Management von Enteritis und Enterokolitis. Dr. S. Neumann Abt. Hämatologie und Onkologie Universitätsmedizin Göttingen



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Management von Enteritis und Enterokolitis Dr. S. Neumann Abt. Hämatologie und Onkologie Universitätsmedizin Göttingen

Offenlegung potentieller Interessenskonflikte Anstellungsverhältnis: Nein Beratungstätigkeit: Nein Aktienbesitz: Nein Honorare: Nein Finanzierung wissenschaftlicher Untersuchungen: Nein Gutachtertätigkeit: Nein Andere finanzielle Beziehungen: Nein 2

Ätiologie - Differentialdiagnosen Therapie induzierte Colitis CDAD/Pseudomembranöse Colitis Neutropenische Enterocolitis Infektiöse Colitis (Bakterien, Viren) GvHd Entzündliche Darmerkrankungen Ischämische Colitis 3

Epidemiologie CDAD ~ 7-9% (~ 13% nach Allo-Tx) Neutrop. Enterocolitis ~ 5-6% Andere bakterielle Erreger ~ 0-3% (Salmonellen, Yersinien, Campylobacter, Shigellen) Aksoy et al. Ann Oncol 2007; Cartoni et al. JCO 2001, Chakrabarti BMT 2000; Gorschlüter et al. CID 2001; Gorschlüter et al. Br J Haematol 2002; Gorschlüter et al. Eur J Haematol 2005. 4

Inzidenz von Clostridien-Infektionen Quebec 1991-2003 Pepin et al. CMAJ 2004 5

Pathomechanismus Petersen et al., Semin Oncol 2004 6

Konsequenzen 599 Patienten (1236 CTX-Zyklen) Mittlerer 4 Tage 12 Tage Kh-Aufenthalt Elting et al., Cancer 2003 7

Klinische Symptome - Untersuchung Unspezifische Beschwerden: Übelkeit/Erbrechen Fieber Diarrhoe/Obstipation Abdominelle Schmerzen Lokalisation? Abwehrspannung? Auskultationsbefund? 8

Klinisch-chemische Diagnostik Blutbild, ggf. Differentialblutbild Routinelabor mit CRP Gerinnung Laktat Procalcitonin, IL-6, IL-8 Citrullin-Spiegel Sakr et al. Infection 2008, Schüttrumpf et al. Clin Infect Dis 2006, von Lilienfeld-Toal et al. Eur J Clin Microbiol Infect Dis 2004, Engel et al. Infection 2005, Herbers et al. BMT 2008, van der Felden BMT 2009 9

Mikrobiologische Diagnostik Blutkulturen: mind. 2 separate Paare (aerob/anaerob) bei ZVK zusätzl. BK aus Katheter (nicht mehr als 3 erforderlich) Stuhlkultur auf darmpathogene Keime Antigen-Schnelltest/PCR auf Viren (z.b. CMV v.a. bei Tx-Patienten, Rota-/ Norovirus v.a. in Wintermonaten) Clostridium difficile: Erreger- und Toxinnachweis Lee et al. J Clin Microb 2007 10

Mikrobiologische Diagnostik Clostridium difficile - ELISA/EIA: Nachweis der Toxine A und B Nachweis von C. difficile-gdh - Kultur mit Toxinnachweis - Zytotoxizitäts Assay - PCR (Speziallabor) 11

Prognostischer Wert der Darmwandverdickung bei neutropenischer Enterocolitis 1450 Leukämie Patienten 6 % Klinische Zeichen ein NE 50 % Wandverdickung in Sonographie Mittlere Dauer der Symptome 3,8 (US -) vs 7,9 Tage (US +) Wandverdickung > 10 mm 60% Mortalität (p <.001) 10 mm 4,2 % Mortalität Cartoni et al. JCO 2001 12

CT-Abdomen Retrospektive Analyse 76 Patienten Wall thickening Wall Nodularity Pneumatosis intestinalis Kirkpatrick et al. Radiology 2003 13

CT-Abdomen begrenzt auf Colon 7 mm 12 mm Kirkpatrick et al. Radiology 2003 14

Endoskopie Bei erhöhtem Risiko nur in Einzelfällen Pseudomembranöse Enterocolitis: Makroskopisch erhabene gelbliche Knoten (2-10 mm) und/oder Pseudomembranen 15

Therapie CDAD Absetzen der Antibiotika soweit möglich Keine motilitätshemmenden Substanzen Therapie nur bei entsprechender Symptomatik Kontaktisolierung 16

Therapie CDAD Metronidazol oder Vancomycin? Prospektiv, doppelblind, Placebo-kontrollierte Studie Metronidazol p.o. (4 x 250 mg/d, 10 T.) Vancomycin p.o.(4 x 125 mg/d,10 T.) Definition: 2 Punkte Schwere Infektion 2 Pkt: Intensivstation Endoskopie: Zeichen einer pseudomembr. Colitis 1 Pkt: Alter > 60 Jahre Temperatur > 38,3 C Albumin < 2,5 mg/dl WBC > 15.000 Zellen/mm³ Zar et al. CID 2007 17

Therapie CDAD Metronidazol oder Vancomycin? Zar et al. CID 2007 18

Therapie CDAD Metronidazol oder Vancomycin? Ansprechraten >90% Therapiedauer 10 14 Tage Vancomycin: bei schweren Infektionen überlegen schnellere mikrobiolog. Ansprechen schnelleres klinisches Ansprechen Selektion von Vancomycin-resistenten Stämmen Metronidazol: Preislich günstiger Zar et al. CID 2007, Al Nassir CID 2008 19

CDAD Rezidivrate Etwa 15-30 % Rezidivinfektionen Kyne et al. NEJM 2000, Kyne et al. Lancet 2001 20

Therapie CDAD Metronidazol 3x500 mg p.o. über 10 Tage Bei schweren Infektionen: Vancomycin 4x125 mg p.o. über10 Tage Falls keine orale Therapie möglich: Metronidazol 3x500 mg i.v. über 10 Tage Bei schweren Infektionen: Metronidazol 3x500 mg i.v. über 10 Tage + Vancomycin über Nasensonde ( 4x500mg) oder Einlauf (500mg alle 4-12h) Statt Vancomycin Teicoplanin 2 x 100mg/Tag möglich Chirurgische Intervention bei Komplikationen (z.b. subtotale Kolektomie) Bauer et al. ESCMID guidelines 2009, Cohen et al. ISDA guidelines 2010 21

Therapie CDAD II Bacitracin, Fusidinsäure Rifaximin ( FDA-Zulassung Reisediarrhoe) Nitazoxanid (FDA-Zulassung Protozoen) Fidaxomicin (RNA-Poymerase-Inhibitor) Tolevamer (Toxinbindende Substanz) Ramoplanin (Glykopeptid) Monoklonaler Antikörper gegen Toxin A/B Immunglobulin (400 mg/kg KG) Impfung Fecal Transplantation Bauer et al. ESCMID 2009, Gerding et al. CID 2008, McPherson et al. Dis Colon Rectum 2006, Sougioultzis et al. Gastroenterology 2005, Aas et al. CID 2003 22

Therapie - Neutropenische Enterocolitis I Symptomatische, konservative Therapie: Ausgleich des Wasser- und Elektrolythaushalt Ggf. parenterale Ernährung Ggf. Schmerzmedikation Keine Antidiarrhoika! 23

Therapie Neutropenische Enterocolitis II Fehlende randomisierte Studien Breitspektrumantibiotika Piperacillin/Tazobactam Dritt-/Viert-Generations-Cephalosporin + Metronidazol Carbapenem + Metronidazol * Ciprofloxacin + Metronidazol Antimykotische Therapie? Wachstumsfaktoren? Chirurgische Intervention: - Persistierende GI-Blutung - Perforation - Darmgangrän - Ileus Solomkin et al. CID 2003, *AGIHO, Ozer et al. JCO 2000 24