Arbeit und Recht. 12 n 2017 Seiten Deutsches und Europäisches Arbeitsrecht. Aufsätze Seite 476. Rechtsprechung Seite 502. arbeitundrecht.

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1 12 n 2017 Seiten Dezember n 65. Jahrgang n ISSN n D 1344 Arbeit und Recht Deutsches und Europäisches Arbeitsrecht Aufsätze Seite 476 Dorothee Müller-Weer Aufzeichnungspflichten über geleistete Arbeitsstunden Auswirkungen auf die Darlegungs- und Beweislastverteilung im Überstundenprozess arbeitundrecht.eu Rainald Thaisch Unternehmensmitbestimmung: Aktuelle Herausforderungen und Reformoptionen Günter Grotma-Höfling Die Arbeitsgerichtsbarkeit 2016 im Lichte der Statistik Rechtsprechung Seite 502 EuGH: Dynamische Bezugnahmeklauseln auf Tarifverträge nach Unionsrecht (Heuschmid) BAG: Darlegung von Überstunden Wartezeiten bei Be- und Entladen (Ulber) EuGH: Festsetzung Mindestkörpergröße ka unerlaubte Frauendiskriminierung (m. Anm.) EuGH: Diskriminierung wegen Religion oder Weltanschauung BAG: Kein Wiedereinstellungsanspruch im Kleinbetrieb (m. Anm.) BAG: Insolvenzanfechtung bei Ratenzahlungsvereinbarung und Rückzahlung von Ausbildungsvergütung (m. Anm.) BAG: Wirksame Versetzung setzt kein BEM voraus (m. Anm.) ArbG Köln: Befristeter Vertrag mit Berufsfußballspieler wirksam

2 Wissen, was möglich ist Neuauflage! Michael Kittner / Bertram Zwanziger Olaf Deinert / Johaes Heuschmid (Hrsg.) Arbeitsrecht Handbuch für die Praxis inklusive Online-Ausgabe mit Rechtsprechung und zahlreichen Arbeitshilfen 9., vollständig überarbeitete Auflage Seiten, gebunden Subskriptionspreis bis 31. Dezember 2017: 149, Danach: 169, ISBN Das große Standardwerk kommt in aktueller Auflage komplett überarbeitet, entschlackt und besser strukturiert. Es erklärt die neuen Entwicklungen Digitalisierung, Mobile Arbeit, Crowdworking und stellt das materiellrechtliche und prozessuale Arbeitsrecht umfassend und systematisch dar. Konzentriert aufbereitet in einem Band und immer die Arbeitnehmerposition im Blick. Dabei beziehen die Autorien und Autoren auch stets das Sozialrecht mit ein, das für die betriebliche Praxis prägend ist. Schwerpunkte der Neuauflage: Gesetzliche Neuregelungen zu Arbeitnehmerüberlassung und Werkverträgen Tarifeinheitsgesetz Entwicklungen im Mindestlohn Aktuelle Entwicklungen im Arbeitszeitrecht Änderungen im Datenschutz Flexibilisierung der Elternzeit durch Neuregelungen im BEEG Reform des Mutterschutzgesetzes Gesetz zur Verbesserung der Rechtssicherheit bei Anfechtungen nach der Insolvenzordnung und nach dem Anfechtungsgesetz Änderungen im Arbeitsschutz, insbesondere der Arbeitsstättenverordnung Neue Entwicklungen im Arbeitsleben wie Crowdworking, Mobilarbeit, ständige Erreichbarkeit Entwicklungen im internationalen Arbeitsrecht und deren Auswirkungen auf das nationale Recht Ein echtes Plus: Zugang zur Online-Datenbank mit Rechtsprechung und zahlreichen Musterverträgen, Formularen und Schriftsätzen sowie dem digitalen Buchinhalt im Volltext. Herausgeber: Dr. Michael Kittner, em. Prof. für Wirtschafts-, Arbeits- und Sozialrecht an der Universität Kassel, langjähriger Justitiar der IG Metall Dr. Bertram Zwanziger, Vorsitzender Richter am Bundesarbeitsgericht, Erfurt Dr. Olaf Deinert, Prof. für Bürgerliches Recht, Arbeits- und Sozialrecht an der Universität Göttingen, ehrenamtlicher Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Johaes Heuschmid, stellvertretender Leiter des Hugo Sinzheimer Instituts (HSI) für Arbeitsrecht in Frankfurt/Main EINFACH ONLINE BESTELLEN ODER COUPON AUSFÜLLEN UND ABSCHICKEN: 1. Einsteigen auf 2. Daten eingeben 3. Absenden Expl. Best.-Nr. Autor / Kurztitel Preis / Michael Kittner u.a. Arbeitsrecht (Subskriptionspreis bis 31. Dezember 2017, danach: 169, ) 149, Absender: Frau Herr Name / Vorname: Firma / Funktion: Immer topaktuell informiert sein Ja, ich möchte den kostenlosen Newsletter für Betriebsräte nutzen. Ja, ich möchte den kostenlosen Newsletter für Personalräte nutzen. Den Newsletter ka ich jederzeit wieder abbestellen. SERVICE-FAX: 069 / Straße / Nr.: PLZ / Ort: Telefon: Datum / Unterschrift: Postfach Frankfurt am Main Infotelefon: 069 / Fax: 069 / kontakt@bund-verlag.de

3 Impressum Arbeit und Recht ISSN /2017 Dezember 2017, 65. Jahrgang Herausgeber Deutscher Gewerkschaftsbund Geschäftsführender Herausgeber RA Wolfgang Apitzsch Redaktion Frank Siebens (Redakteur, verantwortlich i. S. d. Presserechts) Dorothee Müller-Weer (Redakteurin) Andrea Baczyk (Assistenz) Leslie Schilling (arbeitundrecht.eu) Anschrift der Redaktion c/o DGB Rechtsschutz GmbH Wilhelm-Leuschner-Str. 81, Frankfurt/Main Tel. 0 69/ , Fax 0 69/ arbeitundrecht@bund-verlag.de Verleger Bund-Verlag GmbH Geschäftsführer Rainer Jöde Geschäftsbereich Zeitschriften Bettina Frowein Anschrift des Verlages Bund-Verlag GmbH Heddernheimer Landstraße Frankfurt /Main (ladungsfähige Anschrift) Tel.: 0 69/ , Fax 0 69/ Leser- und Aboservice, Helpdesk AuR-Online Bund-Verlag GmbH, Frankfurt /Main Tel. 0 69/ , Fax 0 69/ abodienste@bund-verlag.de Anzeigen Peter Beuther (verantwortlich) Thorsten Kauf Tel. 0 69/ Fax 0 69/ thorsten.kauf@bund-verlag.de Es gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 19, gültig ab Arbeit und Recht erscheint 11 im Jahr einschließlich Online-Version, Online-Archiv und 6 jährlich Zeitschrift für Soziales Recht Jahresbezug 2018 einschließlich Mehrwertsteuer 194,40. Einzelheft 18,20 Ausland 194,40 zzgl. Versandkosten; Vorzugspreis für Studenten und Referendare 98,40 Institutionspreis (inkl. IP-Adresse für Online-Nutzung) 248,40 zzgl. Versandkosten Abbestellungen mit einer Frist von 6 Wochen zum Jahresende. Die zur Abwicklung des Aboements erforderlichen Daten werden nach den Bestimmungen des BDSG verwaltet. Namentlich gekezeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Herausgeber, des Verlegers oder der Redaktion wieder. Urheber- und Verlagsrechte Alle in dieser Fachzeitschrift veröffentlichten Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung auch auszugsweise bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Umschlag und Layout Ute Weber, Geretsried Druckvorstufe und Druck Konrad Triltsch GmbH, Ochsenfurt-Hohestadt Arbeit und Recht ist deutsches Mitglied der International Association of Labour Law Journals Publications Around the World Mobile Arbeit ist Arbeit Frank Siebens Der Kommentar Die Zahl der Beschäftigten wächst, die ihre Arbeit nur noch teilweise oder nicht mehr vom klassischen Büro- oder Home-Office- Arbeitsplatz, sondern mittels moderner Informations- und Kommunikationsgeräte mobil ausüben. Dies ist eine Folge der zunehmenden Digitalisierung des Arbeitsalltags. Die AN sind in diesen Fällen für die Erbringung ihrer Arbeitsleistung nicht mehr an einen festen Arbeitsort gebunden. Das ermöglicht ihnen, Angehörige zu pflegen, Kinder zu betreuen oder selbst zu bestimmen, wa sie frei haben. Dies ka aber dazu führen, dass Doppelbelastungen auftreten und die Grenzen zwischen Privat- und Arbeitsleben völlig verschwimmen. Da wird gar nicht mehr abgeschaltet! Neuere wissenschaftliche Studien zeigen einen Zusammenhang zwischen selbstgesteuerten und verlängerten Arbeitszeiten. Umso wichtiger ist es, die Arbeitsform des mobilen Arbeitens mittels TV oder Betriebsvereinbarung zu regeln. Gelungen ist dies z.b. bei BMW und der Dt. Telekom. Der Vorteil solcher Regelungen besteht darin, dass sie sicherstellen, dass jede berufliche Tätigkeit (online oder offline), von wo aus auch immer, im arbeitszeitrechtlichen, vergütungsrechtlichen und betriebsverfassungsrechtlichen Sie Arbeit ist. Weitere wichtige Eckpunkte solcher Regelungen sind Freiwilligkeit, Nichterreichbarkeitsklauseln, Arbeits-, Gesundheits- und Datenschutz sowie Arbeitszeiterfassung. De klar ist: Das ArbZG mit Arbeitszeithöchstgrenzen und Ruhezeiträumen gilt. Dagegen nützt die Nichterfassung von Arbeitszeiten in Zuge der Digitalisierung fast ausschließlich den AG! Klärungsbedarf besteht bei Arbeit im Home-Office. Ebenso wie beim klassischen Büroarbeitsplatz sind im Home-Office Regelungen zum Arbeits- und Gesundheitsschutz einzuhalten. Dies gilt für die Arbeitsumgebung, aber auch für Arbeitsgeräte. Damit es nicht zu Gesundheitsschäden kommt, müssen ergonomische Mindestanforderungen und einschlägige Vorgaben aber auch beim mobilen Arbeiten eingehalten werden. Dies ka bei Notebooks und Tablets mit Tastatur noch gegeben sein. Große Zweifel bestehen beim Smartphone. Bei der Arbeitsumgebung gilt: Zeitlich eng begrenzte Arbeit in der Bahn ka im Rahmen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes noch zulässig sein. In vielen Hotelzimmern, in Restaurants und auf Parkbänken ist das zu verneinen. Deshalb sind Gesetzgeber und Rspr. gefordert, sicherzustellen, dass mobile Arbeit von welchem Ort auch immer Arbeit im arbeitszeitrechtlichen, vergütungsrechtlichen und betriebsverfassungsrechtlichen Sie ist und der Arbeits- und Gesundheitsschutz eingehalten wird. Teile der AG, ihrer Verbände und Sympathisanten in der Politik sehen die durch die Digitalisierung gegebene Möglichkeit der Ausweitung mobilen Arbeitens als Perspektive zur weiteren Entgrenzung der Arbeit. Darum geht es nicht. Regelungen zur Verlängerung der täglichen Arbeitszeit und zur Verkürzung der Ruhezeiträume sind fehl am Platze! AN müssen im gesetzlich, tariflich und betriebsverfassungsrechtlich gesteckten Rahmen Entscheidungen bzgl. ihrer Arbeitsform und der Frage treffen köen, ob sie befristet Teilzeit-Arbeit leisten möchten. In diesem Zusammenhang ist auch die Tarifforderung der IG Metall zur Möglichkeit der zeitweiligen Arbeitszeitverkürzung zu sehen. Es geht um mehr Möglichkeiten für Beschäftigte und nicht um mehr Flexibilität für AG! AuR 12 n

4 Inhalt Aufsätze Dorothee Müller-Weer, Aufzeichnungspflichten über geleistete Arbeitsstunden Auswirkungen auf die Darlegungsund Beweislastverteilung im Überstundenprozess 476 Rainald Thaisch, Unternehmensmitbestimmung: Aktuelle Herausforderungen und Reformoptionen 480 Günter Grotma-Höfling, Die Arbeitsgerichtsbarkeit 2016 im Lichte der Statistik 485 Arbeit und Rechtspolitik Bericht aus Berlin 489 Aktuelles aus Brüssel und Straßburg 491 Arbeit und Sozialrecht 494 Arbeit und Steuerrecht 495 Personalien Termine Info Gelesen 496 Rechtsprechung Entscheidung mit Anmerkung EuGH Dynamische Bezugnahmeklauseln auf Tarifverträge nach Unionsrecht (Heuschmid) BAG Darlegung von Überstunden Wartezeiten bei Be- und Entladen (Ulber) Leitsätze der Redaktion mit Volltextzugang 1. Individuelles Arbeitsrecht Arbeitsverhältnis: LAG Rheinland-Pfalz Aahmeverzug während Betriebsferien Employm. App. Trib Uber Großbritaien CCMA Uber Südafrika Befristung: BAG Arbeitsaufnahme vor Abschluss, Faktisches Arbeitsverhältnis LAG Niedersachsen Sachgrundlos, Vorbeschäftigung BAG Vertretung, Abordnung, Rückkehrprognose BAG Vertretung, Änderungsvereinbarung LAG Rheinland-Pfalz Vertretungsbedarf und Vertragsdauer Betriebliche Altersversorgung: BAG Änderung einer Anpassungsregelung Datenschutz: BAG Beschäftigte, Detektiv, außerordentliche Kündigung BAG Keylogger, Kündigung, private Internetnutzung Gleichbehandlung: LAG Berlin-Brandenburg Arbeiter Angestellte HessLAG Schwerbehinderte Menschen, Vorstellungsgespräch BAG Teilzeit, Aufstockungsverlangen Haftung des Arbeitgebers: LAG Düsseldorf Sturmschäden Insolvenzrecht: BAG Altersteilzeit, Insolvenzgeld, Differenzvergütung Kündigung: LAG Berlin-Brandenburg Betriebsbedingt, Auftragslücken BAG Leiharbeit, Massenentlassung, Schwellenwerte LAG Berlin-Brandenburg Vertretungsbefugnis, Gesamtprokura Öffentlicher Dienst: BAG Doppelbefristung, Personalratsbeteiligung VerfG Meck.-Vorp Gleichstellungsbeauftragte, Wahlrecht nur für Frauen BAG Stufenzuordnung im Rahmen des TV-N-Thüringen BAG (Teil-)Kündigung einer Pauschalierungsabrede BAG TV SozSich, Überbrückungsbeihilfe, missbräuchliche Gestaltung AuR 12 n 2017

5 AuR im Netz: Auf finden Sie alle Ausgaben der AuR seit 2005, außerdem eine Rechtsprechungsdatenbank mit den BAG- und LAG-Entscheidungen und Hintergrundinformationen. Inhalt Vergütung: BAG Anpassungsgeld, Zuschuss, Grubenwehrzulage BAG Mindestlohn, gesetzlicher, Leistungszulage BAG Mindestlohn, So- und Feiertagszuschläge Versetzung: BAG Unbillige Weisung, Verbindlichkeit für den AN Vertragsrecht: BAG Aahmeverzug, tatsächliches Angebot, Unvermögen BAG Staatenimmunität, drittstaatliche Eingriffsnormen, Gehaltskürzung Kollektives Arbeitsrecht Betriebsrat: BAG Anzahl freizustellender Betriebsratsmitglieder, Leiharbeitnehmer BAG Betriebsteil, räumlich weite Entfernung vom Hauptbetrieb HessLAG Gebührenrechnung, Rechnungsstellung an BR JAV: LAG Hamm Angebot alternativer Weiterbeschäftigungsmöglichkeit Mitbestimmung: BAG Nachteilsausgleich, Betriebsstilllegung LAG Baden-Württemberg Personalplanung, Unterrichtungsanspruch BAG Unternehmensmitbestimmung, Wahlanfechtung, Aufsichtsrat LAG Köln Wirtschaftsausschuss, Informationen in elektronischer Form, Einigungsstelle Tarifrecht: BAG Gewerkschaftlicher Unterlassungsanspruch, Nachwirkungszeitraum ArbG Gelsenkirchen Warnstreik, Sozialtarifvertrag, Friedenspflicht 3. Verfahrensrecht BAG Frist, Ausschlussfrist, AGG LAG Nürnberg Gegenstandswert, Zustimmungsersetzungsverfahren, Eingruppierung mehrerer Mitarbeiter BVerfG Gesetzlicher Richter, Einzelrichter beim LSG BAG Klageweg, Betriebsstilllegung BAG Nichtzulassungsbeschwerde, Grundsätzliche Bedeutung, Klärungsbedürftigkeit LAG Hamburg Prozessfähigkeit, Querulantenwahn LAG Nürnberg Prozesskostenhilfe, Klageentwurf BAG Staatenimmunität, Internationale Zuständigkeit BAG Revision, Befristung, Institutioneller Rechtsmissbrauch 4. Vollstreckungsrecht Zwangsvollstreckung: BAG Pfändbarkeit von Zulagen LAG Nürnberg Vergleich, unbestimmt, Aahmeverzugslohn LAG Kiel Zeugnis, vereinbarter Inhalt 5. Sozialrecht BVerfG Arbeitslosenversicherung, Angemessene Kosten der Unterkunft und Heizung 6. Steuerrecht BFH Kindergeld, Volljähriges Kind, Berufsausbildung, Sprachketnisse Kurzmitteilungen EuGH Festsetzung Mindestkörpergröße als Frauendiskriminierung (M-W) EuGH Wöchentliche Ruhezeit im Siebentageszeitraum GA Tanchev Diskriminierung wegen Religion oder Weltanschauung BAG Kein Wiedereinstellungsanspruch im Kleinbetrieb (Siebens) BAG Insolvenzanfechtung bei Ratenzahlungsvereinbarung BAG Insolvenzanfechtung: Rückzahlung von Ausbildungsvergütung (M-W) BAG Kündigungsfrist von 3 Jahren in AGB benachteiligt AN unangemessen BAG Wirksame Versetzung setzt kein BEM voraus (M-W) LAG Berlin-Brandenburg Kündigung wegen Stasi-Tätigkeit unwirksam ArbG Köln Befristeter Arbeitsvertrag mit Berufsfußballspieler wirksam Zusammenfassungen/Abstracts 520 AuR 12 n

6 Aufsätze Müller-Weer Aufzeichnungspflichten über geleistete Arbeitsstunden Aufzeichnungspflichten über geleistete Arbeitsstunden Auswirkungen auf die Darlegungs- und Beweislastverteilung im Überstundenprozess 1 Dorothee Müller-Weer, Dortmund Die Verpflichtung des AG, Arbeitszeiten aufzuzeichnen, ist in einer Reihe von gesetzlichen Regelungen enthalten. Damit soll die Einhaltung öff.-rechtlicher Schutzpflichten überwacht werden. So sollen AN einerseits vor gesundheitlicher Überforderung durch Mehrarbeit ( 16 ArbZG) geschützt und im Straßentransport die öff. Sicherheit durch Einhaltung von Lenk- und Ruhezeiten im Straßenverkehr ( 21a ArbZG) gewährleistet werden. Andererseits sollen Aufzeichnungspflichten verhindern, dass Mindestentgelte unterlaufen werden ( 19 AEntG, 17c AÜG und 17 MiLoG). Wegen ihres öff.-rechtl. Charakters haben nach bisher überwiegendem Verständnis gesetzliche Aufzeichnungspflichten keine Auswirkungen auf den vom AN für geleistete Arbeitsstunden geltend gemachten Vergütungsanspruch. Daran ka in Bezug auf Aufzeichnungspflichten, die der Sicherung von Mindestlöhnen dienen, nicht festgehalten werden. I. Überblick über gesetzliche Aufzeichnungspflichten 1. ArbZG Das ArbZG normiert Aufzeichnungspflichten in zwei Vorschriften: 16 Abs. 2 und 21a Abs. 7. Der Anwendungsbereich des 16 Abs. 2 ist eingeschränkt, da er AG nur verpflichtet, die über die werktägliche Arbeitszeit des 3 S. 1 ArbZG hinausgehenden Arbeitszeiten der AN aufzuzeichnen. Dies bedeutet, dass Aufzeichnungspflichten erst begien, sobald der AN an einem Werktag mehr als 8 Std. arbeitet. Darauf, ob Verlängerungen zulässig sind und Ausgleichszeiträume eingehalten werden, kommt es nicht an. Die Aufsichtsbehörde soll in der Lage sein, die Einhaltung der Arbeitszeitvorschriften zu kontrollieren, was bei Berücksichtigung vielfältiger Möglichkeiten, Arbeitszeiten etwa durch TV oder BV zu verlängern und auszugleichen, ohne Aufzeichnungen schwer möglich wäre. 2 Der Aufzeichnungspflicht unterliegt außerdem jede Arbeitszeit an So- und Feiertagen. Dies entspricht Wortlaut und Si der Vorschrift. Arbeitszeit, die an So- und Feiertagen geleistet wird, geht über die werktägliche Arbeitszeit des 3 S. 1 ArbZG hinaus. Der aufsichtsbehördlichen Kontrolle unterliegt auch die Einhaltung des Sotagsarbeitsverbots. 3 Eine umfassendere Aufzeichnungspflicht sieht 21a Abs. 7 S. 1 ArbZG für die Arbeitszeit von Kraftfahrern vor. Hier muss der AG die Arbeitszeit der AN insg., also jeden Tag von Begi bis Ende, aufzeichnen. Auf eine Überschreitung von 8 Std./Tag kommt es nicht an. Sowohl gem. 16 Abs. 2 S. 2 als auch gem. 21a Abs. 7 S. 2 ArbZG sind die Aufzeichnungen mind. 2 Jahre lang aufzubewahren. Besondere Vorschriften gelten in der Luft- und Schifffahrt (s. 20, 18 Abs. 3 ArbZG). Behördlich geforderte Arbeitszeitaufzeichnungen sind personenbezogene Daten isd. EU-Datenschutzrechts. Ihre Erhebungsund Vorlagepflicht gegenüber den Arbeitsschutzbehörden erket der EuGH wegen ihres Zwecks an, nämlich einer besseren Anwendung der Regelungen über die Arbeitsbedingungen AEntG, AÜG und MiLoG Das AEntG sieht in 19 Abs. 1, das MiLoG in 17 und das AÜG in 17c Abs. 1 unter bestimmten Voraussetzungen Aufzeichnungspflichten des AG vor. Die Vorschriften haben in Bezug auf die zu erfüllenden Pflichten identischen Wortlaut. Danach muss der AG für den jeweilig benaten Beschäftigtenkreis Begi, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit spätestens bis zum Ablauf des 7. auf den Tag der Arbeitsleistung folgenden Kalendertages aufzeichnen und diese Aufzeichnungen mind. 2 Jahre, begiend ab dem für die Aufzeichnung maßgeblichen Zeitpunkt, aufbewahren. Diese Aufzeichnungspflichten gehen damit über die für Kraftfahrer in 21a Abs. 7 ArbZG genaten hinaus, da sie ausdrücklich auch die Dauer und zudem eine Frist für die Erfüllung der Aufzeichnungspflicht beneen. Aus Angaben zu Begi und Ende der Arbeitszeit allein ergibt sich nicht zwingend die Dauer der täglichen Arbeitszeit, da während des Tages Unterbrechungen stattfinden köen. Aus der ausdrücklichen Pflicht, die Dauer der täglichen Arbeit anzugeben, ergibt sich daher mittelbar die Pflicht, auch Pausenzeiten zu dokumentieren. 5 Im Übrigen köen aus der Dauer der Tätigkeit Rückschlüsse auf die Plausibilität der übrigen Angaben gezogen werden. Die 7-Tages-Frist dient der effektiven Kontrolle und trägt dem Umstand Rechnung, dass Aufzeichnungen, je länger sie zurückliegen, desto weniger die tatsächlich geleistete Arbeitszeit wiedergeben werden. Die Vorschriften gelten für einen begrenzten Personenkreis. Gem. 17 Abs. 1 AÜG sind dies aufgrund der Verweisung auf 8 Abs. 1 SGB IV zum einen die sog. geringfügig Beschäftigten (mit Ausnahme der im Haushalt Beschäftigten), zum anderen aufgrund der Verweisung auf 2a des SchwarzarbeitsbekämpfungsG AN, die in den in dieser Vorschrift genaten Wirtschaftsbereichen beschäftigt sind. Hierbei handelt es sich z. B. um das Bau-, Gaststätten-, Speditions-, oder 1 Das Forum: Streitobjekt Arbeitszeit auf dem Kongress 3. Campus Arbeitsrecht am behandelt u.a. auch dieses Thema. 2 ErfK/Wank 16 ArbZG, Rn. 3; Buschma/Ulber, ArbZG, 16 Rn. 7, ErfK/Wank, aao., Rn. 4; Buschma/Ulber, aao., Rn. 19; Schliema, FA 2016, 66, Vgl. EuGH , C-342/12, AuR 2013, 370 zu Art. 6 RL 2003/88/EG, wonach die (unverzügliche) Vorlagepflicht von Aufzeichnungen gegenüber der Überwachungsbehörde mit der Datenschutz-RL 95/46 vereinbar ist. 5 Lakies, MiLoG, 17 Rn. 4; Maschma, NZA 2014, 929, 936; HK-MiLoG/Ramming, 17, Rn. 9, der allerdings nur meint, die Aufzeichnung von Pausen sei»sivoll« AuR 12 n 2017

7 Aufzeichnungspflichten über geleistete Arbeitsstunden Müller-Weer Aufsätze Gebäudereinigungsgewerbe oder die Fleischwirtschaft. In Bezug auf die Beschäftigung von AN in diesen Branchen und von geringfügig Beschäftigten schätzt der Gesetzgeber die Missbrauchsanfälligkeit und Nichteinhaltung von Schutzvorschriften besonders hoch ein. Im Bereich der Leiharbeit besteht die Aufzeichnungspflicht gem. 17c Abs. 1 ivm. 3a AÜG, soweit vom BMAS erlassene RVO für die in Leiharbeitsverhältnissen Beschäftigten Mindeststundenentgelte vorsehen. Hiervon hat der Verordnungsgeber Gebrauch gemacht. 6 Die Aufzeichnungspflicht gem. 17c Abs. 1 AÜG trifft nur den Entleiher. Dies ist allein dem Umstand geschuldet, dass der Leih-AN im Betrieb des Entleihers seine Arbeit erbringt und deshalb der Entleiher eher als der Verleiher Einblick in dessen Arbeitszeiten hat. Darüber hinaus gelten jedoch für beschäftigte Leih-AN, für die nach dem MiLoG oder dem AEntG Aufzeichnungspflichten bestehen, diese gem. 19 Abs. 1 S. 2 AEntG und 17 Abs. 1 S. 2 MiLoG nicht nur für den Entleiher, sondern auch für den Verleiher. Auf Grundlage der Erlaubnis in 17 Abs. 3 MiLoG ka das BMAS als Verordnungsgeber Aufzeichnungspflichten einschränken oder erweitern. Davon hat es in der sog. Mindestlohndokumentationspflichten-VO (MiLoGDokV) Gebrauch gemacht. Darin ist etwa die Dokumentationspflicht für AN aufgehoben, die mehr als verdienen. Mit der 2. MiLoGDokV v wurde auf Intervention der AG der Schwellenwert auf reduziert, we AG nachweisen, dass sie Monatseinkommen in dieser Höhe tatsächlich in den letzten 12 abgerechneten Monaten gezahlt haben. Weiterhin sieht die MiLoGDokV Vereinfachungen für AN mit ausschließlich mobilen Tätigkeiten vor. Hier reicht die Aufzeichnung der Dauer der tatsächlichen täglichen Arbeitszeit, we diese AN keinen Vorgaben hinsichtlich Begi und Ende der Arbeitszeit unterliegen, sondern über die Einteilung ihrer Arbeitszeit eigenverantwortlich entscheiden köen. 8 Im Bereich des AEntG ist streitig, welche Branchen bei Vorliegen eines allgemeinverbindlichen TV von der Dokumentationspflicht erfasst werden. Insoweit liegen unterschiedliche Entscheidungen des OLG Hamm 9 und des FG Hamburg 10 zu Landwirtschaft und Gartenbau vor. Das OLG Hamm meint, dass die Pflicht des 19 Abs. 1 AEntG sich nur auf die in 4 Abs. 1 Ziff. 1 AEntG genate Bauwirtschaft sowie auf die in 2a SchwarzarbeitsbekämpfungsG aufgeführten Wirtschaftsbranchen erstrecke. Da wären Landwirtschafts- und Gartenbaubetriebe, aber auch andere Betriebe wie z. B. der Pflegebereich oder das Sicherheitsgewerbe nicht erfasst. Das FG Hamburg meint dagegen, aus der Bezugnahme in 19 Abs. 1 AEntG auf die Rechtsverordnungen nach 7a AEntG ergebe sich, dass die Norm auf alle Branchen anwendbar sei. Da AG bei der Verletzung von Aufzeichnungspflichten eine Ordnungswidrigkeit begehen, wäre es notwendig, diese Frage grds. zu klären II. Art der Erfüllung der Aufzeichnungspflichten Aufzeichnungspflichten köen durch unterschiedliche technische Methoden erfüllt werden. Aufzeichnungen köen handschriftlich, maschinell oder mit Hilfe von Datenverarbeitungstechniken vorgenommen werden. 11 Sie müssen allerdings in Form von Dateien oder Dokumenten vorhanden sein; auf Zeugenaussagen ka nicht verwiesen werden. 12 Die Aufzeichnungen müssen auch einzelnen AN zugeordnet werden köen. Personenunabhängige Tätigkeitsaufzeichnungen reichen nicht. 13 III. Entscheidungen der Arbeits und Verwaltungsgerichte ArbG befassen sich idr. mit Aufzeichnungspflichten, we der AN Vergütung von geleisteten Überstunden verlangt. Deren Geltendmachung verlangt auf der 1. Stufe der Darlegungslast den Vortrag des AN, wa er an welchen Tagen von wa bis wa Arbeit geleistet oder sich auf Weisung des AG zur Arbeit bereitgehalten hat. 14 Darauf muss der AG substantiiert erwidern. Geht es um Arbeitszeiten eines Kraftfahrers, stehen dem AG als Hilfsmittel die von ihm gem. 21a Abs. 7 S. 1 ArbZG korrekt zu erstellenden Aufzeichnungen zur Verfügung, die weiter gehend als in 16 Abs. 2 ArbZG sämtliche Arbeitszeiten enthalten müssen. 15 VerwG befassen sich mit Aufzeichnungspflichten, we AG sich gegen Anordnungen der Gewerbeaufsichtsämter zur Wehr setzen. So köen Maßnahmen der Aufsichtsbehörden auf Grundlage des 17 Abs. 2, Abs. 4 ArbZG erlassen werden. Im Fall eines Einzelhandelsbetriebes verlangte das Gewerbeaufsichtsamt Auskünfte über die tatsächliche Arbeitszeit, Arbeitszeitnachweise und Stundenlisten. Infolge einer Beschwerde hatte das Amt nach einer Betriebsbesichtigung konkrete Anhaltspunkte dafür, dass Pausenzeiten nicht eingehalten worden waren. Die AG kote keine entspr. Anordnung für Pausenzeiten vorlegen, und die AN koten keine Auskunft darüber geben, wa sie Pausen eingelegt hatten. Das VG Ansbach sah die Anordnung des Gewerbeaufsichtsamtes gem. 17 Abs. 2 ArbZG als berechtigt an, weil konkrete Anhaltspunkte für Arbeitszeitverstöße vorlagen. Es führt dazu weiter aus, dass die Frage, ob die AG den Nachweis des 16 Abs. 2 ArbZG zu führen brauchte, erst nach Vorlage der bei der AG vorhandenen Unterlagen geklärt werden köe. 16 In einer Entscheidung des Bayerischen VGH 17 wehrte sich ein Seniorenheim gegen einen Bescheid der Regierung von Schwaben. Darin war dem Heim auferlegt worden, durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass Höchstarbeitszeiten nicht über und Mindestruhezeiten nicht unterschritten werden. Außerdem verpflichtete der Bescheid zur Aufzeichnung der täglichen Arbeitszeiten nebst Pausenzeiten und zur Übersendung der Unterlagen an das Gewerbeaufsichtsamt. Diese Auflagen waren ergangen, nachdem das Amt bei einer Betriebsbesichtigung Verstöße gegen Arbeitszeitschutzvorschriften festgestellt hatte. Der VGH wies die Beschwerde des Seniorenheims gegen die Auflagen zurück. Die auferlegten Pflichten gingen zwar über die des 16 Abs. 2 ArbZG hinaus; sie seien aber gem. 17 Abs. 2 ArbZG erforderlich, um der Behörde zuverlässig die Nachprüfung zu ermöglichen, ob Arbeitszeitvorschriften eingehalten werden VO über eine Lohnuntergrenze in der AN-Überlassung v (Geltung bis ), BAnz AT V 1. 7 BAnZ AT V1. 8 HK-MiLoG/Ramming, aao., 17 Rn. 19 ff. 9 OLG Hamm , III-3 RBs 277/16, AuR 2017, 216; so auch Schliema, FA 2016, 66, FG Hamburg , 4 K 73/15, AuR 2017, 319, m. Anm. Müller-Weer. 11 HK-MiLoG/Ramming, aao., 17 Rn. 9; Riechert/Nimmerjahn, 17 Rn.48; Lakies, MiloG, 17 Rn Schliema, FA 2016, 66, 67; Schmitz-Witte/Kilian, NZA 2015, 415, Buschma/Ulber, aao., 16 Rn. 10; Schliema, aao.; Schmitz-Witte/Kilian, aao., S St. Rspr., vergl. BAG , 5 AZR 362/16, AuR 2017, 505 m. Anm. Ulber; BAG , 5 AZR 122/12, AuR 2013, 415; BAG , 5 AZR 347/11, AuR 2012, BAG , aao. 16 VG Ansbach , AN 4 K Bayerischer VGH , 22 CS AuR 12 n

8 Aufsätze Müller-Weer Aufzeichnungspflichten über geleistete Arbeitsstunden IV. Auswirkungen auf die Darlegungs- und Beweislast im Überstundenprozess We Aufzeichnungspflichten über Arbeitszeiten bestehen, stellt sich die Frage, wie sich deren Erfüllung bzw. Nichterfüllung auf die vom AG anzuerkeende Arbeitszeit auswirkt. 1. Aufzeichnungspflichten nach 16 und 21a ArbZG Da die Regelungen in 16, 21a ArbZG allein dem sozialen und gesundheitlichen Schutz des AN vor Überforderung dienen sollen, 18 das diejenigen im Bereich des Transports ( 21a ArbZG), Luftverkehr und Schifffahrt zusätzlich dem Schutz der Allgemeinheit, wird angenommen, dass die Vorschriften nur arbeitszeitschutzrechtliche Bedeutung hätten und für die Vergütungspflicht des AG ohne Belang seien. 19 Wegen dieses vorgeblich fehlenden Zusammenhangs wird auch notierten Arbeitszeiten des AN nur eingeschränkt rechtsverbindliche Bindung für den AG beigemessen. Vom AN angefertigte Arbeitszeitaufzeichnungen sind zwar grds. geeignet, geleistete Arbeitsstunden darzulegen. Ob Mehrarbeit allerdings erforderlich war oder vom AG gebilligt worden sei, ergebe sich daraus noch nicht. 20 Auch AG, die ihrer Verpflichtung zur Aufzeichnung der über 8 Std. werktäglich geleisteten Std. gem. 16 ArbZG nicht nachgekommen sind, köen trotz der vom AN erstellten Aufzeichnungen Umfang der Std. und Anordnung der Mehrarbeit bestreiten. Das Gleiche gilt we auch eingeschränkter für den Bereich des Transportes. Aber auch hier verlangt die Rspr., dass der Fahrer zunächst für den Streitzeitraum angeben muss, welche Touren ihm an welchen Tagen zugewiesen worden sind und an welchen Tagen er im Rahmen dieser Touren von wa bis wa gearbeitet hat. 21 Erst anschließend muss sich der AG auf diesen Vortrag des AN substantiiert einlassen und zu den behaupteten Arbeitsstunden Stellung nehmen. Die Aufzeichnungen, zu deren Anfertigung der AG gem. 21a Abs. 7 ArbZG verpflichtet ist, köen lediglich geeignetes Hilfsinstrument bei der Rekonstruktion und Darlegung der Arbeitszeiten sein, ohne den Nachweis der Unrichtigkeit abzuschneiden. Es gelten also die vom BAG für die Darlegungs- und Beweislast im Überstundenprozess entwickelten Grundsätze: Der AN muss zum einen den Umfang der geleisteten Überstunden darstellen und im Bestreitensfalle unter Beweis stellen, zum anderen darlegen und beweisen, dass die geleisteten Stunden vom AG veranlasst oder ihm zumindest zuzurechnen sind. 22 Nur ausnahmsweise sind nach der bisherigen Rspr. des BAG Arbeitszeitaufzeichnungen als dem AG zurechenbar anzusehen. So gilt das im Arbeitszeitkonto enthaltene Saldo als vom AG zugestanden, we der AG Guthabenstunden in einem für den jeweiligen AN geführten Arbeitszeitkonto vorbehaltlos ausgewiesen hat. 23 Das Gleiche gilt für vom AG abgezeichnete Arbeitsaufzeichnungen des AN. 24 In diesem Fall ergibt sich aus den Arbeitszeitaufzeichnungen, dass sie vom AG als geleistet und erforderlich anerkat worden sind. De andernfalls hätte der AG die Möglichkeit gehabt, die Gegenzeichnung zu verweigern oder mit einem entspr. Vorbehalt zu versehen. Das soll nach der Rspr. des BAG jedoch nicht generell für vom AN selbst erstellte Aufzeichnungen gelten, die sich der AG nicht durch vorbehaltlose Abzeichnung zu eigen gemacht hat. 25 Allein die widerspruchslose Entgegeahme der Aufzeichnungen sei nicht ausreichend. 26 Ebenfalls reiche es nicht aus, we der AN sich darauf beruft, von ihm geleistete Überstunden seien zu Unrecht nicht in das vereinbarte Arbeitszeitkonto eingestellt worden. In diesem Fall habe der AG diese geleisteten Stunden weder streitlos gestellt noch seien sie ihm zuzurechnen. Regelmäßig soll der AN auch kein Recht haben, die Abzeichnung seiner Aufzeichnungen durch den AG zu verlangen Aufzeichnungspflichten nach MiLoG, AÜG und AEntG In der Lit. wird vertreten, dass die in MiLoG, AÜG und AEntG enthaltenen Aufzeichnungspflichten zu keiner Änderung der Darlegungsund Beweislastverteilung geführt haben. 28 Die Mindestlohnvergütung werde nur für geleistete Arbeit gewährt. Verlange der AN daher Überstundenvergütung, müsse er zum einen die von ihm geleistete Arbeitsleistung darlegen und zum anderen vortragen und beweisen, dass die von ihm behauptete Überstundenleistung angeordnet, gebilligt, geduldet oder jedenfalls zur Erledigung der geschuldeten Arbeit notwendig waren. 29 Also nichts Neues im Überstundenprozess! Begründet wird dies damit, dass die vom AG geschuldete Arbeitszeitdokumentation allein öff.-rechtl. Natur sei. Dies ergebe sich aus der gesetzlichen Systematik in Abschnitt 3 des MiLoG (Überschrift Kontrolle und Durchsetzung durch staatliche Behörden) und daraus, dass deren Nichtbefolgung als Ordnungswidrigkeit geahndet werde ( 21 Abs. 1 Nr. 7 MiLoG). Die Rechtsbeziehungen zwischen AG und den mit der Kontrolle beauftragten Zollbehörden einerseits und das Verhältnis des den Mindestlohn gegenüber seinem AG geltend machenden AN andererseits seien deshalb strikt voneinander zu treen. 30 Dieser Auffassung steht zum einen der verfassungsrechtliche, aus Art. 20 Abs. 3 GG abgeleitete Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung 31 entgegen. Damit ist nicht vereinbar, Aufzeichnungen des AG, die dieser als für sich verbindlich in Bezug auf die Erfüllung seiner öff.-rechtlichen Pflichten ansieht, in Bezug auf die zu vergütende Arbeitszeit als gänzlich irrelevant zu betrachten. Zum anderen misst die Auffassung den unterschiedlichen Schutzzwecken der Normen eine zu geringe Bedeutung zu. Während das ArbZG den AN vor Überforderung schützen soll, sollen die Regelungen im MiLoG, AÜG und AEntG die gesetzlich normierte Mindestvergütung sichern. 32 Letzteren kommt also ausdrücklich eine vergütungsrechtliche Relevanz zu. Dies 18 BAG , 5 AZR 122/99, AuR 2000, 428, AuR 2001, 114; Riechert/Nimmerjahn, MiLoG 1 Rn BAG , 5 AZR 362/16, AuR 2017, 221; , 5 AZR 200/10; , 5 AZR 347/ BAG , 5 AZR 362/16, AuR 2017, 221; , 5 AZR 200/10; , 5 AZR 347/11; so ausdrücklich auch: LAG Mecklenburg-Vorpommern , 1 Sa 280/ BAG , aao.; BAG , 5 AZR 347/11, AuR 2012, 408; BAG , 5 AZR 200/10, AuR 2011, St. Rspr.: BAG , 5 AZR 767/13, AuR 2016, 123; BAG , 5 AZR 122/13, AuR 2013, 415, krit. dazu Müller-Weer, AuR 2015, 4 ff.; BAG , 5 AZR 347/11, aao. 23 BAG , aao. 24 BAG , 5 AZR 122/12, AuR 2013, 415; BAG , aao. 25 BAG , aao. 26 BAG , aao. 27 Maschma, aao.; Schliema, aao. 28 Riechert/Nimmerjahn, aao., 1 Rn. 229 ff.; Lakies, MiLoG, 1 Rn. 121 ff. 29 Riechert/Nimmerjahn, aao., Rn. 231 f.; Lakies, aao., Rn Riechert/Nimmerjahn, aao., Rn BVerfG , 2 BvL 1/12, AuR 2016, 127; BVerfG , 1 BvR ; BVerfG , 2 BvR 1797/ Schliema, FA 2016, AuR 12 n 2017

9 Aufzeichnungspflichten über geleistete Arbeitsstunden Müller-Weer Aufsätze muss sich auch in der rechtlichen Verbindlichkeit der von AG oder AN erstellten Arbeitszeitdokumentationen niederschlagen. a) Gegenstand der Arbeitszeitdokumentation Teilweise wird die Ansicht vertreten, dass den Mindestlöhne sichernden Normen ein am Normzweck orientierter vergütungsrechtlicher Arbeitszeitbegriff statt des arbeitsschutzrechtlichen Arbeitszeitbegriffs des ArbZG zugrunde zu legen ist. 33 Die Gegner dieser Ansicht halten auch für das MiLoG am arbeitsschutzrechtlichen Begriff des 2 ArbZG und den unionsrechtlichen Vorgaben der Arbeitszeit-RL fest, da das MiLoG keinen eigenen Begriff der Arbeitszeit kee. 34 Andererseits stellen sie teilweise wieder einschränkend fest, dass für die Bestimmung des Mindestlohns die Arbeitszeit maßgeblich sei, die der AN zur Erfüllung seiner Arbeitspflichten aufwende, und verweisen insofern auf den in der Rspr. verwendeten Begriff der»vergütungspflichtigen Arbeitszeit«. 35 Dieser Begriff wird in der Rspr. weit ausgelegt. Danach gehört jede vom AG verlangte Tätigkeit oder Maßnahme, die mit der eigentlichen Tätigkeit oder mit der Art und Weise ihrer Erbringung unmittelbar zusammenhängt, zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit. Jede vom AG veranlasste Untätigkeit, wie z. B. Bereitschaftszeiten, zählt zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit und ist mit dem Mindestlohn zu vergüten. 36 Auf Intensität oder Art der Tätigkeit kommt es nicht an. Aufgrund dieses weiten Verständnisses des vergütungsrechtlichen Arbeitszeitbegriffes sind Arbeitszeiten isd. 2 Abs. 1 ArbZG idr. auch zu vergüten. Das gilt z. B. für Bereitschaftszeiten 37 oder Umkleidezeiten, 38 soweit letztere nicht ein eigenes Bedürfnis des AN erfüllen. Allerdings sind begrenzte Ausnahmen anerkat. So hat das BAG bei Wegezeiten vom Betriebssitz zur Arbeitsstätte angenommen, dass diese zwar arbeitsschutzrechtlich Arbeitszeit sind, nicht aber zwingend zu vergüten seien. 39 Umgekehrt gibt es Zeiten, die unter arbeitsschutzrechtlichen Gesichtspunkten keine Arbeitszeit sind, deren Vergütungspflicht aber nicht ausgeschlossen ist. Dies gilt etwa für Fahrzeiten eines Beifahrers gem. 21a Abs. 3 S. 1 Nr. 3 ArbZG. 40 Aufgrund des sich vom ArbZG unterscheidenden Normzwecks der MiLoG, AÜG und AEntG ist der von der Rspr. entwickelte weite vergütungsrechtliche Arbeitszeitbegriff zugrunde zu legen. Dieser knüpft im Übrigen an die bislang im Arbeitszeitrecht anerkaten Kategorien an und nimmt in vergütungsrechtlicher Hinsicht auf sie Bezug. 41 Daraus ist die Schlussfolgerung zu ziehen, dass Gegenstand der Aufzeichnung die zu vergütenden Arbeitszeiten sind. Da aber ka sich der AN bei der Geltendmachung von mit dem Mindestlohn zu vergütenden Überstunden auch auf die Dokumentation berufen, die der AG zur Kontrolle der Zollbehörden vorlegen und zu diesem Zweck im Betrieb aufbewahren muss. Hat der AG aufgrund behördlich festgestellter Arbeitszeiten (bspw. auch Überstunden) den Mindestlohn unterschritten, wird er gegenüber dem Vergütungsanspruch des AN nicht mit Erfolg einwenden köen, dass die Arbeitszeiten nicht erbracht oder ihm nicht zugerechnet werden köen. b) An den AN delegierte Aufzeichnungen Das Gleiche gilt für AN-Aufzeichnungen, die der AG zur Erfüllung seiner Pflichten nach dem MiLoG, AÜG und AEntG auf den AN delegiert hat. Ka im Bereich der arbeitszeitrechtlichen Dokumentationspflicht noch auf die fehlende vergütungsrechtliche Bedeutung verwiesen werden, trifft das auf die Aufzeichnungspflichten von Arbeitszeiten nicht mehr zu, die allein der Kontrolle von Mindestlöhnen dienen. Ob öff.-rechtlich ausgestaltete Aufzeichnungspflichten überhaupt auf AN übertragen werden köen, ist streitig. Die überwiegende Meinung hält eine Übertragung der Aufzeichnung zwar für zulässig; 42 die öff.-rechtliche Verantwortung für Erstellung und Richtigkeit verbleibt jedoch beim AG, zumal dieser nach 22 Abs. 1 Nr. 9 ArbZG alleiniger Adressat des Ordnungswidrigkeitentatbestands ist. 43 Andernfalls köte dieser durch schlichtes Verschieben von Verantwortlichkeiten unterlaufen werden. Deshalb wird bspw. verlangt, dass AG die erforderlichen Aufzeichnungsmittel AN zur Verfügung stellen, sie anleiten und zumindest stichprobenartig überprüfen müssen, ob die Aufzeichnungen korrekt sind. 44 Im Fall delegierter Aufzeichnungspflichten sind daher Selbstaufzeichnungen des AN als für den AG verbindlich zu bewerten. Mit ihnen ka der AN nicht nur die von ihm geleistete Arbeit im Vergütungsprozess darlegen; sie sind dem AG auch zuzurechnen. Dies rechtfertigt sich aus der beim AG verbliebenen Verantwortung für Erstellung und Korrektheit der Arbeitszeitaufzeichnungen. Aus dieser Verantwortung ergibt sich außerdem, dass der AG verpflichtet ist, AN-Aufzeichnungen abzuzeichnen. Seine Verantwortung muss einen sichtbaren Niederschlag finden. Der AN wird daher zumindest fordern köen, dass der AG auf den Aufzeichnungen in irgendeiner Weise dokumentiert, dass dieser sich in Erfüllung seiner Pflichten die Aufzeichnungen des AN zu eigen macht. Finden sich derartige Vermerke, z. B. Überprüfungshinweise, nicht, aber auch keine Vorbehalte oder Anmerkungen, sind dem AG die Aufzeichnungen des AN wie abgezeichnete oder in ein Arbeitszeitkonto vorbehaltlos gestellte Arbeitsstunden zuzurechnen. De im Bereich gesetzlicher Pflichten ist der AG nicht frei, ob er Aufzeichnungen vornimmt oder vornehmen lässt. Er muss demnach deutlich machen, mit welchen Aufzeichnungen er seine gesetzlichen Pflichten erfüllt. Er muss sich also die aufgrund einer Delegation angefertigten Aufstellungen seiner AN vorlegen lassen, sie zur Ketnis nehmen und ggf. beanstanden. Anders als sonst ka sich der AG nicht darauf berufen, Überstunden nicht gebilligt zu haben, weil er sie nicht kee. De beim Bestehen gesetzlicher Aufzeichnungspflichten ist er gehalten, die Arbeitsstunden seiner AN zur Ketnis zu nehmen, um überprüfen zu köen, ob die gesetzlichen Vorgaben eingehalten worden sind. Überträgt der AG seine Aufzeichnungspflicht, macht er damit deutlich, dass er seine Pflicht mit Hilfe der vom AN gefertigten Auf- 33 Riechert/Nimmerjahn, aao., 1 Rn. 48 ff.; Thüsing/Hütter, NZA 2015, 970, 972 f., die allerdings daraus schlussfolgern wollen, dass Bereitschaftszeiten nicht mit dem Mindestlohn zu vergüten sind. 34 Kocher, AuR 2015, 173; HK-MiLoG/Düwell, 1 Rn Düwell, aao., Rn BAG , 5 AZR 716/15, AuR 2016, 304, 474; BAG , 5 AZR 355/12, AuR 2013, 182, 1159; , 5 AZR 678/11, AuR 2013, 48; BAG , 5 AZR 200/10, AuR 2011, BAG , 5 AZR 716/15, aao.; BAG , 5 AZR 591/ BAG , 1 ABR 76/ BAG , 5 AZR 355/ BAG , 5 AZR 347/ ErfK-Franzen, 1 MiLoG Rn HessLAG , 18 Sa 563/11; LAG Rh.-Pfalz , 8 Sa 571/12; Erfk/ Wank, ArbZG, 16 Rn. 5; Schliema, FA 2016, 66, 68; HK-MiLoG/Ramming, 17 Rn. 10; Schlottfeld/Hoff, NZA 2001, 530, 532; Schmitz-Witte/Killian, NZA 2015, 415, 416; Maschma, NZA 2014, 929, 936; Didier, NZA 2007, 120, 122; Sittard/Rawe, ArbRB 2015, 80, 83; a. A. Buschma/Ulber, ArbZG, 16, Rn. 13 ff.; 21a Rn. 44a. 43 Schliema, aao, S. 68; Maschma, aao.; Schmitz-Witte/Kilian, aao.; Erfk/Wank, ArbZG, 16 Rn. 5; HK-MiLoG/Ramming, 17 Rn. 10; Schoof, AiB 2011, 721, 725; a. A. Sittard/Rawe, ArbRB 3/2015, 80, Ramming, aao.; Schlottfeld/Hoff, aao.; Maschma, aao. AuR 12 n

10 Aufsätze Thaisch Unternehmensmitbestimmung: Aktuelle Herausforderungen und Reformoptionen zeichnungen erfüllen will. Mangels eigener Aufzeichnungen muss er sie da auch als für sich verbindliche vergütungspflichtige Arbeitszeit anerkeen. Eine andere Sichtweise würde gegen den aus 242 BGB folgenden Grundsatz des venire contra factum proprium verstoßen. Es ka auch nicht vom AN verlangt werden, vorzutragen und nachzuweisen, wa sein AG vom Umfang der geleisteten Stunden Ketnis genommen hat. Der AG ist von sich aus verpflichtet, sich diese Ketnis zu verschaffen, um ggf. Vorkehrungen dafür zu treffen, dass die Leistung von Überstunden zukünftig unterlassen wird, damit das Risiko einer Unterschreitung des gesetzlichen Mindestlohns beseitigt wird. De wird im Rahmen gesetzlicher Aufzeichnungspflichten auch bei Delegation eine Kontrolle des AG für erforderlich gehalten, bedeutet dies nichts anderes, als dass der AG die Aufzeichnungen seines Mitarbeiters auf Richtigkeit überprüfen muss. Beanstandet er sie nicht, ist zu unterstellen, dass er diese Prüfung durchgeführt hat. Auch im Bereich der Überwachungspflichten des BR gem. 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG im Zusammenhang mit den im Betrieb geltenden Arbeitszeitregelungen ist anerkat, dass der AG dem Auskunftsanspruch über Begi und Ende der täglichen Arbeitszeit sowie über eine Über- und Unterschreitung der regelmäßigen betrieblichen wöchentlichen Arbeitszeit nicht entgegenhalten ka, dass er die Arbeitszeiten seiner Mitarbeiter nicht kee. 45 Dem AG ist auch der Einwand verwehrt, dass ihm keine entspr. Unterlagen zur Verfügung stünden. Das BAG betont vielmehr, dass der Verzicht auf die Erhebung von Arbeitszeitdaten der AN keine zu respektierende Ausübung der betrieblichen Ordnung und Leitungsmacht des AG sei. Der AG habe seinen Betrieb so zu organisieren, dass die gesetzlichen bzw. tariflichen oder betrieblichen Höchstarbeitszeitgrenzen eingehalten werden. Er muss Arbeitszeiten also zur Ketnis nehmen, um ggf. auch korrigierend eingreifen zu köen. Mit welchen geeigneten Mitteln der AG dieser Obliegenheit nachkommt, ist ihm überlassen, nicht aber die Entscheidung, auf die Ketnisnahme der tatsächlichen Arbeitszeiten seiner Beschäftigten bewusst zu verzichten. 46 Unterlässt der AG die ihm vorgeschriebene notwendige Kontrolle der Arbeitszeit, ka ihm das vergütungsrechtlich nicht zum Vorteil gereichen. Im Falle eines Verstoßes gegen 3 ArbZG hat das BAG entsprechend entschieden und dem AN, der über die gesetzlichen Arbeitszeitgrenzen hinaus gearbeitet hatte, den Vergütungsanspruch für die über die zulässigen zeitlichen Höchstgrenzen erbrachten Arbeitsleistungen nicht versagt. 47 Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass Vergütungsansprüche zur Vermeidung unerwünschter und unzulässiger Mehrarbeit beizutragen geeignet sind. Entspr. Überlegungen gelten auch für den gesetzlichen Mindestlohn. Auch hier soll der AG nicht davon profitieren, dass er Arbeitszeiten seiner AN hiimmt, deren Vergütung mit dem Mindestlohn aber ablehnt. V. Fazit Überträgt der AG seine Aufzeichnungspflichten gem. 19 AEntG, 17c AÜG und 17 MiLoG auf den AN, sind die Arbeitszeitaufzeichnungen des AN dem AG regelmäßig zuzurechnen. Die von der Rspr. entwickelten Grundsätze zur Darlegungs- und Beweislastverteilung im Überstundenprozess bedürfen in diesem Fall der Modifikation is. einer Umkehrung der Darlegungs- und Beweislast zu Gunsten des AN. 45 BAG , 1 ABR 13/02, AuR 2004, 70; s. dazu ausf. Siebens, AiB 12/2015, BAG , aao. 47 BAG , 5 AZR 129/16, AuR 2017, 83; so auch LAG Thüringen , 5 Sa 527/99. Unternehmensmitbestimmung: Aktuelle Herausforderungen und Reformoptionen Rainald Thaisch, Berlin 1 I. Einleitung Nach Jahren relativer Ruhe ist die Unternehmensmitbestimmung, also die Vertretung von AN im Aufsichtsrat, wieder stärker in den Fokus der politischen, gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Debatte gerückt. Dies soll zum Anlass genommen werden, eine kurze Standortbestimmung über die gesellschaftliche, politische und wissenschaftliche Reflektion der Unternehmensmitbestimmung zu geben. Darauf folgend sollen wesentliche Herausforderungen der Mitbestimmung beschrieben und Lösungswege und Reformoptionen aus gewerkschaftlicher Sicht aufgezeigt werden. II. Standortbestimmung der Unternehmensmitbestimmung 1. Die gesellschaftliche und politische Debatte Unternehmensmitbestimmung ergänzt und verstärkt die positive Wirkung der betrieblichen Mitbestimmung, indem sie den Beschäftigten 1 Diplom-Volkswirt und Referatsleiter für Mitbestimmung und Corporate Governance beim DGB Bundesvorstand AuR 12 n 2017

11 Unternehmensmitbestimmung: Aktuelle Herausforderungen und Reformoptionen Thaisch Aufsätze die gleichberechtigte Teilhabe an der Beratung und Kontrolle des Vorstandes bzw. der Geschäftsführung im Aufsichtsrat (AR) einräumt. AN-Vertreter sind»garanten der Nachhaltigkeit«, weil sie sich einer einseitigen Ausrichtung an den Interessen des Kapitalmarktes entgegenstellen und die langfristige Zukunft des UN im Blick haben. 2 Umfragen zeigen seit Jahren, dass die Unternehmensmitbestimmung über hohe Zustimmungsraten in der Bevölkerung verfügt. So hielten 2015 nach einer repräsentativen Umfrage von tns infratest Politikforschung im Auftrag der HBS 87 % der Befragten die Einbeziehung von AN-Vertretern in den AR von großen dt. Aktiengesellschaften und GmbHs für»sehr sivoll«oder für»eher sivoll«. 3 Frühere Umfragen kamen zu vergleichbaren Ergebnissen. 4 Weil bei entspr. hoch strukturierten Befragungen nicht auszuschließen sei, dass die Antworten strategisch motiviert seien bzw. die»soziale Erwünschtheit«das Antwortverhalten beeinflusse, haben Werner Nienhueser et al. in einem umfangreichen Forschungsprojekt zur Einstellung der AN zur Mitbestimmung direkte und indirekte Messverfahren miteinander kombiniert. Auch dieses Forschungsprojekt bestätigt die mehrheitlich überaus positive Einstellung zur Mitbestimmung. Bezogen auf Mitbestimmung liegt der Anteil positiver Assoziationen unter allen Befragten bei 68 %, bezogen auf den BR bei 70 %. 5 Diese hohe gesellschaftliche Akzeptanz der Mitbestimmung wird spätestens seit der erfolgreichen Bewältigung der Finanz- und Wirtschaftskrise auch seitens der Politik parteiübergreifend geteilt. Stellvertretend für viele sei hier der ehemalige Bundespräsident Joachim Gauck zitiert, der jüngst auf dem Festakt 40 Jahre MitbestG ausführte, dass das MitbestG»zu den Kernelementen unserer Kooperations- und Konsenskultur«6 gehöre. Einer seiner Vorgänger, Johaes Rau, bezeichnete die Mitbestimmung gar als»ganz wesentlichen Beitrag zur Zivilisierung des Kapitalismus«. 7 Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte bereits zum 30. Jubiläum des MitbestG ausgeführt, dass sie zu denen gehöre,»die die Unternehmensmitbestimmung für eine große Errungenschaft halten«. 8 Dieser bedeutsamen Unterstützung zum Trotz hat es im Bereich der dt. Mitbestimmungsgesetze seit Jahren keine substanzielle Weiterentwicklung gegeben. Daher haben der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften 2014 die»offensive Mitbestimmung«ausgerufen, deren Ziel darin besteht, den mitbestimmungspolitischen Stillstand in Deutschland und Europa zu überwinden. Zu diesem Zweck hat der DGB-Bundesvorstand im Juli 2016 ein Forderungspapier beschlossen und öffentlich vorgestellt. 9 Von der Bundesregierung bzw. den Regierungsfraktionen wurden diese Forderungen in der vergangenen Legislaturperiode nicht aufgegriffen. Aktiv wurde hingegen der Bundesrat, der in einer Entschließung v u.a. feststellte, dass er mit großer Sorge betrachte,»dass sich junge, wachsende Kapitalgesellschaften zunehmend dem Geltungsbereich der Gesetze zur Unternehmensmitbestimmung entziehen«und damit»den gesellschaftlichen Konsens und die Zukunft der Sozialpartnerschaft in Deutschland in Frage«stellen. Weiter heißt es:»der Bundesrat fordert die Bundesregierung daher dazu auf, Lücken im dt. Mitbestimmungsrecht zu schließen und gleichzeitig auf eur. Ebene dafür einzutreten, dass entspr. Schlupflöcher geschlossen und keine neuen Umgehungstatbestände geschaffen werden.«10 In einem Antrag der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen 11 wurden wichtige Forderungen von DGB und Gewerkschaften übernommen. Gleiches gilt für die Beschlussfassung der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA) und für die Wahl- und Regierungsprogramme der SPD und der Partei»Die Linke«zur Bundestagswahl Seitens der AG-Verbände wird die Unternehmensmitbestimmung grds. als die Wirtschafts- und Arbeitsbeziehungen in Deutschland prägend akzeptiert, 13 jedoch in ihrer derzeitigen Form in Frage gestellt. So schreibt der Bundesarbeitgeberverband Chemie (BAVC) bspw. in seiner Stellungnahme zu o. g. Antrag der BT-Fraktion Bündnis 90/Die Grünen:»Ziel bei der Einführung der Mitbestimmung war es, den angenommenen Widerspruch zwischen Arbeit und Kapital aufzulösen. Da dieser Widerspruch heute nicht mehr besteht, muss die Mitbestimmung, wie sie heute besteht, kritisch hinterfragt und neu justiert werden. Befragungen zeigen, dass Mitbestimmung Entscheidungen in UN verzögert und die Anlagebereitschaft von Kapitalgebern hemmen ka.«14 Diese Einschätzung des Verbandes wurde durch den Vorstandsvorsitzenden des Chemiekonzerns Evonik, Christian Kullma, öffentlich als»haarsträubend falsch«bezeichnet. Stattdessen sei Sozialpartnerschaft ein»garant für Stabilität, was gerade in der Chemieindustrie ein hoher Wert«sei Die wissenschaftliche Debatte Für die o. g. Behauptung ökonomischer Nachteiligkeit finden sich keine Belege in der ökonomischen Mitbestimmungsforschung. Deren Ergebnisse fasst Uwe Jirjahn überzeugend zusammen:»auch bei Berücksichtigung aktueller Studien gilt weiterhin, dass Studien zur Unternehmensmitbestimmung im Vergleich zu Studien zur betrieblichen Mitbestimmung in deutlich kleinerer Zahl vorliegen. Aber auch in diesem Bereich hat es bemerkenswerte Entwicklungen in der ökonometrischen Forschung gegeben. So verdichtet sich die Evidenz, dass die paritätische Unternehmensmitbestimmung mit einer höheren Produktivität verbunden ist. Zudem zeigen sich mittlerweile auch die Effekte auf Rentabilität und Kapitalmarktbewertung in einem deutlich differenzierteren Licht als zuvor. Während frühere Studien insbes. der paritätischen Unternehmensmitbe- 2 Vgl. Pütz/Sick, Die Rolle der Mitbestimmung für gute Corporate Governance, in: Board 2016, S Vgl. die Ergebnisse der repräsentativen Umfrage von TNS Infratest Politikforschung, 1/2015 im Auftrag der HBS, unveröffentlichtes Manuskript. 4 Vgl. Böckler Impuls 13/ Vgl. Nienhueser/Glück/Hoßfeld, Einstellungen zur Mitbestimmung der AN Welchen Einfluss haben Mitbestimmungserfahrungen?, in: WSI-Mitteilungen 2016, S Gauck: Rede beim Festakt»40 Jahre Mitbestimmungsgesetz 76«am in Berlin, 06/ Jahre-Mitbestimmungsgesetz.pdf;? blob=publicationfile 7 Zitiert nach HBS (2004): Pro Mitbestimmung, für eine moderne Unternehmensverfassung, Düsseldorf. 8 Merkel (2006): Festrede, in: HBS (Hrsg.): Mehr Demokratie in der Wirtschaft, Dokumentation der Jubiläumsveranstaltung v , Düsseldorf. 9 Vgl. DGB (2016): Offensive Mitbestimmung: Vorschläge zur Weiterentwicklung der Mitbestimmung, für eine Zusammenfassung vgl. auch Bolte/Fischer/Thaisch, Offensive Mitbestimmung: Den mitbestimmungspolitischen Stillstand überwinden, in: WSI-Mitteilungen 2016, S Dt. Bundesrat, Drs. 740/16 (Beschluss) v Vgl. den Antrag der BT-Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN»Unternehmensmitbestimmung stärken Grauzonen schließen«, BT-Drs. 18/ Vgl. zu den mitbestimmungspolitischen Aussagen zur BT-Wahl Bolte/Thaisch (2017): Und was sagen Sie zur Mitbestimmung?, Magazin Mitbestimmung 4/2017, 32 ff. ; vgl. auch Parteien zur Wahl, AuR 2017, Vgl. den gemeinsamen Beitrag von Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer und dem DGB Vorsitzenden Reiner Hoffma, Handelsblatt v , in dem es jedoch primär um die von beiden bejahte Europarechtskonformität der Unternehmensmitbestimmung geht. 14 BAVC (2017): Schriftliche Stellungnahme zur öff. Anhörung v. Sachverständigen in Berlin am , Ausschuss für Arbeit und Soziales des Dt. Bundestages, Ausschuss-Drs. 18(11) Vgl. Berliner Morgenpost v AuR 12 n

12 Aufsätze Thaisch Unternehmensmitbestimmung: Aktuelle Herausforderungen und Reformoptionen stimmung einen negativen Einfluss auf den Shareholder Value bescheinigten, sprechen mehrere aktuelle Studien dafür, dass sich die paritätische Unternehmensmitbestimmung positiv auf Rentabilität und Kapitalmarktbewertung auswirken ka.«16 Aktuelle Ergebnisse aus dem Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) zeigen, dass UN mit einer ausgeprägten Unternehmensmitbestimmung mehr junge Menschen ausbilden, mehr ältere Menschen beschäftigen und über eine höhere Kapitalinvestitionsquote verfügen als UN ohne Mitbestimmung. 17 Damit liegen Hinweise dahingehend vor, dass mitbestimmte UN nicht nur ökonomisch produktiver, sondern auch nachhaltiger is. guter und zukunftsorientierter Arbeit sind. In der rechtswissenschaftlichen Debatte war und ist die Mitbestimmung hingegen zumindest in ihrer derzeitigen Ausgestaltung nicht unumstritten. Seit langem schon ziehen einzelne Kritiker die Europarechtskonformität der Mitbestimmungsgesetze in Zweifel. 18 In diesem Kontext forderten liberale Rechtswissenschaftler nach dem Vorbild der Verhandlungen bei Eur. Rechtsformen eine Öffnung des MitbestG für Verhandlungslösungen, u.a. damit dieses»europakompatibel«gestaltet werden köe 19. Als weiteres Argument für eine Verhandlungslösung im nationalen Rahmen wird häufig eine damit vermeintlich einhergehende»flexibilisierung«20 genat, wobei die Verwendung dieser Begrifflichkeit viel eher als eine euphemistische Umschreibung für eine Reduzierung demokratischer Teilhaberechte anmutet, de eine pragmatische und zielorientierte Zusammenarbeit ist die ganz übliche Praxis im AR. Insoweit behindern die bestehenden gesetzlichen Regelungen nicht eine flexible Bewältigung unternehmenspolitischer Herausforderungen, sondern ermöglichen auf der Grundlage gleicher Rechte und Pflichten im AR eine»gleiche Augenhöhe«als Basis für eine faire und partnerschaftliche Zusammenarbeit. Diese gleiche Augenhöhe abzuschaffen, scheint die eigentliche Intention vieler Ideen zu Verhandlungslösungen zu sein, was sich daran zeigt, dass AN bei den bislang bekaten Vorschlägen zu Verhandlungslösungen im nationalen Rahmen nichts oder kaum etwas zu gewien, aber viel zu verlieren hätten. 21 So ka sich die BDA bspw. ausdrücklich nur Drittelbeteiligung als Auffanglösung von Verhandlungen vorstellen, weil nur diese im eur. Umfeld als»akzeptabel angesehen«werde. 22 Das jüngste Urteil des EuGH, 23 nach dem das MitbestG mit Unionsrecht vereinbar ist, widerlegt nun den zentralen Kritikpunkt der angeblichen Europarechtswidrigkeit der Unternehmensmitbestimmung und stellt somit die Forderung nach Verhandlungslösungen in ihrer argumentativen Herleitung in Frage. In seinen Schlussanträgen stellt GA Saugmandsgaard Øe heraus, dass kein Zweifel daran bestehe, dass die dt. Mitbestimmung»ein wesentlicher Bestandteil des dt. Arbeitsmarkts und allgemeiner der dt. Sozialordnung«sei. 24 III. Herausforderungen der Unternehmensmitbestimmung 1. Präventive Mitbestimmungsvermeidung durch Europäisches Recht und Europäische Rechtsetzung Zu den wesentlichen Herausforderungen der Unternehmensmitbestimmung gehört die präventive Mitbestimmungsvermeidung, die dadurch gekezeichnet ist, dass sich UN mit Wachstumspotenzial durch die diskretionäre Nutzung rechtlicher Gestaltungsoptionen dem Geltungsbereich der dt. MitbestG entziehen, bevor deren Schwellenwerte erreicht werden. Insg. brachten die diversen Strategien zur Vermeidung der Mitbestimmung 2016 nach Feststellungen der Hans-Böckler-Stiftung (HBS) mehr als Beschäftigten um ihre Interessenvertretung durch einen paritätisch mitbestimmten AR. 25 Dabei ist Mitbestimmungsvermeidung nicht wirklich neu. Möglichkeiten dazu gibt es schon lange bspw. durch Konstruktionen, die die fehlende Konzernzurechnung und die Nichterfassung der Kapitalgesellschaft & Co. KG im DrittelbG (sog.»lücke in der Drittelbeteiligung«) ausnutzen. Nach Angaben von Walter Bayer»lassen sich mind. 600 solcher UN ermitteln, die zwischen 500 und AN beschäftigen, indes mitbestimmungsfrei sind, da grds. keine Konzernzurechnung stattfindet.«26 Die Problematik verschärft sich durch die Europäische Aktiengesellschaft (SE), weil nunmehr die Möglichkeit besteht, dass sich ein UN kurz vor Erreichen des Schwellenwertes von mehr als Beschäftigten in eine SE umwandelt und den Zustand ohne Mitbestimmung damit dauerhaft»einfriert«. Die»Lücke in der Drittelbeteiligung«wird damit zum Sprungbrett für weitergehende Mitbestimmungsvermeidung. Möglich wird dieses»einfrieren«durch die sog. Rückfallposition (Auffanglösung) in der EU-RL zur SE, die lediglich das Mitbestimmungsniveau sichert, das vor der Umwandlung bestanden hat (»Vorher-Nachher-Prinzip«). We es vorher keine Beteiligung der AN im AR gab, ist die Einbeziehung von AN-Vertretern in das Aufsichtsorgan der umgewandelten Gesellschaft rechtlich nicht erzwingbar. Nach empirischen Erketnissen von Bayer gibt es rd. 50 UN mit etwa inländischen Beschäftigten, die aufgrund dieses Mechanismus nicht paritätisch mitbestimmt sind. 27 Spielraum für vergleichbare Strategien biete auch die RL zur grenzüberschreitenden Verschmelzung. Abgesichert durch die EuGH-Rspr. zur Niederlassungsfreiheit köen UN zudem mit einer Rechtsform aus einem anderen EU-Mitgliedstaat mittlerweile in Deutschland tätig sein, ohne die Unternehmensmit- 16 Jirjan (2011), Ökonomische Wirkung der Mitbestimmung in Deutschland: Ein Update, in: Schmollers Jahrbuch 131, S Vgl. Böckler Impuls 11/2016 sowie Scholz, Der MB-IX und»gute Arbeit«Was wir messen köen, MBF-Report Nr. 23. Die Forschungsergebnisse basieren auf dem Mitbestimmungsindex»MB-IX«. Vgl. dazu: Scholz/Vitols, Der Mitbestimmungsindex MB-IX, MBF-Report Nr Vgl. bspw. Henssler, Deutsche Mitbestimmung und europäisches Gemeinschaftsrecht Die Zukunft der Mitbestimmung, in: Bitburger Gespräche, Jahrbuch 2006/I, S oder Hellwig/Behme, Gemeinschaftsrechtliche Probleme der deutschen Unternehmensmitbestimmung, in: AG 2009, S Für weitere Quellen und entgegengesetzte Einschätzungen vgl. Krause, Zur Bedeutung des Unionsrechts für die unternehmerische Mitbestimmung, AG 2012, S oder Heuschmid/Munkholm, Zur Unionsrechtskonformität der Unternehmensmitbestimmung, EuZW 2017, 419 ff. 19 Arbeitskreis»Unternehmerische Mitbestimmung«, Entwurf einer Regelung zur Mitbestimmungsvereinbarung sowie zur Größe des mitbestimmten Aufsichtsrats, ZIP 2009, 885 ff. 20 So spricht die BDA bspw. davon, dass»die Attraktivität und das Verständnis für das dt. Mitbestimmungsmodell ( ) durch flexiblere, vereinbarungsbasierte Lösungen deutlich erhöht werden«köe. Vgl. BDA (2017): Mitbestimmung auf Unternehmensebene, kompakt, id/de_mitbestimmung_auf_unternehmensebene 21 Vgl. zur gewerkschaftlichen Kritik an den Vorschlägen des Arbeitskreises unternehmerische Mitbestimmung DGB (2009): Mitbestimmungsvereinbarungen und Größe des Aufsichtsrates, DGB diskurs BDA (2017), aao. 23 EuGH , C-566/15, Erzberger/TUI AG, AuR 2017, 364; s. auch AuR 2017, 134 (Anm. Heuschmid/Hlava), GA beim EuGH Saugmandsgaard Øe , C-566/15, AuR 2017, Vgl. PM HBS Bayer, Die Erosion der deutschen Mitbestimmung, NJW 2016, Vgl. Bayer, aao AuR 12 n 2017

13 Unternehmensmitbestimmung: Aktuelle Herausforderungen und Reformoptionen Thaisch Aufsätze bestimmung zu beachten. Nationale Rechtsformen wie AG und GmbH konkurrieren daher zunehmend mit eur. Rechtsformen (SE, SCE, EWIV) und aufgrund grenzüberschreitender Mobilität mit ausländischen Rechtsformen wie der niederländischen B.V. Einer Studie der HBS zufolge lag die Zahl sog. Scheinauslandsgesellschaften in mitbestimmungsrelevanter Größe (mit mehr als 500 Beschäftigten) im Juni 2014 bei 94 UN mit stark wachsender Tendenz. 28 Neben diese Konstruktionen tritt Mitbestimmungsvermeidung mit Hilfe von Stiftungskonstruktionen. 29 Die Nutzung dieser Strategien ist aus gewerkschaftlicher Sicht nicht legitim. Mitbestimmungsvermeidung ist nach den Worten des DGB Vorsitzenden Reiner Hoffma»keine Frage cleveren juristischen Handwerks, sondern die Verweigerung eines UN gegenüber seiner gesellschaftlichen und sozialen Verantwortung«. 30 Aus dieser Entwicklung erwächst die reale Gefahr, dass die Unternehmensmitbestimmung auf die derzeitig mitbestimmten UN beschränkt bleibt, während sich neue und wachsende UN der Mitbestimmung entziehen köen. 2. Weitere Rechtsetzungen der EU-Kommission im Gesellschaftsrecht Aus gewerkschaftlicher Sicht besteht zudem die Gefahr, dass die oben diskutierten Möglichkeiten der Mitbestimmungsvermeidung durch Pläne der EU-Kommission um weitere Flucht- und Vermeidungsmöglichkeiten ergänzt werden köten; de seit der Vorlage der SE-RL im Jahr 2001 wurde der zum Schutz der Mitbestimmung vorgesehene Standard in weiteren Gesetzesvorschlägen stets reduziert. Begiend mit der in nationales Recht umgesetzten RL über grenzüberschreitende Verschmelzung, 31 über die im Jahr 2011 letztlich gescheiterte VO über die Eur. Privatgesellschaft (SPE) 32 bis hin zur in 2014 vorgelegten und derzeit politisch nicht weiter verfolgten RL zur Ein-Personen- Gesellschaft (SUP) 33 wurde der Schutz der Unternehmensmitbestimmung in den Vorhaben der Kommission immer fragiler. Von großer Bedeutung ist daher, ob und we ja, in welcher Form die Kommission im Rahmen des von ihr angekündigten»company Law Package«, das u.a. Regelungsvorschläge für Verschmelzungen, Spaltungen und Umwandlungen von UN sowie zur Sitzverlegung und zum Gesellschaftskollisionsrecht enthalten köte, den Schutz der Mitbestimmung vorsieht. Eine öff. Konsultation zu diesen Fragestellungen ist bereits durchgeführt worden. 34 Je nach Ausgestaltung einer RL zur Sitzverlegung wäre bspw. denkbar, dass mitbestimmte UN ihren Satzungssitz in einen EU-Staat ohne Mitbestimmung verlegen und die Mitbestimmung damit gewissermaßen»abstreifen«. Neben die oben beschriebene präventive Vermeidung von Mitbestimmung köte so die direkte»flucht aus der Mitbestimmung«treten. Das Phänomen der Scheinauslandsgesellschaften würde einen exorbitanten Schub erhalten. 3. Zunehmende Aktionärsorientierung Eine weitere - zumindest mittelbare - Herausforderung nicht nur für die Mitbestimmung, sondern die dualistische Unternehmensverfassung insges. ist die zunehmende Orientierung der Unternehmensverfassung an den Interessen der Aktionäre. Indizien dafür gibt es sowohl in der Rechtsetzung der EU, in der politischen Debatte in Deutschland als auch in den Empfehlungen der Regierungskommission Dt. Corporate Governance Kodex. So hatte die Kommission in ihrem Vorschlag für eine Aktionärs-RL bspw. vorgesehen, den Hauptversammlungen ein verbindliches Votum zur Vorstandsvergütung einzuräumen. Erst nach den Beratungen in Rat und europäischem Parlament wurde im Trilog entschieden, dass Mitgliedstaaten auch ein nur empfehlendes Votum vorsehen köen. Auch in Deutschland mehrten sich mit Begi des Jahres 2017 die Stimmen dafür, den Aktionären mehr Rechte in Fragen der Vorstandsvergütung zuzuweisen. 35 Der DGB hatte bereits 2013 zu einem Gesetzgebungsverfahren der damaligen schwarz-gelben Koalition (das letztlich an der Diskontinuität scheiterte) darauf hingewiesen, dass entspr. Vorhaben die Balance der Unternehmensverfassung gefährden und letztlich nur den Einfluss dt. und internationaler Finanzinvestoren stärken würden, deren Engagement für niedrigere Vergütungshöhen fraglich sei. 36 Deren Einfluss ist bereits jetzt ausgesprochen hoch. Nach Angaben der Dt. Bundesbank wurden die Aktien der börseotierten AG 2014 zu 57,1 % von ausländischen Anlegern gehalten, bei denen man»plausibel«davon ausgehen köe, dass es sich»fast ausschließlich um institutionelle Investoren handelt«. Weitere 29,4 % der Aktien wurden demnach von inländischen institutionellen Investoren gehalten, so dass der Aktienanteil der institutionellen Investoren insg. bei mehr als 85 % liegen dürfte. 37 Der Einfluss der Finanzinvestoren köte sich in naher Zukunft ggf. direkter und unmittelbarer gegenüber dem AR artikulieren, zumindest da, we die börseotierten UN die neue Anregung in Ziffer 5.2. des Dt. Corporate Governance Kodex umsetzen, der zufolge der AR-Vorsitzende in angemessenem Rahmen bereit sein sollte,»mit Investoren über aufsichtsratsspezifische Themen Gespräche zu führen.«diese Anregung wurde von Gewerkschaftsseite, aber auch aus der Rechtswissenschaft kritisiert, u.a. wegen der daraus folgenden Risiken für AN-Vertreter, aber auch, wegen der zu vermutenden negativen Auswirkungen auf die Machtbalance im AR. 38 Diese Entwicklung verstärkt durch die zunehmende Bedeutung von Stimmrechtsberatungen 39 köte dazu führen, dass die Interessen der Shareholder gegenüber denen der AN und anderer Stakeholder weiter ausgebaut werden. Ob eine solche Entwicklung die Nachhaltigkeit der Unternehmenspolitik unterstützen wird, darf bezweifelt werden. 28 Vgl. Sick, Der deutschen Mitbestimmung entzogen: Unternehmen mit ausländischer Rechtsform nehmen zu, HBS, MBF Report Nr Vgl. Bayer, Die Erosion der deutschen Mitbestimmung, NJW 2016, Hoffma, Trickreich gegen Mitbestimmung, in: der Freitag v , Hier sieht 23 MgVG mit einem Drittel ein höheres Quorum für die Mitbestimmung kraft Gesetz vor als 34 SEBG. 32 Kritisch zur SPE Sick/Thaisch, Die Europäische Privatgesellschaft Damoklesschwert für die Mitbestimmung?, AuR 2011, Kritisch zur SUP Thaisch, Societas Unius Personae: Bedrohung für die Mitbestimmung, AiB 2015, Zur EU-Konsultation: id= Die Antwort des DGB wurde hier im Mitbestimmungsportal der HBS veröffentlicht: Zusammenfassung_Company_Law_final_end.pdf 35 Vgl. z. B. Gesetzentwurf der SPD-Fraktion zum Entwurf eines Gesetzes zur Angemessenheit von Vorstandsvergütungen und zur Beschränkung der steuerlichen Absetzbarkeit: _manager-verguetungen_spdbt_final.pdf 36 Vgl. DGB Newsletter mitbestimmung aktuell, 2/ Vgl. Eigene Schätzung auf Grundlage von Daten der Dt. Bundesbank (2014): Monatsbericht September 2014, S Vgl. Stellungnahme Koch im Rahmen der Kodex-Konsultationen, dcgk.de/de/konsultationen/eingereichte-stellungnahmen.html; für die gewerkschaftliche Kritik vgl. Jerchel, Investorengespräche: Kein Aufgabenfeld für Mitglieder in Aufsichtsräten, im Mitbestimmungsportal der HBS 39 Dazu kritisch Dörrwächter, Stimmrechts- und Vergütungsberatung Interessenkonflikte und Unabhängigkeit, in: AG 2017, S AuR 12 n

14 Aufsätze Thaisch Unternehmensmitbestimmung: Aktuelle Herausforderungen und Reformoptionen IV. Lösungsvorschläge der Gewerkschaften 1. Schlupflöcher stopfen Um die Schlupflöcher zur Vermeidung der Unternehmensmitbestimmung zu stopfen, 40 fordert der DGB, die Mitbestimmungsgesetze auf in Deutschland operativ tätige Auslandsgesellschaften zu erstrecken. Manfred Weiss und Achim Seifert haben bereits 2009 gezeigt, dass ein sog. Mitbestimmungserstreckungsgesetz unter der Beachtung bestimmter Anforderungen mit der eur. Niederlassungsfreiheit vereinbar ist. 41 Weiterhin spricht sich der DGB nachdrücklich dafür aus, die Lücke im DrittelbG zu beseitigen. Dazu bedarf es der Einführung einer Konzernzurechnung wie im MitbestG und der Erfassung der GmbH & Co. KG im DrittelbG. Außerdem fordert der DGB die Politik dazu auf, im SE-Beteiligungsgesetz (SEBG) klarzustellen, dass Mitbestimmung in einer SE neu verhandelt werden muss, we die Zahl der Beschäftigten in Deutschland über die Schwellenwerte der dt. Mitbestimmungsgesetze steigt. Auch die Auffangregelung ist entspr. anzupassen. Außerdem ist die Pflicht zur Information der zuständigen Gewerkschaft ausdrücklich im Gesetz zu verankern. Gleiches gilt für das Gesetz über die Mitbestimmung der AN bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung (MgVG). Während die Schließung der Lücke in der Drittelbeteiligung rechtlich gänzlich unproblematisch und letztlich rein politisch zu entscheiden ist, sind die Forderungen nach einer Reform des SEBG rechtspolitisch umstrittener. Johaes Heuschmid weist zu Recht darauf hin, dass auch der dt. Gesetzgeber den Regelungsspielraum nutzen ka, den Österreich, Polen und Belgien jeweils in der nationalen Umsetzung genutzt haben. 42 Sebastian Sick argumentiert ergänzend, dass die Sicherung erworbener Beteiligungsrechte ausdrücklich ein Ziel der SE-RL sei, das ein»extensives Verständnis von strukturellen Änderungen«gebiete,»das über bloße Änderungen von gesellschaftsrechtlichen Strukturen hinaus«gehe. 43 Perspektivisch streben EGB und DGB an, das Vorher-Nachher- Prinzip durch europaweit geltende Schwellenwerte für die Mitbestimmung in UN mit eur. Rechtsform zu ersetzen. Diese Schwellenwerte sollen nicht nur für die SE, sondern auch für alle anderen bestehenden oder zukünftigen eur. Rechtsformen sowie für alle UN gelten, deren Aufsichts- oder Verwaltungsrat nach Eur. Recht zusammengesetzt ist. Die Schwellenwerte sollen dynamisch aufgebaut sein, sodass das durch sie abgesicherte Niveau an Mitbestimmung bei einer wachsenden Anzahl von Beschäftigten ansteigt. Für UN eur. Rechtsform mit mehr als Beschäftigten in Europa soll als Standard eine paritätische Mitbestimmung im Aufsichts- oder Verwaltungsrat gelten Qualitativer und quantitativer Ausbau der Mitbestimmung Neben o. g. Forderungen fordert der DGB seit langem, die Schwellenwerte der Unternehmensmitbestimmung auf Beschäftigte im MitbestG und 250 Beschäftigte im DrittelbG zu senken, um so die Reichweite der Unternehmensmitbestimmung und damit der Demokratie in der Wirtschaft zu erhöhen. Weiterhin fordern DGB und Gewerkschaften einen gesetzlich vorgegebenen Mindestkatalog zustimmungspflichtiger Geschäfte, der alle Maßnahmen der strategischen Ausrichtung des UN, darunter Betriebsschließungen, Standortverlagerungen und Unternehmensverkäufe umfassen sollte. Außerdem spricht sich der DGB u.a. dafür aus, den Tendenzschutz auf das verfassungsmäßig Gebotene zu reduzieren und daher für die Unternehmensmitbestimmung auf Sonderregelungen für Tendenzunternehmen zu verzichten und eine Unternehmensmitbestimmung auch in öffentlich-rechtlichen Rechtsformen zu ermöglichen Sitzeinheit garantieren Zentral für DGB und Gewerkschaften ist, dass Regelungen zur Sitzverlegung so diese von der EU-Kommission de unbedingt gewollt sind neben dem bereits o.g. Schutz der Mitbestimmung zwingend vorschreiben, dass Satzungs- und Verwaltungssitz nur gemeinsam verlegt werden dürfen. De das Motiv für die Aufspaltung von Satzungsund Verwaltungssitz ist oftmals die Umgehung rechtlicher Schutzstandards am Ort der tatsächlichen Geschäftstätigkeit der Gesellschaft. Dazu gehören Regelungen zur Mitbestimmung, Geldwäsche oder Steuerhinterziehung. Ein solcher Missbrauch würde durch den Grundsatz der Sitzeinheit erschwert. Daher hat sich der DGB bereits auf seinem 20. ordentlichen Bundeskongress 2014 nachdrücklich dafür ausgesprochen, dass Satzungs- und Verwaltungssitz eines UN am gleichen Ort sein müssen. 46 Auch der Dt. BT hat sich diese Position zu eigen gemacht und in einem Beschluss v die Bundesregierung aufgefordert, die SUP-RL abzulehnen, we nicht u.a. ein Verbot der Sitzaufspaltung erreicht werden köe. 47 Ob und ggf. wie sich die EuGH-Entscheidung vom in der Rs. C-106/16 (Polbud) auf den politischen Handlungsspielraum auswirken köte, wird sicherlich Teil der rechtspolitischen Debatte der kommenden Monate sein. 4. Regulierung der Vorstandsvergütung Angesichts der Abkopplung der Vorstandsvergütungen von der Lohnund Gehaltsentwicklung 48 hat der DGB Bundesvorstand im Juni 2017 Empfehlungen zur Regulierung der Vorstandsvergütung beschlossen. Diese Forderungen richten sich sowohl an den Dt. Corporate Governance Kodex als auch an den Gesetzgeber. U.a. fordert der DGB den Gesetzgeber dazu auf, die variablen Bestandteile der Vergütung auf das Zweifache der Grundvergütung zu begrenzen. Anstelle der Kompetenz- 40 Vgl. für den gesamten Unterabschnitt: DGB (2016), aao. 41 Weiss/Seifert, Der europarechtliche Rahmen für ein»mitbestimmungserstreckungsgesetz«, ZGR 2009, Heuschmid, Unternehmensmitbestimmung im Gefrierfach?, Editorial, AuR 2016, 265. Kritisch dazu Schubert, Schriftliche Stellungnahme zur öff. Anhörung von Sachverständigen, Berlin, , in Ausschuss für Arbeit und Soziales des Dt. BT aao. 43 Sick, Schriftliche Stellungnahme zur öff. Anhörung von Sachverständigen, , aao. 44 Vgl. EGB: Vorgabe für einen neuen EU-Rahmen über die Rechte auf betriebliche und Unternehmensmitbestimmung, document/files/egb-positionspapier_vorgabe_fur_einen_neuen_eu-rahmen_uber_ die_rechte_auf_betriebliche_und_unternehmensmitbestimmung.pdf; s. auch Jürgens/Hoffma/Schildma, Arbeit transformieren! Denkanstöße der Kommission»Arbeit der Zukunft«, Bielefeld, S. 223 ff. 45 Vgl. für das gesamte Unterkapitel: DGB (2016), aao. 46 Vgl. den Beschluss D 001 des 20. ordentlichen DGB-Bundeskongresses, 47 Vgl. Dt., Drs. 18/ So verdienen Vorstandsmitglieder im DAX 30 durchschnittlich das 57fache ihrer Mitarbeiter. Vgl. Weckes/Berisha, Manager to worker pay ratio, MBF Report Nr AuR 12 n 2017

15 Die Arbeitsgerichtsbarkeit 2016 im Lichte der Statistik Grotma-Höfling Aufsätze erweiterung der Hauptversammlung spricht sich der DGB für eine Stärkung der Rechte und Kompetenzen des AR in Fragen der Vorstandsvergütung aus. Zur Stärkung der Verantwortung des AR soll daher die Festlegung der Vergütungssysteme (samt Begründung der Angemessenheit) einer Mehrheit von 2/3 der Aufsichtsratsmitglieder bedürfen. 49 V. Fazit Die dt. Unternehmensmitbestimmung ist gesellschaftlich, politisch und wissenschaftlich sehr anerkat, sieht sich jedoch herausgefordert durch die Praxis der Mitbestimmungsvermeidung und durch eine zunehmende Orientierung der Corporate Governance an den Rechten der Aktionäre. Die Politik ist daher aufgefordert, den von den Gewerkschaften kritisierten Stillstand in der Mitbestimmungspolitik zu beenden und die Mitbestimmungsgesetze an die neuen Herausforderungen anzupassen. Dazu gehört insbes., die Schlupflöcher zur Vermeidung der Mitbestimmung zu stopfen, darauf hinzuwirken, dass seitens der EU keine weiteren Umgehungsmöglichkeiten geschaffen werden, und die Balance zwischen den Unternehmensorganen nicht zu verändern. Vorschläge für die notwendige Reform zur Stärkung und Weiterentwicklung der Mitbestimmung haben EGB, DGB und Gewerkschaften mit aktuellen Beschlüssen vorgelegt. 49 Vgl. DGB, Empfehlungen des DGB zur Regulierung der Vorstandsvergütung, Beschluss des DGB Bundesvorstandes v , Die Arbeitsgerichtsbarkeit 2016 im Lichte der Statistik 1 Dr. Günter Grotma-Höfling, Rechtsanwalt, Vellmar/Kassel I. Einleitung Im alten Rom, oder war es in Athen, wurde dem Überbringer schlechter Nachrichten der Kopf abgeschlagen. 2 Was wurde eigentlich mit dem Überbringer guter Nachrichten gemacht? Und heute? Seit über 10 Jahren darf sich der Präsident der Bundesanstalt für Arbeit als Überbringer guter Nachrichten fühlen. Die Arbeitslosenzahlen sind seit 2005 von 4,86 Mio. auf 2,5 (8/2017) gesunken und liegen damit so niedrig wie Und das in Zeiten, in denen viele Geflüchtete in den Arbeitsmarkt integriert werden. 4 Das Entlassungsrisiko ist so niedrig wie nie, die Arbeitskräfte werden knapper. 5 Die Wissenschaft net die Quote Vollbeschäftigung. 6 Das liegt auch an dem 22-Jahres-Tief von (nur) Unternehmensinsolvenzen. 7 Die Zahl der Erwerbstätigen hat sich ständig verbessert: von mit 43,254 Mio. im Januar 2016 über 43,820 im Dezember 2016 auf 44,8 Mio. im August Das hat auch die Prozesslage in der Arbeitsgerichtsbarkeit erheblich beeinflusst. Die Zahl der eingereichten Klagen ging vom Höchststand im Jahre 1996 über in 2003 auf im Berichtszeitraum zurück der niedrigste Stand seit mehr als 20 Jahren das ist als höchst komfortabel zu bezeichnen. Der Gesetzgeber war fleißig, 9 und es bleibt abzuwarten, inwieweit gesetzliche Neuregelungen zu verstärkten arbeitsgerichtlichen Aktivitäten führen werden. II. Arbeitsgerichte 1. Urteilsverfahren Zusammen mit den am JE 2016 anhängigen Verfahren ( ) waren weitere Neueingänge von Klagen, also zusammen , zu erledigen, davon (Vorjahr ) aus den Neuen Bundesländern (NBL). 10 Also ein anhaltender Rückgang, der im Verhältnis zum Höchststand fast eine Halbierung bedeutet; dabei gab es mehr Klageeingänge bei den Gerichten in Berlin und Bremen. Allein in NRW, Bayern und Bad.-Wü. wurden das sind knapp 50 % aller neuen Klageeingänge (Vorjahr ) eingereicht. Den geringsten Klageeingang verzeichnen Bremen, Saarland und Mecklenburg-Vorpommern mit zusammen (Vorjahr ). 1 Die Daten des Statistischen Bundesamtes für 2016 wurden am freigegeben. Die 111 S. köen kostenlos als pdf heruntergeladen werden. 2 Auch in diesem Beitrag wird auf die Jahresergebnisse in den zusammengefassten Übersichten AG 1 und AG 2 zurückgegriffen. Die Zahlen des BAG sind dessen Geschäftsbericht entnommen. Ob es in Griechenland geschah oder bei den Azteken, finden Sie, verehrter Leser, über die nachfolgenden Fundstellen bitte selbst heraus: Enzo Weber, IAB, in FAS , S Arbeitsmarktbarometer des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung v , html. vollbeschaeftigung-arbeitslosenquote-arbeitsmarkt. In Freising betrug die Alo- Quote 1,9 % im Juni 2017, lrins01.html: 1994 betrug die Zahl der Insolvenzen , das Hoch war 2003 mit Insolvenzen. 8 PD17_303_132.html 9 Zusammenstellung in Jb. ArbR 2016 Bd. 54, hrsg S. 229 ff.; Rückblicke 2016 und Ausblicke 2017: JbArbR 2015, Bd. 53, hrsg. 2016; Zundel, NJW 2017, 132 ff., 302 ff.; Deinert/Kittner, AuR 2017, H. 3, Exklusiv; Schiefer/Köster/Korte, DB 2017, 546 ff.; Zumkeller, AuA 2017, 144 ff.; Gleißner/Kirchner, ZAS 2017, 46 ff. 10 NBL: Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Berlin wird bei den ABL gezählt. AuR 12 n

16 Aufsätze Grotma-Höfling Die Arbeitsgerichtsbarkeit 2016 im Lichte der Statistik Die Sozialkassen-Klagen werden an den ArbG Berlin und Wiesbaden geführt. Für Hessen gilt: am Jahresanfang: 4.741, eingereicht: , erledigt: , offen am JE: Berliner Zahlen werden nicht gesondert ausgeworfen. Die Verfahren werden (gemessen an den Erledigungen) zu 94 % durch AN, Gewerkschaften und BR eingeleitet. AG und Verbände waren wieder nur geringfügig mit 6 % = beteiligt. 11 Die Länder ( 25 HAG und 14 MindArbBG) waren 60 Mal Klägerpartei Erledigungen geschahen durch = 61,8 % Vergleiche (2015: = 61,7 %; 2014: 64 %; 2013: 60%; 2012: 58,6 %, 2011: 56,7 %). Ba-Wü. liegt mit 73 % weiter an der Spitze, Berlin mit 46,6 % wieder am Schluss aller Länder. 12 Wieder schafften es 11 Länder, mehr Verfahren zu erledigen, als neue eingereicht wurden.»streitige Urteile«gab es insg. nur , absolut am wenigsten im Saarland (206), unter in weiteren 7 Bundesländern (Brandenburg, Bremen, Meck.-V., Sa.-Anh., Schl.-Hol., Thüringen). Die absolut meisten Urteile setzten die Richter ab, wo auch die meisten Verfahren geführt wurden: in NRW, nämlich Urteile bei 184,35 Richtern. 13»Auf andere Weise«14 wurden Verfahren beendet; die»sonstigen Urteile«lagen bei Nach Streitgegenständen aufgegliedert, zeigt die Statistik Verfahren 16 (2015: ); davon Bestandsstreitigkeiten , darunter Kündigungen (2015: / ). Es folgen Zahlungsklagen, Verfahren wegen tariflicher Eingruppierungen sowie sonstige Streitgegenstände. Keine Aussage erhält der Leser zur Frage, ob es sich um betriebsbedingte, personenoder verhaltensbedingte Kündigungen handelt. Die Dauer der Verfahren bei den Bestandsstreitigkeiten: Bis zu einem Monat dauerten , weitere über 1 3 Monate. Im ersten 1/2 Jahr nach Klageerhebung waren = 92 % der Bestandsklagen abgeschlossen benötigten über 6 12 Monate. Nur = 1,5 % der Bestandsklagen brauchten mehr als ein Jahr, so wie im Jahr zuvor. Die übrigen Verfahren wurden ebenso zügig erledigt: im 1. halben Jahr, nur benötigten mehr als 12 Monate. Unerledigt am Jahresende 2016 waren (2015: ) Verfahren. Die»Sonstigen«haben immerhin einen Anteil an den Streitgegenständen von fast 25 % = Die Statistik hinterlässt hier ein Fragezeichen, um was es sich handelt. 2. Beschlussverfahren Das Vorjahr hinterließ BV. Hinzu kamen neue Anträge, das macht insgesamt. (Neue Anträge: 2015: ; 2014: ; 2013: ; 2012:12.089, 2011: ; 2010: ). Es wurden erledigt (2015: , 2014: , 2013: ; 2012: , 2011: ; 2010: ). Unerledigt blieben Verfahren (2015: 4.377, 2014: 4.247). Antragsteller waren AN, Gewerkschaften, BR und Wahlvorstände zu 72 % = (2015: 74 % = 9.122) der erledigten BV. Die AG reichten = 23 % (2015: BV = 25,9 %) ein (Ob. Landesbehörden: 5 Verfahren). Die Erledigungen erfolgten durch Beschluss des Gerichts nach 84 ArbGG: 25 % = Fälle, durch Vergleich oder Erledigungserklärung nach 83 a Abs. 1 ArbGG 38 % = sowie»auf andere Weise«= 37 % = Zur Dauer der Verfahren: bis zu einem Monat: 3.502; über 1 3 Monate: 3.231; über 3 6 Monate: 2.718; über 6 12 Monate: 2.275; über 12 Monate: 448. Pauschaliert: = 77,6 % waren im 1. Hlbj. abgeschlossen, = 96,3 % im 1. Jahr. In das nächste Jahr gingen (2015: 4.377) Verfahren. 3. Sonstige Verfahren Hierzu gehören Arrestsachen und Einstweilige Verfügungen; es ergingen (2015: 4.004) Entscheidungen. Weiter wurden Mahnverfahren gezählt der Höchststand, seit diese Zahl veröffentlicht wird, also seit 2002! = 20 % mehr als 2016 mit Und: mehr als die niedrigste Zahl in 2010 mit Die Statistik gibt keine Erklärung, die betroffenen Kreise wissen mehr. III. Landesarbeitsgerichte unerledigte Berufungen des Vorjahres bildeten den Grundstein für die insg zu bearbeitenden Verfahren, wovon neu eingereicht wurden. Neue Berufungen der Vorjahre: 2015: ; 2014: ; sämtlich über ; Höhepunkt der letzten Jahre: 1997: Im Berichtsjahr koten erledigt werden. Unter den erledigten Verfahren waren Bestandsstreitigkeiten. Nach Art der Erledigung wird aufgeschlüsselt: durch str. Urteil abgeschlossen (2015: 5.473, 2014: 5.429, 2013: 5.594); darunter 867 mit Revisionszulassung Vergleiche wurden geschlossen (2015: 5.423, 2014: 5.901, 2013: 6.065).»Auf andere Weise«wurden Verfahren beendet. 325 Erledigungen durch Beschluss gem. 522 Abs.1 ZPO sowie 109 Erledigungen durch sonstiges Urteil kamen hinzu. Zur Verfahrensdauer: von Bestandsstreitigkeiten wurden 18,6 % = in den ersten 3 Monaten abgeschlossen. 37,7 % = brauchten 3 6 Monate; weitere = 35 % wurden in 6 12 Monaten abgewickelt. 543 = 8,6 % der Verfahren dauerten länger als 1 Jahr. Bei den übrigen Verfahren wurden in den ersten 6 Monaten, in über 6 12 Monaten Verfahren beendet. Mehr als 1 Jahr benötigten = 16 % der Verfahren Berufungen (Vorjahr 9.600) waren am JE unerledigt. Es wurden 64 Arreste und einstw. Vfg.erledigt. Beschwerdeverfahren in Beschlusssachen nach 87, 98 Abs. 2 ArbGG gab es insg , davon neu eingereicht. Erledigt wurden 1.694, unerledigt am JE blieben 796. Neue Beschwerdeverfahren nach 78, 83 Abs. 5 ArbGG waren 5.814, zusammen mit aus 2015 waren zu erledigen. Erledigt wurden Beschwerden, unerledigt blieben Wie in den Vorjahren enthalten sich die AG in Mecklenburg-Vorpommern so weit wie möglich einer Klageerhebung: 2013: 0, 2014: 1; 2015: 0; 2016: Hierzu passt ein biblischer Spruch: So gebt nun jedem, was ihr schuldig seid: Steuer, dem die Steuer gebührt; Zoll, dem der Zoll gebührt; Furcht, dem die Furcht gebührt; Ehre, dem die Ehre gebührt. Dem Paulusbrief an die Römer 13.7 ist für unseren Kontext hinzuzufügen: Gebt denen ein Urteil, die es unbedingt haben wollen ansonsten kommt ein Vergleich in Betracht. 13 Handbuch der Justiz 2016/2017, S. 467 ff.; eigene Berechnungen, u.a. TZ auf VZ umgerechnet. Auf 1 Richter in NRW kommen demnach 34,7 Urteile. Ein anderes Beispiel ist Berlin: von 87,25 Richtern wurden str. Urteile abgesetzt, das sind 18,44 Urteile/Richter. Ein Phänomen, das Verf. nicht erklären ka. 14 Klagerücknahmen nach 269 ZPO und Verweisungen an das zust. Gericht nach 281 ZPO. 15 Echte VU nach 330, 331 Abs Teilsatz ZPO sowie Anerketnis- und Verzichtsurteile gem. 306, 307 ZPO. 16 Die Differenzen in den Zahlen (s. u. II Abs.) kommen lt. Stat. Bundesamt durch die unterschiedliche Bereitstellung der Länder zustande AuR 12 n 2017

17 Die Arbeitsgerichtsbarkeit 2016 im Lichte der Statistik Grotma-Höfling Aufsätze Zuordnung nach Rechtsgebieten Eingänge Erledigungen Bestände Beendigung von Arbeitsverhältnissen % % % TV-Recht und -Auslegung % % % Arbeitsentgelt % % % Betriebsverfassung, Personalvertretung % 77 4 % % Ruhegeld (incl. Vorruhe), Altersteilzeit % % % Sonstige % % % Quelle: Geschäftsbericht BAG S. 11. Prozentzahlen durch Verf. gerundet IV. Bundesarbeitsgericht 17 Ein Überblick der Geschäftsentwicklung begit mit der Information, dass die Zahl der Eingänge um 3 % stieg. Sie lag 2016 bei 2.376, im Vorjahr lag sie bei = 40 % der Eingänge entfielen auf Revisionen und Rechtsbeschwerden (RB) im Beschlussverfahren; weitere Sachen = 54 % auf NZB. 59 (Vorjahr 73) Revisions- bzw. RB in Beschwerdeverfahren kamen hinzu, 64 Anträge auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe außerhalb eines anhängigen und 7 sonstige Verfahren. Dem Großen Senat lag kein Fall vor. Gegen Entscheidungen des BAG sind Beschwerden beim BVerfG anhängig. Welche das sind, lässt sich dem Geschäftsbericht nicht entnehmen. Hingegen gibt es mehrfach Hinweise, welche Fragen dem EuGH vorgelegt wurden. Der interessierte Leser wird sich eriern, dass die Eingangszahlen bei durchschnittlich lagen. Da erreichte das BAG eine Flut von Eingängen, die von 2010 (rd ) bis etwa 2013 anhielt, mit einer Spitze in 2012 mit über Vorgängen. In fast kongruenter Weise wurde dieser außergewöhnliche Geschäftsanfall erledigt. Es verwundert deshalb, dass diese Leistung nach 2013 nicht anhielt, was die Bestände natürlich erheblich verringert hätte. Stattdessen pendelten sich Zugänge und Erledigungen wieder auf niedrigerem Niveau ein und die Bestände verharrten ab 2014 in einer Größenordnung von 1.500, wie von Aus dem Zahlenwerk lässt sich jedenfalls nicht erklären, warum der Abbau der Altbestände ab 2014 nicht in gleichem Maß erfolgte wie die Bewältigung während des Massenanfalls. Im Berichtsjahr wurden Sachen erledigt (Vorjahr: 2.457, 2014: 2.644, 2013: 2.650, 2012: 4.304, 2011: 2.832, 2010: 2.634); und zwar waren es 778 Revisionen und RB in Beschlusssachen (Vorjahr: 1.062, 2014: 1.189, 2013: 1.034) sowie NZB (Vorjahr: NZB). Weiter wurden 57 Revisions- bzw. RB in Beschwerdeverfahren, 51 Anträge auf Bewilligung von PKH außerhalb eines anhängigen Verfahrens sowie 8 sonstige Verfahren erledigt. 215 Revisionen waren unter Berücksichtigung der Zurückverweisungen erfolgreich; bei den NZB waren es Am Ende des Berichtsjahres gab es noch unerledigte Sachen (2015:1.458; 2014: 1.602), davon Revisionen. Zur Tabelle eine kurze Anmerkung: Eine ins Auge stechende Veränderung hat sich gegenüber dem Vorjahr bzgl. Betriebsverfassung und Personalvertretung ergeben: Die Erledigungen sind auf ein Minimum gesunken, während die Bestände überproportional angewachsen sind. Ob das mit den Eingangszahlen des Jahres zusammenhängt, ka hier nicht gesagt werden. Die Rspr.-Übersicht des BAG (S ), teilt sich in 5 Abschnitte, und zwar»recht des Arbeitsverhältnisses«(mit weiteren 8 Gliederungspunkten),»Kollektives Arbeitsrecht«,»Recht der Berufsverhältnisse«, weiter»insolvenzrecht«und»prozessrecht«. Ab S erfährt man»über das Bundesarbeitsgericht«, dass der Bestand der Bibliothek Ende 2015 inzwischen ca Medieneinheiten und ca TV in einer hausinternen Sondersammlung umfasste. Die Dokumentationsstelle des BAG wertet aus der juris Datenbank mit Dokumenten rd arbeitsrechtliche Dokumente aus. Weiter berichtet das BAG über die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, ab S. 73, zu den 65 Pressemitteilungen; Personalien (ab S ), der tabellarische Anhang (S ) sowie die Geschäftsverteilung (S ) runden den Geschäftsbericht ab. Die Seiten 90/91 zeigen die Erledigungen nach ihrer Art bei den Revisionen und RB. Die Revisionsentscheidungen gingen mehr als doppelt so oft zugunsten der AG als zugunsten der AN aus (269:133) eine Tendenz, die schon in der Vergangenheit zu Nachfragen geführt hatte. Die durchschnittliche Dauer der erledigten Verfahren wird eingangs mit 7 Monaten und 2 Tagen angegeben eine erstaunlich exakte Rechenleistung, ohne dass der Leser erfährt, wie man dazu gekommen ist. Das ist natürlich ohne eine Differenzierung wenig aussagekräftig, weiß man doch nicht, wie lange Revisionen, NZB usw. in der 3. Instanz anhängig sind. Indes gibt der tabellarische Teil etwas mehr Auskunft. Von insg zu bearbeitenden Revisionen (davon aus den Vorjahren) wurden 700 erledigt. Davon 431 durch str. Urteil, was in 131 Fällen bis zu einem Jahr dauerte; der größere Teil von 300 Akten brauchte mehr als ein Jahr, davon sogar 67 über 2 Jahre. Wie lange die restlichen 269 Revisionen benötigten, wird nicht dargestellt. Genau genommen wird also nur über gut 60 % der erledigten Revisionen eine Aussage hinsichtlich der Verfahrensdauer gemacht. Es gibt da noch ein paar Hinweise zur Dauer bei RB. Da es sich aber nur um 78 Erledigungen insgesamt handelt, fällt eine dementsprechende Aussage nicht ins Gewicht. Bedeutsamer wäre ein Zeitraster zum größten Block der Verfahren, die beim BAG landen: den NZB. Von Verfahren insg. (davon 277 von den Vorjahren) wurden = 81 % erledigt. Es ist wohl gesichert, dass NZB zügiger als Revisionen erledigt werden und deshalb wegen der größeren Aktenzahl (im Verhältnis zu den Revisionen 60:40) der Durchschnitt der Erledigungsdauer erheblich gesenkt wird. Alles in allem ist die pauschale Angabe zur Verfah- 17 Der Jahresbericht 2016 wurde am veröffentlicht und ist auf der Homepage des BAG verfügbar; er umfasst 98 S. Das Bundesamt für Statistik zeigt eine Zusammenfassung der Geschäftsentwicklung von (S ) sowie für das Jahr 2016 die Übersicht nach AG 3 auf den Seiten Siehe auch Jb. ArbR 2016 Bd. 54, hrsg S. 167 ff. Zur Geschäftslage am s. AuR 2017, Ob die Revision als unzulässig verworfen, als unbegründet zurückgewiesen, unter Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils zurückverwiesen oder der Revision ganz oder teilweise stattgegeben wurde, jeweils aufgrund mündlicher Verhandlung oder im schriftlichen Verfahren, zugunsten der AG oder AN das ist auf S. 90 des Geschäftsberichts nachzulesen. AuR 12 n

18 Aufsätze Grotma-Höfling Die Arbeitsgerichtsbarkeit 2016 im Lichte der Statistik rensdauer nicht aussagekräftig. Vielleicht ist diese kritische Bemerkung Anlass zu mehr Transparenz. Noch ein Exkurs zu Nebentätigkeiten von Bundesrichtern. Hier gibt es eine ausführliche Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage von Abgeordneten. 19 Es geht um alle 6 Bundesgerichte für die Jahre mit 24 Fragen, u.a. um die Zahl der Richter mit Nebenverdiensten, Genehmigungen, Gesamteinkünfte und Höchstbeträge sowie die zeitliche Inanspruchnahme durch Vorträge, wissenschaftliche Kommentierungen, Einigungsstellen, Veröffentlichungen und Lehrtätigkeit. Verf. enthält sich einer Bewertung, ob Intensität der Tätigkeit und Höhe der Nebeneinkünfte maßvoll und transparent sind. 20 Vielmehr zitiert er zusammenfassend aus der Antwort der Bundesregierung, dass eine Missbrauchsgefahr nicht gesehen wird. V. Schluss Die Statistik der Arbeitsgerichtsbarkeit hat eine lange Tradition: Nach anfänglichen Übersichten im Statistischen Jahrbuch wurde die Darstellung durch das BMAS ab 1978 im BArbBl dargestellt, bis schließlich das Stat. Bundesamt 2007 den Bericht in die jetzt sehr ausführliche Form gegossen hat. Verf. hat begiend mit dem Jahr 1995 die Zahlen des Jahres in Worte transferiert und hoffentlich der Fangemeinde mehr über die Entwicklung näher gebracht, de wer beschäftigt sich schon gern mit einem»zahlenfriedhof«? Vielleicht interessiert in diesem Zusammenhang, was uns die Statistik nicht erzählt: So werden keine Daten erhoben über das Geschlecht der Kl. und Bekl. Auch fehlt eine Differenzierung nach Nationalität und Alter. Für Zukunftsforscher, Sachverständigenrat und andere Planungsspezialisten wäre evtl. wichtig zu erfahren, aus welchen Wirtschaftszweigen sich die Parteien rekrutieren. Über die Ausbildung der Kl. (=AN) erfährt man ebenso wenig wie über deren Dauer der Betriebszugehörigkeit. Daten der Arbeitsverwaltung köten bei einer Verknüpfung hilfreich sein. Manchmal sind wir in unserem Wunsch nach Perfektionismus gefangen und fordern immer mehr Wissen, Verstehen, Schlussfolgerungen. Seien wir froh, dass wir eine hervorragend funktionierende (Arbeitsgerichts-)Justiz haben, deren Durchdringung wir in ihrer umfangreichen statistischen Übersicht meistens nicht vollständig erfassen, gar nicht erfassen köen. Anregungen, die gelegentlich gemacht werden (s.o.), entspringen der euphorischen Wunschvorstellung einer futuristischen Absolutheit, die wir nie erreichen werden. 19 BT-Drs. 18/10781 v Dazu etwa Fechner, MdB, in FAZ S. 1 (für 40 % des Grundgehalts als Hinzuverdienstgrenze). 21 Quelle: Stat. BA 2017, Fachserie 10 Reihe 2.8, Rechtspflege, ArbG, 2016, (AG1). Tabelle für 2016: 21 Urteilsverfahren Arbeitsgerichte 2016 Land Klagen insgesamt davon Neuzugänge davon erledigte Bund Baden-Württemberg Bayern Berlin (mit Soka) Brandenburg Bremen Hamburg Hessen ( Soka) (+17307) (+15685) Mecklenbg.-Vorpommern Niedersachsen NRW Rheinland-Pfalz Saarland Sachsen Sachsen-Anhalt Schleswig-Holstein Thüringen AuR 12 n 2017

19 Bericht aus Berlin Arbeit und Rechtspolitik Bericht aus Berlin (Berichtszeitraum: Oktober 2017) 1. EU-Staaten gegen Lohnwettbewerb Nach einer zwölfstündigen Verhandlung haben die EU-Arbeitsminister einen Kompromiss zum Kommissionsvorschlag zur Verschärfung der EU-Entsenderichtlinie 96/71/EG gefunden. Die regelt, wie lange und zu welchen Bedingungen ein UN seine Arbeiter ins EU- Ausland entsenden ka (s. dazu Einzelheiten im Brüsseler Bericht, in diesem Heft, S. 493). Wie stark die Auswirkungen der neuen Regelung auf Deutschland werden, ist unklar. Hierzulande dürften nur TV betroffen sein, weil Verträge mit Öffnungsklauseln ausgenommen seien, sagt ein dt. Diplomat. Umgekehrt köte die Entsendung dt. AN durch die Neuregelung erschwert werden. Deutschland hat zuletzt AN ins Ausland entsandt. Nur Polen entsendet mehr. Die EU-Kommission hat die Verschärfung der Entsende-RL im Frühjahr 2016 vorgeschlagen und damit auf Klagen in vielen alten Mitgliedstaaten, allen voran Frankreich, über die Konkurrenz von niedrig entlohnten Arbeitern aus Osteuropa reagiert. Dabei geht es nicht zuletzt um das Baugewerbe und das Gesundheitswesen, in denen Entsendungen weit verbreitet sind. Der franz. Präsident Macron hatte die Verschärfung der Entsenderichtlinie zu einem der Kernthemen in seinem Wahlkampf gemacht. Nach der Wahl hatte er in Osteuropa für die Änderung der Regelung geworben. Widerstand gegen die Verschärfung kam allerdings nicht nur von dort. Auch das Dt. Handwerk und der eur. Industriedachverband BusinessEurope wandten sich gegen den Kommissionsvorschlag, da sie eine Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit befürchten. Der Bienmarkt werde politischem Aktionismus geopfert, kritisierte dessen Generalsekretär Markus Beyrer. Umstritten war am Ende vor allem die max. Entsendedauer. Die Kommission hat 24 Monate vorgeschlagen. Frankreich forderte 12 Monate, Österreich 6 Monate. Durchgesetzt haben sich Frankreich und das mit ihm verbündete Deutschland sowie die Benelux-Staaten. Polen, Ungarn, Lettland und Litauen stimmten gegen den Kompromiss. Großbritaien, Irland und Kroatien enthielten sich. Auf die Bedürfnisse der Osteuropäer nimmt der Kompromiss insofern Rücksicht, als die Regeln erst in 4 Jahren in Kraft treten sollen. Außerdem ist der Transportsektor ausgenommen. Die Entsendung von AN soll für diesen Sektor separat geregelt werden. Die meisten Reaktionen auf die Einigung fielen erstmal positiv aus. Die zuständige EU-Kommissarin Mariae Thyssen sprach von einer fairen Vereinbarung und Katharina Barley, SPD-Übergangs- Bundesarbeitsministerin, von einem entscheidenden Durchbruch. Die Gewerkschaft Bauen Agrar Umwelt forderte zwar, dass die Gleichbehandlung entsandter Mitarbeiter auch auf die Sozialbeiträge ausgeweitet werden müsse, stellte aber ansonsten zufrieden fest, dass Europa»auf dem Weg zu fairer Arbeit einen Schritt weiter«gekommen sei. Einzig die AG warnen vor einem»brüsseler Bürokratiemonster«. Andere üben sich in Sarkasmus:»Dass es für eur. UN künftig faktisch einfacher sein soll, einen Beschäftigten nach Indien oder Chile zu entsenden als nach Frankreich oder Italien, wäre eine Rolle rückwärts gegen den Bienmarkt«, unkte ein Sprecher der Arbeitgeberverbände. We die Beschlüsse der Arbeitsminister so ins Gesetz überführt werden, drohe ein Bürokratiemonster, fürchten die UN. Sie hoffen nun darauf, dass im Einigungsprozess zwischen Ministerrat und Europaparlament noch die aus ihrer Sicht schwierigsten Passagen bereinigt werden. Kein Land ist so betroffen von den Entsendevorschriften wie Deutschland. Mit rund AN ist es lt. Daten der EU-Kommission aus dem Jahr 2015 das Zielland Nummer 1 mit großem Vorsprung vor Frankreich ( ) und Belgien ( ). Mit mehr als Beschäftigten liegt Deutschland hinter Polen ( ) auch auf Platz 2 bei den Herkunftsländern. Bislang liefen die Entsendungen aus Deutschland in andere EU- Länder recht unkompliziert. Das wurde idr. durch das dt. Arbeitsrecht geregelt, solange die Möglichkeit zur Rechtswahl vorgesehen war. Doch das soll bald vorbei sein. Künftig ist es in jedem Fall erforderlich zu prüfen, was das jeweilige nat. Arbeitsrecht vorschreibt, sollte die Entsende-RL nach den Vorstellungen der EU- Arbeitsminister verschärft werden. Dieses Wissen müsse, so klagen die AG, eingekauft werden. Durch solche Leistungen von Beratern und Juristen drohe die Entsende-RL zu einem»riesigen Kostentreiber«zu werden. UN beklagen, dass die Maßnahmen gegen Lohndumping in der EU stets mit Beispielen aus der Schlachterbranche oder dem Putzgewerbe begründet würden. Dort gibt es Missstände, doch seien diese nicht repräsentativ für andere Branchen. In der Mehrzahl handele es sich um Entsendungen von qualifizierten Beschäftigten für anspruchsvolle Tätigkeiten. Für spezifische Branchenlösungen habe man in Brüssel jedoch nur wenig Zustimmung finden köen. Nicht nur bei dt. Wirtschaftsvertretern ist der Unmut über den Brüsseler Beschluss groß. Auch in Polen herrscht große Sorge. Warschau hatte mit einigen wenigen anderen Staaten erfolglos gegen die Reform opponiert und setzt nun auf Nachverhandlungen. Derzeit entsenden rd polnische UN Mitarbeiter in andere EU-Länder.»Eine schärfere Regulierung würde diese UN in ihrer Existenz bedrohen«, meinte Andrzej Malinowski, Präsident des polnischen AG-Verbandes. Allein in Deutschland gebe es rd tarifliche Regelungen.»Es ist anspruchsvoll und teuer, sich durch so ein Dickicht der Regulierungen durchzukämpfen«, sagte Malinowski. Der Arbeitgeberchef geht von rd. 1/2 Mio. Polen aus, die jedes Jahr in einem anderen EU-Land ihre Arbeit verrichten. 39% davon entfallen auf die Baubranche, 19% auf Transport- und Logistik und weitere 15% auf Dienstleistungen. Ausgenommen von der Neuregelung der Entsende-RL ist der Transportsektor für alle EU-Länder eine immens wichtige Branche. Schon in der Vergangenheit kam es zu Verstimmungen über die Frage, ob polnische Speditionen ihren Fahrer dt. Mindestlohn zahlen müssen, während diese sich auf dt. Staatsgebiet bewegen. Schließlich wurde ein mühsamer Kompromiss gezimmert. Die Transport-Branche soll gesondert durch ein EU-Mobilitätspaket geregelt werden. Malinowski warnt, dass das Prinzip der gleichen Bezahlung für gleiche Arbeit nicht durchzuhalten sei, und macht ein Beispiel: We 2 Fahrer in 6 Std. dieselbe Strecke führen, aber auf unterschiedlichen Routen durch unterschiedliche EU-Länder, köe der Unterschied nach diesem Prinzip mehr als 1000 betragen. 2. Bau-Mindestlohn steigt auf bis zu 15,20 Der allg. gesetzliche Mindestlohn beträgt derzeit 8,84 /Std. In einigen Branchen gelten deutlich höhere Mindestlöhne, sie werden von den Tarifparteien mithilfe der Regierung festgesetzt. In der Bauwirtschaft sollen diese Mindestlöhne nun auf bis zu 15,20 /Std. steigen. Das AuR 12 n

20 Arbeit und Rechtspolitik Bericht aus Berlin haben die Gewerkschaft Bau Agrar Umwelt (IG BAU) und die Bau- Arbeitgeberverbände vereinbart. Sofern ihre Gremien das Ergebnis billigen, werden sie beim BMAS bald beantragen, dass es den TV, wie seit 1997 üblich, für allgemeinverbindlich erklärt. Ohne diesen Schritt gäbe es von 2018 an keinen Bau-Mindestlohn mehr.»die Verhandlungen standen mehrfach vor dem Scheitern. Das hätte ab 1. Januar einen Mindestlohn von 8,84 bedeutet«, begründete IG BAU-Verhandlungsführer Dietmar Schäfers die Einigung. Gemessen an den Ausgangspositionen gab es einige Zugeständnisse wohl auch mit Blick auf mögliche politische Hürden. Schließlich ist nicht sicher, ob das Arbeitsministerium solche Mindestlohnanträge demnächst noch mit ähnlichem Wohlwollen bearbeiten wird wie bisher unter der Sozialdemokratin Andrea Nahles. Die Einigung sieht vor, die Lohnuntergrenze für Bau-Hilfsarbeiter 2018 u jeweils um rd. 4 % zu erhöhen. Sie würde damit von 11,30 auf 12,20 steigen. Daneben gilt im Westen traditionell zusätzlich ein eigener Mindestlohn für Facharbeiter. Er soll nun von 14,70 auf 15,20 steigen. Eigentlich wollte die IG BAU eine solche Facharbeiterstufe erstmals seit 2008 auch im Osten wieder einführen. Zudem hatte sie bis zu 15,60 angestrebt. Die AG wollten die 2. Mindestlohnstufe dagegen eigentlich auch im Westen streichen, da sie sich ohnehin kaum kontrollieren lasse. Am Ende steckten beide Seiten zurück. Die Branchenmindestlöhne binden Firmen, die nicht den AG-Verbänden angehören. Für Verbandsmitglieder gelten indes höhere reguläre Tariflöhne. So beträgt der Tariflohn für Baufacharbeiter 19,51 im Westen und 18,15 im Osten. Angesichts der Konkurrenz zwischen tarifgebundenen und nicht tarifgebundenen Betrieben haben auch die AG-Verbände ein Interesse, dass der Branchenmindestlohn nicht zu weit hinter dem Tarifniveau zurückbleibt. Der Bau ist eine von 15 Branchen, in denen derzeit Branchenmindestlöhne gelten. Spitzenreiter ist das Geld- und Werttransportgewerbe. Dort hat das Ministerium kürzlich eine neue Regelung in Kraft gesetzt, die von 2018 an bis zu 16,53 /Std. als Mindestlohn vorschreibt. Für andere Branchenmindestlöhne, die bald auslaufen, ist indes noch keine Anschlussregelung in Sicht. So im Gebäudereinigerhandwerk, wo die IG BAU derzeit Forderungen stellt: Sie verlangt u.a. 1 mehr/ Std. und die Angleichung der Ostlöhne an Westniveau. Nach Berechnung der AG geht es um ein Plus von 29 % im Osten und 16 % im Westen. Die Gespräche wurden abgebrochen. Da das spätere Verfahren beim Ministerium 3 bis 4 Monate dauert, ist schon absehbar, dass für Reinigungskräfte von Januar an vorerst nur noch der gesetzliche Mindestlohn gilt. Der Branchenmindestlohn beträgt bisher 9,05 im Osten und 10 im Westen. 3. Arbeitgeber wollen niedrigeren Arbeitslosenbeitrag In der Auseinandersetzung über Entlastungen der Beitragszahler werden die Karten neu gemischt: Dank anhaltend hoher Überschüsse baut die BA voraussichtlich schon bis Ende kommenden Jahres eine Finanzreserve von 20 Mrd. auf. Deshalb treten die AG-Verbände für eine Beitragssenkung ein. Bisher beträgt der Beitragssatz der Arbeitslosenversicherung, den AG und AN hälftig zahlen, 3 % des Bruttolohns. Angesichts der guten Finanzentwicklung sei es nun an der Zeit, mit der Debatte über eine Beitragssenkung zu begien, hieß es aus der BDA. Hintergrund dieser Akzentverschiebung sind auch die laufenden Sondierungen von Union, FDP und Grünen für eine Jamaika-Koalition.»Wir erwarten, dass die künftige Koalition eine solche Beitragssenkung vornehmen wird«, hieß es aus der BDA. Die AG führen zusammen mit den Gewerkschaften den Verwaltungsrat der BA. Bisher hatten dort AG und Gewerkschaften die Haltung eingenommen, dass kein Spielraum für Beitragssenkungen bestehe. Die Arbeitslosenkasse benötige ein ausreichendes Finanzpolster, damit in einem Konjunkturabschwung nicht gleich der Beitrag steigen müsse. Der Umfang des anzustrebenden Finanzpolsters war regelmäßig mit mindestens Mrd. beziffert worden. Während der DGB eine Beitragssenkung grds. kritisch sieht und stattdessen höhere Ausgaben für Arbeitsförderung befürwortet, haben sich etliche Ökonomen und der Steuerzahlerbund schon in der vergangenen Wahlperiode für eine Beitragssenkung stark gemacht. Da aber damals nicht einmal die AG diese Forderung unterstützten, sah die große Koalition keinen Handlungsdruck. Nun aber, so ist aus der BDA zu hören, erscheine eine Senkung um 0,2-0,3 Prozentpunkte sivoll. Jedes Zehntel Prozent des Beitragssatzes würde einem Entlastungsvolumen von 1,2 Mrd. für die Beitragszahler entsprechen. Tatsächlich entwickeln sich die Finanzen der Arbeitsagentur derzeit besser als die der übrigen Sozialkassen. Die steigende Beschäftigungszahl beschert ihnen hohe Beitragseiahmen, und ihre Ausgaben für Arbeitslosengeld sinken. Ende 2016 hatte die Agentur aus den bis dahin erzielten Überschüssen ein Finanzpolster von 11,4 Mrd. aufgebaut. Nun dürften 2017 und wohl auch 2018 jeweils noch einmal mehr als 5 Mrd. Überschuss hinzukommen. Wie den Finanzdaten der BA zu entnehmen ist, lief im Beitragshaushalt in diesem Jahr schon bis September ein Überschuss von 3,3 Mrd. auf obwohl die Behörde nebenbei außerplanmäßig eine Mrd. zusätzlich für Pensionslasten ihrer Beamten zurückgestellt hat. Außerdem sind die Eiahmen im Herbstquartal wegen der Beitragszahlungen auf Weihnachtsgeld stets überdurchschnittlich hoch. Die Entscheidung über den Arbeitslosenbeitrag liegt in den Händen der Regierung. Der Umgang damit dürfte auch ein Gradmesser dafür sein, welchen Stellenwert die künftige Koalition dem traditionellen Ziel beimisst, die Summe der Sozialbeiträge auf 40 % des Bruttolohns zu begrenzen. Langfristig wird es zwar kaum zu halten sein, da der demografische Wandel die Renten- und Krankenkassenbeiträge stark nach oben treibt Prognosen lassen einen Anstieg auf knapp 50 % des Bruttolohns bis 2040 erwarten. Kurzfristig wird jedoch entscheidend sein, inwieweit sich die neue Regierung zu einem weiteren Ausbau von Sozialleistungen entschließt. Bliebe es beim heutigen Leistungsniveau, wären dank der vorhandenen Reserven in allen Sozialversicherungszweigen wohl keine Beitragserhöhungen in dieser Wahlperiode nötig. Insoweit bezog Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer auch ganz offen Position:»Die Summe der Beiträge darf 40 % nicht überschreiten«, mahnte er.»sonst würgen wir den Jobmotor ab.«4. Ziel der nächsten Koalition ist eine»stabilisierung der Lohebenkosten«Die Unterhändler von Union, FDP und Grünen haben sich in den Sondierungsverhandlungen auf das Ziel der Vollbeschäftigung verständigt. Sie wollen Selbständigkeit unterstützen, u.a. durch Bürokratieabbau und eine Reduzierung der Mindestkrankenversicherungsbeiträge. Über eine Pflicht zur Altersvorsorge und die Einbeziehung von Selbständigen in die gesetzliche Rentenversicherung will man weiter reden.»unser gemeinsames Ziel ist die Stabilisierung der Sozialversicherungsbeiträge«, heißt es in dem Papier zu Arbeit, Rente, Pflege und Sozia AuR 12 n 2017

21 Aktuelles aus Brüssel und Straßburg Arbeit und Rechtspolitik les. Auch heißt es bestimmt:»der Mindestlohn gilt.«zugleich sind wichtige Fragen unbeantwortet. Will man bei den Sozialbeiträgen unter 40 % bleiben? Sollen sie nicht nur wie bisher auf Arbeitseinkommen erhoben werden, sondern auch auf Mieteiahmen oder Kapitalerträge? Lässt sich der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung in dieser Legislaturperiode senken? Ka man versicherungsfremde Leistungen verstärkt aus dem Bundeshaushalt finanzieren? Mit Blick auf den letzten Punkt werden die»bestehende«mütterrente und die Krankenversicherungsbeiträge für Hartz-IV-Empfänger genat. Um Langzeitarbeitslosen den Einstieg auf dem Arbeitsmarkt zu ermöglichen, wollen Union, FDP und Grüne die Zuverdienstregeln im ALG II überprüfen. Dabei gehe es um Anreize, mit mehr Arbeit auch mehr zu verdienen, sodass die Betroffenen in die finanzielle Eigenständigkeit wachsen köten, heißt es. Zugleich streben CDU, CSU, FDP und Grüne eine spürbare Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Alten- und Krankenpflege an. Sie diskutieren über die volle Refinanzierung von Tarifsteigerungen im Rahmen der Krankenhausvergütung. Wie das System finanziert werden soll, bleibt im Unklaren. Gleichrangig stehen nebeneinander die Angleichung von Arbeitnehmerbeitrag und Arbeitgeberbeitrag, eine Deckelung des Zusatzbeitrags und die Beibehaltung des Status quo. Der geltende Risikostrukturausgleich unter den Kassen soll überprüft werden. 5. Unternehmer hoffen auf Abschaffung der Rente mit 63 UN wünschen sich, dass die abschlagsfreie Rente ab 63 zügig wieder abgeschafft wird, und setzen dabei Hoffnungen auf eine mögliche Jamaika-Koalition. Der Verband der Jungunternehmer ging sogar einen Schritt weiter und begrüßte öffentlich»pläne«von Union, FDP und Grünen, die von der bisherigen großen Koalition eingeführte Sozialleistung wieder zu streichen. Allerdings hat der Vorgang einen Haken einschlägige Teilnehmer der Jamaika-Sondierungen wissen nichts von einem solchen Plan.»Wir dementieren das für alle, die da mit am Tisch saßen«, sagte der Grünen-Fraktionsvorsitzende Anton Hofreiter.»Die Rente mit 63 wird nicht abgeschafft.«grünen-rentenfachma Markus Kurth, der ebenfalls an den Sondierungen zum Themenblock Arbeit und Soziales beteiligt ist, sprach von einer»frei erfundenen Behauptung«. CSU- Landesgruppenchef Alexander Dobrindt, FDP-Vize Wolfgang Kubicki und weitere Teilnehmer wandten sich zwar nicht in dieser Schärfe und Offenheit gegen den Bericht. Sie betonten allerdings auch, dass über das Thema bisher nicht entschieden und in der Sondierungsrunde nicht einmal näher gesprochen worden sei. Zuvor hatten Zeitungen ohne Angabe von Quellen berichtet, die Jamaika-Unterhändler wollten die Rente ab 63 künftig nur noch Versicherten aus besonders belastenden Berufen wie etwa Dachdeckern gewähren. Einsparungen köten da in einen Ausbau der Erwerbsminderungsrente gesteckt werden. Dass die beteiligten Parteien solche Überlegungen anstellen, erscheint nicht völlig abwegig, da die Rente ab 63 vor allem das Anliegen von Gewerkschaften und SPD war. CDU- Präsidiumsmitglied Jens Spahn hatte deren Abschaffung gefordert. Wer 45 Beitragsjahre beisammen hat, ka damit seit Juli 2014 ohne Abschläge in Rente gehen, auch we er die reguläre Altersgrenze noch nicht erreicht hat. Nach Ansicht der Kritiker werden damit vor allem rare, gut bezahlte Facharbeiter vorzeitig in den Ruhestand gelockt zu Kosten von 3 Mrd. im Jahr. Der CDU-Wirtschaftsrat warnte indes davor, Spielräume in den Sozialkassen sofort für neue Ausgaben zu verplanen, anstatt die Beiträge zu senken: Schon mit den konjunkturbedingten Rücklagen von Arbeitslosen- und Rentenversicherung köe eine neue Koalition derzeit die Beitragszahler»um rd. 4 Mrd. bzw. 0,4 % beim Beitrag entlasten«, sagte der Generalsekretär des Wirtschaftsrates, Wolfgang Steiger. Die neue Regierung solle zeigen, dass sie es»mit ihrer Entlastung ernst meint und nicht schon wieder wie in der vergangenen Legislaturperiode Rücklagen als Verteilungsmasse für neue Wohltaten missbraucht«. Aus Sicht der FDP dürfte zumindest schon eine Diskussionsgrundlage gelegt sein:»wir sind uns einig, dass wir die Zahl der Beschäftigten weiter erhöhen wollen und dass wir auch geeignete Rahmenbedingungen für den Arbeitsmarkt in der Zeit des digitalen Wandels schaffen müssen«, fasste ihr Vorstandmitglied Johaes Vogel den Stand der Jamaika-Sondierungen zusammen.»was daraus im Einzelnen etwa für die Rentenpolitik folgt, wird noch zu klären sein. In jedem Fall sind diese Leitsätze eine gute Grundlage für die weitere Diskussion.«6. Mehr Rechte für Arbeitnehmer gefordert SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles hat dazu aufgerufen, das Arbeitsrecht auf die Digitalisierung auszurichten. Für viele Menschen verschwimmen bei Arbeitszeiten und Arbeitsort die Grenzen, sagte sie. Nahles verwies auf Arbeit auf Abruf und Solo-Selbständigkeit.»Wir brauchen dafür einen Rechtsrahmen, der die Arbeitnehmerrechte auch in die digitale Arbeitswelt verlängert.«so dürften Wechsel zwischen abhängiger Beschäftigung und Selbständigkeit keine Nachteile bei der sozialen Sicherung bringen, forderte Nahles vor 300 Delegierten beim Gewerkschaftstag der IG BAU.»Wir müssen wachsamer de je gegen Scheinselbständigkeit vorgehen.«ministerialrat a.d. Dr. Dr. Gerhard Deter, Berlin Aktuelles aus Brüssel und Straßburg KW ( ) EUROPÄISCHE RÄTE Dreigliedriger Sozialgipfel Der diesjährige Herbst-Sozialgipfel am stand unter dem Motto»Europas Zukunft gestalten: Widerstandsfähigkeit stärken und wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt für alle fördern«. Der Schwerpunkt lag auf den Themen soziale Dimension Europas, Einbindung der Sozialpartner in Politik und Reformen auf einzelstaatlicher Ebene. Der Dreigliedrige Sozialgipfel ist ein Forum für Gespräche der Präsidenten der EU-Organe und der Vertreter der Sozialpartner. Der Präsident des Eur. Rates, Donald Tusk, stellte fest:»wir haben jetzt gemeinsam die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass die Vorteile des Wirtschaftswachstums möglichst allen zu gute kommen. Deshalb haben wir bei unserem Treffen heute ganz konkret erörtert, wie die Sozialpartner besser in die einzelstaatliche Politik eingebunden werden köen.«der Präsident der Kommission, Jean-Claude Juncker, unterstrich:»ein gerechtes und sozialeres Europa ist entscheidend, we es um die Gestaltung der Zukunft unserer Union geht. Ich möchte, dass sich die EU in einer Welt der raschen Veränderungen für die Rechte ihrer Bürger stark macht. Darum geht es bei der eur. Säule AuR 12 n

22 Arbeit und Rechtspolitik Aktuelles aus Brüssel und Straßburg sozialer Rechte. Ich bin zuversichtlich, dass wir sie auf dem Sozialgipfel am in Göteborg endgültig verabschieden köen.«im Namen des aktuellen Ratsvorsitzes erklärte Estlands Ministerpräsident, Jüri Ratas:»Wir müssen dafür sorgen, dass alle Menschen über die richtigen Kompetenzen und sozialen Schutz verfügen, ob sie nun in herkömmlichen UN arbeiten oder hochmoderne Arbeitsplätze in der digitalen Wirtschaft bekleiden.«für die AG-Seite (BusinessEurope, CEEP, UEAPME) erklärte die Präsidentin von BusinessEurope, Emma Marcegaglia:»Die EU muss attraktiver werden für Investitionen und eine faire und ehrgeizige Handelsagenda verfolgen, um neue Märkte zu erschließen und nachhaltiges Wachstum und neue Geschäftsmöglichkeiten für UN jedweder Größe zu schaffen. Was die soziale Dimension Europas anbelangt, so besteht die Herausforderung in 1. Linie darin, eine Partnerschaft für Reformen zur Verbesserung der Beschäftigungslage auf den Weg zu bringen. Die EU sollte dort eingreifen, wo dies nach allg. Auffassung einen Mehrwert bringt, wobei das Subsidiaritätsprinzip und die Autonomie der Sozialpartner zu achten sind.«der Generalsekretär des EGB, Luca Visentini, erklärte:»die eur. Gewerkschaften legen den MS dringend nahe, eine ehrgeizige und strikte eur. Säule sozialer Rechte anzunehmen, wobei die Kommission streng darüber wachen sollte, dass diese Säule uneingeschränkt umgesetzt wird. Wir brauchen mehr konkrete Maßnahmen, die die Lebensumstände der arbeitenden Bevölkerung wirklich verbessern. Bei vielen arbeitenden Menschen ist der Aufschwung noch nicht angekommen; sie brauchen konkrete Beweise, dass die EU für soziale Gerechtigkeit und sozialen Fortschritt eintritt. Die EU muss die verlorenen Krisenjahre wieder einholen und überdies die Herausforderungen bewältigen, die die Umstellung auf eine CO2-arme Wirtschaft und die Digitalisierung mit sich bringen werden, sodass kein AN auf der Strecke bleibt.«europäische Säule Sozialer Rechte Am einigten sich die Sozial- und Arbeitsminister auf einen gemeinsamen Text für die»proklamation der europäischen Säule sozialer Rechte«. Damit steht einer Unterzeichnung im Namen der MS auf dem Gipfeltreffen in Göteborg nichts mehr im Weg. Die Säule ist eine politische Selbstverpflichtung und eine Leitlinie für MS und Institutionen der EU; ihr Ziel ist es, den sozialen Besitzstand zu stärken und den Bürgerien und Bürgern wirksamer zu ihrem Recht zu verhelfen. Im Kern stehen beschäftigungspolitische und soziale Aspekte und die Bestrebung, das eur. Sozialmodell für die Herausforderungen des 21. Jhd. zu rüsten. Durch die Unterstützung fairer und gut funktionierender Arbeitsmärkte und Sozialsysteme soll die Säule einen Beitrag zum sozialen Fortschritt leisten. Die Proklamation enthält 20 Grundsätze und Rechte, die in 3 Kategorien unterteilt sind: (1) Chancengleichheit und Arbeitsmarktzugang; (2) dynamische Arbeitsmärkte und faire Arbeitsbedingungen; (3) öff. Unterstützung/Sozialschutz und soziale Inklusion. Sie umfasst politische Bereiche wie Wohnraum, Bildung, Sozial- und Gesundheitsfürsorge und Beschäftigung. Kritiker bemängeln jedoch, dass die Säule eben nicht mehr als eine politische Selbstverpflichtung darstellt. Einklagbare Rechte würden sich daraus nicht ableiten lassen (s. dazu ausf. Lörcher, AuR 2017, 387). EUROPÄISCHE KOMMISSION Arbeitsprogramm der Kommission Am stellte Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker das Arbeitsprogramm der Kommission für 2018 vor. Wie in den vorhergehenden Jahren geht eine Reihe der Vorschläge im Arbeitsprogramm auf die Überarbeitung bestehender Rechtsvorschriften im Rahmen des Programms zur Gewährleistung der Effizienz und Leistungsfähigkeit der Rechtsetzung (REFIT) zurück. Die vorausschauenden Initiativen umfassen eine stärker geeinte, stärkere und demokratische Union. Unter den neuen Initiativen net die Kommission auch das Paket zur sozialen Gerechtigkeit, welches den Vorschlag zu einer Eur. Arbeitsmarktbehörde beinhaltet. Der Vorsitzende des EGB, Luca Visentini, begrüßt grds. das angestrebte Arbeitsprogramm und besonders das Paket zur sozialen Gerechtigkeit. Gemeinsame eur. Sozialstandards, die Einbeziehung sozialer Indikatoren in das Eur. Semester, die Eur. Wirtschafts- und Währungsunion, eine gemeinsame Industriestrukturpolitik und ein eur. Wirtschafts- und Finanzminister seien positive Ziele. Kritisch bewertet er, dass der digitale Arbeitsmarkt mit seinem großen Problempotential für AN nicht im sozialen Paket auftaucht. Ebenso nicht erwähnt wird die Arbeitnehmermitbestimmung. EUROPÄISCHES PARLAMENT Entsenderichtlinie: Trilog-Verhandlungen köen begien Wie bereits berichtet (s. AuR 2017, 450) hatte sich der Beschäftigungsausschuss des EP (EMPL) am im Zuge der Verhandlungen um die Revision der Entsende-RL auf ein Mandat für Trilog-Verhandlungen mit Rat und Kommission verständigt. Dagegen hat das Plenum des EP keine Einwände erhoben, so dass der EMPL nun das Mandat hat, die Verhandlungen mit den EU-Ministern zu begien. Der Text des EMPL sieht wesentliche Änderungen des Kommissionsvorschlags vor. Zukünftig soll u.a. der Begriff»Mindestlohnsätze«mit dem Begriff der»entlohnung«ersetzt werden, wodurch entsandte AN von weitaus mehr Lohnbestandteilen wie etwa Zuschlägen und Sonderzahlungen profitieren. Reise-, Unterkunfts- und Verpflegungskosten müssen in Zukunft immer zusätzlich zum Lohn ausgezahlt werden. Den MS wird außerdem die Möglichkeit gegeben, in Zukunft auch repräsentative TV, z.b. auf regionaler und sektoraler Ebene, anzuwenden. Überdies köen zwingende nationale rechtliche Regelungen bei der Unterauftragsvergabe in Zukunft auch auf ausländische Subunternehmer ausgeweitet werden, wie etwa Tariftreueklauseln in Deutschland. Nach einer Dauer von 24 Monaten soll der entsandte AN in den Genuss des vollen Arbeitsrechts des Aufnahmestaates kommen. Elisabeth Morin-Chartier (EVP), Ko-Berichterstatterin, sieht in der Mandats-Erteilung ein pos. Signal. Jens Geier (S&D) betont, dass die Überarbeitung der Entsende-RL eines der wichtigsten Sozialgesetze dieser Legislaturperiode sei.»gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort ist kein frommer Wunsch mehr, sondern greifbar nah. Es ka nicht angehen, dass der Kollege auf dem Bau für die gleiche Arbeit weitaus weniger verdient. Damit werden auch die hart errungenen Standards auf dem dt. Arbeitsmarkt untergraben. Gewier sind am Ende nur ausbeuterische Firmen, die sich auf Kosten entsandter Beschäftigter skrupellos bereichern.«den Sozialdemokraten sei während der Verhandlungen besonders wichtig gewesen, dass Kosten, die bei einer Entsendung anfallen (z.b. Transport zum Arbeitsort, Kosten für die Unterbringung) nicht vom Lohn abgezogen werden dürfen. Bisher war diese Regelung nicht klar formuliert und wurde zulasten der AN von einigen AG ausgenutzt. Zudem hebt er hervor, dass»die Auftragsvergabe an ausländische Sub-UN an die gleichen Arbeits- und AuR 12 n 2017

23 Aktuelles aus Brüssel und Straßburg Arbeit und Rechtspolitik Entlohnungsbedingungen geknüpft werden ka, wie sie für inländische UN gelten. Gut so, de das führt zu mehr Lohngerechtigkeit und schützt dt. TV.«Terry Reintke (Grüne/EFA) sieht in der Einigung und der Revision der Entsende-RL die Chance, einen ganz konkreten Fortschritt hin zu einem sozialeren Europa zu erzielen.»die Entsende-RL hat eine klare Aufgabe: Menschen, die in einem MS angestellt sind, ihre Arbeit aber in einem anderen MS verrichten, ausreichend zu schützen. Genau das hat sie in den vergangen Jahren aber nicht geleistet. Viel zu häufig werden mobile AN ausgebeutet. Jetzt kommt es darauf an, dass auch die nat. Regierungen den längst überfälligen Schritt gehen und mit einer Revision der RL das aus der Balance geratene Gleichgewicht zwischen Bienmarktvorschriften und Arbeitnehmerrechten gerechter auszutarieren.«gabi Zimmer (GUE/NGL) begrüßt die Beschlussfassung des Beschäftigungsausschusses.»Der Sozialschutzartikel 153 AEUV soll Teil der rechtlichen Grundlage für die Entsendung von AN werden. Sektorale und lokale TV sollen voll angewendet und gleiche Entlohnung statt nur Mindestlöhne garantiert werden.«gleichzeitig bedauert sie, dass bei der Höchstdauer der Entsendezeit schlechte Kompromisse gemacht wurden.»der EMPL-Kompromiss sieht eine Frist von 24 Monaten vor, bevor das Arbeitsrecht des Aufnahmelandes voll und ganz gilt. DIE LINKE hatte gefordert, dass dies von Tag eins an gelten sollte.«darüber hinaus gibt auch sie zu denken, dass der Kampf noch nicht vorbei sei.»im Rat zeichnet sich bisher keine Mehrheit für soziale Verbesserungen ab.«dgb-vorstandsmitglied Aelie Buntenbach begrüßt den politischen Entschluss:»Die nach langem Tauziehen beschlossenen Kompromisse gehen in die richtige Richtung. Das Prinzip Gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort findet sich in zentralen Punkten des Beschäftigungsausschusses wieder: Entsandte Beschäftigte sollen künftig nicht mehr nur auf Basis des Mindestlohns bezahlt werden, sondern haben deutlich weiter gefasste Lohnansprüche. Damit wird ein wichtiger Schritt gegen eine faktische Zweiklassen-Gesellschaft unternommen, in der entsandte Beschäftigte regelmäßig deutlich niedrigere Löhne als ihre heimischen Kollegien und Kollegen erhalten, obwohl sie dieselben Aufgaben ausführen. Entsendende UN sollen künftig ebenfalls verpflichtet sein, die Kosten für Reise, Unterkunft und Verpflegung der von ihnen entsandten Mitarbeiter zu tragen. Das mag selbstverständlich klingen, wurde tatsächlich aber systematisch und jahrelang von vielen UN ignoriert, um sich auf dem Rücken ihrer entsandten Beschäftigten zu bereichern. Dass diese Lücke mit seinen dramatischen Auswirkungen und viele weitere Defizite in der Entsende-RL nun geschlossen werden sollen, ist seit langem überfällig. Deshalb begrüßt der DGB die Entschließung des Beschäftigungsausschusses ausdrücklich, wegleich wir noch deutlich weiterreichende Verbesserungen fordern.«der Ministerrat hat sich am gegen die Stimmen von Polen und Ungarn auf eine Verhandlungsposition geeinigt, die von den Unternehmensverbänden und den Gewerkschaften mit Kritik aufgenommen wurde. Insbes. ist in der neuen RL Folgendes vorgesehen: Entlohnung der entsandten AN im Einklang mit dem Recht und den Verfahren des Aufnahmemitgliedstaats Langfristige Entsendungen von 12 Monaten, die auf der Grundlage einer von einem Dienstleistungserbringer mitgeteilten Begründung um 6 Monate verlängert werden köen (auf insgesamt 18 Monate) Anwendung allgemeinverbindlicher TV auf entsandte AN in allen Wirtschaftszweigen Gleichbehandlung von Leih-AN und lokalen AN Verkehrssektor: es gelten die Bestimmungen der Änderungsrichtlinie ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der künftigen sektorspezifischen Rechtsvorschriften Umsetzungsfrist: 3 Jahre sowie ein weiteres Jahr, bevor die RL anzuwenden ist. Alle Entlohnungsvorschriften, die für lokale AN gelten, müssen auch auf entsandte AN angewandt werden. Dabei wird die Entlohnung nicht nur Mindestlohnsätze, sondern auch andere Bestandteile wie Prämien oder Zulagen umfassen. Dabei soll die für den AN günstigere Lösung gelten. Die Plattform zur Bekämpfung nicht angemeldeter Erwerbstätigkeit wird zur Betrugs- und Missbrauchsbekämpfung sowie zur Verbesserung des Informationsaustauschs und der Verwaltungszusammenarbeit zwischen den MS eingesetzt. Liina Carr, Gewerkschaftssekretärin des EGB, begrüßt, dass eine Einigung unter Leitung der estnischen Ratspräsidentschaft erreicht wurde. Das Ergebnis sei aber enttäuschend. Es schließe u.a. Arbeiter im Transportsektor aus, Sonderzahlungen seien nicht genügend abgesichert und es stelle keine ausreichende gesetzliche Grundlage dar. Die 3-jährige Übergangsfrist sei außergewöhnlich lang. Jutta Steinruck (S&D) erläutert die Wichtigkeit harter Verhandlungen:»Der Ministerrat hat einige unserer Verbesserungen aufgegriffen, so z. B. die Gleichbehandlung von entsandten und heimischen Leih-AN. Allerdings ist es angesichts der teils skandalösen Arbeitsbedingungen im Transportgewerbe brandgefährlich, we ausgerechnet dieser Sektor wie von einigen Regierungen gefordert gesondert behandelt wird. Der Beschäftigungsausschuss hat unmissverständlich klargemacht, dass AN im Transportsektor wie bereits in der Vergangenheit durch die Schutzregelungen der RL abgedeckt bleiben müssen.«aelie Buntenbach, Mitglied des DGB-Bundesvorstands, bekräftigt:»scharf zu kritisieren ist z. B., dass der Verkehrssektor von der RL ausgenommen sein soll. Außerdem sind die Regelungen für die Erstattung von Reise- und Unterkunftskosten unklar. Für eine echte Stärkung der Rechte entsandter Beschäftigter muss sich der Rat in den anstehenden Trilog-Verhandlungen deutlich auf das EP zubewegen.«im nächsten Schritte werden EP und Ministerrat voraussichtlich im November Gespräche aufnehmen, um eine Einigung in 1. Lesung zu erreichen. Krebsrichtlinie beschlossen Am nahm das EP eine RL an, die strengere EU-Vorschriften zum Schutz der AN gegen Gefährdung durch Karzinogene oder Mutagene enthält. Nach Billigung durch den Rat werden die neuen Vorschriften im Amtsblatt der EU veröffentlicht und treten 20 Tage nach ihrer Veröffentlichung in Kraft. Mit den Vorschriften, die die Liste der gefährlichen Stoffe um weitere 11 Karzinogene ergänzen und die Grenzwerte für 2 weitere Stoffe senken, soll die Hauptursache für arbeitsbedingte Todesfälle in der EU bekämpft werden. Ziel ist, in den nächsten 50 Jahren bis zu Menschenleben zu retten. Die Grenzwerte für die Exposition am Arbeitsplatz, d.h. die Höchstmenge an Schadstoffen (idr. in Milligramm pro Kubikmeter Luft), der AN ausgesetzt werden köen, wurden festgelegt auf: 10 chemische Arbeitsstoffe: 1,2-Epoxypropan, 1,3-Butadien, 2-Nitropropan, Acrylamid, Bromethylen, Chrom(VI)Verbindungen, Ethylenoxid, Hydrazin, o-toluidin und feuerfeste Keramikfasern, und Quarzfeinstaub, der durch den Bergbau sowie durch das Schneiden und/oder Zerkleinern von Baustoffen wie z. B. Beton, Ziegeln und Stein entsteht. Mit der neuen Gesetzgebung werden auch die Expositionsgrenzwerte für 2 Stoffe, die bereits auf der Liste stehen, geändert: Hartholzstäube AuR 12 n

24 Arbeit und Sozialrecht (hergestellt durch Schneiden oder Zerkleinern von Holz), und Vinylchloridmonomer (überwiegend zur Herstellung von PVC verwendet). Festgelegt wurde auch, dass AG verpflichtet sind, das Expositionsrisiko für AN abzuschätzen und vorbeugende Maßnahmen zu ergreifen. Die Kommission soll weiterhin prüfen, ob es möglich ist, auch fortpflanzungsgefährdende Stoffe spätestens 2019 in die Liste aufzunehmen. Die neuen Vorschriften sehen auch vor, dass die für die Gesundheitsüberwachung zuständige nat. Behörde entscheiden ka, dass die Gesundheitsüberwachung auch nach dem Ende der Exposition so lange fortgesetzt werden muss, wie es zum Schutz der Gesundheit erforderlich ist. Parlament fordert mehr Schutz für Whistleblower Am stimmte das Plenum in einer nichtlegislativen Entschließung für die Aahme eines Berichts, der Schutz und Rechte für Whistleblower fordert. EU-Vorschriften seien notwendig, um Informanten und ihre Rolle bei der Aufdeckung schwerwiegender Verstöße gegen das öff. Interesse besser zu schützen und zu unterstützen. Es gehe um Hinweise in Fällen von Korruption, Steuervermeidung, bei Justizirrtümern, mangelndem Schutz für Lebensmittelsicherheit, in Bezug auf die Umwelt oder bei Angriffen auf soziale, Menschen- oder Arbeitnehmerrechte. Die Forderungen umfassen im Wesentlichen folgende Punkte: (1) Verbesserung der Berichterstattungsmechanismen, um interne Enthüllungen zu erleichtern; (2) Schutz vor Vergeltungsmaßnahmen; (2) Zusicherung von unterstützenden Maßnahmen, wie z.b. Rechts- und Finanzhilfe oder psychologische Betreuung; (3) Schaffung von national unabhängigen Gremien, die für Berichte zuständig sind. Die Kommission wurde aufgefordert, einen Gesetzesvorschlag zu entwerfen, der den EU-weiten lückenlosen Schutz von Whistleblowern sichert. Julia Reda (Grüne) bekräftigt:»die EU ist es Whistleblowern dringend schuldig, für ihren Schutz zu sorgen und die Meinungs- und Pressefreiheit in Europa zu verteidigen. Wir verdanken es Whistleblowern und Journalisten wie Antoine Deltour und Daphne Galizia, dass wir Skandale wie Luxleaks oder die Panama Papers untersuchen koten, was zu wichtigen Fortschritten bei der Bekämpfung von Steuerbetrug, Geldwäsche und Korruption geführt hat. Daher stehen wir in der Verantwortung, Menschen zu schützen, die so mutig sind, Missstände sowie illegale und korrupte Aktivitäten in Europa ans Licht zu bringen.«sylvia-yvoe Kauffma (S&D) macht ihrer Empörung Luft:»Es ist ein Skandal, dass Personen, die schwerwiegende Missstände oder illegale Praktiken aufdecken, Strafen befürchten müssen. Wer im öff. Interesse handelt, ist nicht kriminell! Die Kommission muss schnellstmöglich liefern und einen europaweit einheitlichen Rechtsrahmen zum Schutz von Whistleblowern vorlegen.«dgb-vorstandsmitglied Aelie Buntenbach hebt hervor:»es ist ein gutes Signal, dass das EP heute die Kommission aufgefordert hat, eine eigenständige europaweite Whistleblower-Regelung in die Wege zu leiten. Während die Geheimhaltungsinteressen von UN in der EU künftig einem strengen Schutz unterliegen werden, fehlt es an einer Regelung zum Schutz von couragierten Beschäftigten, die zur Aufdeckung geheim gehaltener Missstände beitragen. Dabei sind sie regelmäßig Benachteiligungen am Arbeitsplatz ausgesetzt, obwohl mehr als die Hälfte der wirtschaftskriminellen Taten erst durch Anzeigen der Beschäftigten aufgedeckt wird. Eine künftige eur. Regelung muss international geltende Standards umsetzen, indem sie die Meinungsfreiheit fördert, den Schutz vor Benachteiligungen im Arbeitsleben sicherstellt und klare Regeln für mehr Transparenz im Wirtschaftsleben schafft.«stefan Gran, Silke Brehm, Livia Hentschel, DGB-Verbindungsstelle Brüssel Arbeit und Sozialrecht BSG: Einkünfte aus Ehrenamt sind grundsätzlich beitragsfrei Ehrenämter sind in der gesetzlichen Sozialversicherung grds. auch da beitragsfrei, we hierfür eine angemessene pauschale Aufwandsentschädigung gewährt wird und neben Repräsentationspflichten auch Verwaltungsaufgaben wahrgenommen werden, die unmittelbar mit dem Ehrenamt verbunden sind. Dies hat der 12. Senat des BSG ( , B 12 KR 14/16 R) entschieden. Ehrenamtliche Tätigkeiten sind in Deutschland sehr verbreitet. Bei der arbeits-, steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung gelten viele Besonderheiten. Das BSG traf nun eine Grundsatzentscheidung zum Sozialrecht. Verhandelt wurde über den Fall eines Kreishandwerksmeisters, der neben seinem Hauptberuf ehrenamtlich für eine Kreishandwerkerschaft tätig war. Das Urteil betrifft auch andere ehrenamtlich Tätige etwa solche, die als Selbstverwalter in Sozialversicherungen arbeiten und dafür Sitzungsgelder und Pauschbeträge bekommen. Der betroffene Meister hatte für seine Tätigkeit eine jährliche Aufwandsentschädigung von erhalten. Nach einer Betriebsprüfung stufte die Dt. Rentenversicherung (DRV) ihn als geringfügig Beschäftigten ein und verlangte eine Beitragsnachzahlung in Höhe von Sie berief sich auf 7 SGB IV. Dort ist definiert, was»beschäftigung«ist. Liegt sie vor, besteht Beitragspflicht. Beschäftigung ist danach»nichtselbstständige Arbeit, insbes. in einem Arbeitsverhältnis«. Anhaltspunkte für das Vorliegen einer»beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.«Für die Tätigkeit des Kreishandwerksmeisters sah und sieht die Handwerksordnung vor, dass er sein»amt als Ehrenamt unentgeltlich«ausübt und Anspruch auf Entschädigung hat. Das BSG befand nun:»ehrenämter sind in der gesetzlichen Sozialversicherung grds. auch da beitragsfrei, we hierfür eine angemessene pauschale Aufwandsentschädigung gewährt wird und neben Repräsentationsaufgaben auch Verwaltungsaufgaben wahrgenommen werden, die unmittelbar mit dem Ehrenamt verbunden sind«. Hervorzuheben ist, dass sich das BSG nicht auf die (steuerliche) Übungsleiterpauschale von im Jahr bezogen hat. Das Entgelt ka demnach auch deutlich über dieser Pauschale liegen und deoch sozialversicherungsfrei sein. Wichtig erscheint auch der Hinweis des BSG, dass zur Stärkung des Ehrenamts»eine gesetzliche Klarstellung wünschenswert«sei. Für Frührentner: jährlicher Hinzuverdienst von erlaubt aber oft Sozialabgaben und Steuern fällig Seit Juli 2017 köen Frührentner Hinzuverdienst und (Teil-)Rente flexibel miteinander kombinieren. Der Hinzuverdienst ka stufenweise den eigenen Wünschen (und den betrieblichen Möglichkeiten) angepasst werden. Entspr. sinkt die Rente mit steigendem Hinzuverdienst stufenweise. Gleichzeitig steigen die eigenen Rentenansprüche durch weiterhin gezahlte Rentenversicherungsbeiträge. Dieses»Kombilohn- Modell«ermöglicht damit einen gleitenden Übergang in den Ruhestand. Es wurde durch das Gesetz zur Flexibilisierung des Übergangs vom AuR 12 n 2017

25 Arbeit und Steuerrecht Erwerbsleben in den Ruhestand und zur Stärkung von Prävention und Rehabilitation (Flexirentengesetz) eingeführt (s. dazu AuR 2017, 22 f.). Viele ältere AN interessiert nicht nur der Aspekt des gleitenden Übergangs in den Ruhestand, sondern auch die Frage, wie man in den Jahren des Frührentenbezugs das köen z. B. bei Schwerbehinderten mehr als 4 Jahre sein mit möglichst wenig Abgaben den Hinzuverdienst gestalten ka. Bis Ende Juni 2017 galt: Bezieher eines vorgezogenen Altersruhegeldes durften 450 monatlich ohne Probleme hinzuverdienen. Wer sich mit seinem Hinzuverdienst ierhalb der Grenze bewegte, musste weder Abzüge von seiner Rente noch von seinem Hinzuverdienst befürchten. 450 koten diejenigen, die vor der regulären Altersgrenze bereits eine Rente bezogen, monatlich brutto für netto verdienen. Hieran hat sich durch das Flexirentengesetz nichts geändert. Rentenrechtlich ist nun ierhalb eines Kalenderjahrs mehr erlaubt, nämlich ein zusätzliches Arbeitseinkommen in Höhe von Bleibt das Einkommen ierhalb eines Kalenderjahrs in diesem Rahmen, ka die Rente ungekürzt bezogen werden. Umgerechnet auf Monate beträgt das Einkommen 525. Das bedeutet: Hinzuverdienst- und Geringfügigkeitsgrenze stimmen jetzt nicht mehr überein. Ein Job ist nicht mehr geringfügig. Hier fallen Sozialversicherungsbeiträge an allerdings, da es sich um eine Beschäftigung in der sog.»gleitzone«handelt, nur verminderte Sozialabgaben. Zudem ist die Beschäftigung steuerpflichtig. Ob überhaupt und wie viel Steuer anfällt, hängt vom Einzelfall ab. Bei einem Frührentner- Ehepaar mit Rentenbezügen von monatlich insg und einem zusätzlichen Brutto-Hinzuverdienst in Höhe von jährlich dürften über Steuern zu zahlen sein. Doch es gibt Möglichkeiten, um Sozialversicherungsabgaben zu vermeiden und die Steuerbelastung zu mindern. Gegen die Sozialversicherungsbelastung hilft die Variante»kurzfristige Beschäftigung«. Bei dieser Form der geringfügigen Beschäftigung ist nicht die Höhe des Entgelts, sondern die Dauer der Beschäftigung entscheidend. Bis Ende 2018 gilt hier: Beschäftigungen, die von vorneherein auf nicht auf mehr als 3 Monate oder 70 Arbeitstage ierhalb eines Jahres befristet sind, werden als»kurzfristig«eingestuft und sind sozialversicherungslos. Geregelt ist dies in 115 SGB IV. Die 3-Monats-Grenze gilt, we die Beschäftigung an mind. 5 Tagen in der Woche erfolgt. Wer eine 5-Tage-Woche hat, für den zählt eine Beschäftigung also nur da als kurzfristig, we sie max. 3 Monate dauert. Bei weniger als 5 Arbeitstagen/Woche gilt die 70-Tages-Grenze. In diesem Fall ka sich die Beschäftigung sogar auf bis zu 12 Monate verteilen. Auf die Höhe des Verdienstes kommt es bei kurzfristigen Beschäftigungen nach wie vor nicht an. Bei einer entspr. Gestaltung des Beschäftigungsverhältnisses köen damit bspw sozialversicherungsfrei sein. Das»Steuerproblem«mancher Frührentner ist damit jedoch nicht gelöst. Im o. a. Beispielfall müssten auf das volle Entgelt abzgl. des Werbungskostenpauschbetrags von Steuern gezahlt werden. Wer aufgrund der Höhe seines Renteneinkommens und ggf. zusätzlicher Einkünfte, etwa aus Vermietung und Verpachtung, mit einer deutlichen Steuerbelastung rechnen muss, sollte als Frührentner den Rahmen nicht ausschöpfen und es bei einem»klassischen«(steuerfreien) Minijob belassen. Wichtig zu wissen ist: Wird eine Beschäftigung als Minijob begoen, muss es nicht bei 450 bleiben. Es gibt eine Reihe von steuer- und sozialversicherungsfreien Zuschlägen und Sonderleistungen, die der AG Minijobbern nicht vorenthalten darf. Dies gilt etwa für Zuschläge für Sotags-, Feiertags- und Nachtarbeit. Soweit auch sozialversicherungspflichtig Beschäftigte im Betrieb diese Leistungen erhalten, haben auch Minijobber hierauf einen Rechtsanspruch. Teilzeitdiskriminierung ist rechtswidrig. Rolf Winkel/Hans Nakielski Red. Soziale Sicherheit, Köln Arbeit und Steuerrecht Geschenke/Incentives für AN und Geschäftsfreunde versteuern Nach 37b EStG köen AG/UN Incentive-Veranstaltungen zugunsten von AN u/o Geschäftspartnern (sog. geldwerte Vorteile) wahlweise pauschal mit einem günstigen Tarif (30 %) versteuern und so Steuern sparen. In die Bemessungsgrundlage sind jedoch nicht alle Aufwendungen für die Veranstaltung einzubeziehen. Vielmehr ist zu unterscheiden, um welche Art von Veranstaltung es sich handelt. Incentive-Veranstaltungen Das sind Veranstaltungen, die allein dem priv. Vergnügen dienen (z. B. Jubiläums-Feiern, Theaterbesuche, Reisen mit touristischem Programm). Dabei unterscheidet man Tagesveranstaltungen mit Incentive-Charakter und Incentive-Reisen. Die aus Aufwendungen des Zuwendenden resultierenden geldwerten Vorteile dieser Veranstaltungen sind für die Teilnehmer grds. Arbeitslohn bzw. Betriebseiahmen. Davon ausgenommen ist der auf Teilnahme an einer geschäftlich veranlassten Bewirtung isd. 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 2 EStG entfallende Anteil der Gesamtaufwendungen während einer Tagesveranstaltung mit Incentive-Charakter. Nicht entscheidend ist, ob es sich um eine gesponserte Sport- oder Kulturveranstaltung mit Werbecharakter oder um eine selbst organisierte Veranstaltung handelt. Entscheidend ist vielmehr, dass der geschäftliche Anlass einer Bewirtung sich auch im Rahmen einer Unterhaltungsveranstaltung ausschließlich nach dem Teilnehmerkreis und nicht nach dem Anlass der Veranstaltung bestimmt (vgl. auch BFH , I R 75/06, BStBl II 2008, 116). Das gilt auch unabhängig von der Anzahl der teilnehmenden»nicht- AN«. Deren Bewirtung muss aber betrieblich veranlasst sein. Im Rahmen von Incentive-Reisen, die mind. eine Übernachtung umfassen, fließen hingegen die Bewirtungs-Aufwendungen in die Bemessungsgrundlage mit ein (vgl. BMF-Schreiben v , IV C 6 S 2297 b/14/10001, BStBl II 2015, 490, Rn. 10 S. 3 u. 4). Umfassen bedeutet dabei, dass sich die Incentive-Reise selbst über mehrere Tage erstreckt, also an mind. 2 Tagen Programmpunkte angeboten werden. Betrieblich veranlasste bzw. betriebsfunktionale Veranstaltungen Das sind z. B. fachliche Besprechungen, Produktpräsentationen oder Fortbildungen. Die Teilnahme daran dient nicht dem priv. Vergnügen, sondern erfolgt aus rein betrieblichen Gründen. Die aus Anlass solcher Veranstaltungen entstehenden Aufwendungen, wie z. B. Zurverfügungsstellung von Räumen nebst Ausstattung, Tagungs-Unterlagen, Referenten und ggf. übernommenen Reise- und Übernachtungskos- AuR 12 n

26 Personalien Termine Info Gelesen ten, sind nicht als geldwerte Vorteile der Teilnehmer anzusehen und nicht unter 37b EStG zu fassen. Gemischt veranlasste Veranstaltungen Diese haben sowohl betrieblich veranlasste Bestandteile als auch solche mit Incentive-Bezug. Die Aufwendungen dafür müssen entspr. aufgeteilt werden. Aufwendungen, die unmittelbar den Veranstaltungsteilen mit Incentive-Bezug zugeordnet werden köen (z.b. touristisches Programm), sind insg. als geldwerte Vorteile der Teilnehmer anzusehen. Aufwendungen, die unmittelbar den rein betrieblich veranlassten Veranstaltungsteilen zugeordnet werden köen (z.b. Kosten für Tagungsräume und Referenten), sind keine geldwerten Vorteile der Teilnehmer. Aufwendungen, die sich nicht unmittelbar in einen der vorgenaten Bereiche einordnen lassen (z. B. Flug-/Fahrt-, Übernachtungskosten), sind im Wege einer sachgerechten Schätzung grds. zeitanteilig aufzuteilen ( 162 AO). Entsprechend dem im sog. Portugal-Urteil des BFH ( , VI R 32/03) vorgegebenen Aufteilungsmaßstab ist bei zeitanteiliger Aufteilung der nicht unmittelbar zuzuordnenden Kosten von einem 8-Std.- Arbeitstag als Ausgangsgröße auszugehen. Dazu sind die betriebsfunktionalen Reisebestandteile ins Verhältnis zu einer täglichen Arbeitszeit von 8 Std. zu setzen, um den betrieblich veranlassten Anteil der Aufwendungen zu ermitteln. Die Zeitanteile für An- und Abreise bleiben für die Ermittlung des Aufteilungsmaßstabs außer Ansatz. Beispiel (angelehnt an BFH-Urteil v ) Der AG fliegt mit seinen AN zu einer gemischt veranlassten Veranstaltung nach Portugal. Dabei ergeben sich Kosten von für Tagungsräume und Referenten. Das touristische Programm kostet und es ergeben sich Aufwendungen in Höhe von für Flug und Hotel. Der Ablauf der Veranstaltung ist wie folgt: Mittwoch: Anreise der Teilnehmer; ab Uhr gemeinsames Abendessen Doerstag: 9 12 Uhr Fachvorträge; Uhr Betriebsversammlung; ab Barbecue am Pool Freitag: 9 10 Uhr Fachvortrag; ab Stadtrundfahrt; ab Folkloreabend Samstag: Präsentation der Arbeitsergebnisse; ab 13 Uhr Spiel und Sport; ab 20 Uhr Cocktail-Empfang und»brasilianische Nacht«Sotag: Abreise je nach Flugplan Lösung Unter 37b EStG fallen zunächst die nicht betriebsfunktionalen Teile (touristisches Programm) über Die eindeutig betrieblich veranlassten Aufwendungen von für Räume und Referenten fallen nicht unter 37b EStG. Hinsichtlich der nicht leicht zuzuordnenden Kosten (Hotel/Flug) ist wie folgt aufzuteilen: Doerstag: insg. zwar 9 Std., aber max. 8 Std. beruflich Freitag: 1 Std. beruflich Samstag: 2,5 Std. beruflich Gesamt: 11,5 Std. beruflich Im Verhältnis zu 24 Std. (3 Tage x 8 Std.-Arbeitstag) ergeben sich: 48% (11,5/24) betriebsfunktionaler Teil und 52% Anteil mit Vorteilscharakter. Demzufolge unterliegen von den Aufwendungen, die nicht einwandfrei zuzuordnen sind (Hotel/Flug), weitere (52% von ) der Pauschalversteuerung nach 37b EStG. Bemessungsgrundlage in 37b Abs. 1 S. 2 EStG Nur soweit Veranstaltungen oder Teile davon als geldwerte Vorteile für die jeweiligen Empfänger anzusehen sind, sind diese in die Bemessungsgrundlage für 37b EStG einzubeziehen. Das sind alle Aufwendungen, die direkt oder anteilig auf Veranstaltungsteile mit Incentive- Bezug entfallen. Diese Grundsätze gelten für Geschäftspartner und AN gleichermaßen (OFD NRW, Kurzinfo vom , LSt Nr. 01/2017, DB 2017, 2324). Assessor Wolfgang Gamp, Lohnsteuerhilfe-Herdecke.de Personalien RiBAG Inken Gallner wurde zur VorsRiBAG ernat. Gallner wurde nach ihrer Erneung zur RiBAG 2007 zunächst dem 9. Senat zugewiesen, anschließend Inken Gallner stv. Vorsitzende des (Quelle: BAG) 7. und 6. Senats. Ab 2013 war sie Pressesprecherin des Gerichts, von Ministerialdirektorin im Justizministerium Baden-Württemberg. Nach Beendigung ihrer Beurlaubung kehrte sie an das BAG, 6. Senat, zurück. Gallner übernimmt den Vorsitz des 10. Senats, überwiegend zuständig für Gratifikationen, Sondervergütungen und Zulagen. Der Vizepräsident des BAG Dr. Rüdiger Linck, der seit Mai 2014 den 10. Senat geleitet hat, übernimmt den Vorsitz im 5. Senat. Diesem gehörte er bereits v an. Der 5. Senat ist im Wesentlichen für Arbeitsentgelt, Aahmeverzug, Entgeltfortzahlung bei Krankheit sowie Vergütung im Mutterschutz zuständig. Am verstarb der VorsRiBSG a.d. Dr. Walter Buss. Buss war ab 1961 am BSG tätig. Von 1974 bis zum Eintritt in den Ruhestand 1988 war er Vorsitzender des 11. Senats, damals zust. für gesetzliche Rentenversicherung, landwirtschaftliche Altershilfe und Krankenversicherung sowie Arbeitsförderungsrecht. Die Präsidentin des LSG Baden-Württemberg Heike Haseloff-Grupp trat nach über 12jähriger Amtszeit Ende September in den Ruhestand. Prof. em. Dr. Dr. h.c. Ulrich Battis, Autor für diese Zeitschrift, ist seit bei GSK Stockma als Of Counsel im Public- Sector-Team tätig AuR 12 n 2017

27 Personalien Termine Info Gelesen Prof. Dr. Clemens Höpfner, bisher Uni Konstanz, wurde zum WS 2017/2018 auf den Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Arbeitsrecht, Wirtschaftsrecht und Rechtstheorie an der Uni Münster berufen. Alexander Kirchner wurde am auf dem 2. Ordentlichen Gewerkschaftstag der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) mit einem Ergebnis von 91,23% erneut zum Vors. der (EVG) gewählt. Als stv. Vors. wurden Klaus-Dieter Hommel (75,18%) und Regina Rusch-Ziemba (71,63%) bestätigt. Martin Burkert wurde mit (82,89%) zum weiteren Vorstandsmitglied gewählt. Dem bisherigen Bundesgeschäftsführer Torsten Westphal (Mitglied im Aufsichtsrat der DGB Rechtsschutz GmbH) sprachen 90,53% ihr Vertrauen aus. Die nächsten Wahlen finden in 5 Jahren statt. PD Dr. Clemens Latzel, ZAAR München, hat sich an der Uni München für Bürgerliches Recht, Arbeits-, Europa- und Wirtschaftsrecht habilitiert. Er vertritt im WS 2017/2018 den Lehrstuhl für Bürgerliches Recht und Arbeitsrecht an der Uni Hamburg. Der Syrerin Daad Mousa wurde am der Maria-Otto-Preis 2017 des DAV verliehen. Die Rechtsanwältin setzt sich seit 30 Jahren u.a. für die Gleichstellung von Frauen und Mäern im syrischen Recht ein. Dazu gehört auch der Schutz von Frauen vor häuslicher Gewalt u.a. durch die Mitgründung eines Frauenhauses sowie einer Hotline für weibliche Gewaltopfer. Beide Projekte betreut sie mittlerweile juristisch. Mousa hatte zahlreiche Beratungstätigkeiten, u.a. beim Hochkommissar der Vereinten Nationen, UNHCR Syria und der Deutschen Botschaft in Syrien, ie. Sie lebt nach wie vor in Syrien. Edzard Ockenga, profilierter Sozialrechtler, u.a. Prozessvertreter des Gewerkschaftlichen Centrums für Revision und Europäisches Recht vor dem BSG in Kassel, Autor für diese Zeitschrift, ist am 26. August 2017 im Alter von 68 Jahren nach schwerer Krankheit verstorben. Aydan Özoguz (SPD), bislang stv. Vorsitzende der SPD, will auf dem Parteitag vom nicht mehr für dieses Amt kandidieren. Sie wolle mit diesem Schritt Natascha Kohnen (SPD) das Amt ermöglichen. Auf dem Parteitag wird Özoguz deoch für den Parteivorstand kandidieren. Bernhard Schüth, wegen 2. Eheschließung gekündigter ehemaliger Organist einer Essener kath. Kirchengemeinde, vor dem EGMR deshalb mehrfach erfolgreich, vor dt. Gerichten bis zum BAG erfolglos (vgl. AuR 2016, 246, 524; VB anhängig, 1 BvR 1595/13) hat in seiner Schadensersatzklage wegen entgangenen Lohns und Renteachteilen gegen die kath. Gemeinde und das Bistum Essen einen seltsamen Anfragebeschluss erreicht: Das LAG Düsseldorf entschied am , 12 Sa 757/17, eine Stellungnahme des Kommissariats der Dt. (kath.) Bischöfe einzuholen:»war es im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung v und nachfolgend bis Ende Juni 2000 für die kath. Kirchengemeinde St. Lambertus und das Bistum Essen unvertretbar, in der Aufnahme einer neuen dauerhaften sexuellen Beziehung [in anderer Diktion: Ehe, red.] durch den nach kath. Recht verheirateten Kl., aus der ein Kind hervorging, eine kirchenrechtliche Verfehlung zu sehen, die auf der Grundlage der im o.g. Zeitraum geltenden GrO eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen kote? Hierbei soll auch ausgeführt werden, ob es unvertretbar war, für den Kl. als Organisten und Chorleiter eine große Nähe zum Verkündigungsauftrag der Kirche anzunehmen, an den gesteigerte Loyalitätspflichten anzulegen sind. Stellte sich heraus, dass die Gemeinde und das Bistum Essen in unvertretbarer Weise in der vorg. Konstellation nach kirchenrechtlichen Maßstäben einen nicht gegebenen Kündigungsgrund angenommen hätten, käme die Durchbrechung der Rechtskraft der bisherigen Entscheidungen in Betracht.«Die Fachwelt wartet mit Spaung, ob sich die kath. Kirche selbst ein unvertretbares Verhalten bescheinigen wird. Prof. Dr. Herbert Tröndle, Präsident des LG Waldshut-Tiengen a.d., Autor, verstarb am im Alter von 98 Jahren. Termine Berlin: 3. Deutscher Arbeitsrechtstag»Transparente Unternehmen, transparente Belegschaften Möglichkeiten und Grenzen des betrieblichen Compliance-Managements«; Veranstalter: Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht des DAV; Info + Anmeldung: Philipp Arndt, arndt@ anwaltakademie.de, Tel.: ; Veranstaltungsort: Maritim Hotel, Stauffenbergstraße :15 Uhr, Frankfurt (Oder): 15. Ortstagung des Deutschen Arbeitsgerichtsverbandes e.v. gemeinsam mit der Juristischen Gesellschaft Frankfurt (Oder) e.v;»gleichberechtigte Erwerbsteilhabe Impulse durch das neue Bundesteilhabegesetz«; Referentin: Prof. Dr. Katja Nebe (Uni Halle-Wittenberg); Veranstaltungsort: Europa-Universität Viadrina, Frankfurt (Oder), Senatssaal, HG :00 Uhr, Regensburg: Praktikerkreis Personal und Arbeitsrecht»Betriebsratswahl 2018 und gerichtlicher Rechtsschutz«, Referent: Ernst Burger (VorsRiLAG München a.d.); Veranstaltungsort: HS 13 (Hans-Lindner-Hörsaal), Info + Anmeldung: Gisela Schober, Uni Regensburg, Lehrstuhl für Bürgerl. Recht und Arbeitsrecht, PLZ: 93053, Universitätsstraße 31 (RWL 1.23, Tel.: 0941/ , Fax: -4495), lehrstuhl. maschma@jura.uni-regensburg.de Hamburg: 14. Jahrestagung der Arbeitsgruppe Europäisches und Internationales Arbeits- und Sozialrecht (EIAS)»Religion und Weltanschauung im Arbeitsleben. Eine Betrachtung aus Sicht des europäischen, deutschen, französischen und norwegischen Arbeits- und Sozialrechts.«Veranstalter: Bucerius Law School / Deutscher Arbeitsgerichtsverband; Programmauszug:»Aktuelle Entwicklungen der Rechtsprechung im europäischen Arbeits- und Sozialrecht«, Dr. Adam Sagan (Uni Köln);»Religion und Weltanschauung im Arbeitsleben Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (n.n.)«;»deutsches Sozialrecht«, Prof. Dr. Katja Nebe (Uni Halle-Wittenberg);»Deutsches Arbeitsrecht«, Inken Gallner (VorsRiBAG)«;»Französisches Arbeits- und Sozialrecht«, Dr. Patrick Remy (Uni Paris I, Panthéon-Sorboe);»Norwegisches Arbeits- und Sozialrecht«, Melanie Hack (Max-Planck-Institut für Sozialrecht und Sozialpolitik, München);»Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte«, Dr. Johaes Heuschmid (Hugo Sinzheimer Institut für Arbeitsrecht, Frankfurt/M.); Info: Rechtsanwälte Behrens & Partner, FA Arbeitsrecht, Jungfernstieg 41, Hamburg, AuR 12 n

28 Personalien Termine Info Gelesen Tel.: (040) , Fax: (040) ; Veranstaltungsort: Bucerius Law School, Heinz Nixdorf-Hörsaal, Jungiusstraße Frankfurt/M.: 3. Campus Arbeitsrecht»Das Arbeitsrecht für die Praxis gestalten«u.a. mit den Referenten: Ingrid Schmidt (Präsidentin BAG); Prof. Dr. Rüdiger Krause (Uni Göttingen); Veranstaltungsort: Joha Wolfgang Goethe Uni, Campus Westend; Info + Anmeldung: Beata.Tarnowska@dgbrechtsschutz.de , 10:15 Uhr, Frankfurt/M.: HSI- Tagung; betriebspolitische Tagung des Hugo Sinzheimer Instituts für Arbeitsrecht und dem Ressort Betriebsverfassung und Mitbestimmungspolitik der IG Metall; Programmauszug: Aktuelle Rechtsprechung zur Mitbestimmung des Betriebsrats (Dr. Jürgen Treber, RiBAG); Diskussion; Praktische Gestaltung der Mobilarbeit im Betrieb (Verena zu Dohna-Jaeger, Leitung Ressort Betriebsverfassung und Mitbestimmungspolitik, IG Metall); Diskussion; Neuregelungen durch das Entgelttransparenzgesetz Was kommt auf Betriebsräte zu? (Isaf Gün, Ressort Betriebsverfassung und Mitbestimmungspolitik, IG Metall); Diskussion; Die Datenschutz-Grundverordnung Fluch oder Segen für Betriebsräte? (Prof. Dr. Marlene Schmidt, Leitung HSI); Diskussion; Info + Anmeldung: Hugo Sinzheimer Institut für Arbeitsrecht; Wilhelm-Leuschner-Straße 79; Frankfurt/M.: Tel.: , Fax: , info(at)hsifrankfurt.de, Anmeldeformular veranstaltungen/veranstaltungsuebersicht. html; Veranstaltungsort: IG Metall, Konferenzraum K 2 (3. OG), Wilhelm-Leuschner- Straße 79 Info Verlagsmitteilung Aufgrund der Kostenentwicklung bei Verlag, Produktions- und Vertriebspartnern ist eine Anpassung der Bezugspreise der Zeitschrift Arbeit und Recht nötig. Dafür bitten wir um Ihr Verständnis. Ab 2018 kostet das Jahresaboement 194,40 Euro. Im Gegenzug investieren wir in Leistungen, die Ihnen die für Sie wichtigen Informationen noch präziser und schneller zugänglich machen online, mobil und auf Papier.Inhalte und Anwendungsfunktionen werden für Sie kontinuierlich erweitert, aktualisiert und weiterentwickelt. Arbeitsmarktreform in Frankreich (2017) Wolf Jäcklein, Montreuil * Nach dem Reformpaket der letzten Wochen der Hollande-Präsidentschaft (allg. bekat als Gesetz»El Khomri«, nach der damaligen Arbeitsministerin), hatte Emmanuel Macron im Wahlkampf angekündigt, dass er die Reformen weiterführen werde. Um die Unruhen, die das Gesetzgebungsverfahren während des gesamten ersten Halbjahres 2016 in Frankreich begleitet hatten, zu vermeiden, verfährt Präsident Macron nach dem Verordnungsverfahren. Nach der franz. Verfassung besteht die Möglichkeit, Gesetze per VO durch die Regierung zu erlassen. Sie benötigt dazu ein Ermächtigungsgesetz des Parlamentes und ka da in der vorgegebenen Frist per Erlass die Gesetze ändern. Diese Texte treten sofort in Kraft, unterliegen aber einem Ratifizierungsverfahren vor dem Parlament, das die Texte als Gesetz anerkeen ka oder ihnen den Verordnungsrang zuweisen ka. Inhaltlich werden diese VO nicht öffentlich debattiert, das Parlament ist auch nicht befugt, sie (im Ratifizierungsverfahren) zu ändern. Eine demokratische Debatte findet nicht statt. Erste Feststellungen zum Inhalt der Verordnungen Am hat der franz. Senat in letzter Lesung das Ermächtigungsgesetz zur Arbeitsmarktreform angenommen. Es umfasst 7 Artikel und passt auf 9 Druckseiten. Damit war inhaltlich noch nichts Wesentliches vom Parlament festgelegt das auch in der Debatte kaum Änderungen einbrachte. Das franz. Arbeitsministerium hat am insg. 160 S. der Verordnungsentwürfe veröffentlicht. Damit wurden erstmalig der genaue Inhalt und die Reichweite des Reformprojektes bekat, das die Regierung als»neuordnung des Sozialmodelles«1 ankündigte. In den vorbereitenden Gesprächen mit den Sozialpartnern war an konkretem Text nur etwa 1/5 der Dokumente zur Einsicht kurzfristig vorgelegt worden. Konkret beinhaltet das Reformpaket nun folgende Punkte: Tarifpolitik: Unternehmensabkommen köen Branchen-TV unterlaufen, abgesehen von den Bereichen, die das Verhältnis zwischen Unternehmen und Branche betreffen: 11 solcher Bereiche sind ausdrücklich aufgelistet. Unternehmensabkommen ändern den individuellen Arbeitsvertrag, ohne dass es der Zustimmung des AN bedarf auch zu seinem Nachteil. Dieser Automatismus ist insbesondere garantiert für Abkommen, die die Beschäftigung entwickeln sollen. Damit besteht die Gefahr, dass sie künftig Sozialpläne ersetzen. Tarifverhandlungen auf Unternehmensebene köen künftig ohne Gewerkschaften stattfinden und ohne Zustimmung der Gewerkschaften in Kraft treten: In Kleinstbetrieben (unter 11 Beschäftigten) ka der AG aus eigener Initiative ein Referendum organisieren, das ein Betriebsabkommen in Kraft setzt, das ohne gewerkschaftliche Beteiligung zustande kam. In allen Betrieben unter 50 Beschäftigten ka ohne Gewerkschaften verhandelt werden, ohne Beschränkung der behandelten Themen. Außerdem ka der AG künftig, we sich nicht die Minderheitsgewerkschaften (die das Abkommen bereits unterzeichnet haben ohne die nötige Mehrheit zu haben, die es in Kraft setzt) dem widersetzen, ein Referendum organisieren. Bisher, seit 2016, kote dies nur durch die Gewerkschaften initiiert werden. In UN mit mehr als 50 Beschäftigten ka künftig die neue, fusionierte Belegschaftsvertretung Abkommen verhandeln. Alternativ ka aber auch mit von den Gewerkschaftsdachverbänden designierten Vertretern verhandelt werden. In letzterem Fall tritt das Abkommen nach einem Referendum in Kraft. Grundsätzlich ka der TV auch das Gesetz unterlaufen, außer die Bestimmung ist im Gesetz als der öffentlichen Ordnung 2 zugehörig erklärt. Das Gesetz regelt nur noch Dinge, die nicht im TV der Branche geregelt sind. Das anwendbare Recht zu identifizieren wird künftig schwieriger. * Gewerkschaft Confédération Générale du Travail, CGT, Internationale Abteilung, Montreuil. 1 Zur Frage des Paradigmenwechsels siehe auch: Ph. Masson,»Exit le droit du travail place à la loi d'entreprise!«, in: Droit Ouvrier, Nr. NS832, November 2017, S Ordre Public AuR 12 n 2017

29 Personalien Termine Info Gelesen Die Arbeitsbeziehungen werden»vorhersehbarer und abgesichert«: die bei widerrechtlichen Entlassungen von Gericht verhängbare Entschädigung wird strikt gedeckelt bisher galt das Prinzip, dass das Unrecht vollumfänglich ausgeglichen werden muss und der Richter dessen Höhe nach Sachlage bestimmt. Damit werden Entlassungen buchhalterisch berechenbar, eine alte Forderung der Arbeitgeberseite. Entlassungen werden durch ein offizielles Formblatt erleichtert. Es genügt, die geeigneten vorgegebenen Angaben anzukreuzen, um keinen Formfehler zu begehen. Eine Begründung für die Entlassung ka künftig noch bis zur Gerichtsverhandlung nachgeliefert werden (ein Rückschritt hinter die Situation v. 1973). Völliges Fehlen einer Begründung wird mit einem Monatslohn entschädigt, macht aber die Kündigung nicht mehr unwirksam. Befristete Arbeitsverträge, deren schriftlicher Vertrag nicht vorliegt, werden nicht mehr automatisch als unbefristete Verträge angesehen, sondern mit einem Monatslohn entschädigt. Sozialpläne köen umgangen werden, indem der Stellenabbau auf Basis von Freiwilligkeit 3 durchgeführt wird. Dabei sind keinerlei Maßnahmen zur Wiederanstellung, Umschulung, Entschädigung zu gewähren oder auszuhandeln, und die Belegschaftsvertretung muss nicht hinzugezogen werden. Wirtschaftliche Schwierigkeiten, die einen Sozialplan begründen köen, müssen nicht mehr auf Unterneh mens ebene nachgewiesen werden (bisher im Prinzip weltweit), sondern sind ausdrücklich auf Frankreich begrenzt. Im Rahmen eines Sozialplanes müssen nicht mehr jedem AN personalisierte Wiedereingliederungsmöglichkeiten angeboten werden. Ein Anschlag von Stellenangeboten am schwarzen Brett genügt. Beim Betriebsübergang müssen nicht mehr sämtliche Arbeitsverhältnisse übernommen werden. Der Einsatz von sog. Projektverträgen 4 wird erleichtert, und die Rahmenbedingungen gelockert, seine Verwendung auf alle Berufszweige ausgedehnt. Die bisherigen Belegschaftsvertretungen, in 3 spezifischen Gremien, werden zusammengelegt, und gehen im»wirtschaftsund Sozialausschuss 5 «auf. Die auf Standortebene bestehenden Vertretungen werden auf der Ebene der Niederlassungen gebündelt und entfernen sich damit von den Arbeitsplätzen. Der bisherige Arbeitssicherheitsausschuss (CHSCT) verschwindet, und damit ein Gremium, das in der Vergangenheit eine wichtige Frühwarnfunktion iehatte, wie z. B. bei Asbestbelastungen. Der Einsatz externer Sachverständiger, speziell zu Wirtschaftsfragen, wird erschwert, ka vom AG künftig angefochten werden und muss vom Wirtschafts- und Sozialausschuss mitfinanziert werden. Wirtschaftliche Aus- und Weiterbildung für die Mitglieder des Wirtschafts- und Sozialausschusses werden reduziert (einmal pro Person, statt bisher einmal alle 4 Jahre). Diese Texte wurden nun verschiedenen Begutachtungs- und Beratungsgremien vorgelegt und am 22. September im Ministerrat angenommen. Anschließend wurden sie im Gesetzesblatt veröffentlicht 6 und traten damit in Kraft. Das Ratifizierungsgesetz liegt dem Parlament 7 vor. Es umfasst ganze vier Seiten, und soll am 24. November endgültig angenommen werden. Die nötige Parlamentsmehrheit ist vorhanden. Aus der VO wird damit Gesetz. Positionen der Gewerkschaften Die CGT rief zu landesweiten Protesten am 12. September auf und wies die Reform zurück. Die CFDT zeigte sich»enttäuscht«von dem Reformpaket und wies insbesondere die Reform der Tarifverhandlungen in mittelständigen Betrieben zurück. Force Ouvrière ist gespalten. Ihr Generalsekretär JC Mailly hatte sich zur Ankündigung der Verordnungsentwürfe sehr gemäßigt geäußert, wurde aber intern von seinem Leitungsgremium desavouiert, 8 das mit großer Mehrheit den sozialen Rückschritt verurteilt, der mit den VO einhergeht. Weitere Demonstrationen, zu denen CGT und FO gemeinsam am 16. November aufgerufen hatten, mobilisierten Menschen im ganzen Land. 3 Siehe dazu eine erste Analyse: R. Dalmasso,»La rupture conventioelle collective : une chimère?«in: Droit Ouvrier, Nr. NS832, November 2017, S »Contrats à durée indéterminée de chantier«, dessen Dauer nicht vorherbestimmt ist, aber mit dem Abschluss eines bestimmten Gewerkes automatisch endet (Baustelle, Projekt). 5 Comité social et économique, CSE. Ordoance n du 22 septembre 2017 relative au renforcement de la négociation collective; Ordoance n du 22 septembre 2017 relative à la nouvelle organisation du dialogue social et économique dans l entreprise et fa vorisant l exercice et la valorisation des responsabi lités Gelesen Neuerscheinungen Bachner (Hrsg.): BetrVG für den Betriebsrat; Kommentar zum BetrVG. Frankfurt/M.: Bund-Verlag, 1. Aufl S. 39,90 Beckma / Steiner (Hrsg.): Arbeitszeit und Mitbestimmung von A bis Z; Das Lexikon für die Interessenvertretung. Frankfurt/M.: Bund-Verlag, 1. Aufl S. 59,90 Bohnet: What works; Wie Verhaltensdesign die Gleichstellung revolutionieren ka. München: C.H. Beck Verlag, 1. Aufl S. 26,95 Däubler (Hrsg.): Arbeitskampfrecht; Handbuch für die Rechtspraxis. Baden- Baden: Nomos Verlag, 4. Auflage S. 148 Gerold / Schmidt: Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, RVG. München: C.H. Beck Verlag, 32. Aufl XXIV S. 139 Graser / Helmrich / Lindner: Rente für besonders langjährig Versicherte und die Anrechnung von Zeiten des Bezuges von Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung vor Rentenbegi - Rechtsgutachten zur Vereinbarkeit des 51 Abs. 3a Nr. 3 SGB VI ae mit Art. 3 Abs. 1 GG. - HSI Working Paper Nr S. Hama / Schmitz / Apitzsch: Überwachung und Arbeitnehmerdatenschutz; Handlungshilfe für Betriebsräte. Frankfurt/M.: Bund-Verlag, 3. Aufl S. 14,90 syndicales; Ordoance n du 22 septembre 2017 relative à la prévisibilité et la sécurisation des relations de travail; Ordoance n du 22 septembre 2017 portant diverses mesures relatives au cadre de la négociation collective; Ordoance n du 22 septembre 2017 relative à la prévention et à la prise en compte des effets de l exposition à certains facteurs de risques professioels et au compte professioel de prévention. 6 Parlamentarischer Vorgang hierzu: 7 Vgl.»Déclaration de la Commission exécutive confédérale du 4 septembre 2017«, 28 für, 5 Gegenstimmen. AuR 12 n

30 Personalien Termine Info Gelesen Koll, Ch. / Koll, M.: Lexikon für den Betriebsrat. Frankfurt/M.: Bund-Verlag, 1. Aufl S. 39,90 Fechner: Quo vadis Rechtspolitik? Thesen der SPD-Bundestagsfraktion. Recht und Politik 2017, Jg. 53 (2017) H. 3. S. 270 Tempel: Die Rechtspolitik der Linksfraktion. Recht und Politik 2017, Jg. 53 (2017) H. 3. S. 278 Kluth: Titel: Handwerksrechtliche Perspektiven zur Stärkung der Sozialpartnerschaft und (Flächen-) Tarifbindung; HSI Working Paper Nr S. Download Ring (Hrsg.): Freiberger Internationales Kolloquium zum Arbeitsrecht; Arbeits- und Sozialrecht, Bd Baden-Baden: Nomos Verlag, S. 39 Schütrumpf (Hrsg.): Paul Levi, Ohne einen Tropfen Lakaienblut; Schriften/Reden/Briefe Band II/1 und Band II/2: Sozialdemokratie, sozialistische Politik und Wirtschaft, Sämtliche Texte. Berlin: Karl Dietz Verlag, 1. Aufl S. 49,90 Sorber: Die Rechtsstellung des Bewerbers im Einstellungsverfahren, Eine arbeitsrechtliche Untersuchung der Zulässigkeitsvoraussetzungen von Datenerhebungen und Assessment Center; Nomos Universitätsschriften Recht, Bd Baden-Baden: Nomos Verlag, S. 139 Steiner / Mittländer: Leiharbeit, Werkverträge und andere prekäre Beschäftigungsverhältnisse; Handlungshilfe für Betriebsräte. Frankfurt/M.: Bund-Verlag, 3. Aufl S. 14,90 Walter: Kleine Rhetorikschule für Juristen. München: C.H. Beck Verlag, 2. Aufl XV S. 22,90 Aus anderen Zeitschriften Bieback: Sozialrechtliche Förderung grenzüberschreitender Aktivitäten und Europarecht. NZS, Jg. 26 (2017) H. 21. S. 801 Boecken / Jungbuer: Anspruch auf Aahmeverzugslohn bei rückwirkender Begründung eines Arbeitsverhältnisses oder rückwirkender Änderung des Umfangs der Arbeitszeit. RdA, Jg. 70 (2017) H. 4. S. 216 Geyer / Billauch: Beteiligung und Schulungsbedarf des Betriebsrats bei der Integration von Geflüchteten und Migranten. FA, Jg. 21 (2017) H. 10. S. 296 Hanau: Arbeits- und Sozialversicherungsrecht 4.0 im Weißbuch des BMAS. RdA, Jg. 70 (2017) H. 4. S. 213 Hayen: Sitzungsteilnahme per Videokonferenz. AiB, Jg. 38 (2017) H. 9. S. 38 Kämmerling: Aspekte der Meinungsfreiheit auch von Beamten. ZBR, Jg. 65 (2017) H. 9. S. 289 Keul: Vorstellung der rechtspolitischen Zielsetzungen von BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN. Recht und Politik 2017, Jg. 53 (2017) H. 3. S. 282 Klocke: Die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens bei fehlerhafter Information nach 613a Abs. 5 BGB. S RdA, Jg. 70 (2017) H. 5. S. 311 Mankowski: Die Unionsrechtskonformität des Mindestlohngesetzes unter besonderer Berücksichtigung des grenzüberschreitenden Straßenverkehrs. RdA, Jg. 70 (2017) H. 5. S. 273 Mülheims: Arbeiten im Home Office. Soziale Sicherheit, Jg. 66 (2017) H. 10. S. 372 Oerder: Gleiches Entgelt für Frauen jetzt. AiB, Jg. 38 (2017) H. 9. S. 33 Reiners: Beamte gehören in die gesetzliche Krankenversicherung. Soziale Sicherheit, Jg. 66 (2017) H. 9. S. 300 Ricke: Zur Rechtsanwendung in der gesetzlichen Unfallversicherung im Dritten Reich Ergänzendes zu einer jüngst angestoßenen Diskussion. VSSR, Jg. 35 (2017) H. 3. S. 169 Schubert: Religiöse Symbole und Kleidungsstücke am Arbeitsplatz. NJW, Jg. 70 (2017) H. 36. S Schwerpunktheft: Mindestlöhne in Deutschland Erfahrungen und Analysen. WSI Mitteilungen, Jg. 70 (2017) H. 7 Titelthema: Gewerkschafts- und Industriepolitik. Mitbestimmung, Jg. 63 (2017) H. 5 Winkelmeier-Becker: Das Recht sichert die Freiheit Thesen der CDU-/CSU-Bundestagsfraktion. Recht und Politik 2017, Jg. 53 (2017) H. 3. S. 274 Zajak / Kocher: Die Selbstregulierung von Arbeits- und Sozialstandards in transnationalen Wertschöpfungsketten Rechtsschutz in privaten Beschwerdeverfahren? Kritische Justiz, Jg. 50 (2017) H. 3. S. 310 Buchbesprechung HUGO SINZHEIMER. Architekt des kollektiven Arbeitsrechts und Verfassungspolitiker Von Otto Ernst Kempen, Frankfurt/M, Societätsverlag, 173 S., 14,80 ISBN Hugo Sinzheimer ( ) ist schon oft beschrieben und gewürdigt worden, sogar aus dem fernen Japan in einer ausgezeichneten Biographie von Keiji Kubo, 1995 (Rezension in AuR 1996, 227). Die hier zu besprechende Biographie kommt dagegen aus großer Nähe, da ihr Verfasser ganz in der Nachfolge Sinzheimers steht, als Professor an der Uni Frankfurt/M und der ihr zugeordneten Akademie der Arbeit, als anwaltlicher Berater vieler Gewerkschaften und aktiver Begleiter der tariflichen und gesetzlichen Arbeitsrechtsentwicklung, wie er in dem Buch genat wird. Dem Vorgänger wird ohne Schwärmerei die gebührende Achtung gezollt. Leben und Werk, beide nicht zu treen, werden gleichermaßen berücksichtigt. Dies begit mit Jugend- und Studentenzeit»zwischen jüdischem Fabrikantenleben und theoretischem Sozialismus«. Es folgen Anwaltsjahre in Frankfurt/M, die nicht nur der Rechtsvertretung, sondern auch der Arbeiterbildung und der Kommunalpolitik gewidmet waren, und in denen schon die Grundlage für eine der großen Leistungen Sinzheimers gelegt wurde, das Verständnis des TV als Normenvertrag, AuR 12 n 2017

31 Personalien Termine Info Gelesen als Verbindung von vertraglicher und gesetzesgleicher Wirkung. Die Mitgliedschaft in der Verfassunggebenden Nationalversammlung von gab ihm die Möglichkeit zu einer weiteren verfassungspolitischen und juristischen Großtat, der Konzeption und Durchsetzung der Verfassungsgarantie der Koalitionsfreiheit. Aus den folgenden Jahren legt die Biographie den Schwerpunkt auf die Gründung der Akademie der Arbeit und die wissenschaftlichen und politischen Kämpfe in der Weimarer Republik, insbes. das»dilemma: Zwangsschlichtung statt Tarifabschlussfreiheit«. Ausführlich wird geschildert, wie Sinzheimer sich, der Not der Zeit folgend, durch die Beteiligung an einer Zwangsschlichtung und Zustimmung zu einer Lohnsenkung in Widerspruch zu der von ihm begründeten Tarifautonomie setzte. Die Biographie endet mit den späten Hochschuljahren, Verhaftung und Emigration wegen jüdischer Abstammung, gefolgt von intensiver wissenschaftlicher Tätigkeit im niederländischen Exil, insbes. im Bereich der Rechtssoziologie, weiterer Verfolgung, von den niederländischen Kollegen ermöglichtem Versteck und dem Tod am am Tag vor seiner Amsterdamer Abschiedsvorlesung. Was ist geblieben? Vieles, vor allem die weitere Durchdringung und Durchsetzung von Tarifautonomie und Koalitionsfreiheit. Freilich lassen die im Arbeitsrecht wirksamen politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Kräfte nichts ganz zur Ruhe kommen. Sinzheimers auch Außenseiter einschließender Konzeption von Tarifautonomie und Koalitionsfreiheit wird neuerdings eine negative Tarifvertragsfreiheit entgegengesetzt, so von Hartma in seiner gleichnamigen Schrift v Das in der Koalitionsfreiheit begründete Recht zum Abschluss von Arbeitsverträgen und zu Arbeitskampfmaßnahmen vermittelt nach dem ersten Leitsatz des Urteils des BVerfG v zur Tarifeinheit (1 BvR 1571/15, u.a.)»kein Recht auf unbeschränkte tarifpolitische Verwertbarkeit von Schlüsselpositionen und Blockademacht zum eigenen Nutzen«. Was mag dies bedeuten? Für die Beantwortung dieser und aller anderen großen Fragen des Arbeitsrechts ist eine Anleitung Sinzheimers hilfreich, die von Kempen herausgestellt wird:»weltblick (gemeint: Ketnis der gesellschaftlichen Realität) und menschliche Anteilnahme gilt besonders für diejenigen, die arbeitsrechtlichen Berufen zustreben. Hier stehen sich noch im schwereren Kampf die Gruppen der AG und AN gegenüber, und hart sind nur allzu oft die Köpfe und Herzen voreinander verschlossen. Da gilt es für uns, die Juristen des Arbeitsrechts, eine Mission zu erfüllen, indem wir mit der ganzen Kraft unsereres Geistes und Herzens um das Verständnis der Menschen aufrichtig ringen. De nur so pflegen wir wirkliche Gerechtigkeit und wahren die Würde des Rechts.«Sinzheimers Leben und Werk, wie es in dieser Biographie überliefert wird, legt davon Zeugnis ab und ist deshalb unverändert aktuell. Prof. Dr. Dres. h.c. Peter Hanau, Köln The European Social Charter and the Employment Relation Von Niklas Bruun/Klaus Lörcher/Isabelle Schöma/Stefan Clauwaert (Hrsg.), Oxford/London: Hart Publishing/Bloomsbury 1. Aufl. 2017, XIV u. 536 S. 60 ISBN Deutsche wie andere europäische Leser haben häufig noch erhebliche Zugangshemmnisse zur Europäischen Sozialcharta (ESC). Dabei stellt dieser auf Ebene des Europarats angesiedelte europäische Kodex das soziale Gegenstück zur ebenfalls nach dem 2. Weltkrieg entstandenen EMRK dar, korrespondiert mit dieser ebenso wie mit EU-Recht. Deutschland hat die ESC von 1961 ratifiziert (1965), die Revidierte Fassung von 1996 lediglich unterzeichnet (2007), aber noch nicht ratifiziert, das besondere Beschwerdeprotokoll nicht einmal unterzeichnet (ratifiziert in Belgien, Filand, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Kroatien, Niederlande, Norwegen, Portugal, Schweden, Tschechien, Zypern). Die ESC 1961 ist damit in Deutschland geltendes Recht (Bundesgesetz nach Maßgabe des Art. 59 GG). Im Unterschied zum EU-Recht und auch zur EMRK ist die vorhandene Literatur indes noch spärlich. Da ihre sozialen Bestimmungen (und erst Recht die der RESC 1996) weitaus konkreter sind als die der EMRK, besteht ein besonderes Erketnisinteresse hinsichtlich Wirkungsweise, Auslegung, Verfahren, rechtspolitisch hinsichtlich ihres Potentials, soziale Rechte in Europa zu stabilisieren und voranzubringen. In den letzten Jahren hat dieses Interesse zweifellos zugenommen, seitdem andere internationale Spruchkörper, vor allem der EGMR methodisch dazu übergegangen sind, im Wege eines»comprehensive Approach«referenziell auch auf die RESC zurückzugreifen. Diesem Bedürfnis will der vorliegende Sammelband entgegenkommen, Strukturen verdeutlichen, Querverbindungen ebenso aufzeigen wie die konkretisierende Auslegung durch den Europäischen Ausschuss für Soziale Rechte (EASR). Man ka es vorausschicken: Dieses Vorhaben ist gelungen! Vor allem handelt es sich um ein europäisches Buch mit einem eur. Anspruch, geschrieben von eur. Autoren von Helsinki bis Bari. Neben den Hrsg. Niklas Bruun (Uni Helsinki), Klaus Lörcher (u.a. Justitiar DPG und EGB a.d.), Isabelle Schöma (ETUI, Brüssel), Stefan Clauwaert (ETUI, Brüssel, Vertreter im ESC-Regierungsausschuss) finden sich hier: Simon Deakin und Zoe Adams (Uni Cambridge), Filip Dorssemont (Uni Leuven), Antoine Jacobs (Uni Tilburg), Teun Jaspers (Uni Utrecht), Csilla Kollonay-Lehoczky (Uni Budapest), Aristea Koukiadaki (Uni Manchester), Mélanie Schmitt (Uni Straßburg), Olivier De Schutter (Uni Leuven, Mitglied UN-Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte), Bruno Veneziani (Uni Bari), darunter einige Autoren für diese Zeitschrift. Sämtliche Texte in engl. Sprache, überwiegend auch Fußnoten; wenig Verweise auf franz., noch weniger (etwa Dorssemont, S. 279) auf dt. Lit. Dies entspricht den üblichen Usancen. Schließlich liegen auch die Schlussfolgerungen bzw. Entscheidungen des EASR nur in engl./franz. Fassung vor, we sie nicht ausnahmsweise für AuR übersetzt werden. Den Abschluss bildet ein ausführlicher, praktischer Index (Register) mit integrierten Stichworten zu Sachthemen, Personalien und Vertragsstaaten. Gegliedert ist der Band in 2 Teile: I General Part, II Specific Articles. Unter I behandelt de Schutter die ESC als Sozialverfassung Europas in ihrer geschichtlichen Entwicklung einschließlich Querbezügen zum jeweiligen EWG/EG/EU-Recht, das zwar gelegentlich auf die ESC verweist (zuletzt Erläuterungen zur EU-GRC), im Ergebnis jedoch autonome Regelungen produzierte, was durchaus kritisch zu sehen ist (13). Unter»Costs of Non-Cooperation«bzw.»Conflict between the Charter and EU-Law«(25 ff.) behandelt er den offensichtlichen Verstoß gegen die ESC, hervorgerufen durch die EuGH-Rspr. seit Viking und Laval, ausdrücklich gerügt durch den ILO- Sachverständigen-Ausschuss (31) ebenso wie durch den EASR (ECSR, 32 f.; vgl. auch AuR 2013, 509). Informativ auch die Übersicht über diverse Beschwerden und insg. 7 (inzwischen 8, No. 111/2014, GSEE v ; vgl. auch Aliprantis, AuR 2016, 180) Entscheidungen des EASR zu griechischen»reformen«im Rahmen des -Stabilitätsmechanismus; ferner Überlegungen zu einem zwar nicht aktuellen, aber durchaus zu erwägenden EU-Beitritt zur ESC. Unter»Interpretation«behandelt Lörcher AuR 12 n

32 Rechtsprechung Entscheidung mit Anmerkung anzuwendende Auslegungsgrundsätze nach der Wiener Vertragsrechtskonvention einschließlich des Verhältnisses der ESC zu anderen internationalen Vereinbarungen und klopft die Spruchpraxis des EASR in methodischer Hinsicht darauf ab. Jaspers befasst sich unter»implementation«mit der Umsetzung in nationales Recht und Rechtspraxis. Hier sind neben Tarifvertragsparteien vor allem Gesetzgeber und Gerichte angesprochen. Mitbehandelt werden»reservations«(vorbehalte) zu bestimmten Vorschriften. Die Ausführungen von Koukiadaki zu»restrictions«(eingriffsvorbehalte für Vertragsstaaten) eriern in Diktion und Methodik an die Prüfungsreihenfolge des EGMR bzgl. Eingriffen in Menschenrechte nach der EMRK. Der Bedeutung angemessen ausführlich beschreibt Clauwaert die Überwachungsverfahren (99 ff.) mit EASR, Regierungsausschuss, Ministerkomitee (vgl. dessen Rüge an die Bundesregierung wegen unzulässiger Beschränkung des Streikrechts auf tariflich regelbare Ziele, AuR 1998, 154) und parl. Versammlung des Europarats. Zu unterscheiden ist zwischen dem Berichts- und dem Beschwerdeverfahren, wobei letzteres für Deutschland mangels Ratifizierung des Beschwerdeprotokolls (dazu schon Lörcher, AuR 1996, 48 ff.) noch nicht in Frage kommt, gleichwohl aus anderen Ländern Erketnisse liefert, die sich da übertragen lassen. Den größten Teil des Bandes nimmt Teil II ein, die Kommentierung der einzelnen RESC- Bestimmungen anhand der Spruchpraxis des EASR. Diese begit natürlich nicht 1996, sondern bezieht Aussagen zur ESC 1961 jeweils ein. Beispielhaft erwähnt sei hier pars pro toto die Kommentierung zu Art. 2 (gerechte Arbeitsbedingungen) durch Lörcher, worunter sich vor allem das Arbeitszeitrecht findet. Dem dt. Rechtsanwender vielleicht noch bekater ist die Garantie des Rechts auf Kollektivverhandlungen einschließlich des Streikrechts in Art. 6 ESC/RESC (vgl. Evju, Das Recht auf kollektive Maßnahmen unter der Sozialcharta des Europarates, AuR 2012, 276). Nicht zufällig befasst sich hier Dorssemont gleich mehrfach mit Deutschland. Die Einzelkommentierungen schließen jeweils mit sonst selten zu findenden Hinweisen auf den»impact on other European Rights Instruments«(EMRK, EU-GRC), gefolgt von»conclusions«. Gerade dieser mittelbare Einfluss macht die ESC/RESC immer wichtiger im Europarecht und diesen Kommentar damit unverzichtbar für alle damit Befassten. Rudolf Buschma, Kassel Entscheidung mit Anmerkung Volltext unter arbeitundrecht.eu Dynamische Bezugnahmeklauseln auf Tarifverträge nach Unionsrecht 1 Art. 3 der (Betriebsübergangs-)RL 2001/23/EG v ivm. Art. 16 der Charta der Grundrechte der EU ist dahin auszulegen, dass sich im Fall eines Betriebsübergangs die Fortgeltung der sich für den Veräußerer aus einem Arbeitsvertrag ergebenden Rechte und Pflichten auf die zwischen dem Veräußerer und dem AN privatautonom vereinbarte Klausel erstreckt, wonach sich ihr Arbeitsverhältnis nicht nur nach dem zum Zeitpunkt des Übergangs geltenden Kollektivvertrag, sondern auch nach den diesen nach dem Übergang ergänzenden, ändernden und ersetzenden Kollektivverträgen richtet, sofern das nationale Recht sowohl einvernehmliche als auch einseitige Anpassungsmöglichkeiten für den Erwerber vorsieht. EuGH v , C-680/15 u. C-681/15, Asklepios2 I. Sachverhalt In dem vom BAG vorgelegten Fall 3 geht es vor dem Hintergrund der umstrittenen Entscheidung Alemo-Herron 4 um die Frage, ob das BAG an seiner Rspr. zur Fortgeltung arbeitsvertraglicher zeitdynamischer Bezugnahmeklauseln bei Betriebsübergängen festhalten ka. Der Kl. des Ausgangsrechtstreits wurde 1978 in einem kommunalen Krankenhaus als Gärtner angestellt ging sein Arbeitsverhältnis im Rahmen eines Teilbetriebsübergangs auf die nicht tarifgebundene private KLS Facility Management GmbH über. Im Zuge des Betriebsübergangs wurde arbeitsvertraglich die Anwendung des Bundesmanteltarifvertrags BMT-G II, in seiner jeweils geltenden Fassung sowie der diesen ergänzende, ändernde und ersetzende TV vereinbart. Der BMT-G II ist zwischenzeitlich durch den TVöD und den diesen begleitenden Überleitungs-TV TVÜ-VKA ersetzt worden. Später wurde die KLS Facility Management GmbH Teil eines Krankenhauskonzerns kam es zu einem weiteren Betriebsübergang auf eine andere Konzerngesellschaft, die Asklepios GmbH. Auch diese ist nicht Mitglied in einem AG-Verband. Der Kl. des Ausgangsrechtsstreits hat die gerichtliche Feststellung begehrt, dass auf sein Arbeitsverhältnis die Vorschriften des TVöD sowie des ergänzenden TVÜ-VKA in ihrer jeweils gültigen Fassung, also dynamisch, Anwendung finden. Dies wurde seitens der AG unter Verweis auf die EuGH-Entscheidung Alemo-Herron verweigert, da einer zeitdynamischen Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag Art. 3 RL 2001/23/EG sowie Art 16 EU-GRC entgegenstünden. II. Entscheidung Der ausführliche Fragenkatalog des BAG wurde seitens des EuGH zu lediglich einer Kernfrage zusammengefasst: Zu klären sei, ob Art. 3 der RL 2001/23/EG und Art. 16 EU-GRC dahingehend auszulegen seien, dass sie einer zeitdynamischen Fortgeltung von Bezugnahmeklauseln in Arbeitsverträgen entgegen stünden. 5 Diese Frage beantwortet der Gerichtshof in dem vergleichsweise bescheidenen Umfang von nur 30 Rn. Nach Ansicht des EuGH sind sowohl statische als auch dynamische Verweise auf andere rechtliche Instrumente, wie etwa TV, in Arbeitsverträgen zulässig. 6 In diesem Kontext stellt der Gerichtshof klar, dass die 1 Dieser Beitrag basiert auf dem HSI-Newsletter 2/ AuR 2017, 223 (Kurzwiedergabe m. Anm. Buschma) u. AuR 2017, 366 (die Kläger wurden vor dem EuGH von der DGB Rechtsschutz GmbH vertreten); dem folgend BAG , 4 AZR 61/14 u. 95/14, AuR 2017, BAG , 4 AZR 61/14 (A), AuR 2015, 337 (Kurzwiedergabe m. Anm. Müller-Weer); AuR 2016, 126, 159 m. Anm. Hanau. 4 EuGH , C-426/11, AuR 2013, 498, 500 m. Anm. Heuschmid. 5 EuGH-Asklepios, Rn EuGH-Asklepios, Rn AuR 12 n 2017

33 Entscheidung mit Anmerkung Rechtsprechung Entscheidung in der Rs. Werhof 7 nur eine statische Bezugnahmeklausel betraf. 8 Art. 3 der RL 2001/23/EG zwinge nicht dazu, eine statische Klausel zu dynamisieren. 9 Über diese Klarstellung seiner bisherigen Rspr. hinausgehend, leitet der Gerichtshof aus dem Grundsatz der Privatautonomie und dem Wortlaut von Art. 3 der RL 2001/23/EG die Möglichkeit ab, auch zeitdynamische Bezugnahmeklauseln zu vereinbaren, die beim Betriebsübergang den Erwerber binden köen. 10 Damit ka die Auseinandersetzung im Schrifttum darüber, ob dem Unionsrecht ein Verbot dynamischer Bezugnahmeklauseln entnommen werden ka, als beendet angesehen werden. 11 Soweit eine zeitdynamische arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs in Kraft ist, geht diese Verpflichtung folglich auf den Erwerber über. 12 Dieses Ergebnis folge unmittelbar aus dem Unionsrecht. Unter wörtlicher Inbezugnahme der Entscheidung Alemo-Herron führt der Gerichtshof einschränkend aus,»dass die RL 2001/23/EG nicht nur auf die Wahrung der Interessen der AN abzielt, sondern auch darauf, einen gerechten Ausgleich zwischen den Interessen der AN und denen des Erwerbers zu gewährleisten. Hieraus ergebe sich insbes., dass der Erwerber in der Lage sein muss, nach dem Übergang die für die Fortsetzung seiner Tätigkeit erforderlichen Anpassungen vorzunehmen«. Ferner müsse»es dem Erwerber möglich sein, im Rahmen eines zum Vertragsabschluss führenden Verfahrens, an dem er beteiligt ist, seine Interessen wirksam geltend zu machen und die die Entwicklung der Arbeitsbedingungen seiner AN bestimmenden Faktoren mit Blick auf seine künftige wirtschaftliche Tätigkeit auszuhandeln«. 13 Diese Voraussetzung sieht der Gerichtshof, unter Bezugnahme auf die im Vorlagebeschluss dargestellten Möglichkeiten der einvernehmlichen Vertragsänderungen sowie der einseitigen Möglichkeit der Modifizierung des Vertragsinhalts durch eine Änderungskündigung, als erfüllt an. 14 Auf die Beurteilung der Wirksamkeit der Änderungsmöglichkeiten komme es vorliegend nicht an. 15 Dies sei allein Sache des vorlegenden Gerichts. 16 III. Anmerkung Die im Ergebnis überzeugende Entscheidung weist in ihrer Begründung einige dogmatische Schwachstellen auf, die ganz überwiegend auf problematische Weichenstellungen in der Vorjudikatur des Gerichtshofs zurückzuführen sind. Zu begrüßen ist zunächst, dass die Entscheidung dem bereits von der Gr. Kammer des EuGH definierten Ziel der RL der unveränderten Fortsetzung des Arbeitsvertrags mit dem Erwerber weitgehend gerecht wird. Insbesondere soll durch die RL eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen allein durch den Betriebsübergang ausgeschlossen werden. 17 Dieses Ziel ist bei der weiteren Analyse im Auge zu behalten. 1. Fehlende dogmatische Differenzierung Wenig überzeugend ist die dogmatisch unpräzise Herangehensweise des EuGH, die bereits in den zu Art. 3 RL 2001/23/EG ergangenen EuGH-Entscheidungen angelegt war. Erneut schafft es der EuGH nicht, den dogmatischen Ansatzpunkt für den gesetzlich angeordneten Übergang arbeitsvertraglicher Verpflichtungen in der RL 2001/23/EG präzise einzuordnen. Vielmehr bleibt unklar, ob es sich hier um einen Fall des Art. 3 Abs. 1 bzw. Art. 3 Abs. 3 der RL 2001/23/EG handelt. Wer nun gehofft hatte, die sich hieraus ergebende Rechtsunsicherheit würde durch ein weiteres Urteil des EuGH endlich aufgelöst, 18 muss enttäuscht sein. Offensichtlich bestehen beim Gerichtshof massive Probleme, den in Art. 3 der RL 2001/23/EG angelegten Unterschied zwischen Fortgeltung arbeitsvertraglicher Regelungen und Fortgeltung normativ wirkender Kollektivnormen, wie sie im germanischen Rechtskreis spätestens seit 1 Abs. 1 der TVO von 1918 bekat ist, in seiner Rspr. umzusetzen. Überzeugend ist dies nicht, da jede der Varianten spezifische Rechtsfolgen nach sich zieht. Zudem wird diese dogmatische Abstinenz einem Höchstgericht, das final autoritativ eine RL auslegt, nicht gerecht. Weiterhin fordert diese Herangehensweise in der Lit. zu kühnen Auslegungsexperimenten heraus, 19 die jedoch mit dem Richtlinienziel nicht in Einklang zu bringen sind. Deshalb bleibt der Arbeitsauftrag an den EuGH zurück, beim nächsten Betriebsübergangsfall eine transparente dogmatische Einordnung der gegenständlichen Regelung nach Art. 3 Abs. 1 bzw. Art. 3 Abs. 3 der RL 2001/23/EG vorzunehmen. Positiv ist in diesem Kontext allerdings zu konstatieren, dass der Gerichtshof der dogmatischen Geisterbahnfahrt des Generalanwalts nicht gefolgt ist, welcher eine Kombination beider Tatbestände der RL ins Auge gefasst hatte Die These vom Interessenausgleich Ebenso kritikwürdig ist die Fehldeutung des Richtlinienzwecks seitens des EuGH, die ebenfalls auf die Vorjudikatur zurückgeht. Danach soll die RL 2001/23/EG dem Interessenausgleich zwischen AN und Erwerber dienen, was zu einer erwerberfreundlichen Auslegung zwinge. 21 Diese Auslegung negiert den Charakter der RL als Arbeitnehmerschutzrecht, wie er auch in der Scattolon-Entscheidung der Gr. Kammer manifestiert wurde. 22 Ziel des Arbeitsrechts ist nicht der Interessenausgleich zwischen 2 vermeintlich gleich starken Vertragsparteien, sondern vielmehr Beseitigung der strukturellen Unterlegenheit der schwächeren Vertragspartei. 23 Letztere ist im Arbeitsverhältnis regelmäßig der AN. Demzufolge ist die These vom Interessenausgleich, trotz der fast schon gebetsmühlenartigen Wiederholung durch den EuGH, schlichtweg unzutreffend. Das Arbeitsrecht ist folglich nicht neutral, sondern als Schutzrecht für den schwächeren Vertragspartner von Natur aus parteiisch. Obwohl dieser Gedanke dem EuGH etwa im Verbraucherschutzrecht sehr wohl geläufig ist, 24 kote er sich im Kon- 7 EuGH v , C-499/04, AuR 2006, 204 m. Anm. Buschma. 8 EuGH-Asklepios, Rn. 17 f. 9 EuGH-Asklepios, Rn EuGH-Asklepios, Rn. 20 f. 11 Zur Auseinandersetzung in der Lit.: Hanau, AuR 2016, 159; Sagan, ZESAR 2016, 116 f., Fn EuGH-Asklepios, Rn EuGH-Asklepios, Rn. 22 f. 14 EuGH-Asklepios, Rn. 24 f. 15 EuGH-Asklepios, Rn EuGH-Asklepios, Rn EuGH , C-4/01, Martin u.a., Rn. 48, AuR 2004, 162; EuGH , C-108/10, Scattolon, Rn. 75, AuR 2011, Sagan, ZESAR 2016, 116, 119; Eylert/Schinz, RdA 2017, 140, Wißma/Niklas, NZA 2017, 697, Klein, jurispr-arbr 20/2017 Anm EuGH ,C-499/04, Werhof Rn. 31, aao. m. Anm. Buschma; EuGH-Asklepios, Rn EuGH , C-108/10, Scattolon, Rn. 75; Heuschmid, AuR 2013, 500 f.; Jacobs/ Frieling, EuZW 2013, 737, 739; Klein, jurispr-arbr 20/2017 Anm BVerfG , 1 BvR 1909/ EuGH zum Verbraucherrecht: , C-618/10, Banco Español de Crédito, Rn. 39. AuR 12 n

34 Rechtsprechung Entscheidung mit Anmerkung text des Betriebsübergangsrechts bislang nicht durchsetzen. Abgesehen davon handelt es sich bei der RL als gesetzgeberischem Akt um einen, durch den Unionsgesetzgeber legitimierten, Interessenausgleich. Soweit der EuGH diesen Konsens jenseits des methodisch Zulässigen umdeutet, betreibt er richterliche Rechtsfortbildung Notwendigkeit einer Anpassungsmöglichkeit? Der unzutreffende Ausgangspunkt des Interessenausgleichs in Kombination mit einer chartakonformen Auslegung der RL im Lichte von Art. 16 EU-GRC (unternehmerische Freiheit) führt zu der Aahme, der Betriebserwerber müsse nach dem Betriebsübergang in der Lage sein, die für die»fortsetzung seiner Tätigkeit erforderlichen Anpassungen«vorzunehmen. 26 Hierzu sei ein»zum Vertragsschluss führendes Verfahren«erforderlich, in dessen Rahmen der Erwerber»seine Interessen wirksam geltend machen ka ( ) und die die Entwicklung der Arbeitsbedingungen seiner AN bestimmenden Faktoren mit Blick auf seine künftige wirtschaftliche Tätigkeit aushandeln«ka. 27 Was bedeutet dies genau? Zur Aäherung sei zunächst darauf verwiesen, dass diese Ausführungen der Entscheidung Alemo-Herron entlehnt sind. Nach dem damals maßgeblichen englischen Recht war selbst eine einvernehmliche Änderung der Arbeitsbedingungen ausgeschlossen. 28 Die Privatautonomie der Arbeitsvertragsparteien war demnach aufgehoben. Vor diesem Hintergrund köen die Ausführungen des EuGH so interpretiert werden, dass es ihm darauf ankommt, jedenfalls irgendeine Möglichkeit für eine Änderung der Arbeitsbedingungen zuzulassen. Was überdies die zur»fortsetzung der Tätigkeit erforderlichen Anpassungen«anbelangt, ist zu berücksichtigen, dass diese Thematik bei einem üblichen Kaufvorgang durch einen professionellen Erwerber bereits im Rahmen der Verkaufsverhandlungen bzw. der Due Diligence berücksichtigt wird. Das bedeutet, etwaige künftige Tarifsteigerungen auf Basis zeitdynamischer Bezugnahmeklauseln werden idr. in die Vergütung eingepreist. Vor dem Hintergrund der Schutzfunktion der RL besteht daher die Obliegenheit des Erwerbers, das Gesamtszenario des Betriebsübergangs bereits in diesem Stadium mit Blick auf die künftige Weiterführung des Betriebs zu gestalten. Deshalb köen Anpassungen nur da als»erforderlich«isd. EuGH-Rspr. angesehen werden, we sie für den Erwerber nicht vorhersehbar waren bzw. eine wirtschaftliche Notlage eingetreten ist. Ein spezifisches zum»vertragsschluss führendes Verfahren«als weitere Anforderung des EuGH steht dem AG im Fall der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel automatisch zur Verfügung, da er als Vertragspartei jederzeit die Möglichkeit hat, eine Modifizierung des Vertragsinhaltes anzuregen. Weder nach der EuGH-Rspr. erforderlich noch rechtlich zulässig wäre hingegen eine Garantie für den Erwerber, die Arbeitsbedingungen einseitig ändern zu köen. Zudem ist bei Auslegung des Urteils zu beachten, dass der Gerichtshof wiederholt allein auf die unternehmerische Freiheit in Art. 16 EU-GRC abstellt, ohne die gegenläufigen Grundrechte der AN in die Betrachtung einzubeziehen. 29 Hätte der Gerichtshof etwa das Grundrecht auf Privatautonomie der AN in Art. 15 Abs. 1 EU-GRC 30 oder das Grundrecht auf Schutz vor ungerechtfertigter Entlassung in Art. 30 EU-GRC berücksichtigt, hätte der EuGH nicht einseitig auf die Anpassungsmöglichkeiten des Erwerbers abstellen köen. 31 Aus einer Gesamtbetrachtung ergibt sich daher, dass die Anforderungen an die nach nat. Recht zur Verfügung stehenden Anpassungsmöglichkeiten nicht überspat werden dürfen. Folglich ist bereits anzunehmen, dass allein die Möglichkeit der einvernehmlichen Änderung eines Arbeitsvertrags, wie sie im nat. Recht besteht, ausreicht, um den Anforderungen des EuGH gerecht zu werden. Deshalb kommt es auf die ebenfalls im nat. Recht vorgesehene Möglichkeit einer Änderungskündigung zur Entgeltabsenkung gar nicht mehr an. Wollte man dies anders sehen, würde letztere jedenfalls die Anforderungen des EuGH erfüllen. 32 Nur so ka dem Ziel der RL Rechnung getragen werden, die Verschlechterung der Arbeitsbedingungen allein durch den Betriebsübergang auszuschließen. Eine andere Auslegung würde zu einem einseitigen Lösungsrecht des Erwerbers von den vertraglichen Vereinbarungen allein aus Gründen des Betriebsübergangs führen. Letzteres ka ersichtlich nicht gewollt sein. Zudem hat der Gerichtshof in diesem Zusammenhang schon vor längerer Zeit festgestellt, dass die durch RL 2001/23/EG herbeigeführte Einschränkung der Vertragsfreiheit des Erwerbers unmittelbar beabsichtigt und durch den Zweck der RL gerechtfertigt ist. Weiter wird dort ausgeführt, die Beeinträchtigung der unternehmerischen Freiheit gehöre»gerade zur Zweckbestimmung der RL«. Diese ziele darauf ab, im Interesse der AN die sich aus den Arbeitsverträgen oder -verhältnissen ergebenden Verpflichtungen auf den Erwerber zu übertragen Anwendung der EU-GRC im nichtdeterminierten Bereich Das BAG hatte im Rahmen seines Vorlagebeschlusses ferner die sehr grundsätzliche Frage der Geltung der Charta-Grundrechte nach Art. 51 Abs. 1 EU-GRC im sog. nichtdeterminierten Bereich aufgeworfen. 34 Konkret wollte es mit Blick auf die Anwendung von Art. 16 EU-GRC in der Entscheidung Alemo-Herron wissen, ob bereits jede Wahrnehmung einer nat. Kompetenz zu ergänzenden arbeitnehmerschützenden Maßnahmen, wie etwa in Art. 8 RL 2001/23/EG vorgesehen, eine Durchführung von Unionsrecht darstellt, die zur Eröffnung des Anwendungsbereichs der Charta nach Art. 51 Abs. 1 EU-GRC führt. 35 Hierbei handelt es sich um eine Problematik, die für die arbeitsrechtliche Praxis von erheblicher Bedeutung ist. Im Hinblick auf Art. 16 EU-GRC wurde diese zuletzt jedoch durch die Entscheidung AGET Iraklis 36 entschärft. 37 Abgesehen davon hat der Gerichtshof dem durch Art. 8 RL 2001/23/EG vermittelten Gestaltungsspielraum der Mitgliedstaaten jedenfalls funktional dadurch Rechnung getragen, dass er die Würdigung des Sachverhaltes und die Auslegung des nat. Rechts allein dem nat. Gericht, also dem BAG, 38 überantwortete. Das ist im Ergebnis zu begrüßen. Dr. Johaes Heuschmid, Frankfurt/M 25 Klein, jurispr-arbr 20/2017 Anm EuGH-Asklepios, Rn. 22; EuGH , C-499/04 Rn. 31, aao.; EuGH , C-426/11, Alemo-Herron, Rn. 25, aao. 27 EuGH-Asklepios, Rn Heuschmid, AuR 2013, 500, 502; HK-ArbR/Karthaus/Richter, 613a BGB Rn Heuschmid, AuR 2013, 500 f.; Hanau, AuR 2016, Heuschmid/Lörcher, NK-GA Art. 15 EU-GRC, Rn Generell zum dogmatischen Gehalt der unternehmerischen Freiheit: Heuschmid, AuR 2013, 500 f.; Klein, jurispr-arbr 20/2017 Anm Klein, jurispr-arbr 20/2017 Anm EuGH , C-362/89, d Urso u.a., Rn Heuschmid/Lörcher, NK-GA Art. 51 EU-GRC, Rn. 16 ff. 35 Ausf. Wißma, RdA 2015, 301 ff. 36 EuGH , C-201/15, AuR 2017, Heuschmid/Hlava, NZA 2017, 429, 436; Klein, jurispr-arbr 20/2017 Anm Die Rev. von Asklepios hat das BAG inzwischen zurückgewiesen: , 4 AZR 61/14 u. 4 AZR 95/14, AuR 2017, AuR 12 n 2017

35 Entscheidung mit Anmerkung Rechtsprechung Darlegung von Überstunden Wartezeiten bei Be- und Entladen Ein Kraftfahrer, dem vom AG bestimmte Touren zugewiesen werden, unabhängig davon, ob die zugewiesenen Fahrten jeden Tag im Betrieb des AG begien und enden, genügt seiner Darlegungslast bereits dadurch, dass er vorträgt, an welchen Tagen er welche Tour wa begoen und wa beendet hat. Aufzeichnungen isv. 21a Abs. 7 Satz 1 ArbZG sind für AN und AG ein geeignetes Hilfsinstrument bei der Rekonstruktion und Darlegung der Arbeitszeit, ohne ihnen den Nachweis der Unrichtigkeit der Aufzeichnungen abzuschneiden. 21a ArbZG hat nur arbeitszeitschutzrechtliche Bedeutung und ist für die Vergütungspflicht des AG ohne Belang. BAG v , 5 AZR 363/16 I. Aus den Gründen: ( ) [11] ( ) Zu Unrecht verlangt das LAG bereits auf der ersten Stufe der Darlegung der Leistung von Überstunden die Angabe, welche geschuldete Tätigkeit der Kl. erbracht habe ( ) [13] Die Vergütung von Überstunden setzt - bei Fehlen einer anwendbaren tarifvertraglichen Regelung - entweder eine entspr. arbeitsvertragliche Vereinbarung oder eine Vergütungspflicht des AG nach 612 Abs. 1 BGB voraus. [14] Arbeitsvertraglich haben die Parteien die Vergütung von Überstunden weder vereinbart noch ausgeschlossen. Soweit der Arbeitsvertrag den Kl. verpflichtet,»im gesetzlichen Rahmen Mehrarbeit zu leisten«, folgt allein daraus nicht der Ausschluss einer gesonderten Vergütung für Überstunden. [15] Nach 612 Abs. 1 BGB gilt eine Vergütung als stillschweigend vereinbart, we die Arbeitsleistung nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. 612 Abs. 1 BGB bildet nicht nur in den Fällen, in denen überhaupt keine Vergütungsvereinbarung getroffen wurde, sondern auch da die Rechtsgrundlage für den Anspruch auf die Vergütung, we der AN auf Veranlassung des AG quantitativ mehr arbeitet als von der Vergütungsabrede erfasst ( ). [22] Der Darlegungslast für die Leistung von Überstunden hat der Kl. auf der ersten Stufe der Darlegung genügt. ( ) [25] Im Rahmen der gestuften Darlegungslast ist es nunmehr Sache der Bekl., zu den behaupteten Arbeitszeiten substantiiert Stellung zu nehmen. Dafür reicht es nicht, we sie - wie bislang - auf eine aus ihrer Sicht fehlende Kontrollmöglichkeit hinweist und die Richtigkeit der Bedienung des digitalen Kontrollgeräts in Frage stellt. [26] Als AG weiß die Bekl., welche Tätigkeit(en) sie dem Kl. in Ausübung ihres Weisungsrechts generell (zb Überprüfen des Fahrzeugs auf Verkehrssicherheit, Sicherung der Ladung, Reinigung des Fahrzeugs) und speziell (Lieferung von was an wen an welchem Tag) zugewiesen hat. Die Bekl. hat damit Ketnis davon, mit welchen Touren sie den Kl. an welchen Tagen beauftragt hat und welche Arbeiten dabei angefallen sind und ka sich nicht auf Nichtwissen ( 138 Abs. 4 ZPO) zurückziehen. [27] Weiterhin ist es Sache der Bekl., allgemein oder im konkreten Einzelfall den Zeitaufwand für die Erledigung der zugewiesenen Arbeiten zu ermitteln. Dabei stehen ihr als Hilfsmittel die von ihr als AG nach 21a Abs. 7 Satz 1 ArbZG korrekt (vgl. 22 Abs. 1 Nr. 9 ArbZG) zu erstellenden Aufzeichnungen zur Verfügung, die weiter gehend als 16 Abs. 2 ArbZG alle Arbeitszeiten eines Kraftfahrers enthalten müssen (vgl. zum Inhalt der Aufzeichnungspflicht im Einzelnen: Buschma/Ulber ArbZG 8. Aufl. 21a Rn. 44 ff.; Schliema ArbZG 3. Aufl. 21a Rn. 39). Die mind. 2 Jahre aufzubewahrenden ( 21a Abs. 7 Satz 2 ArbZG) Aufzeichnungen, von denen dem AN auf Verlangen eine Kopie auszuhändigen ist ( 21a Abs. 7 Satz 3 ArbZG), dienen zwar primär der Kontrolle der Einhaltung der arbeitszeitrechtlichen Bestimmungen durch die Aufsichtsbehörden (vgl. 17 Abs. 4 ArbZG). Zugleich sind sie aber - wie die Kontrollgeräte nach der VO (EWG) Nr. 3821/85 - für AN und AG ein geeignetes Hilfsinstrument bei der Rekonstruktion und Darlegung der Arbeitszeit, ohne ihnen den Nachweis der Unrichtigkeit der Aufzeichnungen abzuschneiden. [28] Reichen die Aufzeichnungen nach 21a Abs. 7 ArbZG zur substantiierten Erwiderung nicht aus oder misstraut der bekl. AG - wie im Streitfall - der Redlichkeit seines Beschäftigten, obliegt es dem AG, durch geeignete organisatorische Maßnahmen oder Erkundigungen (vgl. BAG , 5 AZR 490/10, Rn. 24, BAGE 139, 36) sicherzustellen, dass er z. B. weiß, bei welchem Auftrag wie lange Wartezeiten beim Be- und Entladen angefallen sind. Ferner ist es grds. seine Sache, im Voraus die Ruhepausen festzulegen und damit Ketnis davon zu haben, an welchen Tagen der AN zu welchen Zeiten weder Arbeit leisten noch sich dafür bereithalten musste und frei über die Nutzung des Zeitraums bestimmen kote (vgl. zum Begriff der Pause BAG , 5 AZR 886/12, Rn. 21, mwn., BAGE 151, 45). [29] Soweit die Bekl. meint, Wartezeiten beim Be- und Entladen seien unter den Voraussetzungen des 21a Abs. 3 ArbZG generell keine vergütungspflichtige Arbeitszeit, ist das nicht zutreffend. [30] Zwar ist nach 21a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 ArbZG die Zeit, während derer sich ein als Fahrer oder Beifahrer bei Straßenverkehrstätigkeiten beschäftigter AN am Arbeitsplatz bereithalten muss, um seine Tätigkeit aufzunehmen, abweichend von 2 Abs. 1 ArbZG keine Arbeitszeit isd. Arbeitszeitrechts, we der Zeitraum und dessen voraussichtliche Dauer im Voraus, spätestens unmittelbar vor Begi des betreffenden Zeitraums bekat ist. Ob die Norm in ihrer Pauschalität mit der Definition der Arbeitszeit in Art. 3 Buchst. a Nr Spiegelstrich RL 2002/15/EG v zur Regelung der Arbeitszeit von Personen, die Fahrtätigkeiten im Bereich des Straßentransports ausüben, vereinbar ist (verneinend: Schliema ArbZG 3. Aufl. 21a Rn. 29; Buschma/Ulber ArbZG 8. Aufl. 21a Rn. 13; vgl. auch Baeck/Deutsch ArbZG 3. Aufl. 21a Rn. 15; ErfK/Wank 17. Aufl. 21a ArbZG Rn. 5; HWK/Gäntgen 7. Aufl. 21a ArbZG Rn. 5 Fn. 6), ka dahingestellt bleiben. 21a ArbZG hat nur arbeitszeitschutzrechtliche Bedeutung und ist für die Vergütungspflicht des AG ohne Belang (vgl. im Einzelnen: BAG , 5 AZR 200/10, Rn. 19 ff., BAGE 137, 366; , 5 AZR 347/11, Rn. 9, BAGE 141, 330; Baeck/Deutsch ArbZG 3. Aufl. 21a Rn. 21; Buschma/Ulber ArbZG 8. Aufl. 21a Rn. 12; ErfK/Wank 17. Aufl. 21a Rn. 5; HWK/ Gäntgen 7. Aufl. 21a Rn. 6). [31] Ka der Kl. während des Be- und Entladens durch Dritte nicht frei über seine Zeit verfügen, sondern muss sich etwa in einer Warteschlange zum Aufrücken bereithalten, leistet er vergütungspflichtige Arbeit isv. 611 Abs. 1 BGB. Dazu zählt nicht nur jede Tätigkeit, die als solche der Befriedigung eines fremden Bedürfnisses dient, sondern auch eine vom AG veranlasste oder ihm zuzurechnende Untätigkeit, während derer der AN am Arbeitsplatz (zum Begriff des Arbeitsplatzes bei der Beschäftigung als Fahrer oder Beifahrer im Straßentransport sh. Art. 3 Buchst. c RL 2002/15/EG) oder einer vom AG bestimmten Stelle anwesend sein muss und nicht frei über die Nutzung seiner Zeit bestimmen ka, er also weder eine Pause ( 4 ArbZG) noch Freizeit hat. Diese Voraussetzung ist bei Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsdienst erfüllt (st. Rspr., vgl. nur BAG , 5 AZR 1101/12, Rn. 16 mwn, BAGE 150, 82; , 5 AZR 716/15, Rn. 28), und zwar auch da, we sich die Notwendigkeit von Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst aus Verzögerungen im Betriebsablauf des zu beliefernden Kunden ergibt. De nicht der AN, sondern der AG trägt das Wirtschaftsrisiko. ( ) AuR 12 n

36 Rechtsprechung Leitsätze der Redaktion mit Volltextzugang II. Anmerkung * Die Entscheidung befasst sich zum einen mit der Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Kraftfahrer die Vergütung von Überstunden verlangen ka insbes. bei einer fehlenden vertraglichen Vergütungsabsprache. Daneben präzisiert der Senat die Grundsätze, die hinsichtlich der Darlegungs- und Beweislast bei der Geltendmachung einer Mehrarbeitsvergütung Anwendung finden. Der Senat stellt zunächst klar, dass sich der Anspruch auf Zahlung einer Mehrarbeitsvergütung vorrangig nach den tariflichen und arbeitsvertraglichen Vereinbarungen richtet (Rn. 13). Fehlt eine derartige Vereinbarung zur Mehrarbeitsvergütung, gilt nach 612 Abs. 1 BGB eine Vergütung als stillschweigend vereinbart, we die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen Vergütung erwartet werden ka. Im entschiedenen Fall hatten die Parteien vereinbart, dass der Kl. im gesetzlichen Rahmen zur Leistung von Mehrarbeit verpflichtet ist, ohne hierfür eine Vergütung festzulegen. Zu Recht schließt der Senat hieraus, dass diese Vereinbarung keinen Ausschluss einer gesonderten Vergütung für Überstunden beinhaltet (Rn. 14). Auch kam der Ausschluss einer gesonderten Überstundenvergütung auf Grundlage einer vereinbarten Pauschalabgeltung nicht in Betracht, da die getroffene Vereinbarung den Transparenzgrundsätzen von 307 Abs. 1 S. 2 BGB nicht Rechnung trug. 1 Gestützt auf 612 Abs. 1 BGB bejaht der Senat i.e. den Anspruch des Kl. auf Mehrarbeitsvergütung. Hierzu stellt er klarstellend fest, dass 612 Abs. 1 BGB nicht nur in den Fällen Anspruchsgrundlage ist, in denen überhaupt keine Vergütungsvereinbarung getroffen wurde, sondern auch, we der AN auf Veranlassung des AG quantitativ mehr arbeitet als von der Vergütungsabrede erfasst (Rn. 15). Dies gilt zumindest in den Fällen, in denen der AN wie ein Kraftfahrer keine Dienste höherer Art und keine deutlich herausgehobene, über der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung liegende Vergütung verlangen ka. 2 Zur Arbeitszeit von Kraftfahrern zählen nicht nur Lenkzeiten, sondern auch Standzeiten, die der Arbeitsvorbereitung dienen oder beim Be- und Entladen anfallen. 3 Soweit 21a Abs. 3 S. 1 Nr. 1 und S. 2 ArbZG dem entgegensteht, verstößt die Vorschrift gegen Unionsrecht. 4 Der Senat sieht das Problem, lässt indes die Frage, ob die Vorschrift mit der RL 2002/15/EG vereinbar ist, wegen mangelnder Entscheidungserheblichkeit offen (Rn. 30). Im Ergebnis bejaht er nämlich eine Vergütungspflicht, da sich die Vergütungspflicht von Arbeitszeit unabhängig davon beurteilt, ob Arbeitszeit isd. ArbZG geleistet wurde. Vergütungspflichtige Arbeitszeit liegt danach immer vor, we der AN nicht frei über seine Zeit verfügen ka, was auch gilt, we die Untätigkeit des AN im Interesse des AG erfolgt und ihm zuzurechnen ist. Dieses Ergebnis stützt der Senat auch auf das allein vom AG zu tragende Wirtschaftsrisiko (Rn. 31). Soweit keine von der gesetzlich zulässigen Arbeitszeit abweichende Vereinbarung getroffen wurde, geht der Senat davon aus, dass Überstunden erst anfallen, we die Arbeitszeit ierhalb des Ausgleichszeitraums von 21a Abs. 4 ArbZG im Durchschnitt 48 Std. übersteigt (Rn. 35). Liegen vergütungspflichtige Überstunden vor, richtet sich die Höhe der Vergütung nach den tariflichen bzw. vertraglichen Vereinbarungen. Unterliegt das Arbeitsverhältnis keiner besonderen Regelung zur Mehrarbeitsvergütung, bestimmt der normale Bruttostundenlohn die Vergütung, ohne dass irgendwelche Zuschläge gezahlt werden müssten. Im Hinblick auf 612 Abs. 2 BGB unterliegt dies Bedenken, da TV bei Mehrarbeit durchgängig einen Zuschlag vorsehen. Wird eine Monatsvergütung vereinbart, geht der Senat bei einer 48-Std.-Woche von 208 Arbeitsstunden aus, durch die die Bruttomonatsvergütung dividiert werden muss (Rn. 36). Zur gestuften Darlegungslast bei Geltendmachung einer Mehrarbeitsvergütung vertritt der Senat die Auffassung, dass ein Kraftfahrer, dem vom AG bestimmte Touren zugewiesen wurden, auf der ersten Stufe bereits dadurch seiner Darlegungslast genügt, dass er vorträgt, an welchen Tagen er welche Tour wa begoen und wa beendet hat. Es ist da Sache des AG vorzutragen, aus welchen Gründen der AN geringere als von ihm behauptete Arbeitszeiten erbracht hat. Den Aufzeichnungen nach 21a Abs. 7 ArbZG, die alle Arbeitszeiten eines Kraftfahrers erfassen müssen (Rn. 27), kommt hierbei ein hoher Beweiswert zu. 5 Von Bedeutung ist auch die Feststellung des Gerichts, dass der AG bei der vergütungspflichtigen Arbeitszeit nur da Ruhepausen in Abzug bringen ka, we er die Ruhepausen entspr. 4 S. 1 ArbZG im Voraus festgelegt hat (Rn. 28). Jürgen Ulber, Frankfurt/M, Darmstadt * Das Forum: Streitobjekt Arbeitszeit auf dem Kongress 3. Campus Arbeitsrecht am behandelt u.a. auch das Thema Überstunden. 1 Vgl. hierzu BAG , 5 AZR 347/11, AuR 2012, Vgl. hierzu BAG , 5 AZR 406/10, AuR 2011, Buschma/Ulber, ArbZG, 21a Rn. 13 f. 4 Buschma/Ulber, aao.; Buschma, AuR 2006, Vgl. hierzu Buschma/Ulber, ArbZG, 8. Aufl., 21a Rn. 54. Leitsätze der Redaktion mit Volltextzugang Volltext unter arbeitundrecht.eu 1. Individuelles Arbeitsrecht Arbeitsverhältnis Aahmeverzug während Betriebsferien Der AG gerät in Aahmeverzug, we er noch nicht urlaubsberechtigte, jedoch arbeitsbereite AN während der Betriebsferien nicht beschäftigt. Hiervon ka durch Parteivereinbarungen abgewichen werden, die nur zul. sind, we die Parteien zuvor die beiderseitige Interessenlage gehörig abgewogen haben. Es muss demnach zunächst feststehen, dass der Betrieb während der Betriebsferien stillliegt und dem nicht urlaubsberechtigten AN keine Gelegenheit zur Weiterarbeit bietet. Erhalten Betriebe während der Betriebsferien Not- oder Aushilfsdienste aufrecht, ist es dem AG zuzumuten, den nicht urlaubsberechtigten AN im nicht stillgelegten Betriebsteil zu beschäftigen; andererseits wird dem AN zuzumuten sein, während der Betriebsferien vorübergehend solche Arbeiten zu übernehmen, die ihm nach dem Inhalt des Arbeitsverhältnisses an sich nicht übertragen werden köen. (LAG Rheinland-Pfalz v , 5 Sa 497/16) Uber Großbritaien Uber Fahrer sind AN. Die Zeit, in der sie sich in dem von der Uber-App abgedeckten Gebiet befinden, die App eingeschaltet haben und bereit sind, Fahrten zu übernehmen (»on-duty«in der Uber-Terminologie) ist Arbeitszeit AuR 12 n 2017

37 Leitsätze der Redaktion mit Volltextzugang Rechtsprechung (Employment Appeal Tribunal v , Appeal No. UKE- AT/0056/17/DA; Zurückweisung der Berufung gegen die Entscheidung der Employment Tribunals, Cases Nos: /2015 and others, AuR 2016, 516 m. Anm. Walter) Uber Südafrika Uber-Fahrer in Südafrika sind AN, und zwar nicht AN von Uber BV in den Niederlanden, sondern von Uber Südafrika dies trotz von Uber verwendeter Verträge, nach denen Uber BV der Vertragspartner und die niederländische Gerichtsbarkeit zuständig sei; ferner trotz dessen, dass Uber die Fahrer über sog. Partner (Eigentümer von für Uber fahrenden Autos; sie köen, müssen aber nicht auch selbst Fahrten übernehmen) beschäftigt und vorbringt, diese seien die AG der nicht im Partner-Status stehenden Fahrer, und trotz des weiter von Uber vorgebrachten Arguments, die Fahrer seien Selbständige und es kämen jeweils lediglich Verträge zwischen Fahrgästen und Fahrern pro einzelner Fahrt zustande. Zuständig ist trotz besagter Verträge nicht die niederländische, sondern die südafrikanische Gerichtsbarkeit nach südafrikanischem Recht. Die CCMA (Südafrikanische Commission for Conciliation, Mediation and Arbitration) ist deshalb zuständig für von Uber-Fahrern angestrengte Verfahren gegen die Beendigung ihrer Beschäftigungsverhältnisse durch Uber. (CCMA v , Vorabentscheidung WECT , und auch umfassend WECT , WECT , WECT875-17, WECT , WECT ) Befristung Arbeitsaufnahme vor Abschluss, Faktisches Arbeitsverhältnis Hat der AG dem AN ein schriftliches Angebot auf Abschluss eines befr. Arbeitsvertrags unterbreitet und durch sein vor Arbeitsaufnahme liegendes Verhalten verdeutlicht, dass er diesen Abschluss von der Einhaltung des Schriftformgebots abhängig machen will, liegt in der bloßen Entgegeahme der Arbeitsleistung des AN regelm. nicht die Aahme eines Vertragsangebots des AN. Dieser ka das schriftliche Angebot des AG da noch nach Arbeitsaufnahme durch Unterzeichnung der Vertragsurkunde aehmen. Nimmt der AN in diesem Fall vor Vertragsunterzeichnung die Arbeit auf, entsteht zwischen den Parteien lediglich ein faktisches Arbeitsverhältnis. Der Schriftlichkeitsvorbehalt ist unbeachtlich, we der AG, der dem AN noch kein schriftliches Vertragsangebot unterbreitet hat, ausdrücklich erklärt, der Arbeitsvertrag solle erst mit Unterzeichnung der Vertragsurkunde zustande kommen, er dem AN jedoch bereits zuvor im Widerspruch zu seiner Erklärung einen Arbeitsplatz zur Verfügung stellt und die Arbeitsleistung entgegeimmt. In diesem Fall kommt mit Arbeitsaufnahme konkludent ein Arbeitsvertrag zustande. Eine nach 14 Abs. 4 TzBfG, 125 S. 1 BGB formnichtige Befristungsabrede lässt sich nicht dadurch nachträglich heilen, dass die Parteien das nicht schriftlich Vereinbarte nach der Arbeitsaufnahme durch den AN schriftlich niederlegen. Anders verhält es sich, we die Parteien im später unterzeichneten schriftlichen Arbeitsvertrag eine von der formunwirksamen Abrede abweichende und damit eigenständige Befristungsabrede treffen, durch die das zunächst bei Vertragsbegi unbefr. entstandene Arbeitsverhältnis nachträglich befr. wird. (BAG v , 7 AZR 223/15) Sachgrundlos, Vorbeschäftigung 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG enthält ein zeitlich unbegrenztes Vorbeschäftigungsverbot. Das Vertrauen des AG auf den Fortbestand der Rspr. des 7. Senats des BAG aus 2011 ( , 7 AZR 716/09, AuR 2011, 409) zum zeitlich begrenzten Vorbeschäftigungsverbot nach 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG ist nicht schutzwürdig. (LAG Niedersachsen v , 6 Sa 1125/16, Rev. 7 AZR 477/17; Verfahren beim BVerfG anhängig: 1 BvL 7/14, 1 BvR 1375/14 u.a.) Vertretung, Abordnung, Rückkehrprognose Die vorübergehende Reduzierung der Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten AN und die darauf beruhende Abordnung in einen anderen Arbeitsbereich für die Dauer der Teilzeitbeschäftigung ka einen Sachgrund für die Befristung des Arbeitsvertrags mit einer vollzeitbeschäftigten Vertretungskraft nach 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 TzBfG darstellen. Die Prognose des AG über den voraussichtlichen Wegfall des Vertretungsbedarfs durch die Rückkehr des Vertretenen ist Teil des Sachgrunds der Vertretung. Erforderlich ist, dass der AG bei Vertragsschluss berechtigterweise mit der Rückkehr der Stammkraft rechnen durfte. Bei einer»abordnungsvertretung«muss der AG bei der von ihm anzustellenden Prognose alle Umstände des Einzelfalls berücksichtigen. Dazu gehören nicht nur etwaige Erklärungen der abgeordneten Stammkraft über ihre Rückkehrabsichten, sondern insbes. auch die Planungs- und Organisationsentscheidungen des AG. Diese Anforderungen sind auch da zu stellen, we der Vertretungsbedarf auf einer zeitlich begrenzten Reduzierung der Arbeitszeit der Stammkraft und zusätzlich darauf beruht, dass diese mit dem verbleibenden Arbeitszeitvolumen in einen anderen Arbeitsbereich abgeordnet wurde. Bei einer Gesamtbeschäftigungsdauer von 4 Jahren und 8 Monaten aufgrund von 8 befr. Arbeitsverträgen besteht kein Anlass zu einer Missbrauchskontrolle nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs. (BAG v , 7 AZR 436/15, v. DGB Rechtsschutz GmbH geführtes Verfahren) Vertretung, Änderungsvereinbarung Für die Wirksamkeit der Befristung eines Arbeitsvertrags kommt es auf die im Zeitpunkt des Vertragsschlusses gegebenen Umstände an. Später eintretende Änderungen haben grds. keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der vereinbarten Befristung. Fällt der bei Vertragsschluss gegebene Sachgrund für die Befristung später weg, entsteht daher kein unbefr. Arbeitsverhältnis. Dies gilt grds. auch da, we sich während der Dauer des befr. Arbeitsverhältnisses die Tätigkeit des AN ändert. Wird jedoch in einem Änderungsvertrag unter Beibehaltung der vertraglich vereinbarten Befristungsdauer eine Änderung der Tätigkeit und ggf. der Vergütung vereinbart, unterliegt der Änderungsvertrag als letzter Arbeitsvertrag der Befristungskontrolle. In diesem Fall kommt es darauf an, ob bei Abschluss des Änderungsvertrags ein Sachgrund für die Befristung bestand. Die Befristung des Änderungsvertrags ka allerdings nur da auf ihre Wirksamkeit überprüft werden, we der AN ierhalb der Klagefrist des 17 S. 1 TzBfG die Unwirksamkeit der Befristung des Änderungsvertrags geltend macht. Der AN ka und muss die als Versetzung bezeichnete Zuweisung eines anderen Arbeitsplatzes idr. nicht als rechtsgeschäftliches Angebot des AG auf Änderung des Arbeitsvertrags verstehen. Von einem Angebot auf Änderung eines Arbeitsvertrags ist auch nicht allein deshalb auszugehen, weil die zugewiesene Tätigkeit niedriger vergütet wird als die bisherige Tätigkeit und sie dem AN deshalb nicht im Wege des Direktionsrechts zugewiesen werden durfte. (BAG v , 7 AZR 301/15) AuR 12 n

38 Rechtsprechung Leitsätze der Redaktion mit Volltextzugang Vertretungsbedarf und Vertragsdauer Geht die Vertragslaufzeit erheblich über das zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses prognostizierbare Ende des Vertretungsbedarfs hinaus, ka dies den Schluss darauf zulassen, dass der behauptete Sachgrund der Vertretung für die Befristung nur vorgeschoben ist. (LAG Rheinland-Pfalz v , 8 Sa 418/16) Betriebliche Altersversorgung Änderung einer Anpassungsregelung Sieht ein TV vor, dass Änderungen bestehender BV zur betrieblichen Altersversorgung nur mit der Zustimmung der TV-Parteien wirksam werden, so sind die durch BV mit Zustimmung der TV- Parteien vorgenommenen Eingriffe in bestehende Versorgungsrechte anhand der für BV geltenden Maßstäbe zu überprüfen. Veränderungen der Versorgungsordnung nach dem Eintritt des AN in den Ruhestand sind unmittelbar anhand der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes zu überprüfen. Das vom Senat entwickelte dreistufige Prüfungsschema für Eingriffe in die Höhe von Versorgungsanwartschaften findet insoweit keine Anwendung. Die zur Rechtfertigung eines Eingriffs in Versorgungsrechte angeführten Gründe müssen gerade den vorgenommenen Eingriff tragen und folglich in einem ieren Zusammenhang mit ihm stehen. (BAG v , 3 AZR 513/16) Veränderungen der Anpassungsregelungen in einer Versorgungsordnung sind während des noch bestehenden Arbeitsverhältnisses unmittelbar anhand der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes zu überprüfen. Das vom Senat für Eingriffe in die Höhe von Versorgungsanwartschaften entwickelte dreistufige Prüfungsschema findet dabei keine Anwendung. Die zur Rechtfertigung eines Eingriffs in Anpassungsregelungen während des noch bestehenden Arbeitsverhältnisses angeführten Gründe müssen gerade den vorgenommenen Eingriff tragen und deshalb in einem ieren Zusammenhang mit ihm stehen. (BAG v , 3 AZR 601/16) Datenschutz Beschäftigte, Detektiv, außerordentliche Kündigung Ein AN, der während des bestehenden Arbeitsverhältnisses Konkurrenztätigkeiten ausübt, verstößt gegen seine Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des AG aus 241 Abs. 2 BGB. Es handelt sich idr. um eine erhebliche Pflichtverletzung, die»an sich«geeignet ist, nach 626 Abs. 1 BGB eine a.o. Kündigung zu rechtfertigen. Das Erschleichen von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ka einen wichtigen Grund isd. 626 Abs. 1 BGB zur a.o. Kündigung bilden. Dies gilt nicht nur, we der AN für die Zeit einer vorgetäuschten Arbeitsunfähigkeit Entgeltfortzahlung erhält. Täuscht er eine Arbeitsunfähigkeit erst nach Ablauf des Entgeltfortzahlungszeitraums vor, aber zu dem Zweck, während der attestierten Arbeitsunfähigkeit einer Konkurrenztätigkeit nachgehen zu köen, verletzt er ebenfalls in erheblicher Weise seine Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des AG gem. 241 Abs. 2 BGB. Die Bestimmungen des BDSG über die Anforderungen an eine zul. Datenverarbeitung konkretisieren und aktualisieren den Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung und am eigenen Bild ( 1 Abs. 1 BDSG). Sie regeln, in welchem Umfang im Anwendungsbereich des Gesetzes Eingriffe durch öff. oder nichtöff. Stellen isd. 1 Abs. 2 BDSG in diese Rechtspositionen zul. sind. Ist die Datenverarbeitung gegenüber dem betr. AN nach den Vorschriften des BDSG zul., liegt insoweit keine Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung und am eigenen Bild vor. Eine (verdeckte) Überwachungsmaßnahme durch Einsatz eines Detektivs zur Aufklärung eines auf Tatsachen gegründeten konkreten Verdachts einer schwerwiegenden Pflichtverletzung des AN ka nach 32 Abs. 1 S. 1 BDSG zul. sein, selbst we es nicht um die Aufdeckung einer im Beschäftigungsverhältnis begangenen Straftat isd. 32 Abs. 1 S. 2 BDSG geht. Die Rechtsprechungsgrundsätze zu den Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer solchen Maßnahme sind in diesem Fall als Teil der Verhältnismäßigkeitsprüfung im Rahmen von 32 Abs. 1 S. 1 BDSG zu berücksichtigen. Ein Verständnis von 32 Abs. 1 BDSG ise. Sperrwirkung des S. 2 gegenüber der Erlaubnisnorm in S. 1 der Bestimmung in Fällen, in denen der AG»nur«einen auf Tatsachen gestützten und ausreichend konkreten Verdacht einer schwerwiegenden Pflichtverletzung des AN hat, nicht aber den einer im Beschäftigungsverhältnis begangenen Straftat, wäre mit Unionsrecht nicht vereinbar. (BAG v , 2 AZR 597/16) Keylogger, Kündigung, private Internetnutzung Die Aufzeichnung und Speicherung der Tastatureingaben an einem dienstlichen Computer und das Fertigen von Bildschirmfotos (Screenshots) stellen Datenerhebungen isv. 3 Abs. 1 bis 3 BDSG dar. In diesen Datenerhebungen liegt gleich, ob sie verdeckt oder offen erfolgen zugleich ein Eingriff in das Recht des betroffenen AN auf informationelle Selbstbestimmung. Ein Eingriff in dieses Recht setzt nicht notwendig voraus, dass die Privatsphäre des Betroffenen ausgespäht wird. Allein darin, dass ein AN dem ihm mitgeteilten Einsatz eines Keyloggers nicht widerspricht, liegt keine Einverständniserklärung in die Informationserhebung. Das Unterlassen eines Protests ka nicht mit einer Einwilligung isv. 4a Abs. 1 BDSG gleichgesetzt werden. Kontrollmaßnahmen, die hinsichtlich der Intensität des durch sie bewirkten Eingriffs in das allg. Persönlichkeitsrecht des AN mit einer (verdeckten) Videoüberwachung vergleichbar sind, sind nach 32 Abs. 1 S. 1 und S. 2 BDSG nur erlaubt, we gegen den Betroffenen der durch konkrete Tatsachen begründete»einfache«verdacht (Anfangsverdacht) einer Straftat oder einer anderen schweren Pflichtverletzung besteht. Ergreift der AG solche Maßnahmen»ins Blaue hinein«, stellen sie sich als jedenfalls nicht verhältnismäßig im engeren Sie dar. Kontrollmaßnahmen, die weniger intensiv in das allg. Persönlichkeitsrecht des Betroffenen eingreifen, köen nach 32 Abs. 1 BDSG auch ohne das Vorliegen eines durch Tatsachen begründeten Anfangsverdachts zul. sein. Dies gilt vor allem für nach abstrakten Kriterien durchgeführte, keinen AN besonders unter Verdacht stellende offene Überwachungsmaßnahmen, die der Verhinderung von Pflichtverletzungen dienen sollen. Die vorübergehende Speicherung und stichprobenartige Kontrolle der Verlaufsdaten eines Internetbrowsers ka zul. sein, um die Einhaltung des Verbots oder einer Beschränkung der Privatnutzung von IT- Einrichtungen des AG zu kontrollieren. (BAG v , 2 AZR 681/16) AuR 12 n 2017

39 Leitsätze der Redaktion mit Volltextzugang Rechtsprechung Gleichbehandlung Arbeiter Angestellte Auf die Gewährung von Urlaubsgeld, vermögenswirksamen Leistungen und einer Jahressonderzuwendung findet der Gleichbehandlungsgrundsatz Anwendung. Er gebietet eine Gruppenbildung nach sachlichen Kriterien. Eine Gruppenbildung nach kaufmäischen und gewerblichen Beschäftigten genügt diesen Anforderungen nicht. Eine unterschiedliche Behandlung von gewerblichen AN und Angestellten ka da zul. sein, we mit der Anknüpfung an den Statusunterschied gleichzeitig auf einen Lebenssachverhalt abgestellt wird, der geeignet ist, die Ungleichbehandlung sachlich zu rechtfertigen. Der AG unterliegt der Darlegungs- und Beweislast für ein obj. gerechtfertigtes höheres Bindungsinteresse. (LAG Berlin-Brandenburg v , 2 Sa 1294/16) Schwerbehinderte Menschen, Vorstellungsgespräch Bewirbt sich ein schwb. Mensch bei einem öff. AG um eine Stelle, hat dieser ihn nach 82 S. 2 SGB IX zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Das ist nur entbehrlich, we dem schwb. Menschen die Eignung offensichtlich fehlt. Fehlt ansonsten die Einladung, so ist bereits deswegen die Vermutung begründet, dass der schwb. Mensch wegen seiner Behinderung benachteiligt wurde. Die Widerlegung dieser Vermutung setzt den Nachweis durch den betr. AG voraus, dass die Einladung aufgrund von Umständen unterblieben ist, die weder einen Bezug zur Behinderung aufweisen noch die fachliche Eignung des Bewerbers die aufgrund einer Ausbildung oder von Berufserfahrung erworbene Fähigkeit, die gestellten Aufgaben bewältigen zu köen berühren. Letzteres ist aber bei einer geforderten Abschlussnote der Fall. Unterstellt, das wäre nicht der Fall, so ist der Nachweis immer noch nicht geführt, we der AG Bewerber einlädt, von denen er aufgrund von Prognosen erwartet, dass sie die geforderte Note erreichen werden. In einer solchen Konstellation ist, we der Bewerber durch seine berufliche Biographie seine potentielle Bewährung auf dem ausgeschriebenen Posten gezeigt, andererseits in der Zwischenzeit eine andere adäquate Stelle gefunden hat, gem. 15 Abs. 2 AGG eine Entschädigung des Bewerbers von 3 Bruttomonatsgehältern angemessen. (HessLAG v , 7 Sa 1471/16, v. ver.di geführtes Verfahren) Teilzeit, Aufstockungsverlangen Berücksichtigt ein AG einen teilzeitbeschäftigten AN, der ihm den Wunsch nach Verlängerung seiner vertraglich vereinbarten Arbeitszeit angezeigt hat, trotz dessen Eignung nicht bei der Besetzung eines entspr. freien Arbeitsplatzes, geht der Anspruch des AN auf Verlängerung seiner Arbeitszeit gem. 275 Abs. 1 BGB unter, sobald der AG den Arbeitsplatz mit einem anderen AN besetzt. Hat der AG den Untergang des Anspruchs des AN zu vertreten, hat dieser Anspruch auf Schadensersatz ( 275 Abs. 1 und Abs. 4, 280 Abs. 1 und Abs. 3, 281 Abs. 2, 283 S. 1 BGB). 249 Abs. 1 BGB, dem zufolge der Zustand herzustellen ist, der bestehen würde, we der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre, führt jedoch nicht dazu, dass der AG verpflichtet wird, mit dem AN die Verlängerung der Arbeitszeit zu vereinbaren. Die Wertung des Gesetzgebers in 15 Abs. 6 AGG, wonach der AN selbst bei einem Verstoß des AG gegen das Benachteiligungsverbot des 7 Abs. 1 AGG grds. keinen Anspruch auf Begründung eines Arbeitsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg hat, steht einem solchen Anspruch entgegen. (BAG v , 9 AZR 259/16) Haftung des Arbeitgebers Sturmschäden We ein AN einer Gemeinde seinen Privat-PKW auf deren Betriebshof parkt, anschließend den ganzen Tag aufgrund Außeneinsatzes abwesend vom Betriebshof ist, eine Sturmwarnung vorliegt, es während seiner Abwesenheit zu dem in der Warnung angekündigten Sturm kommt, der stark, aber nicht so stark ist, dass keine Sicherheitsmaßnahme mehr hülfe [hier: Tief Zoran], und durch den Sturm ein auf dem Betriebshof befindlicher Großmüllbehälter auf das Auto des AN geschoben und dadurch ein Schaden an diesem Auto verursacht wird, so hat die Gemeinde ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt und haftet für den Schaden. (LAG Düsseldorf v , 9 Sa 42/17) Insolvenzrecht Altersteilzeit, Insolvenzgeld, Differenzvergütung 55 Abs. 3 S. 1 InsO ka mangels Regelungslücke nicht analog auf Entgeltansprüche angewendet werden, die vom ges. Forderungsübergang nicht erfasst werden. (BAG v , 6 AZR 801/16) Kündigung Betriebsbedingt, Auftragslücken Kurzfristige Auftragslücken sind bei einem Leiharbeitsunternehmen nicht geeignet, eine betriebsbedingte Kündigung isv. 1 Abs. 2 S. 1 KSchG zu rechtfertigen, da sie zum typischen Wirtschaftsrisiko dieser UN gehören. (LAG Berlin-Brandenburg v , 2 Sa 1805/16) Leiharbeit, Massenentlassung, Schwellenwerte Der EuGH wird gem. Art. 267 AEUV um Beantwortung folgender Fragen ersucht: Ist Art. 1 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. a der (Massenentlassungs-)RL 98/59/EG v (MERL) dahin auszulegen, dass zur Bestimmung der Zahl der idr. in einem Betrieb tätigen AN auf die Anzahl der im Zeitpunkt der Entlassung bei gewöhnlichem Geschäftsgang beschäftigten AN abzustellen ist? Ist Art. 1 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. a RL 98/59/EG dahin auszulegen, dass bei der Bestimmung der Zahl der idr. in einem Betrieb eines entleihenden UN tätigen AN dort eingesetzte Leiharbeitnehmer mitzählen köen? Sofern die zweite Frage bejaht wird: Welche Voraussetzungen gelten für die Berücksichtigung von Leiharbeitnehmern bei der Bestimmung der Anzahl der idr. in einem Betrieb eines entleihenden UN tätigen AN? (BAG v , 2 AZR 90/17 (A); v. IG BCE geführtes Verfahren) Vertretungsbefugnis, Gesamtprokura Ist für den Ausspruch einer Kündigung Gesamtvertretung vorgesehen, verstößt die Kündigung gegen 180 S. 1 BGB, we nicht alle Vertreter zum Ausspruch der Kündigung berechtigt sind. Ein Gesamtprokurist, der die Gesellschaft gemeinsam mit einem GF oder einem anderen Prokuristen vertreten darf, ist für den Ausspruch der Kündigung mit einer Handlungsbevollmächtigten auch da nicht bevollmächtigt, we diese die Kündigung»zusammen mit einem Prokuristen«aussprechen darf. (LAG Berlin-Brandenburg v , 17 Sa 180/17) AuR 12 n

40 Rechtsprechung Leitsätze der Redaktion mit Volltextzugang Öffentlicher Dienst Doppelbefristung, Personalratsbeteiligung Eine Verletzung des Mitbestimmungsrechts nach 72 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 LPVG NW, wonach der PR bei der Befristung von Arbeitsverhältnissen mitzubestimmen hat, führt zur Unwirksamkeit der Befristungsabrede. Zur Wahrung des Mitbestimmungsrechts hat der AG den PR von der Befristung zu unterrichten und seine Zustimmung zu beantragen. Beabsichtigt der AG, das Arbeitsverhältnis ohne Sachgrund nach 14 Abs. 2 TzBfG zu befristen, genügt er seiner Unterrichtungspflicht zur Rechtfertigung der Befristung, we in der Personalratsanhörung Angaben zu einem der Befristung zugrundeliegenden Sachgrund gänzlich unterbleiben. Daraus ka der PR erkeen, dass die Befristung ohne Sachgrund erfolgen soll und es ist gewährleistet, dass der AG die Befristung in einer etwaigen Auseinandersetzung mit dem AN nicht auf einen Sachgrund stützen ka, zu dem der PR seine Zustimmung nicht erteilt hat. Vereinbaren die Parteien eine Doppelbefristung in Form einer Kombination von Zweck- und Zeitbefristung, hat die Unwirksamkeit der Zweckbefristung keine Auswirkung auf die Wirksamkeit der Zeitbefristung. Das gilt auch da, we sich die Unwirksamkeit der Zweckbefristung daraus ergibt, dass der öff. AG den PR nach 72 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 LPVG NW nur hinsichtlich der Zeitbefristung, nicht aber hinsichtlich der Zweckbefristung ordnungsgemäß beteiligt hat. (BAG v , 7 AZR 608/15) Gleichstellungsbeauftragte, Wahlrecht nur für Frauen Die Beschränkung des aktiven und passiven Wahlrechts auf weibliche Beschäftigte durch 18 Abs. 1 S. 1 GlG M-V verstößt nicht gegen das Verbot aus Art. 3 Abs. 2 S. 1 und Abs. 3 S. 1 GG ivm. Art. 5 Abs. 3 LV, aus Gründen des Geschlechts benachteiligt zu werden, weil sie durch das Gleichberechtigungsgebot des Art. 3 Abs. 2 GG legitimiert ist. Sie dient ungeachtet der weitestgehend geschlechtsneutralen Formulierung des Gesetzes der Beseitigung strukturell bedingter Benachteiligung von Frauen, die der Gesetzgeber bezogen auf den Bereich der Führungspositionen auf Grundlage einer nachvollziehbaren und vertretbaren Einschätzung aimmt. Auch wahrt sie den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. (VerfG Mecklenburg-Vorpommern v , LVerfG 7/16) Stufenzuordnung im Rahmen des TV-N-Thüringen Seit dem bestimmt sich die Stufenzuordnung der Beschäftigten im Anwendungsbereich des TV-N-Thüringen nach 6 Abs. 2 TV-N-Thüringen nf. ivm. der hierzu ergangenen Protokollerklärung. Bei dieser handelt es sich um eine normative Regelung und nicht nur um eine Auslegungshilfe. 6 Abs. 2 S. 2 TV-N-Thüringen nf. sieht eine Verkürzung der Stufenlaufzeit nur bezogen auf die Eingangsstufe vor. Die bisherige Stufe 1 mit einer Stufenlaufzeit von 3 Jahren wurde durch eine sog. Probezeitstufe mit 6 Monaten Stufenlaufzeit ersetzt. Die Stufenlaufzeiten von 4 bzw. 5 Jahren in den höheren Stufen des Stufenzuordnungssystems blieben hingegen unverändert. Aus der Verkürzung der Eingangsstufe resultiert folglich eine Reduzierung der Gesamtstufenlaufzeit von 12 auf 9 ½ Jahre. Damit soll die Nachwuchsgewiung erleichtert werden. Die am der bisherigen Stufe 1 zugeordneten Beschäftigten wurden hingegen nach der Protokollerklärung zu 6 Abs. 2 TV-N-Thüringen nf. ohne Mitnahme ihrer Stufenlaufzeit der neuen Stufe 1 (bisherige Stufe 2) zugeordnet, we sie mehr als 6 Monate in derselben Entgeltgruppe eingruppiert waren. Eine Verkürzung der Gesamtstufenlaufzeit auf 9 ½ Jahre erfolgte für diese Beschäftigtengruppe folglich nicht. Eine solche Verkürzung ist auch für die am den bisherigen Stufen 2 oder 3 zugeordneten Beschäftigten nicht vorgesehen. Diese wurden vielmehr unter Beibehaltung einer Gesamtstufenlaufzeit von 12 Jahren in das neue System übergeleitet. Letztlich bewirkt die Neuregelung für diese Beschäftigten nur, dass sich die Beneung ihrer Stufe ändert (z.b. Stufe 2 statt Stufe 3). (BAG v , 6 AZR 701/16) (Teil-)Kündigung einer Pauschalierungsabrede Eine Vereinbarung über die Kündbarkeit einer Pauschalierungsabrede ka einer Inhaltskontrolle nach 308 Nr. 4 BGB ivm. 307 Abs. 1 BGB selbst da standhalten, we das Recht zur Kündigung nicht an einen in der Klausel selbst angegebenen Grund geknüpft ist. (BAG v , 2 AZR 721/16, v. DGB Rechtsschutz GmbH geführtes Verfahren) TV SozSich, Überbrückungsbeihilfe, missbräuchliche Gestaltung Für den Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe nach 4 Ziff. 1 a TV Soz- Sich ist lediglich Anspruchsvoraussetzung, dass eine Beschäftigung mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von regelm. mehr als 21 Std. ausgeübt wird. Es darf kein Scheinarbeitsverhältnis vorliegen. Aus 3 Ziff. 2 TV SozSich lässt sich nicht als weitere Anspruchsvoraussetzung die Verpflichtung des AN entnehmen, sich arbeitsuchend zu melden. Das ist durch die Rspr. des BAG geklärt. Die TV-Parteien des TV SozSich haben durch die Protokollnotiz zu 4 Ziff. 1 a TV SozSich lediglich einen Mindestbeschäftigungsumfang als Voraussetzung für den Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe nach 4 Ziff. 1 a TV SozSich festgelegt. Sie wollten nicht sicherstellen, dass der AN ein Mindestmaß an Einkommen erzielt, um so die Leistungen des Bundes zu mindern. Die AN, die Arbeitsverträge mit einer regelm. Beschäftigungsdauer von mehr als 21 Std. wöchentlich schließen, nutzen deshalb lediglich eine tariflich eröffnete Gestaltungsmöglichkeit. Ein Rechtsmissbrauch liegt darum nicht bereits da vor, we AN weniger Wochenstunden arbeiten als zuvor bei den Stationierungsstreitkräften, unterhalb ihres Qualifikationsniveaus bzw. ihrer Berufserfahrung tätig werden oder»punktgenau«die tarifliche Mindestbeschäftigungsdauer vereinbaren. Auch das ist durch die Rspr. des BAG geklärt. Für Tatsachen, die auf das Vorliegen eines Scheingeschäfts oder eines Rechtsmissbrauchs bzw. einer Sittenwidrigkeit schließen lassen, trägt die Partei die Beweislast, die sich auf diese Umstände beruft. Das folgt aus den allg. Beweislastverteilungsgrundsätzen. (BAG. v , 6 AZN 835/16) Vergütung Anpassungsgeld, Zuschuss, Grubenwehrzulage»Entgelt«iSd. 2 Nr. 7 Abs. 3 Unterabs. 2 des Gesamtsozialplans zum Anpassungsprogramm der Dt. Steinkohle AG v ist die als Gegenleistung für geleistete Arbeit gewährte Bezahlung. Sie muss in einem zumindest teilweisen synallagmatischen Verhältnis zu einer Arbeitsleistung stehen, also eine Gegenleistung hierfür darstellen. Der Zuschuss zum Anpassungsgeld ist wie das Anpassungsgeld eine Überbrückungsleistung im Hinblick auf eine erwartete Arbeitslosigkeit. Beide dienen der sozialverträglichen Absicherung des betriebsbedingten Arbeitsplatzverlustes. Aus diesem Si und Zweck folgt, dass das synallagmatische Verhältnis zwischen Arbeitsleistung und»entgelt«isd. 2 Nr. 7 Abs. 3 Unterabs. 2 des Gesamtsozialplans zum Anpassungsprogramm der Dt. Steinkohle AG v aus dem Arbeitsvertrag selbst resultieren muss. Ein AuR 12 n 2017

41 Leitsätze der Redaktion mit Volltextzugang Rechtsprechung daneben durch die Aufnahme in die Grubenwehr begründetes weiteres Vertragsverhältnis, gleich welcher Art ist unzureichend. (BAG v , 1 AZR 382/15) Mindestlohn, gesetzlicher, Leistungszulage Der Anspruch auf ges. Mindestlohn ist nicht von der Quantität der Arbeitsleistung abhängig. Der AG ka den Mindestlohnanspruch auch durch die Zahlung einer im arbeitsvertraglichen Austauschverhältnis stehenden Leistungszulage erfüllen. (BAG v , 5 AZR 317/16, v. DGB Rechtsschutz GmbH geführtes Verfahren) Mindestlohn, So- und Feiertagszuschläge Arbeitsvertraglich vereinbarte So- und Feiertagszuschläge sind grds. mindestlohnwirksam und nicht zusätzlich zum ges. Mindestlohn geschuldet. (BAG v , 5 AZR 431/16) Versetzung Unbillige Weisung, Verbindlichkeit für den AN Der 10. Senat möchte die Auffassung vertreten, dass ein AN nach 106 S. 1 GewO, 315 BGB nicht auch nicht vorläufig an eine Weisung des AG gebunden ist, die die Grenzen billigen Ermessens nicht wahrt. Damit weicht der Senat von der Rechtsaufassung des 5. Senats ( , 5 AZR 249/11, Rn. 24, BAGE 141, 34, AuR 2012, 367) ab. Der 10. Senat fragt nach 45 Abs. 3 S. 1 ArbGG beim 5. Senat an, ob dieser an seiner Rechtsauffassung festhält. (BAG v , 10 AZR 330/16 (A)) Der 5. Senat hält an seiner im Urt. v , 5 AZR 249/11 vertretenen Auffassung, wonach sich ein AN über eine unbillige Ausübung des Weisungsrechts sofern sie nicht aus anderen Gründen unwirksam ist nicht hinwegsetzen darf, sondern entspr. 315 Abs. 3 Satz 2 BGB die Gerichte für Arbeitssachen anrufen muss, nicht mehr fest. (BAG v , 5 AS 7/17) Ein AN ist nach 106 S. 1 GewO, 315 BGB nicht auch nicht vorläufig an eine Weisung des AG gebunden, die die Grenzen billigen Ermessens nicht wahrt (unbillige Weisung). (BAG v , 10 AZR 330/16) Vertragsrecht Aahmeverzug, tatsächliches Angebot, Unvermögen Ein tatsächliches Angebot ( 294 BGB) der Arbeitsleistung liegt vor, we der AN sich am Arbeitsort oder am Arbeitsplatz einfindet, um mit der Arbeitsleistung zu begien. Um den AG in Aahmeverzug zu versetzen, muss der AN die nach den vertraglichen Vereinbarungen bzw. deren Konkretisierung kraft Weisung nach 106 S. 1 GewO geschuldete Arbeitsleistung anbieten. Verlangt der AG vom AN eine bestimmte Arbeitsleistung und bietet der AN diese an, widerspräche es den Grundsätzen von Treu und Glauben ( 242 BGB), dem AN vorzuhalten, er habe nicht das objektiv Geschuldete angeboten. Aus 241 Abs. 2 BGB folgt keine Pflicht des AG, für den gesundheitlich beeinträchtigten AN einen neuen Arbeitsplatz zu schaffen. We es ihm zumutbar und rechtlich möglich ist, muss der AG jedoch auf Verlangen des AN diesen auf einen leidensgerechten Arbeitsplatz umsetzen. (BAG v , 5 AZR 263/16) Staatenimmunität, drittstaatliche Eingriffsnormen, Gehaltskürzung Die an privaten Schulen der Republik Griechenland in Deutschland im Rahmen von Arbeitsverhältnissen beschäftigten Lehrkräfte üben regelm. keine hoheitliche Tätigkeit aus. Gesetze eines ausländischen Staates köen den Inhalt eines in Deutschland zu erfüllenden, dt. Recht unterliegenden Arbeitsverhältnisses auch da nicht unmittelbar ändern, we der ausländische Staat AG ist. Drittstaatliche Eingriffsnormen köen sowohl nach Art. 34 EGBGB af als auch nach Art. 9 Abs. 3 Rom I-VO nur als tatsächliche Umstände im Rahmen ausfüllungsbedürftiger Rechtsnormen berücksichtigt werden. 241 Abs. 2 BGB verpflichtet den AN nicht, in einer finanziellen Notlage des AG dauerhafte Gehaltskürzungen ohne eine wirksame Vertragsänderung hinzunehmen. Die Pflicht des AG, dem AN bei der Zahlung des Arbeitsentgelts eine Abrechnung nach 108 Abs. 1 GewO zu erteilen, gilt auch für ausländische Staaten, die im Inland als AG AN in einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis beschäftigen. 108 Abs. 2 GewO begründet eine Einwendung des AG; er muss darlegen, für welche Entgeltzahlung die Abrechnungspflicht entfallen sein soll, weil sich die Angaben gegenüber der letzten ordnungsgemäßen Abrechnung nicht geändert haben. (BAG v , 5 AZR 962/13, Parallelverfahren 5 AZR 747/16 (F); v. DGB Rechtsschutz GmbH geführtes Verfahren) 2. Kollektives Arbeitsrecht Betriebsrat Anzahl freizustellender Betriebsratsmitglieder, Leiharbeitnehmer Leiharbeitnehmer sind bei der Feststellung der für die Anzahl freizustellender BR-Mitglieder maßgeblichen Belegschaftsstärke im Entleiherbetrieb nach 38 Abs. 1 BetrVG mitzuzählen, we sie zum regelm. Personalbestand des Betriebs gehören. Dies hat der Gesetzgeber mit 14 Abs. 2 S. 4 AÜG in der seit dem geltenden Fassung klargestellt. Für die Anzahl der idr. beschäftigten AN ist die normale Beschäftigtenzahl maßgeblich, die für den Betrieb im Allg. kezeichnend ist. Bei der Ermittlung der regelm. Beschäftigtenzahl sind künftige, aufgrund konkreter Unternehmerentscheidungen zu erwartende Entwicklungen nur da zu berücksichtigen, we sie unmittelbar bevorstehen. Künftige Änderungen, die nicht unmittelbar bevorstehen, köen erst später zu einer Anpassung der Zahl der Freizustellenden führen. (BAG v , 7 ABR 51/15) Betriebsteil, räumlich weite Entfernung vom Hauptbetrieb Nach 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BetrVG gelten Betriebsteile als selbständige Betriebe, we sie die Voraussetzungen des 1 Abs. 1 S. 1 BetrVG erfüllen und räumlich weit vom Hauptbetrieb entfernt sind. Von einer räumlich weiten Entfernung isv. 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BetrVG ist auszugehen, we wegen dieser Entfernung die persönliche Kontaktaufnahme zwischen dem BR im Hauptbetrieb und den AN im Betriebsteil so erschwert ist, dass eine ordnungsgemäße Betreuung der Belegschaft des Betriebsteils durch einen beim Hauptbetrieb ansässigen BR nicht mehr gewährleistet ist. Die maßgebliche Erreichbarkeit des BR für die AuR 12 n

42 Rechtsprechung Leitsätze der Redaktion mit Volltextzugang AN und die Erreichbarkeit der AN für den BR ist nicht allein nach Entfernungskilometern zu beurteilen. Vielmehr ist eine Gesamtwürdigung aller für die Erreichbarkeit des Hauptbetriebs in Betracht kommenden Umstände vorzunehmen. Bei der Ermittlung der für die räumliche Entfernung maßgeblichen Wegezeiten ist auf die regelm. Verkehrsverhältnisse abzustellen. (BAG v , 7 ABR 21/15) Gebührenrechnung, Rechnungsstellung an BR Ein Freistellungsanspruch des BR gegenüber dem AG setzt voraus, dass der BR von seinem Gläubiger in Anspruch genommen worden ist. Dies erfordert eine Rechnungsstellung an den BR. Eine Übersendung der Rechnung an den AG reicht nicht aus. (HessLAG v , 16 TaBV 238/16, NZB 7 ABN 52/17) JAV Angebot alternativer Weiterbeschäftigungsmöglichkeit Der AG ist verpflichtet, dem JAV-Vertreter, der rechtzeitig das Übernahmeverlangen nach 78 a Abs. 2 S. 1 BetrVG gestellt hat, eine andere als die erlernte Beschäftigung anzubieten, we eine Übernahme im Ausbildungsberuf aus den Gründen des 78 a Abs. 4 BetrVG nicht möglich ist und für eine Tätigkeit außerhalb des Ausbildungsberufs ein Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Dies gilt auch, we der AG die schriftliche Mitteilung gem. 78 a Abs. 1 BetrVG mit dem Hinweis auf eine alternative Beschäftigungsmöglichkeit unterlassen hat. (LAG Hamm v , 7 Sa 1191/16) Mitbestimmung Nachteilsausgleich, Betriebsstilllegung Nach 113 Abs. 3 ivm. Abs. 1 BetrVG ka ein AN vom UN die Zahlung einer Abfindung verlangen, we der UN eine geplante Betriebsänderung nach 111 BetrVG durchführt, ohne über sie einen Interessenausgleich mit dem BR versucht zu haben, und infolge der Maßnahme AN entlassen werden oder andere wirtschaftliche Nachteile erleiden. Die Unterrichtungs- und Beratungspflicht des 111 S. 1 BetrVG knüpft an greifbare Planungen über eine Betriebsänderung an und setzt eine hinreichend bestimmte, in Einzelheiten bereits absehbare Maßnahme voraus, deren Durchführung der UN konkret anstrebt. Die Unterrichtungs- und Beratungspflicht über eine betriebsbezogene Betriebsänderung besteht gegenüber dem örtlichen BR. Für eine betriebsübergreifende Betriebsänderung ist der GBR zuständig. Ob eine originäre Zuständigkeit des KBR nach 58 Abs. 1 S. 1 BetrVG im Zusammenhang mit einer Betriebsänderung in Form einer Betriebsschließung eröffnet sein ka, bleibt offen. Eine Betriebsänderung in Form der Stilllegung besteht in der Aufgabe des Betriebszwecks unter gleichzeitiger Auflösung der Betriebsorganisation für unbestimmte, nicht nur vorübergehende Zeit. Ihre Umsetzung erfolgt, sobald der UN unumkehrbare Maßnahmen zur Auflösung der betrieblichen Organisation ergreift. (BAG v , 1 AZR 546/15) Personalplanung, Unterrichtungsanspruch Der erstmals im Beschwerdeverfahren beteiligte GBR ka Sachanträge, mit denen er eigene Unterrichtungsansprüche geltend macht, stellen. Die Bildung von Soll-Entgeltgruppendurchschnitten durch den AG ka Personalplanung isd. 92 Abs. 1 BetrVG sein. Der Unterrichtungsanspruch isd. 92 Abs. 1 S. 1 BetrVG umfasst auch die Zurverfügungstellung der erforderlichen Unterlagen. Für die auf den Betrieb beschränkte Personalplanung ist nach dem Grundsatz der Zuständigkeitstreung der BR und nicht der GBR zuständig. (LAG Baden-Württemberg v , 2 TaBV 5/16, Rechtsbeschw. 1 ABR 43/17) Unternehmensmitbestimmung, Wahlanfechtung, Aufsichtsrat Die originäre Zuständigkeit des GBR nach 50 Abs. 1 S. 1 BetrVG bezieht sich auf die Behandlung einer Angelegenheit. Betreffen Regelungsmaterien unterschiedliche Mitbestimmungstatbestände, folgt aus der Zuständigkeit des GBR für die eine Angelegenheit keine solche für die andere. (BAG v , 1 ABR 59/15) Wirtschaftsausschuss, Informationen in elektronischer Form, Einigungsstelle Sind die vom Wirtschaftsausschuss (WA) gewünschten Berichte vom Umfang her so überschaubar, dass dessen Informationsanspruch durch die Überlassung dieser Berichte in Papierform problemlos erfüllt werden ka, ist der AG nicht verpflichtet, dem WA oder dessen Mitgliedern diese Informationen in elektronischer Form zur Verfügung zu stellen. Es ka dahingestellt bleiben, ob die Einigungsstelle insoweit eine generelle, dauerhafte Regelung bzgl. der Unterrichtung des WA treffen darf. (LAG Köln v , 9 TaBV 17/16, Rechtsbeschw. 1 ABR 37/17) Tarifrecht Gewerkschaftlicher Unterlassungsanspruch, Nachwirkungszeitraum Der gewerkschaftliche Anspruch auf Unterlassung tarifwidriger Regelungsabreden und deren einzelvertragliche Umsetzung nach 1004 Abs. 1, 823 Abs. 1 BGB ivm. Art. 9 Abs. 3 GG erfordert eine unmittelbare und zwingende Bindung des in Anspruch genommenen AG nach 3 Abs. 1 oder Abs. 3 TVG an die maßgebenden Tarifbestimmungen. Nach Beendigung der Tarifgebundenheit ka das Recht auf koalitionsgemäße Betätigung durch vom TV abweichende betriebliche Regelungen als Voraussetzung eines negatorischen Unterlassungsanspruchs nicht mehr beeinträchtigt werden. (BAG v , 1 ABR 32/15) Warnstreik, Sozialtarifvertrag, Friedenspflicht Soweit ein Warnstreik auf Abschluss eines Sozial-TV gerichtet ist, in dem es um Abfindung, Entgeltsicherung bei Versetzung und Ausgliederung sowie um Qualifizierungsangebote in einer Transfergesellschaft gehen soll, wird ein rechtmäßig tarifvertraglich regelbares Ziel verfolgt. Die ges., dem TV immanente relative Friedenspflicht verbietet den Tarifvertragsparteien nur, einen bestehenden TV inhaltlich dadurch in Frage zu stellen, dass sie Änderungen oder Verbesserungen der vertraglich geregelten Gegenstände mit Mitteln des Arbeitskampfes erreichen wollen (BAG , 1 AZR 404/88). Setzt sie sich mit ihren Forderungen mit dem bestehenden TV nicht in Widerspruch, liegt ein Verstoß gegen die Friedenspflicht nicht vor. Das Gleiche gilt, we die der Friedenspflicht unterliegenden Regelungen zu bestimmten Sachthemen nicht abschließend sind, sondern erkebar offengelassen worden sind AuR 12 n 2017

43 Leitsätze der Redaktion mit Volltextzugang Rechtsprechung (ArbG Gelsenkirchen v , 1 Ga 16/17; zu einem schon einmal gescheiterten Unterlassungsantrag der Antragstellerin s. Verfahren LAG Hamm , 12 Ta 373/17, AuR 2017, 410 m. Anm. Kreuz, AuR 2017, 412) 3. Verfahrensrecht Frist Ausschlussfrist, AGG Die in 15 Abs. 4 AGG bestimmte Ausschlussfrist ist - auch in ihrer Kombination mit der für den Entschädigungsanspruch nach 15 Abs. 2 AGG maßgeblichen Klagefrist des 61b ArbGG - mit den Vorgaben des Unionsrechts vereinbar. Sie wahrt sowohl den unionsrechtlichen Grundsatz der Äquivalenz als auch den der Effektivität. 15 Abs. 4 AGG verstößt auch nicht gegen das in Art. 8 Abs. 2 der RL 2000/78/EG bestimmte Verbot der Absenkung des von den Mitgliedstaaten bereits garantierten allg. Schutzniveaus. In den Fällen, in denen das Schadensersatz- und/oder Entschädigungsverlangen auf eine verbotene Benachteiligung nach dem AGG in Form der Belästigung isv. 3 Abs. 3 AGG gestützt wird, begit die Frist des 15 Abs. 4 AGG wegen des typischerweise prozesshaften Charakters der Belästigung mit dem Abschluss des letzten von der klagenden Partei geschilderten Vorfalls zu laufen. (BAG v , 8 AZR 74/16) Gegenstandswert Eingruppierung mehrerer Mitarbeiter Die Festsetzung des Gegenstandswertes eines die Eingruppierung von Mitarbeitern betreffenden Zustimmungsersetzungsverfahrens hat gem. 23, 33 RVG verfahrensbezogen zu erfolgen. Werden von den Beteiligten mehrere Zustimmungsersetzungsverfahren parallel geführt, scheidet eine verfahrensübergreifende Berechnung der Gesamtzahl der betroffenen Mitarbeiter i.r.d. Ziffer II Nr des Streitwertkatalogs aus. Dies zumal da, we die parallel geführten Verfahren unterschiedliche Tätigkeitsmerkmale und Zustimmungsverweigerungsgründe zum Gegenstand haben. (LAG Nürnberg v , 4 Ta 135/17) Gesetzlicher Richter Einzelrichter beim LSG Im sozialgerichtlichen Beschwerdeverfahren ka der Senats- vorsitzende des LSG in dringenden Fällen auch in Verfahren über Erlass einer einstweiligen Anordnung ohne die weiteren Senatsmitglieder entscheiden ( 155 Abs. 2 S. 2 SGG). Das Vorliegen der Dringlichkeit muss da offenkundig sein und im Beschluss dargelegt und begründet werden. Dabei sind an die Dringlichkeit, die eine Beteiligung der weiteren Senatsmitglieder oder ihrer Vertreter ausschließt, besonders hohe Anforderungen zu stellen. Nur in einer engen und zurückhaltenden Anwendung als Ausnahmevorschrift ist gewährleistet, dass das Gericht dem Verfassungsgebot, dass niemand seinem ges. Richter entzogen werden darf (Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG), gerecht wird. (BVerfG v , 1 BvR 1510/17) Klageweg Betriebsstilllegung Der begründete Einwand der Neumasseunzulänglichkeit führt zu Einschränkungen bei einer im Wege der Zahlungsklage verfolgten Forderung des Neumassegläubigers. Die Leistungsklage ist mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzul., we der Neumassegläubiger aus der freien Masse nicht befriedigt werden ka, ohne dass daneben die Kosten des Insolvenzverfahrens gedeckt sind, oder we die zu erwirtschaftende Insolvenzmasse nicht ausreicht, um alle Neumassegläubiger voll zu befriedigen. In diesen Fällen ist der Anspruch im Weg der Feststellungsklage zu verfolgen. (BAG v , 1 AZR 546/15) Nichtzulassungsbeschwerde Grundsätzliche Bedeutung, Klärungsbedürftigkeit Die Zulassung der Revision wegen grds. Bedeutung gem. 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG setzt die Klärungsbedürftigkeit einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage voraus. Die Klärungsbedürftigkeit fehlt nicht nur, we die Rechtsfrage vom BAG, sondern auch da, we sie von einem anderen obersten GH des Bundes bereits entschieden ist, es sei de, dass sie wieder klärungsbedürftig wird, weil gegen diese Entscheidung in Rspr. oder Schrifttum gewichtige Gesichtspunkte vorgebracht werden. (BAG v , 10 AZN 533/17) Prozessfähigkeit Querulantenwahn Von ausgeprägtem Querulantenwahn ka ausgegangen werden, we die Vorstellungen eines Kl. von einer eindeutigen Beeinträchtigung eigener Rechte sich weiter intensivieren und Zweifel an der Rechtmäßigkeit der eigenen Position nicht mehr zugelassen werden, absolute Uneinsichtigkeit und Selbstgerechtigkeit sich mit einer Ausweitung des Kampfes vom ursprünglichen Gegner auf andere Menschen und Instanzen verbindet und ein Kl. nicht mehr in der Lage ist, die verfahrensmäßige Behandlung seiner Ansprüche durch die Gerichte nachzuvollziehen (vgl. OLG Saarbrücken , 5 W 9/97; BGH , III ZR 306/98). Für einen Ausschluss der Steuerungsfähigkeit ka sprechen, dass ein Kl. eine große Zahl aussichtsloser Verfahren wegen angeblicher Diskriminierung führt und damit Gerichts- und Anwaltskosten gegen sich in einer Höhe verursacht, die seine wirtschaftliche Existenz auf Dauer erheblich bedrohen. Bestehen erhebliche Zweifel an der Prozessfähigkeit, hat die fehlende Bereitschaft zur Mitwirkung an der Feststellung der Prozessfähigkeit zur Folge, dass nach Beweislast zu entscheiden und von Prozessunfähigkeit auszugehen ist (BAG , 2 AZR 733/98, AuR 2000, 198). (LAG Hamburg v , 3 Sa 50/16, anhängig BAG unter 8 AZA 83/17) Prozesskostenhilfe Klageentwurf Ein Antrag auf Gewährung von PKH nebst Klageentwurf für die beabsichtigte Klage wegen Benachteiligung wahrt nicht die Klagefrist des 61 b ArbGG. (LAG Nürnberg v , 6 Ta 20/17) AuR 12 n

44 Rechtsprechung Leitsätze der Redaktion mit Volltextzugang Staatenimmunität Internationale Zuständigkeit Nach 20 Abs. 2 GVG ivm. dem Allg. Völkergewohnheitsrecht als Bestandteil des Bundesrechts (Art. 25 GG) sind Staaten und die für sie handelnden Organe der Gerichtsbarkeit anderer Staaten nicht unterworfen, soweit ihre hoheitliche Tätigkeit betroffen ist. Demgegenüber besteht keine allg. Regel des Völkerrechts, die die inländische Gerichtsbarkeit für Klagen gegen einen ausl. Staat ausschlösse, in denen seine nicht-hoheitliche Betätigung zur Beurteilung steht. Für die Einordnung arbeitsrechtlicher Streitigkeiten ist vorbehaltlich einer besonderen Regelung maßgebend, ob die dem AN übertragenen Aufgaben ihrer Art nach hoheitlich oder nicht-hoheitlich sind. Dies wiederum richtet sich nicht nach der Form der Rechtsbeziehung als entweder privatrechtlicher Vertrag oder öff.-rechtliches Dienstverhältnis. Vielmehr kommt es auf den Inhalt der ausgeübten Tätigkeit und deren funktionalen Zusammenhang mit diplomatischen und konsularischen Aufgaben an. Es ist allg. anerkat, dass ein Staat darauf verzichten ka, sich auf seine Immunität zu berufen. Die Aahme eines Immunitätsverzichts unterliegt allerdings strengen Anforderungen. Da eine so weitgehende Selbstentäußerung des ausländischen Staates im Zweifel nicht zu vermuten ist, dürfen die Umstände des Falles hinsichtlich des Vorliegens und der Reichweite eines Verzichts keinen Zweifel lassen. Dass die Parteien für ihr Arbeitsverhältnis die Anwendung dt. Rechts vereinbart haben, bedeutet für sich genommen keinen Verzicht auf die Staatenimmunität. Demgegenüber ist es denkbar, ihn in einer Regelung»miterklärt«zu sehen, die zunächst nur die internationale Zuständigkeit der Gerichte des Beschäftigungsstaates bestimmt. Ein solch konkludenter Immunitätsverzicht lässt sich da nicht zweifelsfrei feststellen, we die internationale Zuständigkeit der Gerichte am Ort der Beschäftigung keine ausschließliche ist und die Zuständigkeitsregelung nicht ausschließlich die Arbeitsverhältnisse von Mitarbeitern regelt, denen typischerweise konsularische oder sonstwie hoheitliche Aufgaben übertragen werden. (BAG v , 2 AZR 759/16) Revision Befristung, Institutioneller Rechtsmissbrauch Die Prüfung, ob eine durch einen Sachgrund nach 14 Abs. 1 TzBfG gerechtfertigte Befristung eines Arbeitsvertrags nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs unwirksam ist, obliegt in erster Linie den Gerichten der Tatsacheninstanz. Deren Würdigung ist revisionsrechtlich nur eingeschränkt darauf überprüfbar, ob das Gericht von den zutreffenden Voraussetzungen des institutionellen Rechtsmissbrauchs ausgegangen ist, ob es alle erheblichen Gesichtspunkte widerspruchsfrei berücksichtigt hat und ob die Bewertung dieser Gesichtspunkte von den getroffenen tatsächlichen Feststellungen getragen wird. (BAG v , 7 AZR 420/15) 4. Vollstreckungsrecht Zwangsvollstreckung Pfändbarkeit von Zulagen Zulagen für Sotags-, Feiertags- und Nachtarbeit sind Erschwerniszulagen isv. 850a Nr. 3 ZPO und damit im Rahmen des Üblichen unpfändbar. Zulagen für Schicht-, Samstags- oder sog. Vorfestarbeit sind dagegen der Pfändung nicht entzogen. Hinsichtlich der Frage, in welchem Umfang und welcher Höhe Zuschläge für Sotags-, Feiertags- und Nachtarbeit als»üblich«und damit unpfändbar isv. 850a Nr. 3 ZPO anzusehen sind, ka an die Regelung in 3b EStG angeknüpft werden. (BAG v , 10 AZR 859/16) Vergleich, unbestimmt, Aahmeverzugslohn Enthält ein gerichtlicher Vergleich, der den AG verpflichtet, den Aahmeverzugslohn für einen bestimmten Zeitraum abzurechnen, zwar die Höhe des abzurechnenden Gehalts, aber keinen Hinweis darauf, ob anderweitiger Verdienst anzurechnen sei, ist der Vergleich insoweit unbestimmt. Der Abrechnungsanspruch ka nicht im Wege der Zwangsvollstreckung durchgesetzt werden. (LAG Nürnberg v , 7 Ta 28/17) Zeugnis, vereinbarter Inhalt Verständigen sich Gläubiger und Schuldner im Erketnisverfahren auf die Erteilung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses mit genau festgelegtem Wortlaut, ist dieser Anspruch erst erfüllt, we ein Arbeitszeugnis erteilt worden ist, das genau dem vereinbarten Wortlaut entspricht. Das ist nicht der Fall, we in einem Absatz der Schuldner das Tempus des Textes vom Präsens in Imperfekt verändert. (LAG Kiel v , 1 Ta 78/17) 5. Sozialrecht Arbeitslosenversicherung Angemessene Kosten der Unterkunft und Heizung Art. 1 Abs. 1 ivm. Art. 20 Abs. 1 GG gewährleistet das gesamte menschenwürdige Existenzminimum, zu dessen Sicherung auch die Bedarfe für Unterkunft und Heizung zu decken sind. Das GG gibt keinen exakt bezifferten Anspruch auf Sozialleistungen vor. Die Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums muss durch ein Gesetz gesichert sein, das einen konkreten Leistungsanspruch enthält. Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber keinen Anspruch auf unbegrenzte Übernahme der Kosten für Unterkunft und Heizung normiert hat. Der Gesetzgeber durfte den unbestimmten Rechtsbegriff der Angemessenheit verwenden, um die Kostenübernahme für Unterkunft und Heizung zu begrenzen. Was als»angemessen«zu verstehen ist, lässt sich durch Auslegung und insbes. unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte und der weiteren Regelungen des SGB ausreichend bestimmen. Danach ist der konkrete Bedarf der Leistungsberechtigten einzelfallbezogen zu ermitteln. Dabei gehen die Fachgerichte davon aus, dass anhand der im unteren Preissegment für vergleichbare Wohnungen am Wohnort der Leistungsberechtigten marktüblichen Wohnungsmieten ermittelt werden ka, welche Kosten konkret angemessen sind und übernommen werden müssen. (BVerfG v , 1 BvR 617/14) 6. Steuerrecht Kindergeld Volljähriges Kind, Berufsausbildung, Sprachketnisse Für ein volljähriges Kind besteht nach 62 Abs. 1, 63 Abs. 1 S. 2 ivm. 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG unter weiteren [hier nicht str.] Voraussetzungen Anspruch auf Kindergeld, we es für einen Beruf ausge AuR 12 n 2017

45 Kurzmitteilungen Rechtsprechung bildet wird. Nicht jeder Auslandsaufenthalt ka als Berufsausbildung anerkat werden, auch we sich dadurch die Ketnisse der jeweiligen Landessprache verbessern. Sprachaufenthalte im Ausland köen unter besonderen Umständen als Berufsausbildung anerkat werden. Dies gilt insbes., we der Erwerb der Fremdsprachenketnisse auch der Vorbereitung auf einen für die Zulassung zum Studium erforderlichen Fremdsprachentest dient und dieser nicht dem ausbildungswilligen Kind allein überlassen bleibt, sondern Ausbildungsinhalt und -ziel vorgegeben werden. Ausreichend ka insoweit auch ein allgemeinbildender fortlaufender theoretisch-systematischer Unterricht in englischer Sprache sein. (BFH v , III R 3/16) Kurzmitteilungen Festsetzung Mindestkörpergröße als Frauendiskriminierung Eine griech. Bestimmung sah im Rahmen des Auswahlverfahrens für die Zulassung zur Polizeischule vor, dass alle Bewerber unabhängig von ihrem Geschlecht mind. 1,70 m groß sein müssen. Der Bewerberin Maria-Eleni Kalliri wurde die Zulassung zum Auswahlverfahren verweigert, da sie die vorgeschriebene Größe nicht erreichte. Frau K sah in der Ablehnung eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes. Nachdem sie erstinstanzlich erfolgreich war, legte der Symvoulio tis Epikrateias (Staatsrat, Griechenland) dem EuGH die Frage vor, ob die nat. Regelung gegen Unionsrecht, vor allem die Gleichbehandlungs-RL, verstoße. Nach Auffassung des Gerichtshofes stellt die Festsetzung einer Mindestkörpergröße für alle Bewerber zwar eine mittelbare Diskriminierung weiblicher Bewerber dar, da sehr viel mehr Frauen als Mäer die Mindestkörpergröße nicht erreichen. Die Regelung köte deoch unter 2 Voraussetzungen zulässig sein: zum einen muss sie durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt sein, etwa Einsatzbereitschaft und ordnungsgemäßes Funktionieren der Polizei zu gewährleisten; zum anderen müssen die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sein. Der EuGH betont, dass nur bestimmte Tätigkeiten der Polizei die Anwendung körperlicher Gewalt und damit besondere körperliche Fähigkeiten erfordern. Dies sei für andere Polizeiaufgaben wie etwa Verkehrsregelungen nicht der Fall. Aber sogar da, we alle von der Polizei ausgeübten Tätigkeiten eine besondere körperliche Eignung erforderlich machten, bedeute dies nicht, dass die Eignung auch eine Mindestkörpergröße voraussetze. Das Ziel, Polizeiaufgaben wirksam zu erfüllen, köte auch durch Frauen weniger benachteiligende Maßnahmen erreicht werden, wie eine Vorauswahl der Bewerber, bei der deren körperliche Fähigkeiten überprüft werden. (EuGH v , C-409/16) Anmerkung: Mit dieser Entscheidung bereichert der EuGH die kontrovers geführte verwaltungsgerichtliche Debatte um Mindestkörpergrößen im dt. Polizeidienst. Zum einen wird deutlich, dass für die Zulässigkeit von Mindestkörpergrößen nach den jeweiligen Polizeiaufgaben zu differenzieren ist. Dies spricht dafür, jedenfalls Mindestgrößen für den höheren Polizeidienst wegen fehlender Rechtfertigung auszuschließen (so auch VG Schleswig v , 12 A , AuR 2015, 204). Der Hinweis des EuGH auf polizeiliche Aufgaben im Straßenverkehr, die keine besonderen körperlichen Fähigkeiten erfordern, ist mit dem dt. Verständnis eines einheitlichen Polizeivollzugsdienstes, bei dem nicht nach konkreten Aufgaben differenziert wird, nicht vereinbar. Auch ohne Einzelfallprüfung ist nach Auffassung des Gerichtshofs jedenfalls eine gesonderte sachliche Rechtfertigung dafür erforderlich, dass besondere körperliche Fähigkeiten auch eine Mindestkörpergröße einschließen. Vom Erfordernis dieses Eignungskriteriums geht die überwiegende verwaltungsgerichtliche Rspr. aus (OVG Münster , 6 A 916/16; HessVGH , 1 B ; OVG Berlin-Brandenburg , OVG 4 S 48.16, VG Berlin , 5 K , mit krit. Anm. Müller-Weer, AuR 2017, 370). So hat etwa das OVG Münster angenommen, dass im Rahmen des dem Land NRW zustehenden Einschätzungsspielraums die Festlegung einer Mindestkörpergröße von 163 cm zulässig sei, um eine störungsfreie Aufgabenwahrnehmung im Polizeivollzugsdienst zu gewährleisten (OVG Münster, aao.). In der verwaltungsgerichtlichen Rspr. bestehen unterschiedliche Rechtsansichten in Bezug auf die Zulässigkeit unterschiedlicher Mindestkörpergrößen für weibliche und mäliche Bewerber. Teilweise wird vertreten, dass eine derartige Differenzierung mit dem Bestenauslesegrundsatz gem. Art. 33 Abs. 2 GG grds. nicht vereinbar ist (OVG Münster, aao., Rn. 90), jedenfalls aber eine solche Regelung eines parl. Gesetzes bedarf (OVG Münster, aao.; VG Düsseldorf , 2 K 7427/17, AuR 2017, 426; a. A. VG Berlin , 5 K ). Der EuGH hatte über eine griech. Regelung zu entscheiden, die eine einheitliche Mindestkörpergröße vorsah. Er hat darin zwar eine mittelbare Frauendiskriminierung gesehen, nicht aber ausgeschlossen, dass sie durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt sein ka. Dem ist zu entnehmen, dass für den Fall, dass tatsächlich eine bestimmte Mindestkörpergröße für die Funktionsfähigkeit des Polizeidienstes erforderlich ist, eine Frauen mittelbar benachteiligende einheitliche, für alle Bewerber geltende, Mindestkörpergröße nicht von vorneherein unionswidrig ist. Dorothee Müller-Weer Wöchentliche Ruhezeit im Siebentageszeitraum Die wöchentliche Ruhezeit für AN muss nicht notwendigerweise an dem auf 6 aufeinanderfolgende Arbeitstage folgenden Tag gewährt werden. Sie ka an einem beliebigen Tag ierhalb jedes 7-Tageszeitraums gewährt werden. Herr António Fernando Maio Marques da Rosa war bei der Gesellschaft Varzim Sol Turismo, Jogo e Animação beschäftigt. 2008/2009 arbeitete M manchmal an 7 aufeinanderfolgenden Tagen. Nach Beendigung seines Arbeitsvertrags erhob er Klage gegen Varzim Sol zwecks Feststellung, dass die Gesellschaft ihm Pflichtruhetage nicht gewährt habe. Er forderte Entschädigung entspr. der Vergütung für geleistete Überstunden. Nach der Arbeitszeit-RL 2003/88/EG hat jeder AN pro 7-Tageszeitraum Anspruch auf kontinuierliche Mindestruhezeit von 24 Std. + tgl. Ruhezeit von 11 Std. Das Tribunal da Relação do Porto (Berufungsgericht Porto) möchte wissen, ob die kontinuierliche Mindestruhezeit von 24 Std. spätestens an dem Tag gewährt werden muss, der auf einen Zeitraum von 6 aufeinanderfolgenden Arbeitstagen folgt. Der Gerichtshof meint, dass das Unionsrecht dies nicht fordere, sondern nur verlange, dass die wöchentliche Mindestruhezeit ierhalb jedes 7-Tageszeitraums gewährt werde. Die Wendung»pro 7-Tageszeitraum«enthalte keinerlei Verweisung auf das nationale Recht der Mitgliedstaaten (MS) und sei ein autonomer Begriff des Unionsrechts, der einheitlich ausgelegt werden müsse. Aus dem Text der RL selbst ergebe sich, dass die MS verpflichtet sind zu gewährleisten, dass jedem AN während eines 7-Tageszeitraum eine kontinuierliche Mindestruhezeit von 24 Std. (+ tägliche Ruhezeit von elf Std.) zur Verfügung steht, dass aber darin nicht festgelegt wird, zu welchem Zeitpunkt diese Mindestruhezeit zu gewähren ist. Der 7-Tageszeitraum köe als Bezugszeitraum angesehen werden, d. h. als fester Zeitraum, ierhalb dessen eine bestimmte Anzahl aufeinanderfolgender Ruhestunden zu gewähren ist, unabhängig vom Zeit- AuR 12 n

46 Rechtsprechung Kurzmitteilungen punkt, zu dem diese Ruhestunden gewährt werden. Die RL räume den MS in Bezug auf den Zeitpunkt der Mindestruhezeit Ermessen ein. (EuGH v , C-306/16, Maio Marques da Rosa / Varzim Sol Turismo, Jogo e Animação) Diskriminierung wegen Religion oder Weltanschauung Wird gegen religiöse Organisationen der Vorwurf rechtswidriger Diskriminierung wegen Religion oder Weltanschauung erhoben, unterliegen die von ihnen verlangten beruflichen Anforderungen gerichtlicher Überprüfung. Nat. Gerichte müssen das Recht der Organisation auf Autonomie und Selbstbestimmung gegen das Recht des AN oder Stellenbewerbers abwägen, nicht wegen Religion oder Weltanschauung diskriminiert zu werden. Frau Egenberger bewarb sich auf eine Stelle, die vom Ev. Werk für Diakonie und Entwicklung ausgeschrieben worden war, einem privatrechtlichen Hilfswerk der Ev. Kirche, das ausschließlich gemeiützige, mildtätige und religiöse Zwecke verfolgt. Der Aufgabenbereich umfasste einen Bericht über die Einhaltung des UN-Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung. Dazu gehörte öff. und fachliche Vertretung des Ev. Werks sowie Koordination des Meinungsbildungsprozesses im Verband. Nach der Stellenanzeige wurde die Mitgliedschaft in einer ev. oder einer der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland angehörenden Kirche vorausgesetzt. Frau E, die keiner Religionsgemeinschaft angehört, bekam die Stelle nicht. Sie klagt auf Entschädigung von ca wegen Diskriminierung aus Gründen der Religion. Das BAG möchte insbes. wissen, inwieweit berufliche Anforderungen, die von religiösen Organisationen gestellt werden, gerichtlich überprüft werden köen. GA Evgeni Tanchev weist darauf hin, dass die Gleichbehandlungsrahmen- RL 2000/78/EG v eine Sonderregel für besondere Umstände enthalte, unter denen religiöse Organisationen zu einer Ungleichbehandlung wegen Religion oder Weltanschauung berechtigt seien. Maßgebend sei, ob Religion oder Weltanschauung nach Art der Tätigkeiten oder den Umständen ihrer Ausübung angesichts des Ethos der Organisation eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung darstelle. Ein AG wie das Ev. Werk bzw. die Kirche köe dies nicht verbindlich selbst bestimmen. Zwar sei die gerichtliche Überprüfung des Ethos der Kirche begrenzt, doch sei das nat. Gericht der Verpflichtung nicht enthoben, die fraglichen Tätigkeiten zu würdigen, um zu klären, ob Religion oder Weltanschauung eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung darstelle. Die Mitgliedstaaten hätten einen weiten, aber keinen unbegrenzten Spielraum in Bezug darauf, bei welchen beruflichen Tätigkeiten nach Art oder Umständen ihrer Ausübung die Religion oder Weltanschauung als wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung anzusehen sei. Das Wort»gerechtfertigt«in der RL erfordere die Prüfung, ob berufliche Anforderungen, die mit einer unmittelbaren Diskriminierung aus Gründen der Religion oder Weltanschauung verbunden seien, zur Erreichung dieses Ziels geeignet seien. Die Worte»wesentliche, rechtmäßige«in der RL erforderten eine Analyse der Nähe der fraglichen Tätigkeiten zum Verkündigungsauftrag des Ev. Werks. Die Auswirkungen isd. Verhältnismäßigkeit auf das rechtmäßige Ziel, die praktische Wirksamkeit des Verbots der Diskriminierung aus Gründen der Religion oder Weltanschauung sicherzustellen, müssten gegen das Recht des Ev. Werks auf Autonomie und Selbstbestimmung abgewogen werden, wobei gebührend zu berücksichtigen sei, dass die RL nicht zwischen Einstellung und Entlassung unterscheide. Die Sache betreffe einen Rechtsstreit zwischen 2 privaten Parteien, was bedeute, dass nat. Gerichte alles tun müssten, um einschlägiges nationales Recht im Einklang mit der RL auszulegen. Sei dies dem nat. Gericht aufgrund eines klaren Konflikts zwischen RL und nat. Bestimmungen unmöglich, finde diese Verpflichtung keine Anwendung. Sollte das BAG zum Ergebnis gelangen, dass dt. Recht nicht im Einklang mit dem Verbot der Diskriminierung wegen der Weltanschauung ausgelegt werden köe, stünde Frau E nach Unionsrecht die Möglichkeit offen, gegen Deutschland Staatshaftungsklage zu erheben. Das in der EU-GRC zum Ausdruck kommende Verbot der Diskriminierung wegen Religion oder Weltanschauung sei kein subjektives Recht, das in einem Fall, in dem es in Widerstreit zum Recht religiöser Organisationen auf Autonomie und Selbstbestimmung stehe, horizontale Wirkung zwischen Privatpersonen entfalte. (GA Tanchev v , C-414/16, Egenberger / Ev. Werk für Diakonie und Entwicklung e. V.) Kein Wiedereinstellungsanspruch im Kleinbetrieb Nach Auffassung des BAG ka ein Wiedereinstellungsanspruch grds. nur AN zustehen, die Kündigungsschutz genießen. Der Kl. war seit 1987 in der Apotheke der vormaligen Bekl. zu 1. beschäftigt kündigte diese die Arbeitsverhältnisse aller Mitarbeiter zum Da es sich bei der Apotheke um einen Kleinbetrieb handelte, griff der Kl. die Kündigung nicht an. Mit verringerter Beschäftigtenzahl führte die bekl. AG die Apotheke über den hinaus weiter. Am übernahm die Apotheke die Bekl. (vormals Bekl. zu 2.). Grundlage hierfür war ein zwischen den Bekl. geschlossener Kaufvertrag v , nach dem die Bekl. zu 2. die Apotheke einschließl. des Warenlagers übernehmen sollte und sich zur Weiterbeschäftigung von 3 AN verpflichtete. Der Kl. verlangte von den Bekl. seine Wiedereinstellung. Das ArbG wies die Klage ab. Mit der Berufung griff der Kl. das Urteil nur insoweit an, als das ArbG seinen Wiedereinstellungsantrag gegen die vormalige Bekl. zu 2. abgewiesen hatte. Berufung und Rev. des Kl. waren erfolglos. Nach Auffassung des BAG ka im Kleinbetrieb nur ausnahmsweise ein Wiedereinstellungsanspruch gem. 242 BGB bestehen. Ob ein derartiger Ausnahmefall gegeben war, musste das BAG nicht entscheiden. De der Kl. hätte den Anspruch nur erfolgreich gegenüber seiner AG (vormaligen Bekl. zu 1.), die den Betrieb nach Ablauf der Kündigungsfrist zunächst weiter geführt hatte, geltend machen köen. Diese Klage war jedoch bereits rkr. abgewiesen worden. (BAG v , 8 AZR 845/15) Anmerkung: Voraussetzung eines Wiedereinstellungsanspruchs im Geltungsbereich des KSchG ist, dass der der konkreten Kündigung zugrunde zu legende Grund ausgeräumt ist (BAG , 7 AZR 621/06). Insoweit kommt es für den Anspruch auf die Gründe für die Kündigung an (DDZ/Zwanziger, Einl., Rn. 359). Die der Kündigung zugrunde liegende Prognose muss sich im Nachhinein als unzutreffend erweisen. Der Wiedereinstellungsanspruch ist ein Korrektiv, we sich die für die Kündigung maßgebenden Gründe entgegen der ursprünglichen Prognose nachträglich ändern (BAG , 2 AZR 160/96). Im Falle einer erst nach Ablauf der Kündigungsfrist entstehenden Weiterbeschäftigungsmöglichkeit soll der Weiterbeschäftigungsanspruch hingegen ausgeschlossen sein (BAG , 7 AZR 662/99; zust. DDZ/Zwanziger, aao., Rn. 361). Kommt es während des Laufs der Kündigungsfrist zu einem Betriebsübergang, geht das BAG davon aus, dass sich der Wiedereinstellungsanspruch gegen den Erwerber richtet (BAG , 8 AZR 201/07). Dies auch da, we der Betriebsübergang während des Laufs der Frist beschlossen, aber später vollzogen wird (BAG , 8 AZR 197/ 11, AuR 2012, 224). Der Anspruch soll aber zeitlich nicht unbegrenzt bestehen (DDZ/Zwanziger 613a BGB, Rn. 268, im Ergebnis zust. BAG , AP KSchG 1969, 1 Wiedereinstellung; einschränkend möglicherweise BAG , 8 AZR 198/03). Er muss unverzüglich geltend gemacht AuR 12 n 2017

47 Kurzmitteilungen Rechtsprechung werden. Die Frist begit erst mit Unterrichtung über die den Betriebsübergang ausmachenden tatsächlichen Umstände (BAG , 8 AZR 326/09, AuR 2011, 365). 613a Abs. 4 BGB ist anwendbar, we die Kündigung wegen eines Betriebsübergangs ausgesprochen wurde. Nach Ansicht der Vorinstanz hatte die Kl. keinen Wiedereinstellungsanspruch, weil es nach Ausspruch der Kündigung zu einem Betriebsübergang gekommen ist. Offen bleiben köe, ob die Übertragung der Apotheke bereits vor Ablauf der Kündigungsfrist am fest vereinbart war, obwohl der Kaufvertrag erst vom datiert war. De ein Wiedereinstellungsanspruch scheide im Kleinbetrieb grds. aus, und ein Unwirksamkeitsgrund nach 613a Abs. 4 BGB hätte mit einer fristgerecht eingereichten Kündigungsschutzklage geltend gemacht werden müssen (LAG Düsseldorf , 4 Sa 1288/14). Wie der PM zu entnehmen ist, hat nun auch das BAG den Wiedereinstellungsanspruch im Kleinbetrieb grds. ausgeschlossen. Schon vor dieser Entscheidung stand ein Teil der Instanzgerichte und der Lit. diesem Anspruch ablehnend gegenüber (LAG Hessen , 9 Sa 1077/99; LAG Hamm , 5(11) Sa 589/03). Eine 1 KSchG entspr. Schutznorm fehle im Kleinbetrieb. Es bedürfe keines Kündigungsgrundes und demnach auch keiner Prognose für die Wirksamkeit der Kündigung (LAG Düsseldorf , 4 Sa 1288/145, aao.). Ein dem KSchG entspr. Schutz sei nicht gegeben. Sofern für Kündigungen»sachliche Gründe«gefordert würden, gehe es nur um die Abgrenzung zur Willkür ( 242 BGB) und Diskriminierung ( 1 AGG). Ein wirklicher, bei Ablauf der Kündigungsfrist objektiv bestehender Grund müsse nicht gegeben sein (LAG Düsseldorf, a.a.o.). Dem wurde entgegengehalten, dass in Kleinbetrieben ( 23 KSchG) ein Wiedereinstellungsanspruch aus 242 BGB für langjährig Beschäftigte herzuleiten sei, etwa da, we der AG die unternehmerische Entscheidung revidiere, die zur Kündigung geführt habe (KR/Griebling/Rachor, 1 KSchG Rn. 731) oder außerhalb des KSchG Kündigungsgründe erforderlich seien (DDZ/Zwanziger, Einl., Rn. 360). Der PM ist zu entnehmen, dass das BAG es offenlassen kote, ob sich aus 242 BGB ein Wiedereinstellungsanspruch ergeben kote. Diesen hätte der Kl. nur erfolgreich gegenüber seiner AG geltend machen köen, die den Betrieb nach Ablauf der Kündigungsfrist zunächst weiter geführt hatte. Diese Klage war jedoch bereits durch das ArbG rkr. abgewiesen worden. Der Wortlaut in der PM, nach der der Wiedereinstellungsanspruch im Kleinbetrieb nur»im Einzelfall ausnahmsweise«aus 242 BGB gegeben sein ka, wird den Wertungen, die das BVerfG an die Verfassungskonformität der Kleinbetriebsklausel stellt, nicht gerecht. Das BVerfG hat in der Entscheidung v (1 BvL 15/97, AuR 1998, 207, m. Anm. Buschma) die Kleinbetriebsklausel nur deshalb als verfassungskonform angesehen, weil AN mit Rücksicht auf die zivilrechtlichen Generalklauseln nach 138, 242 BGB der Kündigung durch AG nicht schutzlos ausgeliefert seien (DDZ/Däubler, 242 BGB, Rn. 25). Sollte den 1 Abs. 1, 23 Abs. 1 S. 1 u. 3 KSchG ein Abstandsgebot in dem Sie zu entnehmen sein, dass der Normalkündigungsschutz nicht durch entspr. Interpretationen der zivilrechtlichen Generalklausel erreicht werden darf, sei damit nicht ausgeschlossen, dass im Kleinbetrieb ein»kündigungsschutz 2. Klasse«existiert und an die Kündigung inhaltliche Anforderungen zu stellen sind (DDZ/Däubler, 242 BGB, Rn. 24). Diese Anforderungen sind da auch auf den Wiedereinstellungsanspruch im Kleinbetrieb als Korrektiv der ursprünglichen Kündigungsentscheidung zu übertragen, der insoweit im Kleinbetrieb nicht nur»im Einzelfall ausnahmsweise«zu bejahen ist. Sofern da unter mehreren AN eine Auswahlentscheidung zu treffen ist, gebietet der verfassungsrechtliche Schutz des Arbeitsplatzes in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip ein gewisses Maß an sozialer Rücksichtnahme. Deshalb hätte von der Vorinstanz überprüft werden müssen, ob die Übertragung der Apotheke bereits vor Ablauf der Kündigungsfrist am fest vereinbart war, obwohl der Kaufvertrag erst vom datiert. Zudem hätte überprüft werden müssen, ob die Auswahlentscheidung das gewisse Maß an sozialer Rücksichtnahme hat walten lassen und ob die Prognoseentscheidung im Nachhinein als richtig einzustufen ist. Frank Siebens Insolvenzanfechtung bei Ratenzahlungsvereinbarung Der Bekl. war bis Fahrer bei dem späteren Insolvenzschuldner. Für die Zeit v standen ihm offene Lohnforderungen in Höhe von insg ,42 zu. Am verurteilte das ArbG Aachen den Insolvenzschuldner zur Zahlung des rückständigen Lohnes. Am erteilte der Bekl. Vollstreckungsauftrag. In Erfüllung einer zwischen der Gerichtsvollzieherin und dem Schuldner getroffenen Ratenzahlungsvereinbarung leistete der Schuldner an den Bekl. die letzten beiden Raten von insg 1.737,44 am u Auf Antrag v wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Insolvenzschuldners am eröffnet und der Kl. zum Insolvenzverwalter bestellt. Dieser hat die Zahlungen von 1.737,44 gem. 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO angefochten. Die Revision des Bekl. hatte keinen Erfolg. Zwar hatte der Bekl. Vollstreckungsauftrag vor der sog. kritischen Zeit, d.h. den letzten 3 Monaten vor Antrag auf Insolvenzeröffnung, gestellt. Nach Ansicht des 6. Senats des BAG handelt es sich deoch um eine inkongruente Deckung gem. 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO. Eine solche liegt regelmäßig vor, we in der kritischen Zeit Zahlungen im Wege der Zwangsvollstreckung durchgesetzt werden und der AG sie zur Abwendung der Zwangsvollstreckung erbringt. Auch bei Ratenzahlungsvereinbarung vor der kritischen Zeit musste der Schuldner damit rechnen, dass der Bekl. die Vereinbarung widerruft, we er die Raten nicht pünktlich zahlt. Er stand also unter fortwährendem Vollstreckungsdruck, so dass Ratenzahlungen, die in die kritische Zeit fallen, inkongruent sind und vom Kl. zurückgefordert werden köen. (BAG v , 6 AZR 58/16) Insolvenzanfechtung: Rückzahlung von Ausbildungsvergütung Der Kl. war v bei der späteren Insolvenzschuldnerin Azubi für den Beruf als Metallbauer. Die Ausbildungsvergütung betrug zuletzt 495,20 br. Wegen rückständiger Vergütungen schlossen der Kl. und die Schuldnerin einen Vergleich, in dem diese sich verpflichtete, dem Kl. noch insg n. zu zahlen. Die Schuldnerin zahlte erst im Dez u. Jan. 2013, nachdem ein vorläufiges Zahlungsverbot und ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss (PÜB) erlassen worden war. Am wurde über das Vermögen der Schuldnerin Insolvenz eröffnet und der Bekl. zum Insolvenzverwalter bestellt. Der Beschluss des Amtsgerichts net als Grundlage für die Eröffnung neben 2 Anträgen aus 2014 durch Finanzamt und Schuldnerin ausdrücklich auch einen weiteren Antrag der Dt. Rentenversicherung v Der Kl. hatte zunächst Feststellung beantragt, zur Rückzahlung nicht verpflichtet zu sein. Nachdem der Bekl. Widerklage auf Zahlung eines Betrages von 2.930,44 erhoben hatte, nahm der Kl. den Antrag zurück. Das LAG hat der Widerklage stattgegeben. Die Revision hatte keinen Erfolg. Die Zahlungen der Schuldnerin erfolgten nach dem Insolvenzantrag. Die titulierten Beträge waren auch nicht in der geschuldeten Weise erbracht, weil sie zur Abwendung einer unmittelbaren Zwangsvollstreckung, nämlich erst nach vorläufigem Zahlungsverbot und Erlass eines PÜB, geleistet wurden. Damit lag eine inkongruente Deckung gem. 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO vor. Maßgeblich ka auch auf den Insolvenzantrag v abgestellt werden, obwohl dieser mehr als 2 Jahre AuR 12 n

48 Rechtsprechung Kurzmitteilungen vor der Zahlung der rückständigen Ausbildungsvergütung gestellt worden war. De die ArbG sind als Prozessgerichte daran gebunden, dass das Insolvenzgericht im rkr. Eröffnungsbeschluss auch den Insolvenzantrag v als Eröffnungsgrundlage bestimmt hatte. Der Senat sieht auch weiterhin keinen Anlass, die Anfechtungssperre bei Druckzahlungen unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten zu begrenzen, da der AN bei Ausfall des verdienten Entgelts die zur Absicherung des Existenzminimums vorgesehenen geeigneten staatlichen Hilfen wie Grundsicherung und Insolvenzgeld in Anspruch nehmen ka. Daran hält der Senat auch für den Fall der Rückforderung einer Ausbildungsvergütung fest. (BAG v , 6 AZR 511/16) Anmerkung: Beide Entscheidungen zeigen die Härte, die für AN entsteht, werden sie mit Rückzahlungsforderungen des Insolvenzverwalters konfrontiert. Zum einen handelt es sich um Vergütungen für Arbeitsleistungen, die erbracht und für AN idr. Existenzgrundlage sind. Zum anderen machen vorl. Fälle deutlich, wie weitreichend das Anfechtungsrecht gesetzlich ausgestaltet ist und daher dringend einer den AN-Schutz berücksichtigenden Reform bedarf. Der 6. Senat weist in der Entscheidung v darauf hin, dass ein zunächst entspr. vorgesehener Gesetzentwurf nicht weiter verfolgt wurde (BT-Drs. 18/7054). Dieser enthielt in 131 Abs. 1 S. 2 InsO die Klarstellung, dass eine inkongruente Deckung nicht schon da vorliege, we die Sicherung oder Befriedigung durch Zwangsvollstreckung erwirkt oder zu deren Abwendung bewirkt wird. Der Gesetzgeber hat sich da aber gegen eine derartige Regelung entschieden (BT-Drs. 18/11199, S. 10 f.). Die Folgen, die aus einer den AN-Schutz unbeachtet lassenden Regelung entstehen, werden in beiden vorl. Entscheidungen besonders deutlich. AN müssen danach sogar noch Jahre nach erfolgter Zahlung mit einer überraschenden Insolvenz ihres ehemaligen AG und daraus resultierenden Rückzahlungsforderungen rechnen. Im ersten Fall lagen Zwangsvollstreckung und Ratenzahlungsvereinbarung ca. 10 Monate vor Insolvenzeröffnung, also weit vor der kritischen Zeit des 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO. Der 2. Fall ist noch erheblich krasser, da maßgeblich auf einen Insolvenzantrag abgestellt wird, der mehr als 2 Jahre vor Zahlung der titulierten und unter dem Druck von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen geleisteten Ausbildungsvergütung erlassen worden war. Es war allein maßgeblich, dass die Zahlung nach Stellung des maßgeblichen Insolvenzantrags erfolgt war. Auf Ketnis des AN hiervon kam es nicht an. Auch der Umstand, dass der entscheidende Antrag bereits 4 Jahre zurücklag, war unerheblich. Gem. 139 Abs. 2 S. 1 InsO ist der erste zulässige und begründete Antrag entscheidend. Da er nicht abgewiesen worden war, stellte er immer noch die Grundlage für den Eröffnungsbeschluss dar. Er ist gem. 139 Abs. 2 InsO zeitlich auch nicht begrenzt. Letztlich bedeutet das, dass ein AN, der titulierte Forderungen gegenüber seinem AG im Wege der Zwangsvollstreckung durchsetzt, zeitlich unbegrenzt damit rechnen muss, dass aus einer späteren Insolvenz Rückforderungsansprüche entstehen köen. Fatal ist dies vor allem deshalb, weil so auch das BAG regelmäßig davon ausgegangen wird, dass AN durch Insolvenzgeld abgesichert sind. Der Antrag auf Insolvenzgeld ist jedoch fristgebunden (2 Monate nach Insolvenzeröffnung gem. 324 Abs. 3 S. 1 SGB III). Ein AN, der fehlende Vergütungen im Wege der Zwangsvollstreckung erhält, hat zum einen idr. keinen Anlass, Insolvenzgeld zu beantragen, we er keine Ketnis von einem bereits gestellten Insolvenzantrag hat und Zahlungen erhält. Zum anderen ist dem Insolvenzgeldantrag die Grundlage entzogen, sobald bei vorsorglich beantragtem Insolvenzgeld Zahlungen durch den AG geleistet worden sind. In Anbetracht des Anfechtungsrisikos müsste AN jedoch empfohlen werden, Insolvenzgeld bereits immer da zu stellen, we Zahlungsverzug besteht, spätestens bei erforderlich werdenden Zwangsvollstreckungsmaßnahmen. Weiterhin sollten AN den Insolvenzgeldantrag auch da aufrechterhalten, we rückständige Vergütungen gezahlt werden, da auch Jahre später noch Rückzahlungsforderungen des Insolvenzverwalters begründet sein köen. Ist da aber der fristgebundene Insolvenzgeldantrag zurückgenommen, köte ein erneuter Antrag als verspätet zurückgewiesen werden. Hat der AN dagegen eine abweisende Entscheidung der Agentur für Arbeit erhalten, verbleibt ihm immerhin noch die Möglichkeit, gem. 44 SGB X die Rücknahme des inzwischen unanfechtbar gewordenen Verwaltungsakts zu verlangen, we er gegenüber dem Insolvenzverwalter zur Rückzahlung des erhaltenen Arbeitsentgelts verpflichtet wird. Jedenfalls aber sollte ein AN, der vom Insolvenzverwalter ein Anfechtungsschreiben erhält, spätestens da reagieren und ierhalb von 2 Monaten nach Erhalt dieses Schreibens Insolvenzgeld gem. 324 Abs. 3 S. 2 SGB III beantragen (vgl. LSG NRW , L 9 AL 70/14). Dorothee Müller-Weer Kündigungsfrist von 3 Jahren in AGB benachteiligt AN unangemessen Der bekl. AN war seit 12/2009 Speditionskaufma der kl. AG in Leipzig bei einer Arbeitszeit von 45 Std./Wo bei einem Gehalt von br trafen die Parteien eine Zusatzvereinbarung, wonach die Kündigungsfrist für beide Seiten auf 3 Jahre zum Monatsende verlängert und das Bruttogehalt/Mo auf bzw (ab einem Reinerlös von /Mo) angehoben wurde. Bis sollte der Verdienst nicht steigen und im Falle einer späteren Neufestsetzung wiederum 2 Jahre unverändert bleiben. Der Bekl. sowie 5 weitere AN kündigten ihr Arbeitsverhältnis am zum , nachdem ein Mitarbeiter festgestellt hatte, dass die Kl. auf den Computern der Niederlassung zum Zwecke der Überwachung des Arbeitsverhaltens der AN geeignete Software installiert hatte. Die Kl. verlangt Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis bis zum fortbesteht. Die Revision der Kl. war nicht erfolgreich. Die Zusatzvereinbarung enthält eine von der Kl. vorformulierte verlängerte Kündigungsfrist, die den Bekl. entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Sie ist deshalb gem. 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam. Die Kündigungsfrist hält zwar die Grenzen des 622 Abs. 6 BGB bzw. 15 Abs. 4 TzBfG ein, sieht aber eine von der gesetzlichen Regelfrist des 622 Abs. 1 BGB erhebliche Abweichung vor. Ob die verlängerte Kündigungsfrist eine unangemessene Beschränkung der beruflichen Bewegungsfreiheit darstellt, ist nach Abwägung aller Umstände des Einzelfalls unter Beachtung von Art. 12 Abs. 1 GG zu prüfen. Die Vorinstanz, das LAG Sachsen, hatte angenommen, dass die Interessen der Kl. die Länge der Kündigungsfrist nicht rechtfertigen. Weder seien qualifizierte Speditionskaufleute nur bei einer 3-jährigen Kündigungsfrist auf dem Arbeitsmarkt zu erlangen oder einzuarbeiten, noch bestünden besondere Kundenbindung oder Spezialketnisse oder stelle die Höhe des Gehalts des Bekl. einen die Kündigungsfrist ausgleichende angemessene Kompensation dar. Nach Gesamtbetrachtung aller Umstände hat das LAG die Vertragsklausel rechtsfehlerfrei als unausgewogene Gestaltung angesehen. (BAG v , 6 AZR 158/16) Wirksame Versetzung setzt kein BEM voraus Die Durchführung eines BEM isd. 84 Abs. 2 SGB IX ist keine formelle Voraussetzung für die Wirksamkeit einer Versetzung. Das gilt auch da, we die Anordnung des AG auf Gründe gestützt wird, die im Zusammenhang mit dem Gesundheitszustand des AN stehen AuR 12 n 2017

49 Kurzmitteilungen Rechtsprechung Der Kl. ist seit 1991 Maschinenbediener bei der Bekl. Zunächst war er in Wechselschicht, ab 2005 in Dauernachtschicht eingesetzt u erkrankte er an jeweils 35 Arbeitstagen/Jahr. Vom war er aufgrund einer suchtbedingten Therapiemaßnahme arbeitsunfähig. Danach wurde er wieder in der Nachtschicht eingesetzt. Am fand ein sog. Krankenrückkehrgespräch statt, das die Bekl. nicht als BEM beabsichtigte und ausgestaltete. Nach dem Gespräch ordnete die Bekl. Arbeit in Wechselschicht an. Der Kl. verlangt Beschäftigung in Nachtschicht. Die Anordnung der Bekl., dass er zukünftig in Wechselschicht arbeiten solle, sei schon wegen des unterlassenen BEM unwirksam. Sie entspreche zudem nicht billigem Ermessen, da seine Interessen an der Beibehaltung der Nachtschicht nicht ausreichend berücksichtigt worden seien. Die Bekl. meint, sie habe mit der Versetzung prüfen dürfen, ob sich die gesundheitliche Situation des Kl. durch den Einsatz in Wechselschicht verbessere, da Dauernachtschicht gesundheitlich besonders belastend sei. Außerdem sei der Kl. in der Wechselschicht leichter als in der Nachtschicht ersetzbar. Die Revision der Bekl. war erfolgreich. Nach Auffassung des 10. Senats ist die Durchführung eines BEM keine formelle Voraussetzung für die Wirksamkeit der Versetzung. Maßgeblich sei, ob die Weisung des AG bei Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls insg. billigem Ermessen gem. 106 S. 1 GewO, 315 Abs. 1 BGB entspreche. Da das LAG dazu keine hinreichenden Feststellungen getroffen habe, hat der Senat die Sache an das LAG zurückverwiesen. (BAG , 10 AZR 47/17) Anmerkung: Das BAG knüpft mit vorl. Entscheidung an seine st. Rspr. zum unterlassenen BEM bei Kündigungen an. Danach ist die Durchführung eines Präventionsverfahrens gem. 84 Abs. 2 SGB IX keine formelle Wirksamkeitsvoraussetzung für den Ausspruch einer Kündigung (BAG , 2 AZR 565/14, AuR 2015, 417). Ein Verstoß hat lediglich mittelbare Folgen. Es erhöht die Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast des AG im Kündigungsschutzprozess (BAG , aao; , 2 AZR 198/09). Im vorl. Fall war zu klären, ob die gleichen Grundsätze auch bei einer aus krankheitsbedingten Gründen erfolgten Versetzung des AN gelten. Das LAG, das die AG-Weisung für unwirksam hielt, hatte die BAG- Rspr. zum unterlassenen BEM bei Kündigung nicht unbeachtet gelassen und auch nicht angenommen, dass Versetzungen aus gesundheitlichen Gründen ohne Durchführung eines BEM bereits formell unwirksam sind (LAG Ba-Wü , 15 Sa 76/15, AuR 2017, 311; zust. Anm. Kohte/Liebsch, jurispr-arbr 36/2017 Anm. 5). Nach Auffassung des LAG kote die Pflicht zur Ausübung eines BEM deoch nicht ohne Rechtswirkungen bleiben. Diese Ansicht ist überzeugend, da sie allein dem gesetzlichen Zweck des BEM gerecht wird, nämlich einen Klärungsprozess herbeizuführen, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden werden ka und in welcher Weise die Gestaltung von Arbeitsorganisation, Arbeitsplatz und eben auch der Arbeitszeit dazu beitragen köen. Dieser Zweck wird verfehlt, we ein AG statt seiner Verpflichtung, im Rahmen eines BEM die Maßnahmen zu leidensgerechter Beschäftigung herauszufinden, eigene Vorstellungen von gesundheitsfördernden Maßnahmen im Rahmen seines Direktionsrechts einseitig durchsetzt. Eine solche Maßnahme des AG ka daher wie das LAG Ba-Wü zu Recht aimmt nicht als isd. 315 Abs. 3 S.1 BGB billigenswert angesehen werden. Das BAG hat sich dieser Auffassung des LAG zwar nicht angeschlossen. Offen bleibt jedoch, ob das BAG dem unterbliebenem BEM bei einer krankheitsbedingten Versetzung jede Bedeutung absprechen will. In Fortführung der Rspr. zum unterlassenen BEM bei Kündigung müssten zumindest mittelbare Rechtsfolgen eingreifen und daher bei Versetzungen im Zusammenhang mit dem Gesundheitszustand des AN die Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast des AG erhöht werden. Da müsste die Bekl. im vorl. Fall zumindest darlegen und beweisen, dass und weshalb der Einsatz des Kl. in Wechselschicht zur Verbesserung seiner gesundheitlichen Situation und zur Verringerung von Fehlzeiten führen sowie für die Suchtentwöhnung erfolgversprechender sein soll. Dorothee Müller-Weer Kündigung wegen Stasi-Tätigkeit unwirksam Der seit 1990 beim Land Brandenburg beschäftigte Kl. war zuletzt stv. Direktor des Landesinstituts für Rechtsmedizin. Obwohl der Kl und 1989 in seiner Funktion als Militärarzt für das MfS inoffizieller Mitarbeiter war, verneinte er 1991 wahrheitswidrig die Frage nach einer Mitarbeit für das MfS. Als der Kl. sich 2016 für die Stelle des Direktors des Landesinstituts bewarb, erfuhr das Land vom Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes von der MfS-Tätigkeit. Der Kl. leugnete diese Tätigkeit erneut. Daraufhin kündigte das Land das Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise fristgemäß. Die Unwirksamkeit der ao. Kündigung hatte bereits das ArbG rkr. festgestellt. Das LAG Berlin-Brandenburg stellte nun fest, dass auch die fristgemäße Kündigung unwirksam und das Land zur Weiterbeschäftigung verpflichtet ist. Zum einen bewertete das LAG das Maß der Verstrickung des Kl. in die Tätigkeit des MfS als gering; zum anderen sei die lange, unbeanstandet gebliebene Tätigkeit des Kl. im Landesdienst zu berücksichtigen. Trotz mehrfachen Leugnens der außerdem sehr lange zurückliegenden Mitarbeit des Kl. beim MfS sei dem bekl. Land eine Weiterbeschäftigung des Kl. zumutbar. (LAG Berlin-Brandenburg v , 5 Sa 462/17) Befristeter Arbeitsvertrag mit Berufsfußballspieler wirksam Das ArbG Köln hat entschieden, dass aufgrund der Besonderheiten im Bereich des Profifußballs die Befristung zwischen einem Fußballverein der Regionalliga und einem Berufsfußballspieler wirksam ist. Die Befristung sei wegen der Eigenart der Arbeitsleistung gerechtfertigt. Das gelte auch, we die Verdienstmöglichkeiten in der Regionalliga gering seien. Der Kl. war seit Anfang 2014 bei der Bekl., die den Spielbetrieb von Viktoria Köln führt, als Berufsfußballspieler beschäftigt. Sein Arbeitsvertrag war bis zum befristet. Die Entfristungsklage hatte keinen Erfolg. Mit dem Urteil schließt sich das ArbG Köln der Entscheidung des LAG Rheinland-Pfalz an ( , 4 Sa 202/15, anhängig BAG unter 7 AZR 312/16). Das LAG hatte allerdings im Unterschied zum ArbG Köln über das befr. Arbeitsverhältnis eines Profifußballers der 1. Bundesliga entschieden und hier angenommen, dass die vorliegenden besonderen Umstände eine Befristung gem. 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 TzBfG rechtfertigen. Dazu gehörten u.a. die besondere Ungewissheit der persönlichen sportlichen Entwicklung des Fußballers, die erhebliche Verletzungsgefahr, seine zukünftige Leistungsfähigkeit im jeweiligen spieltaktischen Konzept des Trainers, nach Trainerwechsel oder Änderungen in der Zusammensetzung der Maschaft. Auch die besondere Notwendigkeit einer ausgewogenen, der sportlichen Zielsetzung angepassten Altersstruktur, die ungewöhnliche Höhe des Verdienstes sowie das Abwechslungsbedürfnis des Publikums seien zu berücksichtigende Umstände. (ArbG Köln v , 11 Ca 4400/17) AuR 12 n

50 Zusammenfassungen Zusammenfassungen/Abstracts Dorothee Müller-Weer: Aufzeichnungspflichten über geleistete Arbeitsstunden Auswirkungen auf die Darlegungs- und Beweislastverteilung im Überstundenprozess AuR 12/2017, S. 476 Anders als Aufzeichnungspflichten in 16, 21a ArbZG, die dem sozialen und gesundheitlichen Schutz der AN dienen, sollen die Regelungen in 19 AEntG, 17c AÜG und 17 MiLoG die gesetzlich normierte Mindestvergütung sichern. Ihnen kommt also ausdrücklich eine vergütungsrechtliche Relevanz zu. Dies muss sich auch in der rechtlichen Verbindlichkeit der von AG oder AN erstellten Arbeitszeitdokumentationen niederschlagen. Überträgt der AG seine gesetzlichen Aufzeichnungspflichten auf den AN, sind dessen Arbeitszeitaufzeichnungen dem AG regelmäßig zuzurechnen. De der AG erfüllt seine Pflichten allein mit den vom AN erstellten Aufzeichnungen, für deren Korrektheit er verantwortlich bleibt. Die von der Rspr. entwickelten Grundsätze zur Darlegungs- und Beweislastverteilung im Überstundenprozess bedürfen in diesem Fall daher der Modifikation ise. einer Umkehrung der Darlegungs- und Beweislast zu Gunsten der AN. Rainald Thaisch: Unternehmensmitbestimmung: Aktuelle Herausforderungen und Reformoptionen AuR 12/2017, S. 480 Die dt. Unternehmensmitbestimmung ist politisch und wissenschaftlich sehr anerkat. Ihre Europarechtskonformität wurde jüngst durch den EuGH ausdrücklich bestätigt. Sie sieht sich jedoch durch die Praxis der antizipativen Mitbestimmungsvermeidung und durch eine zunehmende Orientierung der Corporate Governance an den Rechten der Aktionäre herausgefordert. Aus gewerkschaftlicher Sicht ist die Politik daher aufgefordert, den Stillstand in der Mitbestimmungspolitik zu beenden und Mitbestimmungsgesetze an die neuen Herausforderungen anzupassen. Dazu gehört insbes. Schlupflöcher zur Vermeidung der Mitbestimmung zu stopfen, Mitbestimmung quantitativ und qualitativ auszubauen und darauf hinzuwirken, dass die EU keine weiteren Umgehungsmöglichkeiten schafft. Weiterhin gilt es, dafür Sorge zu tragen, dass die Balance zwischen den Unternehmensorganen nicht verändert wird, und die Vorstandsvergütung in Richtung einer erhöhten Nachhaltigkeit zu regulieren. Günter Grotma-Höfling: Die Arbeitsgerichtsbarkeit 2016 im Lichte der Statistik AuR 12/2017, S. 485 Die Zahl der neu eingegangenen Klagen bei den Arbeitsgerichten ist im Jahr 2016 mit die niedrigste seit mehr als 20 Jahren. Wesentlicher Grund hierfür ist die gute Beschäftigungslage. Erledigt wurden die erstinstanzlichen Verfahren zu 61,8 % durch Vergleich, wobei wieder Bad.- Württemberg mit 73 % an der Spitze und Berlin mit 46,6 % am Ende der Skala lagen. 92 % der Bestandsklagen waren bereits im ersten halben Jahr nach Klageerhebung abgeschlossen, nur 1,5 % nach mehr als einem Jahr. Die Zahl der neuen Berufungsverfahren ging auf zurück (Vorjahr: , jeweils über ). Die Eingangszahl der Verfahren beim BAG lag bei auf dem Niveau des Vorjahres, wobei 40 % der Verfahren auf Rev. und Rechtsbeschwerden im Beschlussverfahren und 54 % auf NZB entfielen. Der Bestand der Bibliothek des BAG umfasste Ende 2015 ca Medieneinheiten und ca TV. Dorothee Müller-Weer: Record requirements on working hours effects on the burden of burden of rendering evidence and proof in lawsuits about overtime AuR 12/2017, p. 476 Unlike record keeping requirements in 15, 21a Working Time Act (ArbZG) ensuring the employees social and sanitary protection, 19 Act on Posting of Workers (AEntG), 17 c Act on Agency Work (AÜG) and 17 Minimum Wage Act (MiLoG) are supposed to ensure minimum wage. Therefore, they do have relevance concerning the law of remuneration. This has to deposit in the legally binding nature of the records on working hours made by employers or employees. The employer stays accountable when delegating his obligations to record to the employees, as he is thus fulfilling his obligations. Therefore, the basic principles developed by the courts concerning the burden of setting forth the facts and the burden of proof in proceedings on overtime need to be altered by reversing these burdens in favour of employees. Rainald Thaisch: Co-determination: Current challenges and possible reforms AuR 12/2017, p. 480 In Germany, co-determination is scholarly and politically acknowledged. Its conformity with European law has been confirmed by the ECJ lately. However, it is challenged by anticipated avoidance of codetermination as well as by a growing orientation of Corporate Governance towards stockholders rights. From a trade union point of view, politics need to end the standstill of co-determination legislation and to adapt the law to these new challenges. This includes plugging the holes concerning avoiding co-determination, enhancing co-determination as well as working toward the EU not creating more loop holes. In addition, politics need to keep the balance between the different bodies and to regulate executive remuneration toward a higher sustainability. ETUC, DGB and trade unions have issued proposals concerning the necessary reform to strengthen and enhance co-determination and regulate executive remuneration. Günther Grotma-Höfling: Labour court jurisdiction 2016 in the light of statistics AuR 12/2017, p. 485 The number of actions filed in 2016 ( ) is the lowermost for more than 20 years. An important reason is the good labour market situation. Proceedings were finished to 61,8 % by settlement. Baden-Württemberg has had the largest amount of settlements (73 %) whereas Berlin has had the lowest amount (46,6 %). 92 % of the so-called»bestandsklagen«(matters concerning the termination of an employment relationship) were finished within half a year after filing the action, only 1,5 % were finished after more than one year. The number of appellate proceedings has decreased to The number of incoming proceedings at the Federal Labour Court (BAG) (2.376) remained stable compared to last year. 40 % of these incoming proceedings were appeals on points of law (partly in court-order proceedings) and 54 % were appeals against denial of leave to appeal. At the end of 2015, the BAG s library contained ca media units and ca collective agreements. Die Ausgabe 01/2018 erscheint am und ist da zeitnah auch online verfügbar AuR 12 n 2017

51 Sozialrecht kompakt Bund-Verlag Bund-Verlag Matrixorganisation Neuauflage! Neuerscheinung! Claudia Schubert Betriebliche Mitbestimmung in Unternehmen und Konzernen mit Matrixorganisation Seiten, kartoniert 19,80 ISBN Brall / Kerschbaumer / Scheer / Westerma (Hrsg.) Sozialrecht Kompaktkommentar für die Arbeitnehmerberatung SGB I bis XII und SGG 2., überarbeitete Auflage Seiten, gebunden 118, ISBN Unternehmen und Konzerne, die sich für eine Matrixorganisation entschieden haben, sind in der Praxis inzwischen weit verbreitet. Neben individualarbeitsrechtlichen werden zahlreiche betriebsverfassungsrechtliche Fragestellungen aufgeworfen. kontakt@bund-verlag.de Info-Telefon: 069 / Das Sozialrecht ist ein sehr komplexes Rechtsgebiet, mit dem sich auch Interessenvertreter befassen müssen. Viele arbeitsrechtliche Fragen sind ohne einen Blick auf die sozialrechtlichen Folgen nicht zu beantworten. Klar und verständlich erläutert der Kompaktkommentar daher das gesamte Sozialrecht konzentriert aufbereitet in einem Band. Die Kommentierungen beschränken sich dabei auf die wesentlichen Vorschriften, die für die Beratung von Arbeitnehmern notwendig sind. ARBEITSRECHT (LL.M.) zugleich Fachanwalt für Arbeitsrecht Die Kernpunkte: die Kranken-, Renten-, Unfall- und Pflegeversicherung die Arbeitsförderung die Grundsicherung und die Sozialhilfe Wohngeld, Kindergeld und Elterngeld das Schwerbehindertenrecht der Sozialdatenschutz Sie erweitern Ihren Horizont. Wir zeigen Ihnen die Richtung. Der berufsbegleitende Masterstudiengang Arbeitsrecht an der Universität Münster bringt Sie an Ihr Ziel. Machen Sie sich mit uns auf den Weg. kontakt@bund-verlag.de Info-Telefon: 069 / Jetzt Frühbucher-Rabatt sichern! Tel.:

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