Geschlechterspezifische Unterschiede im Gesundheitszustand von Migrantinnen und Migranten in der Schweiz

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Transkript:

Geschlechterspezifische Unterschiede im Gesundheitszustand von Migrantinnen und Migranten in der Schweiz Analyse auf der Grundlage der Daten des Gesundheitsmonitorings der Migrationsbevölkerung (GMM II) März 2013 Im Auftrag des Bundesamtes für Gesundheit im Rahmen der Strategie Migration und Gesundheit 2008-2013 Jehane Moussa, Marco Pecoraro Forum suisse pour l étude des Institut SFM Tél : +41 (0)32 718 39 20 migrations et de la population Fbg de l Hôpital 106 Fax : +41 (0)32 718 39 21 1 www.migration-population.ch CH-2000 Neuchâtel secretariat.sfm@unine.ch

Kurzfassung Einführung und Methoden Nach einer ersten Studie im Jahr 2004 (GMM I), hat das Bundesamt für Gesundheit (BAG) ein zweites Gesundheitsmonitoring der Migrationsbevölkerung durchgeführt (GMM II). Dieses Monitoring untersucht den Gesundheitszustand einer Bevölkerungsgruppe, die in der Schweizerischen Gesundheitsbefragung (SGB) generell nicht berücksichtigt wird, da sie nicht, oder nur schlecht, eine Landessprache beherrscht. Eine erste Analyse dieser Daten (Guggisberg et al., 2011) hat einen Gesundheitsunterschied zwischen Migranten und Migrantinnen aufgezeigt, der sich mit zunehmenden Alter vergrössert. Ausserdem ist dieser geschlechterspezifische Gesundheitsunterscheid in der zugewanderten Bevölkerung grösser als in der einheimischen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat unterstrichen, wie wichtig es ist, geschlechterspezifische Gesundheitsunterschiede näher zu untersuchen. In dieser Studie identifizieren wir die Faktoren, die es erlauben, diese Beobachtungen zu erklären, indem wir die folgenden drei Fragen beantworten: 1. Welche Merkmale erklären die Gesundheitsunterschiede in der zugewanderten Bevölkerung? 2. Warum ist der geschlechterspezifische Gesundheitsunterschied bei Migrantinnen und Migranten grösser als bei Einheimischen? 3. Warum ist der geschlechterspezifische Gesundheitsunterschied bei Migrantinnen und Migranten in älteren Altersgruppen grösser? Um die geschlechterspezifischen Gesundheitsunterschiede mit den GMM II Daten zu untersuchen, benutzen wir das Modell der linearen Wahrscheinlichkeit. In der Regel haben wir zwei Tabellen mit Regressionsmodellen berücksichtigt: Die erste ermöglicht es uns, den Einfluss verschiedener Faktoren auf die geschlechterspezifischen Unterschiede getrennt zu beobachten (wir kontrollieren in diesem Basismodell nur die demographischen Merkmale). In der zweiten Tabelle fügen wir Schritt für Schritt weitere Faktoren hinzu. Dies ermöglicht uns zu untersuchen, in welchem Umfang die geschlechterspezifischen Unterschiede auf diese Faktoren zurückgeführt werden können. Dadurch erfassen wir die Wirkung dieser zusätzlichen Faktoren auf die geschlechterspezifischen Gesundheitsunterschiede. Die Kontrollvariablen sind in sieben Gruppen aufgeteilt: demographische Merkmale (Basismodel), sozioprofessionelle Merkmale, Kenntnisse einer Landessprache, Haushaltsstaus, soziale Unterstützung, das Gefühl, das Leben selbst zu meistern, sowie Gesundheitskompetenz. Die folgenden Variablen sind zu erklären: der selbst eingeschätzte Gesundheitszustand, Behandlung wegen psychischer Probleme in den letzten 12 Monaten, Gewicht nach Kategorien des Body-Mass-Index, eine dauerhafte Krankheit bzw. gesundheitliche Probleme, in den letzten 12 Monaten wegen Depression behandelt worden zu sein, und seit mindestens 6 Monaten in alltäglichen Tätigkeiten eingeschränkt zu sein. Personen aus dem Asylbereich werden in der multivariaten Analyse nicht berücksichtigt, da ihre Gesundheit kaum mit derer von eingebürgerten Personen und solchen mit Aufenthaltsbewilligung (Ausweis B oder C) vergleichbar ist.

Ergebnisse Im Allgemeinen, wie es Guggisberg et al. (2011) zeigen, können geschlechterspezifische Unterschiede für die meisten Gesundheitsindikatoren ausgemacht werden. Meist sind die Frauen benachteiligt. Allerdings variieren die geschlechterspezifischen Unterscheide je nach Gesundheitsindikator und nationaler Gruppe. Beim selbst eingeschätzten Gesundheitszustand beispielsweise ist der geschlechterspezifische Unterschied in der Kategorie sehr gut grösser unter Personen aus Portugal und der Türkei als bei den anderen Herkunftsgruppen (Personen aus Serbien, Kosovo, Türkei, Somalia, Sri Lanka). Dasselbe gilt auch für die dauerhaften Krankheiten und Gesundheitsprobleme. Im Hinblick auf psychische Probleme ist der geschlechterspezifische Unterschied am grössten unter den Portugiesinnen und Portugiesen; für die medizinische Behandlung von Depression ist der Unterschied am grössten unter Personen aus Portugal, der Türkei und Sri Lanka. In dieser letzten Gruppe sind jedoch die Männer stärker betroffen als die Frauen. Was die Einschränkung bei Tätigkeiten des normalen Alltagslebens betrifft, sind es türkische Männer und Frauen im Vergleich zu anderen Gruppen die am häufigsten sehr eingeschränkt angeben. Wir haben drei Hypothesen formuliert. Die Resultate werden in Tabelle 2 zusammengefasst. Die erste Hypothese geht davon aus, dass das Sozialkapital (einschliesslich sozialer Unterstützung) grundlegend für die Gesundheit ist, und dass Frauen, die davon wenig oder gar keines haben, sich in einem schlechteren Gesundheitszustand befinden als Männer. Die ausgewählten Indikatoren hierzu sind der Haushaltsstaus (mit Kindern oder Ehepartner), soziale Unterstützung (Besuch von oder bei Freunden und Familie), und die Überzeugung, das Leben selbstbestimmt gestalten zu können. Diese Hypothese erklärt teilweise den geschlechterspezifischen Unterschied unter den Migrantinnen und Migranten, und auch teilweise, warum dieser Unterschied bei ihnen grösser ist als bei Einheimischen (Schweizer Staatsbürgerinnen und -bürger). Hingegen erklärt diese Hypothese nicht, warum der geschlechterspezifische Unterschied bei den Migrantinnen und Migranten mit dem Alter zunimmt. Demgegenüber bestätigt sich die Bedeutung von sozioökonomischen Faktoren (Hypothese 2): Ein niedriges Bildungsniveau und ein nachteiliger Status der Migrantinnen auf dem Arbeitsmarkt im Vergleich zu den Männern erlaubt es, den Grossteil der geschlechterspezifischen Gesundheitsunterscheide in der Migrationsbevölkerung zu erklären. Gleichzeitig kann auch der grössere Unterschied zur einheimischen Bevölkerung mit zunehmendem Alter teilweise erklärt werden. Der wichtigste Faktor ist der Bildungsstand, gefolgt vom Arbeitsmarktstatus. Diese sozioökonomischen Unterschiede sind zwischen Migrantinnen und Migranten ausgeprägter als in der einheimischen Bevölkerung. Die genannten Unterschiede sind auch mit einer geringeren Überzeugung verbunden, das Leben selbstbestimmt gestalten zu können. Dieser Zusammenhang ist bei Migranten und Migrantinnen besonders ausgeprägt. Die dritte Hypothese verbindet die Theorien des Sozial- und des Humankapitals (letzteres bezieht sich auf sozioökonomische Merkmale wie Bildung). Sie soll erklären, warum der geschlechterspezifische Gesundheitsunterschied bei der Migrationsbevölkerung mit zunehmendem Alter wächst. Sie postuliert, das Migrantinnen im Hinblick auf die Gesundheit mit fortschreitendem Alter vulnerabler sind, da sie berufsmässig weniger gut integriert sind und dadurch auch weniger soziale Unterstützung geniessen. Während Guggisberg et al. (2011) eine lineare Zunahme der geschlechterspezifischen Unterschiede mit zunehmendem Alter darlegten, zeigen unsere Analysen, dass dieser Unterschied für die Altersgruppe der 39- bis 50-Jährigen am stärksten ausgeprägt ist. Dies ist der Fall für alle 3

Gesundheitsindikatoren mit Ausnahme der Fettleibigkeit. Die dritte Hypothese erlaubt es aber nicht, die geschlechterspezifischen Gesundheitsunterschiede der ältesten Altersgruppe (51+ Jahre) sowie der am stärksten betroffenen Altersgruppe (39-50 Jahre) zu erklären. Sozioökonomische Eigenschaften allein können zwar einen erheblichen Teil der Geschlechterunterschiede in letzterer Kategorie erklären, aber es bleibt ein Unterschied zwischen Männern und Frauen bestehen. Dieses Ergebnis zeigt, dass in der Altersgruppe 39 bis 50 Jahre wahrscheinlich andere nicht in den vorhandenen Daten erfasste Eigenschaften für die geschlechterspezifischen Gesundheitsunterschiede eine wichtige Rolle spielen. Es könnte sich dabei um familiale Veränderungen handeln (Auszug der Kinder, Trennungen usw.), oder auch um besondere Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Arbeit zu Beginn des mittleren Alters. Dies sind aber nur Vermutungen, welche in gezielten Studien vertieft werden müssen. Tabelle 1 : Übersicht der Resultate Hypothese : Frage : 1 : Erklärung des geschlechterspezifischen Gesundheitsunterschied in der eingewanderten Bevölkerung 2 : Erklärung des grösseren geschlechterspezifischen Gesundheitsunterschied bei Migranten 3 : Erklärung des grösseren geschlechterspezifischen Gesundheitsunterschieds im zunehmenden Alter 1. Sozialkapital (inkl. soziale Unterstützung) 2. sozioökonomische Faktoren 3. Sozial- und Humankapital teilweise bestätigt bestätigt nicht untersucht teilweise bestätigt teilweise bestätigt nicht untersucht abgelehnt teilweise bestätigt abgelehnt Abschliessend kann festgehalten werden, dass die zweite Hypothese, welche die Bedeutung sozioökonomischer Faktoren unterstreicht vor allem der Bildungsstand und der Arbeitsmarktstatus, das Bestehen geschlechterspezifischer Gesundheitsunterscheide in der eingewanderten Bevölkerung eindeutig am besten erklärt (erste Frage). Unterschiede im Bildungsstand und in der beruflichen Situation liefern darüber hinaus eine Teilantwort auf die zweite und dritte Frage. Die soziale Unterstützung spielt ebenfalls eine Rolle bei der Beantwortung der Fragen 1 und 2, vermag aber die wachsenden Gesundheitsunterschiede mit zunehmendem Alter nicht zu erklären. Es kann allerdings nicht ausgeschlossen werden, dass unter Berücksichtigung anderer Indikatoren für das Sozialkapital (wie beispielsweise der gesundheitsfördernde Einfluss des Gefühls von Angehörigen unterstützt zu werden, die Anzahl Freunde, oder das Vertrauen in Gesundheitsfachpersonen) weitere Hypothesen hätten bestätigt werden können. Schliesslich haben sämtliche in der Studie untersuchten Faktoren (beispielsweise die Beherrschung einer Landessprache, die Zusammensetzung des Haushalts usw.) für sich gesehen einen Einfluss auf die Gesundheit, sind aber hinsichtlich der aufgeworfenen drei Fragen nicht relevant, d.h. sie leisten keinen Beitrag zur Erklärung der gesundheitlichen Unterschiede zwischen Frauen und Männern. Um konkrete Implikationen zuhanden der Politik formulieren zu können, wäre eine genauere Untersuchung wünschenswert, welche die Gründe für den besonders ausgeprägten geschlechterspezifischen Gesundheitsunterschied bei den 40- bis 50-Jährigen eruiert. In 4

dieser Altersgruppe schätzen Frauen ihre Gesundheit im Vergleich zu Männern besonders ungünstig ein. Im Allgemeinen sind aufgrund der Ergebnisse unserer Auswertung jegliche Massnahmen zu fördern, die zur Verringerung gesundheitlicher Ungleichheit beitragen. In dieser Stossrichtung sollte der Schwerpunkt vor allem auf die Zielgruppe der gesundheitlich am stärksten benachteiligten Personen unter besonderer Berücksichtigung sozialer Determinanten gelegt werden. 5