborgen in einem größeren Zusammenhang. Die Lebenszeit aktiv zu nutzen und im Hier und Jetzt zu leben ist eine große Herausforderung. Zeit und Konzentration sind Schlüsselworte für den modernen Menschen Zusammenfassung Für eine bessere Übersichtlichkeit sind die einzelnen Definitionen mit den wichtigsten Faktoren der Gesundheit zusammengefasst und hier in zwei getrennten Tabellen dargestellt. In Tabelle 1 sind die Definitionen personenbezogen und stellen die individuellen Faktoren in den Vordergrund. In Tabelle 2 werden die Definitionen mit gesellschaftlichem Bezug zusammengefasst. 28

29 Tabelle 1: Zusammenfassung individueller Gesundheitsdefinitionen Quelle: eigene Darstellung Definition Abwesenheit Gesundheit als Gesundheit in Verborgenheit von von Krankheit Zustand und als der Krankheit Gesundheit Stadium Zeitdimension Schlagwörter Krankheit als Gesundheit Schutzliegt im mechanismus Verborgenen Zeit und Lebenszeit Gesundheit Nichtals Kontinuum Krankheit im Hier und Jetzt leben Störungsfreiheit Entwicklung im Einklang mit den eigenen Möglichkeiten Bekämpfung Gesundheit als der Krankheit Zustand perfekter Risiko- und Zustand Schutzfaktoren menschlicher Existenz Achtsamkeit Gesundheit als Stadium Lebensfreude verwendete traditionelles Quellen Verständnis HURRELMANN ZURHORST GADAMER OSTERMANN Tabelle 2a: Zusammenfassung gesellschaftlicher Gesundheitsdefinitionen (Teil 1) Quelle: eigene Darstellung Art der Definition Institutionell definiert Gesellschaftlich definiert Kybernetischer Regelkreis Schlagwörter Wohlbefinden, Subjektivität GesamtGleichgewicht als gesellschaftlicher dynamischer Sachverhalt Prozess Grundrecht des Menschen gesunde Mitwelt und Umwelt Anpassung des Flexibilität und Systems durch Weiterentwicklung Regelmechanismen gesellschaftliche Bedingungen Rollenerwartung Gesundheit innerhalb des Körpers und innerhalb der Gesellschaft Leistungsfähigkeit Homöostase versus Heterostase Gleichgewicht und Ungleichgewicht streben nach Verwirklichung Leid und Schmerz als Teil der Gesundheit es gibt keine Gesundheit ohne Krankheit Teil eines großen Ganzen Verwendete Weltgesundheits- BLOCH, HORN, Quellen organisation SONTAG (WHO) VOIGT 29 BECKER ANTONOVSKY CANGUILHEM

30 Tabelle 2b: Zusammenfassung gesellschaftlicher Gesundheitsdefinitionen (Teil2) Quelle: eigene Darstellung Definition von Gesundheit Machbarkeit Schlagwörter Gesundheit und Gesund sein verwendete Quellen Lebendes System Pastoraltheologie ständige Aktivität und Wandel Gesundheit als Weisheit des Volkes entsteht im Gesundheit als Zusammenleben dynamischer Prozess Gesundheit als dynamischer Prozess Kommunikation als soziale Komponente Flexibilität Leib-Seele-Einheit multidimensionales Phänomen Gesundheit in vielen Spannungsfeldern Wandlung und Veränderung Gesundheit als Interaktion CAPRA JACOBS NOACK Der Gesundheitsbegriff ist multidimensional und transdisziplinär und kann schwer in einer Definition erfasst werden. Aus den beschriebenen Definitionen geht klar hervor, dass neben den individuellen Faktoren auch die gesellschaftlichen Umstände eine wichtige Rolle spielen. Die wissenschaftliche Disziplin Public Health operiert daher mit einer umfassenden Gesundheitsdefinition die gesellschaftliche und personale Faktoren in Zusammenhang bringt: [Health] is the extent to which an individual or group is able, on the one hand, to realise aspirations and satisfy needs; and, on the other hand, to change or cope with the environment. Health is, therfore, seen as a resource for everyday life, not an object of living; it is a positive concept emphasising social and personal resources, as well as physical capacities. (WHO 1984) Diese umfassende Beschreibung des Gesundheitsbegriffes fasst alle bis jetzt beschriebenen Definitionen zusammen und zeigt den Stellenwert von Gesundheit im täglichen Leben. Gesundheit ist weder eine Ware, die vermarktet werden muss, noch 30

31 ein Privileg von Einzelnen. Dies soll auch in der Forderung der WHO (1998) Gesundheit für alle im 21. Jahrhundert zum Ausdruck kommen. Der Blickwinkel in der vorliegenden Arbeit ist nach wie vor aus der Sicht des gesunden Menschen und wie dieser seine Gesundheit erhalten kann. Neben diesem Blickpunkt ist natürlich der globale Zusammenhang nicht ausgeblendet. Strategien zur Gesundheitsförderung können von zwei unterschiedlichen Ansatzpunkten ausgehen. Einerseits Top down von oben bestimmt, zum Beispiel durch Verordnungen und Gesetze, was zu tun ist und andererseits Bottom up durch Information und Überzeugung des Einzelnen. Die Stärkung der Ressourcen des Einzelnen, das sogenannte Empowerment, wird in dieser Arbeit als einer der wichtigsten Ansatzpunkte in der Gesundheitsdiskussion gesehen. Daher wird dem Blick auf das einzelne Individuum das Hauptgewicht eingeräumt. Der Zugang ist hier Bottom up, denn wird der Einzelne gestärkt, kann etwas Nachhaltiges wachsen. Gleichzeitig wird in dieser Arbeit die Perspektive der Salutogenese eingenommen. Diese Perspektive geht von der Erhaltung des gesunden Individuums und der gesunden Bevölkerung aus. Vorhandene Ressourcen zu stärken und die individuellen Fähigkeiten zu verbessern, sowie in einem Expertensystem den Laien zum Experten für sich selbst zu machen, sind hier wesentliche Anliegen. Das Bildungssystem von MH Kinaesthetics kann dazu seinen Beitrag leisten. Diese Arbeit soll aufzeigen wie ein Empowerment des Individuums und der Bevölkerung möglich ist. Sich selbst besser zu spüren und die gesunden Entscheidungen zu treffen sind wichtige Voraussetzungen für ein gesundes Leben. 31

32 3 Salutogenese Nachdem das zweite Kapitel sich wandelnden Gesundheitsdefinitionen gewidmet war, geht das dritte Kapitel der Frage nach der Umsetzung von Gesundheit nach: Wie kann Gesundheit im Sinn der beschriebenen Definitionen gelebt werden? Während zum Thema Gesundheit eine Fülle von Literatur vorhanden ist, gestaltet sich die Suche nach Theorien zur Umsetzung schwieriger. Erst in der jüngeren Vergangenheit, ab den 1970er Jahren, beschäftigen sich Forscher und Forscherinnen verschiedener Disziplinen mit der Entwicklung von Gesundheitsmodellen. FRANKE (2006, S.157ff) bezeichnet diese Modelle als salutogenetische Modelle. Die vorliegende Arbeit beleuchtet im Folgenden das Modell der Salutogenese von ANTONOVSKY. Es ist ein Modell, das sicher einer umfassenden Gesundheitstheorie am ehesten entspricht und unter empirischen Gesichtspunkten das am weitesten entwickelte Konzept darstellt. 3.1 Salutogenese-Modell nach ANTONOVSKY Begriffsbestimmung und Geschichte Der Begriff Salutogenese wird als Gesundheitsentwicklung übersetzt und ist abgeleitet vom lateinischen Wort salus für Gesundheit, Wohlsein, Heil, Glück, Unverletztheit, Gedeihen und dem griechischen Wort genese, was Geburt, Ursprung, Entstehung und Entwicklung bedeutet. (vgl. WIKIPEDIA. Salutogenese) Der israelisch-amerikanische Medizinsoziologe Aron ANTONOVSKY ( ) prägte den Ausdruck Salutogenese und stellte ihn komplementär zum Begriff Pathogenese. Salutogenese soll Pathogenese nicht ersetzen, aber gleichwertig werden und so innerhalb der Medizin die gleiche Gewichtung bekommen. Das Wort Salutogenese ist mittlerweile in den allgemeinen Sprachgebrauch übergegangen und auch im Duden zu finden mit der Definition: Gesamtheit gesundheitsfördernder und gesundheitserhaltender Faktoren (DUDEN 2005, S.928) Die Salutogenese versteht sich als ein ganzheitliches Modell der Gesundheitsförderung. Das Salutogenese-Modell beschäftigt sich mit der Entstehung und Erhaltung von Gesundheit. Es hat einen hohen Integrationswert und ist in sich 32

33 konsistent und gut durchdacht. (vgl. JACOBS 2000, S.78) Grundannahmen Das Salutogenese-Modell beinhaltet zwei Grundannahmen: Krankheiten sind normale Erscheinungen im menschlichen Leben Gesundheit und Krankheit stellen Pole eines gemeinsamen Kontinuums dar Krankheit als normale Erscheinung im Leben Die Krankheit als normale Erscheinung erklärt ANTONOVSKY mit dem Begriff Heterostase. Demzufolge sieht er Krankheit als eine der Kerncharakteristika lebender Organismen. Heterostase bedeutet, dass sich das Leben in einem ständigen Ungleichgewicht befindet und dass Leben für den Menschen immer wieder eine neue Herausforderung darstellt. Heterostase ist aber nicht als Kampf zu verstehen, sondern als die alltägliche Möglichkeit sich weiter zu entwickeln. Die weiteren Kerncharakteristika lebender Systeme sind nach ANTONOVSKY die fortschreitende Entropie und das Altern. Der Begriff Entropie kommt aus der Thermodynamik und versteht sich als die Unordnung eines Systems. Geordnete Zustände gehen leicht in Unordnung über. Um jedoch von der Unordnung zur Ordnung zu kommen, ist Energie notwendig. (vgl. ANTONOVSKY 1997, S.29f) Der menschliche Organismus wird als zur Unordnung strebendes System definiert. Um völlige Entropie zu vermeiden, ist es notwendig, ständig Energie zuzuführen und damit dem Chaos entgegen zu wirken. Der Mensch ist also nicht in einem Gleichgewicht, das durch Krankheit gestört wird, sondern es gibt ununterbrochen Störungen, die Anpassungsleistungen und aktive Bewältigung erfordern. Das Altern ist ein Entwicklungsprozess im Laufe der Lebensspanne Gesundheits-Krankheits-Kontinuum Gesundheit und Krankheit werden als die beiden Pole eines gemeinsamen Kontinuums beschrieben, in dem Gesundheit als Prozess gesehen werden kann. Gesundheit und Krankheit werden also nicht als Dichotomie, sondern als Kontinuum aufgefasst. Die beiden Endpunkte auf diesem Kontinuum werden als absolut gesund und absolut 33

34 krank definiert. Wir Menschen bewegen uns immer in eine Richtung der beiden Pole, je nach unseren Fähigkeiten und Möglichkeiten einmal mehr Richtung Krankheit und einmal mehr Richtung Gesundheit. Aber den absoluten Punkt erreichen wir nie, die letzte Möglichkeit ist der Tod. Dieser wird im Salutogenese-Modell als Teil des Lebens begriffen und bekommt mit der letzten Möglichkeit seinen Platz: Leben ist tödlich und heilsam zugleich (JACOBS 2000, S.94) Metapher des Flusses ANTONOVSKY beschreibt seine oben genannten Grundannahmen mit dem Bild eines Flusses, wobei wir uns einen sehr breiten, wilden Fluss vorstellen müssen. Dieser Fluss ist Sinnbild für den Fluss des Lebens. Der Blick ist flussabwärts gerichtet, bis zu einer Biegung mit einem Wasserfall, hinter der sich das Danach unserem Blick entzieht. Der Fluss ist voller Turbulenzen, es gibt Steine und Felsen, Strudel und viele weitere gefährlichen Stellen. Dort wo die Turbulenzen am größten sind, befinden sich Menschen im Wasser und versuchen verzweifelt, sich vor dem Untergehen zu bewahren, einige schaffen es aus eigener Kraft, andere rufen um Hilfe. Aus pathogenetischer Sicht würde man nun versuchen, diese Menschen aus dem Fluss zu ziehen und vor dem Ertrinken zu retten. Prävention verlangt die Blickrichtung zu ändern und flussaufwärts zu schauen, zu sehen, woher die Menschen kommen und warum sie an dieser Stelle nicht weiterkommen. Der Blick ist dabei aber noch immer auf das Pathogene gerichtet. Denn auch hier gibt es welche, die am Rand stehen und zuschauen, wie andere sich im Wasser abstrudeln. (vgl. JACOBS 2000, S.93f) Aus der Sicht der Salutogenese gibt es diese zwei Gruppen (Zuschauer und Abstrampler) nicht mehr. Niemand steht am sicheren Rand, alle sind im Fluss, können besser oder weniger gut schwimmen und meistern die Stromschnellen und Untiefen mehr oder weniger gut es ist ein Kontinuum und keine zweigeteilte Gesellschaft. In der Weiterentwicklung des Salutogenese-Modells kommentiert JACOBS die Metapher des Flusses folgendermaßen: Alle Menschen sind ihr ganzes Leben lang im Fluss. Vom Beginn der Empfängnis 34

35 an bis zu seinem Tod, wo er die Kante des Wasserfalls hinter der Biegung passiert, ist der Mensch der Bewegung, der Veränderung, der Dynamik und den Gefahren des Lebens unterworfen. Es gibt niemanden, der an einem wie auch immer gedachten sicheren Ufer des Lebens stehen könnte. (JACOBS 2000, S.94f) Die Gestalt des Flusses ist nach JACOBS immer unterschiedlich. Er fragt danach, wie es eigentlich kommt, dass die meisten Menschen so gut über die Runden kommen und das Ziel ihres Lebens erreichen. In einem weiteren Schritt gilt sein Augenmerk der Frage, wie man erreichen kann, dass die Menschen noch besser schwimmen lernen. (JACOBS 2000, S.94f) Stressoren Herausforderungen des Lebens Um in diesem Fluss des Lebens zu schwimmen, entwickelt das Individuum im Laufe seines Lebens Fähigkeiten und Strategien, die ihm helfen, das Leben zu bewältigen. ANTONOVSKY begann in Anlehnung an LAZARUS ein Stresskonzept zu vertreten, in dem Stressoren nicht mehr als grundsätzlich krankmachend gesehen werden, sondern als Stimuli, die eine Anspannung auslösen, ohne dass dies unbedingt zu Stress oder Krankheit führt. (vgl. ANTONOVSKY 1997, S.124ff) Damit rückte ANTONOVSKY von der Meinung ab, dass bestimmte Stressoren eine bestimmte Wirkung haben. Er postulierte, dass jeder Mensch individuell auf Stressoren reagiert. (vgl. BENGEL 2001, S.19) Wir sind immer und überall von Stressoren und Stimuli umgeben. Diese bewirken in erster Linie einen Spannungszustand. Die zentrale Aufgabe des Organismus ist es, den jeweiligen Spannungszustand zu bewältigen, sozusagen ein Spannungsmanagement. Gelingt die Bewältigung gut, haben demzufolge die Stressoren eine gesundheitserhaltende oder sogar gesundheitsfördernde Wirkung. Werden die Spannungszustände nicht gut bewältigt, entsteht Stress und kann sich negativ auf den Gesundheitszustand auswirken. In anderen Worten, Stressoren, die immer und überall gegenwärtig sind, müssen nicht unbedingt als schlecht, gesundheitsschädigend oder negativ gesehen werden. Stress kann durch Überforderung oder Unterforderung ausgelöst werden und bedingt eine Änderung der gegenwärtigen Situation. Der Stressor ist kein zu fürchtender, unglückseliger Zerstörer der Homöostase, sondern er trägt dazu bei, dass die 35

36 Stressreaktion einen funktionalen Charakter hat und den Körper und das Individuum mobilisiert. Um dem negativ besetzten Terminus von Stressor zu entkommen, hat JACOBS als Alternative das Wort Herausforderung gewählt. Damit kann die positive Seite in der Auseinandersetzung mit Stress und dessen Wirkung hervorgehoben werden. Der Mensch braucht eine Umgebung, die den Organismus vor Herausforderungen stellt. (vgl. JACOBS 2000, S.107) Die Herausforderungen fordern den Menschen und der Mensch fordert die Herausforderungen heraus. Sie sind also immer und überall gegenwärtig, und sie sind lebensnotwendig. Die wichtige Frage dabei ist: Wie gehen wir damit um und zu welchen Verhaltensänderungen regen sie uns an? Generalisierte Spannungs- und Widerstandsressourcen Wie jeder Einzelne mit Herausforderungen und Spannungen umgeht, ist individuell ganz verschieden. Das liegt an den Widerstandsressourcen, die das Individuum mobilisieren kann, um mit dem Ungleichgewicht oder Spannungszustand umzugehen. ANTONOVSKY bezeichnet das Potenzial des Widerstandes als generalisierte Widerstandsressourcen (GRR). (vgl. ANTONOVSKY 1997, S.43ff) Das Wort 'generalisiert' soll der Vielfalt der Stressoren und der Unterschiedlichkeit der Menschen Rechnung tragen. (vgl. JACOBS 2000, S.109) Im Gegensatz zu Stressoren, die den Zusammenhalt des Systems schwächen und der Auflösung zuführen, verleihen generalisierte Widerstandsressourcen dem System Ordnung und Sinn. (JACOBS 2000, S.111) Kohärenzgefühl Der Gesundheitszustand eines jeden Menschen ist hauptsächlich von einer allgemeinen Grundhaltung gegenüber der Welt und dem eigenen Leben abhängig. Natürlich können exogene Faktoren den Gesundheitszustand stark beeinflussen, wie zum Beispiel Krieg oder Not. Aber unter objektiv gleichen äußeren Bedingungen ist es möglich, dass es Unterschiede im Gesundheitszustand verschiedener Menschen gibt. 36

37 Das heißt, dass wir unterschiedliche Fähigkeiten besitzen, mit unseren gegebenen Bedingungen umzugehen. Bei der Vielzahl lebensfördernder Faktoren kommt ANTONOVSKY (1992) zu einer kognitiven, instrumentellen und motivationalen Perspektive der Ressourcen. Diese heilsamen Faktoren sind Eigenschaften der Person und Umwelt und stellen folgende Lebenserfahrung bereit: Das Leben ist sinnvoll, geordnet, strukturiert und vorhersehbar. Sie geben das Gefühl, die Welt zu verstehen. (Kognitive Perspektive) Es ist möglich, die Anforderungen des Lebens mit den vorhandenen Ressourcen zu meistern. Die Einsicht, dass das Leben es gut mit einem meint, wird gefördert. (Instrumentelle Perspektive) Der Wille, das Leben mit den zur Verfügung stehenden Kräften zu meistern, wird gestärkt. Es lohnt sich, Widerstandskräfte zu mobilisieren. (Motivationale Perspektive) (vgl. JACOBS 2000, S.115) Mit diesen drei Perspektiven lässt sich das Herzstück von ANTONOVSKYS Salutogenesekonstrukt näher beschreiben. Sein Herzstück ist das Kohärenzgefühl (sense of coherence SOC), welches auch verantwortlich ist für die Lokalisation und Bewegung einer Person auf dem Gesundheits-Krankheits-Kontinuum. ANTONOVSKY definiert das Kohärenzgefühl wie folgt: Das SOC ist eine globale Orientierung, die ausdrückt, in welchem Ausmaß man ein durchdringendes, andauerndes und dennoch dynamisches Gefühl des Vertrauens hat, dass die Stimuli, die sich im Verlauf des Lebens aus der inneren und äußeren Umgebung ergeben, strukturiert, vohersehbar und erklärbar sind, Ressourcen zur Verfügung stehen, um den Anforderungen, die diese Stimuli stellen, zu begegnen, diese Anforderungen Herausforderungen sind, die Anstrengung und Engagement lohnen. (ANTONOVSKY 1997, S.36) Das Kohärenzgefühl liefert eine Perspektive zur Wahrnehmung der Welt. Es ist eine Lebensperspektive, durch die das Individuum mit seiner persönlich gefärbten Brille für Interpretationen die Welt ansieht, oder wie KICKBUSCH es treffend formuliert: das 37

38 Gefühl des Verankertsein (KICKBUSCH 1992, S.31) im Leben und in der Welt. Die drei Komponenten des Kohärenzgefühls sind die Verstehbarkeit, Handhabbarkeit und Bedeutsamkeit. Die Verstehbarkeit - sense of comprehensibility Die Verstehbarkeit ist die Fähigkeit, externe und interne Stimuli verstehen und einordnen zu können. Es bedeutet die Stressoren, mit denen das Individuum ständig konfrontiert ist, als sinnhaft wahrzunehmen, sie als klare, geordnete und strukturierte Informationen zu erkennen. Hier kann der Bezug zur oben genannten kognitiven Perspektive hergestellt werden. Die Handhabbarkeit sense of manageability Unter Handhabbarkeit ist die Möglichkeit gemeint Stressoren, Probleme oder Herausforderungen mit eigenen gegebenen Ressourcen zu bewältigen. Diese Ressourcen können vom Menschen selbst oder von ihm legitimierten anderen Personen kontrolliert werden. Personen mit einem hohen Maß an Handhabbarkeit besitzen das instrumentelle Vertrauen, dass sie Ressourcen zur Verfügung haben, mit denen sie die Welt gestalten können. Die Bedeutsamkeit sense of meaningfulness Bedeutsamkeit repräsentiert das motivationale Element und bezieht sich auf das Ausmaß, in dem der Einzelne das Leben emotional als sinnvoll empfindet. Die vom Leben gestellten Anforderungen und Probleme sind es wert, gelöst zu werden und es lohnt sich dafür Energie aufzuwenden. Probleme werden als willkommene Herausforderung gesehen. Die Verbindung der drei Faktoren Verstehbarkeit, Handhabbarkeit und Bedeutsamkeit ist als sehr wichtig anzusehen. Die einzelnen Faktoren des Kohärenzgefühls können in unterschiedlicher Intensität vorhanden sein. Für ein starkes Kohärenzgefühl sind alle drei Komponenten obligatorisch. Sie bedingen sich gegenseitig und sind lebensnotwendig. (vgl. ANTONOVSKY 1997, S.36ff) Ein starkes Kohärenzgefühl bildet sich im Laufe des Lebens. Eine Person mit einem 38

39 starken Kohärenzgefühl spürt, die Welt ergibt einen Sinn, die Herausforderungen des Lebens können vernünftig bewältigt werden, und es lohnt den Einsatz, die Herausforderungen anzupacken. (vgl. ANTONOVSKY 1985, S.276) Diese Lebenseinstellung braucht auch einen Rahmen, um nicht von der Realität überfordert zu werden: den Rahmen der eigenen Lebenswelt. (vgl. JACOBS 2000, S.120) Niemand kann die ganze komplexe Welt erfassen. Es ist immer nur ein kleiner Ausschnitt, den der Einzelne sehen und gestalten kann. Es ist notwendig, eine Grenze zu ziehen und ein gutes Maß zwischen individuellen und gesellschaftlichen Grenzen zu erkennen. Der Mensch ist ein Teil eines sozialen Systems, das für ihn eine wichtige Rolle spielt, aber er ist auch ein einzigartiges Individuum darin. Dies zu erkennen und entsprechend zu agieren bedarf hoher Kompetenzen, die wir uns im Laufe unseres Lebens aneignen. Je nachdem, ob diese Aneignung mehr oder weniger geschieht, bewegen wir uns im Gesundheits-Krankheits-Kontinuum auf einen der beiden Pole zu. Vier wichtige Lebenssphären gehören nach Ansicht von ANTONOVSKY unbedingt in die Grenzen der eigenen Lebenswelt hinein: die eigene psychische Welt die unmittelbaren interpersonalen Beziehungen die Bereiche der eigenen Hauptaktivitäten die existentiellen Belange des Menschseins (Tod, Schwäche, Schuld, Konflikt usw.) Die Grenzen sind flexibel, sie können je nach Situation weiter oder enger gesteckt werden. (vgl. ANTONOVSKY 1997, S.39f) Das Kohärenzgefühl zeigt sich als kognitive, emotionale und instrumentelle Tendenz zur Bewertung einer Situation. Es ist aber nicht möglich, ein konkretes Verhalten vorherzusagen. Was entscheidend geprägt wird durch das Kohärenzgefühl ist die Qualität, nicht die einzelnen Manifestationen des Verhaltens. (JACOBS 2000, S.123) Menschen mit einem starken Kohärenzgefühl werden bestimmte Situationen als 39

40 Herausforderung sehen und Stressoren als neutral oder sogar heilsam ansehen. Sie bleiben nicht in einem bestimmten Verhaltensmuster hängen, sondern sind offen und analysieren die Situation. Nach JACOBS sind Personen mit einem starken Kohärenzgefühl im Leben und in der Welt verankert, denn sie besitzen eine relativ stabile, positive Qualität der Lebenseinstellung gegenüber den Anforderungen und Stressoren einerseits und eine flexible Handlungsstrategie und Offenheit gegenüber Entwicklung und Veränderung andererseits. (JACOBS 2000, S.123) Das Kohärenzgefühl ist ein steuernder Faktor im menschlichen Leben und hängt wiederum von vielen anderen Faktoren im Lebenslauf ab. WERNER (1982) hat dazu mit ihrer Resilienz-Forschung einen Beitrag geleistet. Der Fortschritt seiner Konzeption besteht darin, in den vielfältigen individuell, sozial und kulturell bestimmten Formungskräften des Kohärenzgefühls drei gemeinsame Charakteristika zu entdecken: Es sind die Konsistenz der Lebenserfahrungen, die Balance zwischen Überbelastung und Unterbelastung und die Teilhabe am Entscheidungsgeschehen, welche die inneren Merkmale der heilsamen Faktoren konstituieren. (JACOBS 2000, S.132) Die Konsistenz im Sinne von Beständigkeit fördert vor allem die Verstehbarkeit und Einordenbarkeit von Ereignissen. Dinge wiederholen sich, Abläufe und Bedingungen sind ähnlich und daher auch vorhersehbar. Der Mensch braucht die Grunderfahrung, dass das Leben beständig ist. Sind die Überraschungsmomente und damit die Unvorhersehbarkeit zu groß, wird der Mensch hilflos und hoffnungslos. Wird die Welt jedoch als hauptsächlich zuverlässig erfahren, dann ergeben sich planbare Lebensperspektiven und das Dasein in der Welt wird mit Sinn erfüllt. Die Belastungsbalance oder Balance zwischen Überbelastung und Unterbelastung fördert vor allem die Handhabbarkeit. Eine Ausgeglichenheit zwischen Überlastung und Unterforderung ist notwendig, um die individuellen Ressourcen optimal nutzen und ein starkes Gefühl der Handhabbarkeit ausbilden zu können. Jeder Mensch braucht die 40

41 Aktivierung seiner Talente, den Einsatz seiner Fähigkeiten und die Anwendung seines Wissens. Überforderung auf der einen Seite und Langeweile auf der anderen Seite sind die beiden Extrempunkte dieses Aktivierungsgeschehens. Wenn jemand seine Fähigkeiten einbringen kann, seine Talente herausgefordert sieht und die Ergebnisse seiner Tätigkeit sozial wertvoll sind, dann wird sich im Laufe der Zeit das Gefühl einstellen, dass das eigene Leben und die individuell bedeutsamen Bereiche der Welt gestaltbar sind. (JACOBS 2000, S.135) Die Partizipation oder Teilhabe am Entscheidungsgeschehen fördert vor allem die Bedeutsamkeit. Die Erfahrung der Teilhabe und Mitgestaltung von Ereignissen ist hier wesentlich für eine günstige Entwicklung des Individuums. Das heißt, verschiedene Erfahrungen machen, wo Einfluss und Gestaltung auf das Umfeld geschehen kann. Die Person handelt aus dem Gefühl wählen, und selbst entscheiden und bestimmen zu können. Das englische Wort Partizipation beschreibt besser als jede deutsche Übersetzung das aktive Moment des Geschehens: Participation in decision making (ANTONOVSKY 1984, S. 123) JACOBS betont die Rolle der Wertschätzung für die Ausbildung des Gefühls der Bedeutsamkeit: Die Wertschätzung meines Handelns durch andere Personen ist ein Muss für das Gefühl der Bedeutsamkeit und dadurch für das Kohärenzgefühl. Dabei ist es notwendig, dass die Wertschätzung einerseits [ ] kommuniziert und andererseits von mir wahrgenommen wird. (JACOBS 2000, S.135) Um noch einmal die Metapher des Flusses aufzugreifen: Eine salutogene Maßnahme ist nicht, die Menschen vor dem Hineinfallen in den Fluss zu bewahren, sondern sie schwimmen zu lehren und ihnen beizubringen, wie sie es schaffen, den Fluss des Lebens so gut wie möglich selbst zu bewältigen. Im Wesentlichen bedeutet das, Hilfe zur Selbsthilfe zu geben. 41

42 3.1.7 Salutogenese als Bildungsaufgabe Das Konzept der Salutogenese strebt danach, sich überflüssig zu machen, indem es Menschen zu mehr Kompetenz und Autonomie verhilft. (KÖPPEL 2003, S.17) Salutogenese ist demzufolge eine interdisziplinäre Bildungsaufgabe und ein Auftrag, die Menschen und vor allem die Kinder in ihrem Unabhängigkeitsstreben und in ihrer Wissbegierde zu unterstützen und zu fördern. Das mag vordergründig für Institutionen bedrohlich klingen, wenn alle unabhängig und selbstbestimmt entscheiden und agieren. Aber bei genauer Betrachtung würden viele gemeinsam im Fluss des Lebens schwimmen, einander zu Hilfe kommen und nicht sich gegenseitig im Weg sein. Ganz im Sinne von Public Health teilt diese Ansicht auch ILLICH mit seiner Aussage: Das gesundheitliche Niveau wird folglich dort am höchsten sein, wo die Umwelt die Menschen zu persönlicher, autonomer, verantwortlicher Lebensbewältigung befähigt. (ILLICH 1995, S.13) Das Salutogenese-Modell von ANTONOVSKY hat sich seit seiner Erst-Veröffentlichung gut bewährt. Obwohl es im Detail einige Kritikpunkte, besonders in der empirischen Überprüfung der für das Kohärenzgefühl konstruierten Skala gibt, sind der Grundgedanke der Salutogenese und der geforderte Paradigmenwechsel vom Blick auf die Krankheit zum Blick auf die Gesundheit grundlegend wichtig in unserem Zeitalter, wenn eine Weiterentwicklung stattfinden soll. Nach ANTONOVSKY ist das Kohärenzgefühl der entscheidende Prädiktor für die gelungene Bewältigung von belastenden Situationen und damit für Gesundheit, und es liegen inzwischen zahlreiche empirische Befunde vor, die seine Annahme untermauern. (FRANKE 2005, S.8) Die Entwicklung des Kohärenzgefühls ist ein komplexes Unterfangen, welches nicht einfach zu erfassen und zu beschreiben ist. Dass ein Zusammenhang mit Gesundheit besteht ist unbestritten. Das alleinige Erklärungsmodell und Allheilmittel für Krankheiten und Degenerationserscheinungen unserer Zeit kann darin aber auch nicht gefunden werden. 42

43 Das Kohärenzgefühl-Konstrukt lässt sich als Teil eines Bündels subjektiver Handlungsressourcen interpretieren, das im komplexen Prozess der PersonOrganismus-Umwelt-Interaktion eine steuernde und vermittelnde Funktion erfüllt. (NOACK 1997, S.98) Ein entscheidender Faktor aus salutogenetischer Sicht ist, dass das Individuum sich im Leben immer weiterentwickelt, auch wenn es den Anschein hat, auf der Stelle zu treten oder sich im Kreis zu drehen. RIMANN/UDRIS beschreiben den Prozess der Entwicklung des Kohärenzefühls mittels eines Kreises. Abbildung 1: Schematische Darstellung der Funktion von Kohärenzgefühl im salutogenetischen Prozess Quelle: RIMANN/UDRIS 1998, S.362 Zu dieser Abbildung ist anzumerken, dass der Mensch sich eben nicht im Kreis dreht, sondern immer weiterentwickelt und mit jeder Konfrontation mit Stressoren und 43

44 Herausforderungen sich das Kohärenzgefühl verändert. Aus salutogenetischer Sicht geht es immer einen Schritt weiter, egal ob das Individuum die Spannungszustände managen kann oder diese sich zu Stress entwickeln. Diese Weiterentwicklung versucht die Verfasserin in Abbildung 2 grafisch darzustellen. Abbildung 2: schematische Darstellung der Funktion von Kohärenzgefühl im salutogenetischen Prozess und die Weiterentwicklung des Individuums mit seinem Kohärenzgefühl Quelle: eigene Darstellung 44

45 3.2 Weitere salutogenetische Ansätze Resilienz Der Wille zu Überleben Das Wort Resilienz leitet sich vom lateinischen 'resilire' ab und bedeutet zurückspringen und abprallen. Dieser Begriff kommt ursprünglich aus der Physik und bezeichnet dort Materialien, die nach einer Belastung wieder in ihren ursprünglichen Zustand zurückspringen können. Übersetzt wird Resilienz mit Widerstandskraft. Auf den Menschen bezogen bedeutet Resilienz die Fähigkeit, auf wechselnde Lebenssituationen flexibel zu reagieren und auch schwierige und belastende Situationen ohne schwere psychische Folgeschäden zu überstehen. Bekanntgemacht wurde der Begriff Resilienz durch die Entwicklungspsychologin Emmy WERNER von der University of California in Davis. WERNER hat diesen Ausdruck in einer Studie über Kinder der hawaiianischen Insel Kauai verwendet, die sie 1979 publizierte. Hier werden Kinder als resilient bezeichnet, die unter schwierigsten Bedingungen aufgewachsen sind und dennoch als Erwachsene erfolgreich und psychisch gesund leben. (vgl. ÖSTERREICH 1) Resilienz im salutogenetischen Kontext bedeutet die Fähigkeit, sich von Druck und Krisen zu erholen und auch in schwierigen Situationen das Leben zu meistern. Resilienz ist nicht einfach angeboren, sie kann teilweise erlernt werden, aber sie garantiert keine lebenslange Immunität gegen die Unbill des Lebens. (vgl. RÜCKERT 2006, S.60ff) PERNER Salutogenese als Schaffung von Bewusstsein Salutogenese beinhaltet für PERNER mehr als die drei Säulen der Gesundheit Ernährung, Bewegung und Entspannung. Es ist unumstritten, dass diese Bereiche eine große Rolle spielen und in der Gesundheitsförderung und Gesundheitsdiskussion nicht außer acht gelassen werden dürfen. Aber den Blickwinkel darauf zu reduzieren, wäre kurzsichtig. Salutogenese umfasst [...] viel mehr als nur die körperlichen Komponenten sie umfasst auch seelische, soziale, und besonders sexuelle und spirituelle Bereiche des Lebens und Zusammenlebens (PERNER 2009b, S.36) 45

46 PERNER sieht in der Entwicklung der Sozialkompetenz die beste Möglichkeit für ein gesundes und tolerantes Zusammenleben. Das eigene Machtstreben und das der anderen zu durchschauen, die Spiele der Erwachsenen (BERNE 1967) zu erkennen und in Konsequenz daraus zu handeln, sowie Teilen und vor allem Mitteilen sind wichtige Kompetenzen salutogener Verhaltensweisen. Es sind Kompetenzen, die auf der Fähigkeit zu vertrauen, der Fähigkeit zu trauern und der Fähigkeit zu lieben aufbauen. (vgl. PERNER 2009a, S.179ff) Sozialkompetenz und salutogenes Verhalten setzen nach PERNER Selbsterkenntnis voraus. (vgl. PERNER 2009a, S.160) Selbsterkenntnis für: soziale Spannungen, Ungerechtigkeiten und damit Machtbestrebungen bei sich selbst wie bei anderen wahrzunehmen und in der Folge anders, salutogener [...] damit umgehen zu können. (PERNER, 2009a, S.13) Selbsterkenntnis und Selbstwahrnehmung gelingen zu einem großen Teil über Rückmeldungen von anderen, also in Beziehung mit anderen. Leben spielt sich immer in Beziehungen ab, wir sind immer im Austausch mit anderen. Unsere Sozialkompetenz beginnt mit der Wahrnehmung dieser Beziehungen. (PERNER 2009a, S.109) Das von ANTONOVSKY benannte Kohärenzgefühl bestimmt, ob wir krank werden oder gesund bleiben. PERNER definiert das Kohärenzgefühl mit: der Fähigkeit, Leben als permanenten Wechsel von Höhen und Tiefen zu überblicken und dadurch eben nicht an Tiefpunkten hängen [zu] bleiben. (PERNER 2009b, S.38) PERNER sieht im Kohärenzgefühl analog zu ANTONOVSKY drei Anteile, gibt ihnen jedoch andere Bedeutungen. So setzt sie anstelle der Verstehbarkeit die Wahrnehmung. Dabei hat das Wort wahrnehmen eine besondere Bedeutung. Es richtet unsere Aufmerksamkeit auf wahr sein, authentisch sein. Was krank macht, sind Lügen, nämlich die gegenüber anderen und 46

47 auch gegen sich selbst. (vgl. PERNER 2009a, S.162ff) Die Handhabbarkeit beschreibt PERNER mit dem Bewusstsein von alternativen Möglichkeiten: Wer nur eines zur Auswahl hat, befindet sich in einer Sackgasse, wer zwei weiß, hat ein Dilemma, erst bei drei beginnt die Freiheit. (PERNER 2004, S.23) Den dritten Aspekt, die Bedeutsamkeit, umschreibt PERNER mit Sinnfindung und nennt dabei die Selbstverantwortung als Kernpunkt, denn das Wesentliche ist die Übernahme der Verantwortung für die als stimmig empfundene Wahl. Im Gegensatz zur soziologischen Schlussfolgerung von ANTONOVSKY steht PERNER in der psychotherapeutischen Tradition, die sich durch strukturiertes Fragen vor allem im systemischen Ansatz ausdrückt. (vgl. PERNER 2009a, S.160ff) Ich verstehe Salutogenese als eine prinzipielle Geisteshaltung der Achtsamkeit nicht nur auf den eigenen Lebensstil sondern auch auf die eigene Wirksamkeit auf die Umwelt [bezogen] (PERNER 2009a, S.159) Es liegt in der Hand der Bildungsverantwortlichen, die Selbsterkenntnis und Weiterentwicklung der ihnen anvertrauten Personen zu unterstützen und dadurch Gesundheit zu fördern. 3.3 Salutogenese und Public Health Die bereits beschriebene Metapher des Flusses nach ANTONOVSKY bietet eine Möglichkeit, den Bezug von Salutogenese zu Public Health bildlich darzustellen. Public Health stellt im Fluss des Lebens Stellen dar, wo es möglich ist, sich einen Überblick über ein kleines Stück des Flusses zu verschaffen. Der Blick zurück gewährt die Einsicht von dem bereits hinter sich gelassenen Stück und der Blick nach vor bietet die Gelegenheit sich ein Bild von dem zu machen, was möglicherweise noch bevorsteht. Dieser Blick in den Fluss des Lebens gibt zugleich Auskunft über das individuelle Leben als auch über den Zustand der Gesamtgesellschaft und ist damit eine kollektive Sichtweise. Gerade in der Sichtweise der Public Health ist bei jedem Thema zu fragen wie weit ein 47

48 salutogener Blickwinkel eingehalten wurde. Geht es bei den Themen um Vermeidung von Krankheit oder um Stärkung der Gesundheit? Aus der Sicht der Salutogenese haben sowohl Krankheit wie Gesundheit ihren Stellenwert im gesellschaftlichen Leben. Im Salutogenese-Konzept nach ANTONOVSKY kommt es auf die Ausprägung des Kohärenzgefühls an, inwieweit sich die einzelne Persönlichkeit in ihrem Umfeld, im Kollektiv, in der Familie oder im Wertesystem einer Gesellschaft zurechtfindet. Wichtige Faktoren, die die Gesundheit der Bevölkerung auf unterschiedlichsten Ebenen beeinflussen, werden im Public Health Diskurs mit Gesundheitsdeterminanten beschrieben. DAHLGREN/WHITEHEAD (1991) sprechen, neben den genetischen Bedingungen wie Alter, Geschlecht und Erbanlagen, von vier Einflussebenen der Gesundheit. Diese sind: Faktoren individueller Lebensweisen soziale und kommunale Netzwerke Lebens- und Arbeitsbedingungen und Zugang zu Einrichtungen und Diensten allgemeine Bedingungen der sozioökonomischen, kulturellen und physischen Umwelt Diese Gesundheitsdeterminanten werden in der folgenden Grafik bildlich dargestellt: Abbildung 3: Gesundheitsdeterminanten Quelle: DAHLGREN/WHITEHEAD (1991) 48

49 Diese Gesundheitsdeterminanten können beeinflusst und verändert werden. Sie stellen somit Ansatzpunkt für die Gesundheitsförderung dar. Bezogen auf das SalutogeneseModell sind die Gesundheitsdeterminanten wichtige Ansatzpunkte, um das Kohärenzgefühl zu stärken oder zu schwächen. Die wichtigste Ebene zur Stärkung des Kohärenzgefühls ist in den sozialen und kommunalen Netzwerken zu sehen, da diese in der menschlichen Entwicklung eine große Rolle spielen und daher das Kohärenzgefühl stark prägen. Ein weiterer wichtiger Aspekt liegt in der Entwicklung der Sozialkompetenz wie sie nach PERNER beschrieben wird. (vgl. Kapitel 3.2.2) Sozialkompetenz baut unter anderem auf Vertrauen auf. Ist dieses in einer Gesellschaft gegeben, kann sich das Kohärenzgefühl positiv entwickeln. 3.4 Schlussbemerkung zur Salutogenese Der salutogenetische Ansatz gibt keine Gewähr für die Problemlösung der komplexen Kreisläufe im menschlichen Leben, aber selbst im schlechtesten Fall führt er zu einem tiefer gehenden Verständnis und Wissen und damit zu einer Voraussetzung, sich dem gesunden Pol des Kontinuums nähern zu können. (ANTONOVSKY 1997, S.24) Diese Aussage zeigt deutlich die Arbeitsweise und den Stil des zitierten Autors. ANTONOVSKY war immer offen für Alt-Bewährtes aber auch für Neues und wusste selbst, dass sein Geist und seine Zeit begrenzt sind. Er stellte seine Erkenntnisse zur Verfügung, damit daran weiter gearbeitet werden konnte, aber auch für Kritik, die ja nur befruchtend sein kann. Seine Art zu forschen ist beispielgebend und spiegelt sich in der Bekanntheit seiner Ergebnisse wider. ANTONOVSKY hat mit der Salutogenesetheorie Diskussionen angeregt, sein Wissen zur Weiterentwicklung zur Verfügung gestellt und wieder neue Fragen aufgeworfen. Das wichtigste für ANTONOVSKY ist die Fragestellung an sich. In der Wissenschaft ist die Frage immer wichtiger als eine auf sie gegebene Antwort. (ANTONOVSKY 1997, S.30) 49

50 Fragen öffnen den Raum und sie eröffnen Möglichkeiten. Die Antworten und Definitionen grenzen ein und legen fest. Beides hat seine Berechtigung. (vgl. BEREUTER 2010) Fragen werden beantwortet und die Antworten werfen wieder neue Fragen auf. Die neuen Fragen können als ein Entwicklungsprozess gesehen werden. Nach einer gestellten Frage ist nichts mehr wie vorher, der Horizont ist erweitert und der Fragende ist wieder mit neuen Aufgaben konfrontiert. Salutogenese kann als Bildungsaufgabe und Entwicklungsförderung gesehen werden. Die Fragen zu stellen und aus dem Tun antworten zu finden, um dann wieder neue Fragen aufzuwerfen. So betrifft Salutogenese als Gesundheitstheorie sämtliche Felder in unserer Gesellschaft. Health in all Policies - Gesundheit in allen Politikfeldern aus der Sicht der Salutogenese. 50

51 4 MH Kinaesthetics MH Kinaesthetics ist ein Lern- und Bildungssystem, wobei die eigene Bewegung das zentrale Medium darstellt. Das Wort Kinaesthetics kann als Bewegungswahrnehmung übersetzt werden. Der Ursprung des Wortes kommt aus der griechischen Sprache und wird mit kinesis als Bewegung und aesthesis als Wahrnehmung definiert. (vgl. WIKIPEDIA. Kinästhetik) MAIETTA/HATCH (MH) Kinaesthetics geht auf die beiden US amerikanischen Begründer Lenny MAIETTA und Frank HATCH zurück. Das Wort Kinaesthetics wurde erstmals in den 70er Jahren von HATCH geprägt und gemeinsam mit seiner Partnerin MAIETTA zu der heutigen Marke MH Kinaesthetics weiterentwickelt. Die Wortkreation zeigt den Inhalt ihrer Arbeit sehr gut. Einerseits ist es die Analyse der Art und Weise, wie sich Menschen im Alltag bewegen und andererseits die Beobachtung, wie sich die Bewegung auf die ganzheitliche Entwicklung, d.h. geistig, gesundheitlich und sozial, von Menschen auswirkt. (vgl. RESCH-KRÖLL 2009, S.7) Kinaesthetics ist das Studium der Bewegung und der Wahrnehmung, die wiederum aus der Bewegung entsteht sie ist die Lehre von der Bewegungsempfindung. (HATCH/MAIETTA 2003, S.5) 4.1 Was ist MH Kinaesthetics? MH Kinaesthetics wird seit mehr als drei Jahrzehnten von den Begründern Lenny MAIETTA, Verhaltenskybernetikerin und Psychologin, und Frank HATCH, Verhaltenskybernetiker und Professor für Bewegung und Tanz, begleitet und weiterentwickelt. Das Wort Kinästhetik ist im allgemeinen Sprachgebrauch üblich und auch im Wörterbuch mit einer allgemeinen Definition zu finden. Der Duden bezeichnet Kinästhetik als die Lehre der Kinästhesie, wobei Kinästhesie als Fähigkeit, Bewegungen der Körperteile unbewusst zu kontrollieren und zu steuern (DUDEN 2005, S.526) definiert ist. Um ihrem Bildungssystem einen eigenen Namen zu geben, wird der englische Begriff 51

52 Kinaesthetics verwendet und mit den Anfangsbuchstaben der Namen der beiden Begründer verbunden MH Kinaesthetics. MAIETTA/HATCH haben Menschen in ihren Alltagsbewegungen beobachtet und versucht heraus zu finden, wie sich die Bewegung auf die ganzheitliche Entwicklung von Menschen auswirkt. In ihrer Arbeit und der Zusammenarbeit mit den unterschiedlichsten Personen und Gruppen konnten sie viele Erfahrungen sammeln und daraus ein so bezeichnetes Konzeptsystem entwickeln. Dieses Konzeptsystem ist die Grundlage der MH Kinaesthetics und unterstützt die Beobachtung und Analyse von Bewegung. Es werden spezielle Begriffe verwendet, die es ermöglichen auch eine gemeinsame Terminologie zu verwenden. Besonders stark hat sich MH Kinaesthetics im Bereich der Pflege weiterentwickelt. Das Pflegepersonal konnte bei seiner Arbeit die direkte Wirkung mit den Patienten erfahren. Durch dieses große Betätigungsfeld hat sich MH Kinaesthetics schnell und effizient weiterentwickelt. Das erklärt auch, warum heute MH Kinaesthetics hauptsächlich in der Pflege bekannt ist. Die Anwendungsgebiete gehen jedoch weit über die Pflege hinaus. MH Kinaesthetics ist ein Bildungsprogramm und überall einsetzbar. Es beschäftigt sich mit der menschlichen Bewegung in der Schwerkraft, der Wahrnehmung dieser Bewegung und den Auswirkungen auf die Persönlichkeit, die Gesundheit und die Entwicklung des Menschen. In weiterer Folge beschäftigt sich MH Kinaesthetics mit Organisationen und der Führung von Organisationen, da sie der Ansicht sind, dass die kleinste Einheit, die Zelle, die Gesetzmäßigkeiten vorgibt und somit auch auf große Einheiten übertragbar ist. Dieses Wissen wird erfolgreich in der Beratung von Organisationen umgesetzt. Diese Organisationen sind ebenfalls hauptsächlich im Pflegebereich angesiedelt und betreffen Krankenhäuser und Pflegeheime. MH Kinaesthetics wird in den folgenden Bereichen erfolgreich angewendet (RESCHKRÖLL 2009, S.27): Gesundheits- und Krankenpflege für Kinder und Erwachsene Physiotherapie und Ergotherapie Bewegungspädagogik Rehabilitation von Menschen Menschen mit Behinderungen Frühgeborene Entwicklung von Kleinkindern 52

53 Kinder in Kindergärten, Schulen und Tagesstätten Führungs- und Organisationsentwicklung Büroangestellte Bewegung im Büro Reinigungspersonal Küchenpersonal Schulung von Angehörigen in der Pflege und für den privaten Alltag 45+ Programme und für alle an Bewegung Interessierten 4.2 Grundlagen Verhaltenskybernetik Die Verhaltenskybernetik liefert die wissenschaftliche Grundlage zu MH Kinaesthetics. Verhaltenskybernetik ist ein Bereich aus der Kybernetik. Karl U. Smith gründete und beforschte nach dem zweiten Weltkrieg an der Universität Wisconsin-Madison den Bereich der Verhaltenskybernetik 35 Jahre lang. MAIETTA und HATCH kamen über das Studium der Verhaltenskybernetik zur MH Kinaesthetics. Der Fokus liegt auf dem menschlichen Verhalten als kybernetisches System, bei welchem die eigene Gesundheit eine zentrale Rolle spielt, bei der Regulierung der physiologischen und geistigen Gesundheit, beim Lernen und bei der Leistung (mit oder ohne Maschinen) während des ganzen Lebens. (KINAESTHETICS. Verhaltenskybernetik) Verhaltenskybernetik beschäftigt sich mit den Auswirkungen von Bewegung, Anstrengung und sozialer Interaktion auf sämtliche Aspekte von Gesundheit und Wohlbefinden des Menschen. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Feedback-KontrollTheorie. (vgl. HATCH/MAIETTA, 2003 S.15) Feedback-Kontroll-Theorie Anhand der kybernetischen Feedback-Kontroll-Theorie kann erklärt werden, wie lebende Systeme die alltäglichen Aktivitäten ihres Lebens organisieren und ausführen. Sie erklärt auch die Auswirkungen von Bewegung auf die Gesundheitsentwicklung. 53

54 Gesundheitsentwicklung wird definiert als: ein lebenslanger Prozess, in dem jeder Mensch seine Gesundheit durch die Qualität seiner Bewegung in verschiedenen Lebensaktivitäten positiv oder negativ beeinflusst. (KINAESTHETICS. Gesundheitsentwicklung) Auf das Thema Gesundheitsentwicklung wird in Kapitel 4.3. näher eingegangen. Das zentrale Thema lebender Systeme ist die Theorie der Feedback-Kontrolle. Feedback wird in der Kybernetik als Rückkoppelung übersetzt. Vorgänge, welche auf die eigenen Ursachen oder Eingangsgrößen in einer Feedbackschleife zurückwirken, werden als Feedback oder Rückkoppelung bezeichnet. Lebende Systeme und somit auch der Mensch sind fortlaufend mit Reizen konfrontiert. Diese werden über die Sinne wahrgenommen, in die vorhandene Systematik eingeordnet, verglichen und es wird eine Korrektur vorgenommen. Diese Vorgänge sind immer mit Bewegung in Verbindung. Wird zum Beispiel vom Auge Licht wahrgenommen, erfolgt eine Reaktion der Sehmuskulatur. Das Leben ist eine Spannung zwischen Tun, Wahrnehmen, Vergleichen und Lernen. (OSTERMANN 2005) Diese Reaktionen geschehen im eigenen Körper und sind die Grundlage für das Kommunizieren nach außen. Die Feedback-Kontroll-Theorie sieht in allen lebenden Organismen Bewegungssysteme, die ständig untereinander kommunizieren und durch Folgen und Anpassen an die Bewegung anderer lebender Systeme in ihrer Umgebung lernen. (RESCH-KRÖLL, 2009, S.30) Aus der Umgebung lernen, das bestätigt auch der Neurobiologe Gerald HÜTHER. Der Mensch entwickelt sich am besten in sozialen Beziehungen und lernt von seiner Umgebung. Ausschlaggebend ist, wie diese Umgebung gestaltet ist. Sie kann den Mensch fördern und unterstützen, aber auch behindern. So kann Weiterentwicklung und Lernen mehr oder weniger stattfinden. (vgl. HÜTHER 2006) 54

55 Dies kann ein interessanter Ansatzpunkt für eine Public Health Strategie sein, die Umwelt so gestalten dass Weiterentwicklung möglich ist. Menschen setzen Bewegung ein, um sich in ihrer physikalischen Umgebung einzufügen und anzupassen und ihre Bedürfnisse zu befriedigen. Die Kommunikation mit der Umgebung läuft über Bewegung. Bewegung veranlasst all unsere Körperteile zur gesunden Interaktion. (HATCH/MAIETTA 2003, S.14) Können die Bewegungsfähigkeiten für die alltäglichen menschlichen Aktivitäten erweitert werden, erhöht sich die Kompetenz zur Anpassung und Entwicklung. Lebende Systeme kommunizieren und lernen durch Folgen und Anpassen an die Bewegungen anderer lebender Systeme in ihrer Umgebung. Alltagsbewegungen wie liegen, sitzen, essen oder atmen zeigen eine Wirkung auf die Regulation und Organisation innerhalb der Zelle, der Organe und im gesamten menschlichen System. Durch Bewegung wird über die Sinne die externe Welt wahrgenommen. So kann durch Spüren der Spannung in unserem Körper festgestellt werden, wie hart oder weich eine Unterlage ist. (vgl. HATCH/MAIETTA 2003, S.19f) Homöokinase Homöokinase beschreibt die kontinuierliche Bewegung, welche die Kontrolle interner Prozesse verursacht. Es ist ein Wechselspiel zwischen Gleichgewicht und Ungleichgewicht. Bewegung löst eine Störung aus, verschiedene Teile des Systems folgen dieser Störung und es kommt zu einem Ausgleich. Dieses wechselseitige Folgen von Bewegung führt zu einer dauerhaften, stabilen, lebenden Existenz. Der Begriff Homöokinase wird von HATCH/MAIETTA folgendermaßen definiert: Das Vorhandensein einer Stabilität zwischen den einzelnen Teilen von lebenden Systemen ist das Ergebnis eines dynamischen motorischen Verhaltens, welches kontinuierlich versucht, dass verschiedene Teile sich einander anpassen. Die Folgewirkung führt wiederum zu neuen Bewegungen. ( HATCH/MAIETTA 2003, S.20) 55

56 4.2.2 Steuerung der Stoffwechselvorgänge Die aktive Bewegung der Skelettmuskulatur dient der Steuerung der Stoffwechselvorgänge der inneren Organe und des gesamten Organsystems. Das heißt Bewegung ist wichtig für die Regulation der Körperfunktionen. Umgekehrt haben auch die Funktionen der Organe und die Bewegung Einfluss auf den Zustand des Bewegungsapparates und die Koordination. Der Mensch kann als Einheit von Körper, Geist und Seele gesehen werden, wobei Bewegung ein steuerndes Element in dieser Gesamtheit darstellt. Wenn wir die Bewegung nicht hätten, dann wäre alles nichts! (Zitat in Anlehnung an die Bibelstelle 1.Korintherbrief 13,1-8) Das zeigt die wichtige Bedeutung der Bewegung, die in unserem technokratischen Zeitalter immer mehr verloren geht und durch Maschinen ersetzt wird. Schwere Aufgaben von Maschine ausführen zu lassen vereinfacht die Arbeit. Aber jeden individuellen Schritt einer Maschine, wie zum Beispiel dem Auto, zu überlassen, ist fahrlässig. Bewegung ist notwendig für ein aktives Leben. Lasst die Kinder Geschirr abtrocknen, dann müssen sie nicht in die Ergotherapie zur Formerfassung gehen! (Anhang Interview E, Frage1) Der gesundheitliche Effekt der Bewegung wird von HATCH/MAIETTA durch die Feedback-Kontrolle von metabolischen und physiologischen Prozessen beschrieben und die körperlichen Prozesse als regulierende Faktoren für die Muskelaktivität gesehen. Produktion und Verbrauch von Energie bei Muskelkontraktion Im Zitronensäurezyklus laufen die Interaktionen zwischen den einzelnen Elementen zirkulär ab. Diese Interaktionen werden durch Bewegung aktiv gehalten. Die eigene aktive Bewegung hält somit die Körperfunktionen aufrecht und fördert die Gesundheit. Hier geht es aber nicht um 30 Minuten Ausdauerlauf, sondern die einfachen alltäglichen Bewegungen wie zum Beispiel Aufstehen, Hinsetzen und Gehen, die bewusst ausgeführt und wahrgenommen werden. Je komplexer und achtsamer Bewegungen ausgeführt werden, umso mehr fördert dies den Regenerationsprozess im menschlichen Körper. 56

57 Ohne Bewegung gibt es keine Energie für Bewegung. Durch Herz-, Lunge-, Leber-, Nieren- und Darmfunktion Bewegung wird die Organtätigkeit ausgelöst und Körpertemperatur, Flüssigkeitsgleichgewicht, Entsorgung von Abfallprodukten und Körperausscheidungen werden reguliert. Die Bewegung bestimmt die Leistung der kardiovaskulären und pulmonalen Systeme. Verteilung von Blut und anderen Flüssigkeiten durch Muskelkontraktion (Zirkulation) Die Muskulatur muss mit Sauerstoff versorgt werden, um durch Verbrennung aktiv sein zu können. Dieser Sauerstoff wird wiederum durch Muskelarbeit in die Muskulatur transportiert. Für die Kontrolle des Abtransportes und die Weiterleitung von Stoffen im Organismus spielt Muskelaktivität und Bewegung eine wichtige Rolle. Körperfunktionen und Körperzustände Jeder Aktivität liegt eine Muskelaktion zugrunde. Ohne Bewegung ist Stillstand im Körper. Durch die Lebensaktivitäten werden die Vitalaktivitäten aufrecht erhalten. Essen, schlafen, trinken, atmen, ausscheiden oder denken sind lebensnotwendige Aktivitäten, ohne die Leben nicht möglich ist. Selbstwahrnehmung und Selbstbewusstsein Propriozeption, darunter ist die Wahrnehmung von Körperbewegung und Körperlage im Raum, Eigenempfindung zu verstehen, resultiert aus unserer eigenen Bewegung. Bewegungen in unserem Körper werden durch unser sensorisches System registriert. Dieses System löst Empfindungen aus, die wiederum an das motorische System zurück geleitet und für weitere Bewegungsausführungen genutzt werden (FeedbackKontrolle). Soziale Interaktionen Das Umfeld wird über die Sinne wahrgenommen und daraus die Realität gebildet. Durch Folgen der Bewegung anderer (social tracking) entsteht eine soziale Realität und bietet uns die Möglichkeit miteinander zu kommunizieren. (vgl. HATCH/MAIETTA 2003, S.21ff) Tracking also Folgen, beinhaltet die verhaltenskybernetische Erkenntnis, dass 57

58 Menschen lernen, indem sie eigener Bewegung folgen, sowie der Bewegung anderer und den Bewegungen im Umfeld. 4.3 Gesundheit aus MH Kinaesthetics Sicht Gesundheit wird nach dem Verständnis von HATCH/MAIETTA als lebenslanger Prozess gesehen. Dieser Prozess besteht aus geordneten Interaktionen aller Teile des Körpers. Die Feedback-Interaktionen zwischen den vielen Subsystemen und Teilen unseres Körpers bestimmen unsere Gesundheit. Gesundheit ist ein Prozess der lebenslangen Verbesserung und Differenzierung von Interaktionen zwischen den vielen Bestandteilen unseres Körpers und genauso zwischen verschiedenen Menschen. ( HATCH/MAIETTA 2003, S.31) Gesundheit ist nicht mit Leistung definiert und auch wenn Teile des Systems ausfallen, kann trotzdem ein gesundes, erfülltes Leben geführt werden. Die Bewegungsfähigkeit wird im Alter nicht schlechter, sondern differenzierter und die gesunden Aspekte bestehen weiterhin. So sehen HATCH/MAIETTA den Tod als Ende des Gesundheitsprozesses. Jedes lebende System kann und sollte ihn erwarten. (vgl. HATCH/MAIETTA 2003, S.32) 4.4 MH Kinaesthetics als Bildungssystem Im Zentrum des Bildungssystems steht der Mensch in seiner Bewegung. Ich bewege, also bin ich. (MAIETTA/HATCH 2006, S.7) Die Qualität der Bewegung beeinflusst wesentlich alle Lern- und Gesundheitsprozesse ein Leben lang. Mit MH Kinaesthetics bildet sich die Wahrnehmung der eigenen Bewegung und das Vertrauen auf die Wirksamkeit aus dem eigenen Tun. Dadurch erhöht sich die Aufmerksamkeit und Achtsamkeit für die eigenen Bewegungen und erweitert die Kompetenzen in den Aktivitäten des täglichen Lebens. Hier kann wieder auf die WHO Gesundheitsdefinition aus Kapitel 2.2 verwiesen werden, nämlich, dass Gesundheit im alltäglichen Leben entsteht, dort wo wir spielen, lernen, arbeiten und lieben. 58

59 SCHILD erklärt beim Kinästhetik Symposium 2001 ihre Sicht dieses Bildungssystems. Kinästhetik wird vermittelt als das, was es ist. Man lernt in den Kursen durch Bewegung, durch Vergleichen, durch weiteres Bewegen, durch Einordnen in die Konzepte als Struktur. Noch nie habe ich Menschen (gemeint sind Lenny MAIETTA und Frank HATCH, Anm. der Verfasserin) gefunden, die so konsequent das, was sie in der Theorie erkannt haben in der Praxis auch tun. (SCHILD 2001, S.53) Die methodischen Werkzeuge Um ein besseres Verständnis für MH Kinaesthetics zu bekommen, ist es notwendig, die einzelnen Werkzeuge genauer zu erklären. (vgl. MAIETTA/HATCH, 2006, S.7ff; MAIETTA/HATCH 2004, S.59ff) Das Kernstück dieser Werkzeuge bildet das Konzeptsystem, das einen breiten Rahmen für die Analyse der einzelnen Bewegungen zur Verfügung stellt. Dieses Konzeptsystem wurde konsequent von den Begründern MAIETTA/HATCH weiterentwickelt und ihre Erfahrungen aus der täglichen Praxis darin eingearbeitet. Die Namen und Termini haben sich im Laufe der Zeit entwickelt und können als MH Kinaesthetics Sprache bezeichnet werden. Manche Ausdrücke scheinen befremdend, aber bei genauer Betrachtung und Erklärung sind sie gut und einfach verständlich. Rund um das Konzeptsystem entwickelten sich noch weitere Details, welche eine konsequente Anwendung in den MH Kinaesthetics Kursen und Weiterbildungen finden. Dazu gehören das Lernmodell, die Curriculumstruktur, die Bildungsaspekte und die Kompetenzfelder. MH Kinaesthetics ist ganz nahe am Menschen und unterstützt Menschen beim Menschsein. Es werden keine Rezepte vermittelt, sondern es gibt das Konzeptsystem, das durch die Anwendung Bewegung aus unterschiedlichen Perspektiven betrachten und einordnen lässt. (OSTERMANN 2009) Das Konzeptsystem Die Grundlage und das zentrale Lernmittel von MH Kinaesthetics sind die sechs Konzepte, aus denen das Konzeptsystem besteht. Jedes Konzept behandelt 59

60 Bewegungskomponenten, die in jeder menschlichen Aktivität vorhanden sind. Sie unterstützen den Menschen darin einen klareren Blick auf die eigene Bewegung zu bekommen, diese zu analysieren und weiter zu entwickeln. Im Mittelpunkt des Konzeptsystems stehen daher die eigenen Aktivitäten. Die nachstehende Grafik veranschaulicht die sechs Bereiche des Konzeptsystems, nämlich die Interaktion, die Anatomie, die Bewegung, die Anstrengung, die Funktion und die Umgebung. Abbildung 4: Konzeptsystem Quelle: MAIETTA/HATCH (2006) S.12 Was ist eine Aktivität? Aktivitäten sind Phänomene der Bewegung. (MAIETTA/HATCH 2006, S.13) Sie haben eine Absicht, ein Ziel, Grenzen und somit einen Anfang und ein Ende. Es ist 60

61 eine Bewegungssequenz mit einem klaren Anfang und Ende, einer zeitlichen Eigenschaft (Dauer) und einer bestimmten räumlichen Dimension (Raum). Damit Bewegung, also eine Aktivität, überhaupt stattfinden kann, brauchen wir Energie und Muskeltätigkeit (Anstrengung) zur Ausführung. Durch die klare Definition einer Aktivität können wir unsere Bewegungen noch differenzierter analysieren, beobachten und gestalten. Konzept 1: Interaktion Interaktion beschreibt die Geschehnisse zwischen einzelnen Teilen - zwischen den Teilen im Individuum selbst, zwischen zwei Menschen oder zwischen Mensch und Umwelt. Diese Interaktionen werden mit den Sinnen wahrgenommen. Durch den Einsatz des Sinnesystems lernt der Mensch sowohl seinen Körper zu kontrollieren als auch zu interagieren. Individuen lernen immer in Interaktion mit anderen Menschen. Daraus ergeben sich drei Unterthemen dieses Konzeptes: Sinne Bewegungselemente Interaktionsformen Die Sinne Sich der Sinne bewusst zu sein unterstützt die Wahrnehmung der eigenen Bewegung. Gezielt jeden einzelnen Sinn mit verschiedenen Übungen anzuregen und das bewusste Wahrnehmen von Sehen, Hören, Riechen, Schmecken, Tasten und Fühlen schulen, sind wichtige Aufgaben für das Wahrnehmen der Bewegung. Das Fühlen erfolgt über das Muskelspannung im kinästhetische Spiel mit Sinnesystem, dem wobei der Körpergewicht in der Unterschied von Schwerkraft den kinästhetischen Sinn beeindruckt. Je größer meine Fähigkeit, die kinästhetischen Reize zu ordnen und zu nutzen, umso fähiger kann ich meine alltäglichen persönlichen, familiären oder beruflichen Aktivitäten durchführen. (MAIETTA/HATCH 2006, S.14) Die Bewegungselemente Solange der Mensch lebt bewegt er sich oder vereinfacht gesagt, bewegt er sein Gewicht in der Schwerkraft. Die Eigenschaften dieser Bewegungen können mit den 61

62 drei Elementen Zeit, Raum und Anstrengung beschrieben werden. Die drei Elemente sind für jede Bewegung notwendig. Die Muskelkraft oder Energie bewirkt die Anstrengung, Knochen und Gelenke bestimmen den Spiel-Raum und die Zeit ist erfahrbar je nach der Dauer der Bewegung. Die Bewegungselemente können variiert werden, verändert sich ein Element, verändern sich auch die anderen. Die einzelnen Elemente stellen eine umfassende Grundlage zur Verbesserung der Bewegungsfähigkeiten bei der Durchführung von Aktivitäten dar. (MAIETTA/HATCH 2004, S.70) Die Interaktionsformen Lernen erfolgt immer über Bewegung und im Austausch mit anderen. Wir nehmen durch Bewegung über unsere sensorischen Systeme Kontakt auf und organisieren unsere Erfahrungen in Interaktionen. (MAIETTA/HATCH 2004, S.73) Es gibt viele verschiedene Formen von Interaktionen. Basierend auf dem wissenschaftlichen Hintergrund der Verhaltenskybernetik wird bei MH Kinaesthetics mit drei grundlegenden Interaktionsformen gearbeitet. Diese sind besonders wichtig im Bezug auf das Erlernen von praktischen und kognitiven Fähigkeiten. Diese drei Interaktionsformen sind: gleichzeitige, gemeinsame Interaktionsform schrittweise Interaktionsform einseitige Interaktionsform Diese Interaktionsformen beschreiben die verschiedenen Arten des Wechselspiels von Führen und Folgen zwischen Menschen. Alle Sinne sind dabei beteiligt und die Kombination von Sinnen und Bewegungselementen ermöglicht die unterschiedlichen Interaktionsformen, je nach den Bedürfnissen der einzelnen Beteiligten. Konzept 2: Anatomie (oder auch funktionale Anatomie) Die oben beschriebenen Interaktionen werden über Bewegungen des Körpers ausgeführt. Um den Körper effektiv einsetzen zu können, bedarf es eines Verständnisses des Skelett- und Muskelsystems. Funktionale Anatomie bezieht sich auf die Struktur des Körpers, die zum Ausführen von Aktivitäten notwendig ist. Dieses 62

63 Konzept beinhaltet drei Unterthemen. Knochen und Muskeln Massen und Zwischenräume Körperorientierung Knochen und Muskeln Das Skelett-Muskel-System besteht aus stabilen Knochen und weichem, instabilem Muskelgewebe. Die Knochen und Muskeln sind dafür verantwortlich, dass wir uns aufrecht halten und bewegen können. Knochen tragen Gewicht und leiten es zur Unterstützungsfläche. Muskeln bewegen das Gewicht zu den Knochen und kontrollieren die Bewegung der Knochen. Die Knochen erhalten ihre Stärke, indem sie Gewicht tragen. Muskeln erhalten ihre Anpassungsfähigkeit, indem sie Knochen bewegen. Das Zusammenspiel von Knochen und Muskeln lässt das eigene Gewicht für spezifische Aktivitäten bewegen, aber auch externes Gewicht kann so durch minimale Anstrengung bewegt werden. Werden Knochen und Muskeln gemäß ihrer Eigenschaften und Aufgaben benutzt, wird das Körpergewicht nahezu schwerelos erfahren. Massen und Zwischenräume Muskeln und Knochen konzentrieren sich in Gruppen. In den MH Kinaesthetics Konzepten wird von Massen und Zwischenräumen gesprochen. Die sieben Massen stellen die natürlichen Gruppierungen von Knochen dar. Dies sind die drei zentralen Massen Kopf, Brustkorb und Becken, welche rund und kompakt sind. Die vier Extremitäten-Massen Arme und Beine sind lang und ausgedehnt. Diese sieben Massen machen das Hauptgewicht des Körpers aus. Sie lassen sich einzeln bewegen und sind über die Zwischenräume miteinander verbunden. Die Zwischenräume sind der Hals, die Taille, zwei Achselhöhlen und die beide Leisten. Die Zwischenräume bestehen hauptsächlich aus Muskeln, welche für die Beweglichkeit, aber auch für die Stabilität zwischen den einzelnen Teilen verantwortlich sind. Jede Beschränkung dieser Zwischenräume bewirkt eine Verminderung der Bewegungsressourcen. Diese Einteilung ergibt sich aus der embryonalen Entwicklung. In der Entwicklung sind die zentralen Massen die ersten Teile, die sich voneinander trennen. Dort wo die Trennung der Massen stattfindet, werden die Zwischenräume erkennbar. 63

64 Form, Größe, Gewicht und Beweglichkeit der Körperteile (Massen) und der Zwischenräume entwickeln sich im Laufe eines Lebens in einer persönlichen Art und Weise. Diese Entwicklung der Anatomie beeinflusst die individuelle Bewegung und dadurch auch die Art, wie gelehrt und gelernt wird. Orientierung Die Orientierung ist ein Ordnungsprozess, bei dem die Körperteile sich in Bezug aufeinander und in Bezug auf das Umfeld bewegen. Dieser Ordnungsprozess ist lebensnotwendig. Verliert ein Mensch die Orientierung, weiß er nicht mehr wo oben und unten ist kann das lebensbedrohlich sein. Das Unterthema der Orientierung unterscheidet im Körper zwischen oben und unten, von Seite zu Seite und vorne und hinten. Oben ist immer Richtung Kopf und unten Richtung Füße. Vorderseiten und Hinterseiten der einzelnen Massen sind nach ihren Eigenschaften definiert und entsprechen einer am Körper erkennbaren Spirale. Sie zeigen damit die Richtung für das spiralige Bewegungsmuster. Es wird zwischen Orientierung im eigenen Körper und Orientierung im Raum unterschieden. Die Orientierung im Raum ist die Wechselbeziehung zwischen Körper und Umfeld. Die Bewegung eines Individuums bewirkt eine kontinuierliche Veränderung der Beziehung des Individuums zum Umfeld. Konzept 3: Bewegung (oder auch menschliche Bewegung) Dieses Konzept handelt von den Bewegungen der oben beschriebenen anatomischen Struktur. Bewegungsarten d.h die Bausteine der Bewegung und Bewegungsmuster sind grundsätzlich bei allen Menschen gleich, die Bewegungen jedes einzelnen Menschen sind jedoch individuell verschieden. Menschliche Aktivitäten sind aus der Kombination von zwei unterschiedlichen Arten gestaltet. Einerseits Haltungs- und Transportbewegungen als Bewegungsbausteine und andererseits spiralige und parallele Bewegungsmuster. Haltungs- und Transportbewegung Haltungs- und Transportbewegung bedeutet, Bewegung von Gewicht vom Gesamtkörper als auch in den einzelnen Körperteilen zu kontrollieren und in jeder Achse zu steuern. Haltungsbewegung hält die Massen miteinander in Beziehung und steuert das Gewicht der Bewegung innerhalb der Massen. Die Transportbewegung ist 64

65 die Bewegung des Gewichts einer einzelnen Masse im Umfeld. Für jede Aktivität sind beide Teile notwendig. Es braucht Stabilität durch die Haltungsbewegung und Instabilität durch die Transportbewegung. Spiralige und parallele Bewegungsmuster Durch die gezielte Kombination von Haltungs- und Transportbewegung entstehen bei jeder Aktivität verschiedene Bewegungsmuster. Das spiralige Bewegungsmuster erfordert weniger Kraft und passt sich der Knochen- und Muskelorientierung an. Das anatomische Design, das in der embryonalen Entwicklung entsteht, ermöglicht dem Menschen bereits in der Gebärmutter und später in einem Schwimmbecken eine unendliche Zahl spiraliger Bewegungsmuster. Im Gegensatz dazu erfordert das parallele Bewegungsmuster eine hohe Kompetenz in der Bewegungsausführung und erhöht mit der Zeit die Grundspannung im Körper und schränkt dadurch die Bewegungsmöglichkeiten ein. Konzept 4: Anstrengung Anstrengung ist der Motor der Bewegung, ohne sie kann keine Aktivität oder Interaktion erfolgen. Muskelkontraktion und Muskelentspannung sind die Quellen der Anstrengung. Die beiden Arten der Anstrengung, die bei jeder Bewegung im gesamten Körper ausgeführt werden sind Ziehen und Drücken. Dies wird immer in einem Zusammenspiel der beiden Arten in einer Bewegung ausgeführt. Das Zusammenspiel ist auch die Kraft, die für das Wachstum zur Verfügung steht. Es ist das Ergebnis der lebensumspannenden Bewegungsgeschichte, die bereits bei der Zellteilung, durch Zug und Druck als treibende Kraft, für das Wachstum verantwortlich ist. Konzept 5: Funktion (oder auch menschliche Funktion) Dieses Konzept stellt ein Kategoriesystem für verschiedene Arten von menschlichen Aktivitäten dar. Dazu gehören die willkürlichen Aktivitäten wie Gehen, Sitzen, Schreiben und Kommunizieren, als auch die unwillkürlichen Aktivitäten wie zum Beispiel Atmen, Verdauen und das Zirkulieren des Blutes im Blutkreislauf. MH Kinaesthetics unterscheidet zwei Hauptkategorien von menschlicher Funktion. einfache Funktionen - Position/Grundpositionen komplexe Funktionen - Bewegung am Ort/Fortbewegung 65

66 Einfache Funktion Die Positionen, die wir einnehmen können, werden durch die anatomischen Merkmale unserer Massen und ihre strukturellen Beziehungen bestimmt. Der Mensch ist in Position, wenn er sich ständig bewegt und sein Körpergewicht in der Schwerkraft balanciert. Je weniger Anstrengung und Muskelspannung benötigt wird, umso mehr Kraftressourcen stehen für weitere Aktivitäten zur Verfügung. Grundpositionen MH Kinaesthetics unterscheidet sieben Grundpositionen in einer flachen Umgebung. Eine Grundpositionen folgt der anderen in einem spiraligen Bewegungsablauf vom Liegen zum Stehen. Die Grundpositionen sind stabil und stellen die Art und Weise dar, wie Menschen am häufigsten die Gewichte ihrer Körpermassen im Gravitationsfeld organisieren. Die sieben Grundpositionen sind: Rückenlage Bauchlage mit Ellbogenstütze Schneidersitz Hand-Knie-Stand Einbein-Knie-Stand Einbeinstand Zweibeinstand Komplexe Funktionen Während das Individuum ständig mit dem Balancieren des Körpergewichtes beschäftigt ist, können zusätzlich noch andere Aktivitäten ausgeführt werden. Diese Gleichzeitigkeit ist das Merkmal für komplexe Aktivitäten. MH Kinaesthetics unterscheidet zwischen Bewegung am Ort und Fortbewegung. Die Fortbewegung erfolgt in drei Schritten: Das Gewicht einer Masse wird verlagert und somit eine Masse entlastet. Die entlastete Masse wird an einen neuen Ort bewegt. Das Gewicht wird an den neuen Ort verlagert und die Massen wieder in Gleichgewicht gebracht. So verändert der Mensch seinen Ort und versucht gleichzeitig das Gleichgewicht innerhalb seines Körpers aufrecht zu erhalten. 66

67 Die zwei Grundformen der Fortbewegung sind Gehen und Springen. Zu den Bewegungen am Ort zählen einerseits die inneren Bewegungsaktivitäten, welche die Vitalfunktionen aufrecht erhalten. Diese sind zum Beispiel Atmen, Verdauen oder die Zirkulation des Blutes. Und andererseits sind es willkürliche Bewegungen wie Schlafen, Lesen, Schreiben oder Anziehen. In dieser Bewegungskategorie wird zuerst das Körpergewicht in einer Position organisiert, um dann die Aktivität wirkungsvoll auszuführen. Die Eigenschaft der Position wirkt auf die Gestaltungsmöglichkeit. Zum Beispiel ist es schwierig, in Rückenlage zu trinken. Konzept 6: Umgebung Im Konzept Umgebung werden alle MH Kinaesthetics Bewegungskonzepte zusammengeführt. Die Umgebung wirkt auf das gesamte Sinnesystem. Sie beeinflusst Zeit, Raum und Anstrengung jeder Bewegungssequenz in jeder Interaktion. Die Eigenschaften der Muskeln und Knochen, der Massen und Zwischenräume werden durch das Umfeld modifiziert. Alle Aktivitäten in verschiedenen Positionen als auch bei Fortbewegungen werden von der Umgebung beeinflusst. So schließt sich der Kreis der Konzepte hier. Die Eigenschaften des Umfeldes beeinflussen alle Aspekte der Bewegung in jeder Aktivität. Die aktive Gestaltung dieser Umgebung ist eine Möglichkeit, auf die Bewegung Einfluss zu nehmen. Es gibt zwei wertungsfreie Wahlmöglichkeiten. Entweder die Person passt sich der Umgebung an oder die Person passt die Umgebung an sich an Das Lernmodell Das Lernmodell von MH Kinaesthetics bietet die Möglichkeit einer ganz anderen Art von Lernen. Es beschreibt den Prozess, wie durch die systematische Nutzung des Konzeptsystems mehr Kompetenz und Bedeutung in verschiedensten Bereichen des Tuns entwickelt werden kann. Verschiedene Lern- und Integrationsaktivitäten helfen Menschen in ihrem eigenen Lernen und in ihrer Weiterentwicklung. Das Lernmodell ist ein didaktisches Hilfswerkzeug und gibt dem Lernen eine Struktur und einen Rahmen. Darin enthalten sind alle wichtigen Elemente von MH Kinaesthetics. Diese Elemente sind Lernen durch Unterschied wahrnehmen, den Blick durch die Konzepte schärfen und alles im Tun integrieren. 67

68 Das Lernmodell beschreibt auch, dass Bewegungserfahrung nur im eigenen Körper gemacht werden kann. Es wird im Tun erfahren. So werden Einzelaktivitäten, wie auch Partneraktivitäten angeboten, um den eigenen Körper durch unterschiedliche Rückmeldungsarten in der Bewegung wahrzunehmen. Es ist ein Unterschied, wenn die Person A den Arm bewegt oder wenn die Person B den Arm der Person A bewegt. Versuchen Sie es selbst, was spüren Sie? Der curriculare Blickpunkt Das gesamte Bildungssystem und Bildungsangebot von MH Kinaesthetics ist so aufgebaut, dass der Entwicklungsprozess und die wachsende Kompetenz immer von verschiedenen Blickpunkten aus betrachtet werden kann. Vor allem werden immer wieder die W-Fragen gestellt. Wer bin ich? Eine Standortbestimmung. Was will ich? Was ist es, was ich lernen will? Wie bekomme ich es? Wie funktionieren Qualitäten? Warum soll ich es benutzen? Warum ist es, was es ist? Wo wende ich es an? Wo ist der Kontext zu den Überlegungen? Wozu ist es gut? Wozu ist es wichtig? Bei der letzten Frage schließt sich wieder der Kreis und kommt zurück zur ersten Frage: Wer bin ich nach diesem Lernprozess? Die Bildungsaspekte Der wichtigste Bildungsaspekt ist die eigene Bewegung und die Achtung darauf. Die Weiterentwicklung kann im Wesentlichen auf drei Ebenen gefördert werden. ICH - die personale Ebene Die einzelnen Körperteile folgen einander in jeder Bewegung, das wird auch bodytracking genannt. Diese Fähigkeit ist fundamental für jede Entwicklung von Bewegungskompetenz. DU die professionale Ebene Zwei Menschen folgen einander in der Bewegung, das wird auch social-tracking genannt. Diese Fähigkeit ist notwendig für Handlungskompetenz und Basis für die 68

69 Interaktion zwischen Menschen. WIR die organisationale Ebene Die Mitglieder einer Gruppe von Menschen folgen deren Bewegung, indem sie Symbole und Regeln der Gruppe im wechselseitigen Austausch beachten. Dies wird auch cultural-tracking genannt. Diese Fähigkeit ist notwendig für die Entwicklung von Organisationskompetenz und Führung Die Kompetenzfelder Die Kompetenzfelder geben einen Überblick über das gesamte MH Kinaesthetics Bildungssystem. Sie helfen dem Einzelnen einen Selbst-Evaluationsprozess durch zu führen. Im Folgenden werden die Kompetenzfelder Konzeptverständnis, Lernumgebung, Organisation, eigene Bewegung, Handling und Grundwissen für die Zusammenfassung der Grundlagen zu MH Kinaesthetics genutzt. 4.5 Zusammenfassung an Hand der MH Kinaesthetics Kompetenzfelder Konzeptverständnis Das MH Kinaesthetics Konzeptsystem stellt ein Werkzeug zur Wahrnehmung und Analyse der eigenen Bewegung dar. Diese Erfahrungen können nur über die eigene Bewegung und im aktiven Tun gemacht werden. Der Mensch bewegt, analysiert, vergleicht und korrigiert in seinem Tun. Fehler sind eine wichtige Erfahrung, um den Unterschied zu erkennen. Je besser die Konzepte verstanden werden, umso leichter können die eigenen Bewegungsmuster erkannt, verbessert und weiterentwickelt werden. Der Nachteil ist, dass die theoretischen Erklärungen schwer nachvollziehbar sind, wenn dazu keine praktischen Übungen gemacht wurden. Es muss im Tun (in der Aktivität) ein eigenes Verständnis entwickelt werden. Der Vorteil des Konzeptsystems ist, dass es eine gemeinsame Sprache für die unterschiedlichen Blickpunkte auf die Aktivitäten ermöglicht. Lernumgebung Die Gestaltung der Umgebung ist ausschlaggebend für den Lernerfolg und die 69

70 Weiterentwicklung. Sie soll der Sensibilisierung für Bewegungsreize förderlich sein. Die Lernumgebung wird mit den methodischen Werkzeugen von MH Kinaesthetics so gestaltet, dass das Lernen an der eigenen Bewegung möglich ist. Es besteht auch die Möglichkeit, als Organisation zu lernen, dies wird auch von MH Kinaesthetics empfohlen und angeboten. Wie bereits in Kapitel erwähnt, ist die Lernumgebung ausschlaggebend für die Entwicklung des Menschen und kann zu Veränderungen des Verhaltens beitragen, wenn die Rahmenbedingungen dazu geschaffen werden. Die Sportwissenschaftlerin und HEPA-Expertin Sylvia TIETZE (HEPA=health-enhancing-physical activity) beschreibt in ihrem Buch Promotion of health-enhancing physical activity, wie wichtig die Umgebung für eine Verhaltensänderung ist: All seven reviewed studies report significantly positive associations between environmental variables and physical activity behaviour. [ ] these unexpected results should help to disclose new perspectives concerning the dynamic interaction between the environment and physical activity. (TIETZE 2003, S.153) Organisation Der menschliche Körper ist ein organisiertes System, in dem die einzelnen Teile voneinander abhängig sind. Der Körper als eine Organisation von Leib-Seele-GeistEinheit ist in sich geschlossen. Der Mensch ist ein geschlossenes System und nimmt über die Sinne Reize auf, die durch Bewegung verarbeitet werden und dem Menschen Rückmeldung geben. Der Mensch kann diese Rückmeldungen mehr oder weniger einordnen. Diese Einordnung ist abhängig von den Erfahrungen, die der Mensch gemacht hat. Auch in Gruppen oder Teams sind die einzelnen Personen voneinander abhängig und erst im Zusammenspiel kann sich die Gruppe weiterentwickeln. Eigene Bewegung MH Kinaesthetics bietet die Möglichkeit, die eigene Bewegung in einem geordneten Konzeptsystem zu analysieren und zu verstehen. Diese Analyse kann genutzt werden, um die Erfahrungen auch umzusetzen. Die eigene Bewegungskompetenz ist das Fundament des Lebens. 70

71 Handling Das Individuum erfährt sich im eigenen Tun und im Tun mit anderen Menschen. Es gibt zwei Möglichkeiten in der Aktivität mit anderen Menschen. Einerseits das Führen und andererseits das Folgen. Das sind hohe Fähigkeiten, die der Mensch im Tun mit anderen Personen erfährt und erlernt. So kann eine gute Zusammenarbeit stattfinden. Grundwissen Dieses Grundwissen ist die Erkenntnis, dass der Mensch Teil eines Gesamtsystems ist und es immer eine Absicht von innen gibt. Das Gesamtsystem kann auf unterschiedlichen Ebenen gesehen werden. Der Mensch in sich als ein Gesamtsystem, das mit der Balance in der Schwerkraft und dem Aufrechterhalten der Lebensfunktionen beschäftigt ist. Der Mensch ist Teil einer Kommunikation mit anderen Menschen und er ist Mitglied einer Gruppe und einer Kultur, die sich in eine bestimmte Richtung entwickelt mit einem inneren Antrieb. Das Individuum handelt nach den eigenen Annahmen. Diese Annahmen immer wieder zu überprüfen und zu korrigieren ist ein wichtiger Beitrag für die Weiterentwicklung im Leben. 4.6 Der Beitrag von MH Kinaesthetics zur Public Health Diskussion MH Kinaesthetics ist ein erfolgreich angewandtes Bildungssystem vor allem im Fachgebiet der Gesundheits- und Krankenpflege. Die Darstellung der Organisation und Projektbeispiele aus der Praxis sollen diesen Erfolg illustrieren. MAIETTA und HATCH können sich unter die Experten der Bewegungswahrnehmung einreihen und mit ihrem Konzept einen wertvollen Beitrag zur öffentlichen Gesundheitsdiskussion leisten MH Kinaesthetics ist ein Bildungssystem Bereits in Kapitel 4.4 wird dieses Bildungssystem ausführlich beschrieben. Die menschliche Bewegung steht im Zentrum der Betrachtung und wird zur Bildung und Weiterentwicklung genutzt. Das Lernen erfolgt über Wahrnehmung von Unterschieden und durch Erkennung von Wahlmöglichkeiten. Den Rahmen bildet das Konzeptsystem. Erfolgt die Bildung und Weiterentwicklung des einzelnen Individuums, erfolgt auch eine Entwicklung im gesamtgesellschaftlichen Kontext. MH Kinaesthetics als Bildungssystem zu 71 nutzen und in die allgemeine

72 Gesundheitsdiskussion einzubringen ist bis jetzt wenig und vor allem auf dem Fachgebiet der Pflege erfolgt. Ein Grund dafür mag der bislang relativ geringe Bekanntheitsgrad auf diskursiver, wissenschaftlicher Ebene sein. Die vorliegende Arbeit soll dazu beitragen, die theoretischen Grundlagen zu erklären und den Nutzen dieses Bildungssystems aufzuzeigen Die Kinaesthetics Organisationen Kinaesthetics Organisationen sind europaweit erfolgreich tätig, ihren größten Anteil haben sie in den deutschsprachigen Ländern Deutschland, Österreich und der Schweiz. Der gesamte Bildungskanon wird über das Internet angeboten, wo auf der Homepage die einzelnen Länder und die jeweiligen Kurse sowie Trainer und Trainerinnen gefunden werden können. Im Ausbildungsprogramm von MH Kinaesthetics werden drei Ebenen unterschieden. Ebene 1: MH Kinaesthetics Anwendungsprogramm Diese Ebene beschäftigt sich mit dem Kennenlernen von MH Kinaesthetics Konzepten und dem Einsatz der in den Kursen erworbenen Kompetenzen in der Arbeit mit anderen Menschen. Diese Ebene beinhaltet: MH Kinaesthetics Grundkurs (Dauer: vier Tage) MH Kinaesthetics Aufbaukurs (Dauer: vier Tage) MH Kinaesthetics Zertifizierungskurs (Dauer: zehn Tage innerhalb von sechs Monaten) Nach Abschluss dieses Anwendungsprogrammes ist es möglich in die zweite Ebene, dem MH Kinaesthetics Trainerprogramm, weiter zu gehen. Ebene 2: MH Kinaesthetics Trainerprogramm Dieses Trainerprogramm beinhaltet ebenfalls drei Ausbildungen, welche aufbauend absolviert werden können. Ausbildung zur Trainerin für MH Kinaesthetics Grundkurse (Dauer: 46 Tage über ein Jahr verteilt) Ausbildung zur Trainerin für MH Kinaesthetics Aufbaukurse (Dauer: 38 Tage über ein Jahr verteilt) Ausbildung zur Trainerin für MH Kinaesthetics Zertifizierungskurse (Dauer: 17 Tage über 10 Monate verteilt) 72

73 Ebene 3: MH Kinaesthetics Programm für Dozenten Voraussetzung für dieses Programm ist der Abschluss des gesamten MH Kinaesthetics Trainerprogramms. Auch diese Ebene wird in drei Teile geteilt und enthält wiederum Grundkurs, Aufbaukurs und Zertifizierungskurs. Innerhalb dieser Ebenen werden Kurse und Weiterbildungen zu den unterschiedlichen Themen angeboten. Die am häufigsten angebotenen Bereiche sind Pflege, Infant Handling, Kreatives Lernen und Pädagogik. In einer einfachen Übersicht wird das beschriebene Bildungssystem nochmals grafisch dargestellt. Abbildung 5: MH Kinaesthetics Bildungssystem mit den drei unterschiedlichen Ebenen Quelle: MH KINAESTHETICS INSTITUT (2009) 73

74 Die Kinaesthetics Kurse werden von unterschiedlichen Institutionen angeboten. Die zwei größten Anbieter sind MH Kinaesthetics mit Sitz in Santa Fe/USA und EKA European Kinaesthetics Association mit Sitz in Linz/Österreich. Beispielhaft für den umfassenden Tätigkeitsbereich von MH Kinaesthetics sollen im Folgenden zwei Projekte vorgestellt werden: Landeskrankenhaus Hörgas-Enzenbach (ein Krankenhaus der steiermärkischen Krankenanstaltengesellschaft m.b.h. - KAGes) Bewegen und Wahrnehmen waren die Schlüsselworte für alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Landeskrankenhaus Hörgas-Enzenbach. Die KAGes finanzierte das zweijährige Pilotprojekt der betrieblichen Gesundheitsförderung. Ziel dabei war es, Bewegungs- und Arbeitsabläufe zu optimieren und in den beruflichen Alltag zu integrieren. Insgesamt nahmen 180 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen aus allen Berufsgruppen an diesem Projekt teil. Die geschulte und dadurch verbesserte Bewegungskompetenz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat sich positiv auf deren Gesundheit ausgewirkt. Eines der Indizien dafür war, dass sich die Krankenstandsdauer um durchschnittlich eineinhalb Tage pro Person pro Jahr reduzierte. Vor allem Rückenbeschwerden und Erkrankungen des Bewegungsapparates wurden deutlich vermindert. Durch die verbesserte Bewegungsqualität konnte die Produktivität in der PatientenBetreuung erhöht werden und Stresssituationen wurden positiv beeinflusst. (vgl. KAGES 2007) Pilotprojekt MH Kinaesthetics an Kindergärten und Volksschulen in der Steiermark zum Thema: Gesunder Start einfach mehr Bewegung Mittels Schulungsmaßnahmen von MH Kinaesthetics erhielten Eltern sowie Pädagoginnen und Betreuerinnen in den Kindergärten von Hollenegg, St. Martin im Sulmtal und Wies, sowie in den Volksschulen Hollenegg und St. Martin i.s. ein Angebot, die Gesundheitsentwicklung von Kindern positiv zu unterstützen. Das Wissen über Bewegungsgrundlagen für Lernen und Gesundheit wurde in den Unterrichtseinheiten vermittelt und praktisch erfahren, damit die Pädagoginnen, Eltern und Betreuerinnen dieses Wissen in den Alltag integrieren können. An diesem Pilotprojekt nahmen 22 Pädagoginnen und Betreuerinnen teil. Diese wurden mit 30 Unterrichtseinheiten zwischen Mai 2009 und Mai 2010 mit MH 74

75 Kinaesthetics geschult. Von November 2009 bis Mai 2010 wurden für 68 Eltern und Erziehungsberechtigte acht Unterrichtseinheiten durchgeführt. Parallel dazu erfolgte eine wissenschaftliche Evaluierung mittels eines eigens entwickelten Fragebogens. Diese Untersuchung ist derzeit in Auswertung. (vgl. KINAESTHETICS. News) MH Kinaesthetics als eine Möglichkeit von vielen zur Gesundheitsförderung durch bewusste Bewegung Konzepte zur bewussten Bewegung Mit bewusster Wahrnehmung durch Bewegung beschäftigten sich in vergangener Zeit verschiedene Persönlichkeiten. Drei dieser Pioniere waren Frederick Matthias Alexander, Moshé Feldenkrais und Rudolf Laban. Alle drei Pioniere waren sicher, dass Bewegung die Gesamtpersönlichkeit positiv verändern kann. Durch Kontrolle von Handlungen mittels bewusster Bewegungswahrnehmung wird es möglich, schlechte Gewohnheiten zu verändern, Leistungsfähigkeit zu verbessern, maximale Funktionsfähigkeit des Organismus zu entwickeln und zu besserer Gesundheit und zu Lebensfreude zu gelangen. (vgl. FRIEDMANN 1989, S.109) Rudolf Laban ( ) erforschte die Geheimnisse der menschlichen Anstrengung. Die Laban-Bewegungsstudien stellen eine theoretische Grundlage zur Differenzierung quantitativer und qualitativer Körperbewegungen dar. Er wird als 'geistiger Vater' der Bewegungslehre bezeichnet. (vgl. FRIEDMANN 1989, S.20ff; WIKIPEDIA. Laban-Bewegungsstudien) Frederick Matthias Alexander ( ) war der Überzeugung, dass das eigene Bewegungsverhalten Ausdruck der Gewohnheiten ist, mit sich selbst umzugehen. Die Alexander Lehrmethode basiert darauf, alte schädliche Bewegungsmuster zu unterbinden und bewusste Kontrolle, Re-Edukation und Neuordnung des Menschen als einheitliches Ganzes einzuführen. Viele Schüler jedoch akzeptierten die Alexandertechnik nicht, da während des Unterrichts keine Möglichkeit bestand, sich auf eine andere Weise als nach dem von Alexander als richtig festgelegten Standard selbst zu kontrollieren, wodurch es nicht 75

76 möglich war, in Bewegung und Denken Kreativität zu entwickeln. (vgl. FRIEDMANN 1989, S.56ff) Moshé Feldenkrais ( ) ist einer der bekanntesten Experten für Bewegungswahrnehmung. Das Leitmotiv in seinem Wirken war, dass Selbstverwirklichung und Glück durch Körpererfahrung und Körperbewusstheit gefunden werden können. Er versuchte seinen Schülern das Höchstmaß ihrer eigenen Möglichkeiten durch die Macht ihres Geistes zugänglich zu machen. (vgl. FRIEDMANN 1989, S.75ff) Wahrnehmung durch Bewegung wird in unterschiedlichen Konzepten verwendet. Abschließend sollen noch einige weitere bekannte Zugänge genannt werden: Subjektive Anatomie, Motopädagogik, Psychomotorik, Eutonie Die Entscheidung für Kinaesthetics Nachdem es so viele unterschiedliche und interessante Konzepte zu diesem Thema gibt, soll erklärt werden, warum für diese Arbeit MH Kinaesthetics gewählt wurde. MH Kinaesthetics bietet mit den theoretischen Grundlagen und den praktischen Erfahrungen eine Möglichkeit, Salutogenese direkt in der Praxis umzusetzen. MH Kinaesthetics kann mit einfachen Mitteln erlernt werden. Die eigene Bewegung wird analysiert. Das Erlernte ist überall anwendbar, denn den Körper hat man immer dabei. Der Zugang zu den Kursen ist einfach, es sind keine Vorkenntnisse notwendig. Damit ist es eine klassische Bottom-up Methode, da sie jedem Menschen offen steht. MH Kinaesthetics ist eine Möglichkeit, zum Empowerment des Einzelnen beizutragen, allgemein die Gesundheit zu verbessern und damit einen Beitrag zur Gesundheitsförderung zu leisten Bewegungsempfehlungen und die Qualität der Bewegung Ein Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit liegt darin zu beschreiben, wie die Bewegungskompetenz in Bezug zur Gesundheit verbessert werden kann und was dies aus der Sicht der Salutogenese bedeutet. Diese Bewegungskompetenz wird in erster Linie in den Alltagsaktivitäten geschult. Die Alltagsaktivitäten sind lebensnotwendig, sie werden am häufigsten ausgeführt und können durch Veränderungen nachhaltige 76

77 Wirkungen erzeugen. Die erworbene und verbesserte Bewegungskompetenz wird dann in allen verschiedenen Lebensbereichen angewendet, ebenso in den zusätzlichen körperlichen Aktivitäten. Im Blickwinkel der Arbeit von MH Kinaesthetics stehen die Alltagsaktivitäten und die Verbesserung der Qualität der Bewegung bei diesen Aktivitäten. In der Bewegungspyramide werden die Alltagsaktivitäten als Basis der Pyramide dargestellt. Das entspricht der Sichtweise von MH Kinaesthetics nach der die eigene Bewegungskompetenz in den alltäglichen Bewegungen als das Fundament des Lebens betrachtet wird. Abbildung 6: Bewegungspyramide zur Empfehlung für körperliche Aktivität Quelle: GESUNDES LEBEN Aus dieser Darstellung ist ersichtlich, dass sich die früheren Empfehlungen von sportlichem Ausdauer- und Krafttraining weiterentwickelt haben und nun die Alltagsaktivitäten mit eingeschlossen werden. Seit Mitte der 90er Jahre wird von führenden Public Health Institutionen das Konzept der Health-enhancing physical activity (gesundheitsfördernde körperliche Aktivität) in den Vordergrund gerückt. Hierbei ist körperliche Aktivität nicht nur auf Sport bezogen, sondern schließt auch Alltagsaktivitäten mit ein. (vgl. RÜTTEN, ABU-OMAR 2006, S.182ff) 77

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