Fall 3: Alles schön der Reihe nach



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Prof. Dr. Dagmar Kaiser Examenskurs Bereicherungsrecht (Herbst 2012) 1 Fall 3: Alles schön der Reihe nach Probleme: Anweisungsfälle (hier Durchlieferung) - Leistungskondiktion Erlangtes bei Durchlieferungsfällen Nutzungen i.s. des 818 I BGB: Herausgabe ersparter Zinsen Herausgabe des Veräußerungsgewinns? Wertersatz nach 818 II BGB - Saldotheorie Literatur: Giesen, Grundsätze der Konfliktlösung im Besonderen Schuldrecht: Die ungerechtfertigte Bereicherung, Teil 1: Leistungskondiktion, Jura 1995, 169 ff, Teil 3: Der Bereicherungsumfang, Jura 1995, 281 ff; Larenz/Canaris SR II 2 13 [1994] 72 S. 263 ff. Grundfall A. Ansprüche K C auf Herausgabe von 550.000 (500.000 plus 50.000 Zinsen) I. Aus 812 I 1 Alt. 1, 818 I BGB (Leistungskondiktion) 1. Etwas erlangt C hat mit Zahlung der 500.000 durch K Besitz und Eigentum an den Geldzeichen erlangt (doppelter Geheißerwerb). 2. Durch Leistung K an C-Bank Der springende Punkt in Anweisungsfällen ist die Frage, wer an wen leistet. Anweisungsfälle sind Drei-Personen- Verhältnisse im Bereicherungsrecht, in denen ein Gläubiger seinen Schuldner anweist, direkt an einen Gläubiger des Gläubigers zu liefern. Typischerweise bezieht sich die Anweisung auf eine Direktlieferung geschuldeter Güter (Lieferketten) oder auf die Nutzung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs durch Anweisung an eine Bank (Fall 4). Die bereicherungsrechtliche Behandlung dieser Fälle ist immer gleich (MünchKomm/Schwab 5 [2009] 812 Rn. 59 ff). Leistung ist die bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens. Die Zweckbestimmung legt bei Drei- und Mehrpersonenverhältnissen fest, wer Bereicherungsgläubiger und wer Bereicherungsschuldner ist. Zweckgerichtet bedeutet nicht irgendeinen Zweck, sondern i.d.r. die Erfüllung einer Verbindlichkeit jedenfalls gegenüber dem Empfänger (solvendi causa). Nach h.m. ist die Zweckbestimmung eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung. Der Leistende legt im Rahmen der Tilgungsbestimmung den Leistungszweck fest, der aus der Sicht des Leistungsempfängers ausgelegt werden muss (BGH 31.10.1963, VII ZR 285/61, BGHZ 40, 272). So wird zum Schutz des Leistungsempfängers als potentiellem Bereicherungsschuldner erreicht, dass die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung nur im jeweils fehlerhaften Vertragsverhältnis (dem Valuta-

Prof. Dr. Dagmar Kaiser Examenskurs Bereicherungsrecht (Herbst 2012) 2 oder dem Deckungsverhältnis) stattfindet. Dass die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung nur im jeweils fehlerhaften Vertragsverhältnis erfolgt, schützt die Vertragspartner als potentielle Bereicherungsschuldner dreifach: Einwendungserhalt gegenüber dem Vertragspartner Schutz vor Einwendungen des Dritten, mit dem der Leistungsempfänger keinen Vertrag geschlossen hat angemessene Verteilung des Insolvenzrisikos. Schuldner im Valutaverhältnis = Anweisender Gläubiger im Valutaverhältnis = Anweisungsempfänger V is ltn ä im rh g e n v tu s g is n L e u k e c D K Leistung im Valutaverhältnis C Angewiesener = Schuldner im Deckungsverhältnis In einem Durchlieferungsfall bestehen zwei bereicherungsrechtliche Leistungsbeziehungen entlang den Vertragsverhältnissen: Kaufvertrag V K ( 433 BGB) und Darlehensvertrag V C ( 488 BGB). Indem K die 500.000 an die C zahlt, leistet er auf die gegen ihn bestehende Kaufpreisforderung der V (V K aus 433 II BGB), mit der Zahlung des K erfüllt V gleichzeitig die gegen sie bestehende Darlehensforderung der C (C V aus 488 I 2 BGB). K zahlt somit nicht in Erfüllung einer eigenen Verbindlichkeit an C, sondern nur aufgrund seiner Abrede mit V an Stelle der V. Dass K nicht an die C leisten wollte, ist auch aus Sicht der C offensichtlich; schließlich weiß die C, dass keine Verbindlichkeiten zwischen ihr und K bestehen. Hier hat somit nicht K an C geleistet. Kein Herausgabeanspruch K C aus Leistungskondiktion. II. Aus 812 I 1 Alt. 2 BGB (Nichtleistungskondiktion) 1. Etwas erlangt C hat mit Zahlung der 500.000 durch K Besitz und Eigentum an den Geldzeichen erlangt. 2. In sonstiger Weise Die Nichtleistungskondiktion ist gegenüber der Leistungskondiktion subsidiär: Der Bereicherungsschuldner ist zur Herausgabe dessen, was er durch Leistung erlangt

Prof. Dr. Dagmar Kaiser Examenskurs Bereicherungsrecht (Herbst 2012) 3 hat, allenfalls im Wege der Leistungskondiktion, nicht aber über die Kondiktion nach 812 I 1 Var. 2 BGB verpflichtet. Der Gegenstand einer Leistung kann von niemandem im Wege der Nichtleistungskondiktion herausverlangt werden (gesetzliche Ausnahmen: 816 I 2, 822 BGB). Es ist also unerheblich, ob der Leistungsempfänger C einer Leistungskondiktion ausgesetzt ist; entscheidend ist allein, ob er das Etwas aufgrund einer Leistung von wem auch immer erhalten hat. Die Subsidiarität der Nichtleistungskondiktion gegenüber der Leistungskondiktion erreicht eine Rückabwicklung entlang den jeweiligen Leistungsketten und schützt so (wie der Leistungsbegriff, Grundfall A.I.2.) den Leistungsempfänger und Bereicherungsschuldner: Hat er etwas durch Leistung (seines Vertragspartners) erlangt, soll er sich nur mit seinem Vertragspartner auseinandersetzen müssen und nicht Ansprüchen ihm unbekannter Dritter aus Nichtleistungskondiktion ausgesetzt sein. Hier könnte C die 500.000 durch vorrangige Leistung der V erhalten haben. Dazu müsste aus Sicht der C die V geleistet haben. Die Zweckbestimmung der V, auf die Darlehensforderung der C aus 488 I 2 BGB zahlen zu wollen, liegt in der Anweisung V an K, direkt an C zu zahlen. Die Anweisung ist eine Tilgungsbestimmung: K soll den Kaufpreis, den V von K fordern kann, zur Begleichung der Darlehensschuld V-C direkt an die C-Bank zahlen. In dieser Anweisung an K liegt über die Tilgungsbestimmung hinaus die Erteilung der Botenmacht an den Angewiesenen K, C die Tilgungsbestimmung mitzuteilen (MünchKomm/Schwab 5 [2009] 812 Rn. 67). Die Tilgungsbestimmung der V überbringt K der C durch seine Zahlung: Auch aus Sicht der C ist die Zahlung eine Leistung der V. Der Begriff der Anweisung i.e.s. nach 783 BGB erfasst dabei nur die schriftliche Leistungsermächtigung, die demjenigen ausgehändigt wird, der den Leistungsgegenstand erhalten soll. Eine Spezialform der Anweisung ist z.b. der Scheck. Im Bereicherungsrecht bezweckt der Begriff der Anweisung aber lediglich, den Zweck die Leistungsbeziehung deutlich zu machen, ist also weiter zu verstehen und erfasst z.b. auch die Postanweisung V hat an C geleistet, so dass eine Nichtleistungskondiktion K C ausscheidet. Kein Herausgabeanspruch K C aus Nichtleistungskondiktion B. Anspruch K V auf Herausgabe der 550.000 aus 812 I 1 Alt. 1, 818 I BGB (Leistungskondiktion) I. Etwas erlangt V müsste etwas erlangt haben. K hat auf Weisung der V deren

Prof. Dr. Dagmar Kaiser Examenskurs Bereicherungsrecht (Herbst 2012) 4 Darlehen bei der C-Bank getilgt; damit könne man annehmen, dass V Befreiung von ihrer Darlehensverbindlichkeit gegenüber C aus 488 I 2 BGB erlangt habe. K hat in einer Leistungskette den der V geschuldeten Kaufpreis auf deren Weisung direkt an C gezahlt ( Durchlieferung ), d.h. die eigentliche Leistungskette (K V: Kaufpreis, dann V C: Darlehenstilgung) abgekürzt. In diesen Fällen ist das Erlangte normativ zu bestimmen: Erlangt ist dasjenige, was der Zuwendende (K) im Verhältnis zu seinem Vertragspartner (V) leisten soll und will: hier nicht die Befreiung einer Darlehensverbindlichkeit, sondern die Übergabe und Übereignung der Geldzeichen i.h.v. 500.000 in Erfüllung der Kaufpreisschuld (= Als-Ob-Betrachtung ). Ohne diese normative Betrachtung würde der Angewiesene (hier K) in das Valutaverhältnis (V C) hineingezogen. Wäre im Verhältnis K V das Erlangte der V die Befreiung der Verbindlichkeit gegenüber C und stellte sich dann heraus, dass eine solche Verbindlichkeit nicht bestand, hätte V von K nichts erlangt und könnte K nicht bei V kondizieren (vgl. MünchKomm/Schwab 5 [2009] 812 Rn. 66 ff.). Dazu im Einzelnen noch Variante 2. II. Durch Leistung des K Leistung ist die bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens. Hier hat K das Geld in der als-ob- Betrachtung an V zur Erfüllung der vermeintlich bestehenden Verbindlichkeit aus dem Kaufvertrag geleistet. Auch aus Sicht der Leistungsempfängerin V liegt in der Zahlung eine Leistung an sie. III. Ohne Rechtsgrund Der Kaufvertrag V K ist wegen Formmangels gem. 311b I 1, 125 S. 1 BGB nichtig. Da K noch nicht im Grundbuch als Eigentümer eingetragen worden ist, wurde der Formmangel auch nicht gem. 311b I 2 BGB geheilt. IV. Rechtsfolge 1. Herausgabe des Erlangten, 812 I 1 Alt. 1 BGB a. V hat das Erlangte, hier als die 500.000 (eben unter B.I.) herauszugeben. Allerdings sind die 500.000 unmittelbar zur Tilgung des Darlehens V C verbraucht worden (C ist Eigentümerin des Geldes geworden); die Herausgabe ist daher unmöglich. b. Gem. 818 II BGB schuldet K aber Wertersatz i.h.v. 500.000. 2. Herausgabeanspruch hinsichtlich der ersparten Sollzinsen? a. Nach 818 I BGB erstreckt sich die Herausgabepflicht auf die Nutzungen, die der Bereicherungsschuldner tatsächlich gezogen hat. Zu den Nutzungen zählen auch Zinserträge und sonstige Erträge, die dem Bereicherungsschuldner aus einer kapital-

Prof. Dr. Dagmar Kaiser Examenskurs Bereicherungsrecht (Herbst 2012) 5 vermehrenden Anlage des erlangten Geldbetrages zugeflossen sind. Hier hat V das Geld nicht zinsbringend angelegt, sondern zur Tilgung eigener Darlehensverpflichtungen verwandt und damit die Zahlung von Sollzinsen erspart. aa. Früher wurde insoweit teilweise die Auffassung vertreten, ersparte Aufwendungen könnten Nutzungen nicht gleichgesetzt werden, weil sie nicht aus dem Gebrauch sondern durch Verbrauch des Geldes zur Schuldentilgung erzielt werden Argument: Wortlaut des 100 BGB (so z.b. OLG München 14.1.1986, 9 U 4158/85, BauR 1986, 702; Gretter DB 1995, 516). bb. Nach BGH (6.3.1998, V ZR 244/96, BGHZ 138, 160, 163 ff; 16.7.1999, V ZR 56/98, NJW 1999, 2890, 2891 f) muss der Bereicherungsschuldner, der das erlangte Geld zur Tilgung von Schulden verwandt hat, die dadurch ersparten Zinszahlungen entsprechend 818 I BGB als Vorteile aus dem Gebrauch des Geldes an den Bereicherungsgläubiger herausgeben: Es entspreche einer rechtsdogmatisch nicht gebotenen und der Problematik dieser Fälle nicht gerecht werdenden naturalistischen Betrachtungsweise (sprich: sei rein begriffsjuristisch), wenn ersparte Aufwendungen nicht den Nutzungen gleichgesetzt werden. Für die auf wirtschaftlicher Betrachtung aufbauende Herausgabepflicht mache es keinen entscheidenden Unterschied, ob der Bereicherungsschuldner das erlangte Geld zinsbringend anlegt oder ob er eine Minderung seines Vermögens vermeidet, indem er eine eigene (hochverzinsliche) Schuld ablöst. Darüber hinaus sei es Sinn und Zweck des 818 I BGB, die gesamte Bereicherung abzuschöpfen, d.h. alle Vorteile, die im Vermögen des Bereicherungsschuldners als Folge der Bereicherung und deren zweckmäßiger Verwendung vorhanden sind (ähnlich schon Flume in GS für Knobbe-Keuk, 1997, S. 128 f.). b. Da V die ersparten Zinsen nicht in natura herausgeben kann, schuldet er gem. 818 II BGB auch insoweit Wertersatz. 3. Saldotheorie, 818 III BGB Nach der Saldotheorie kann K von V Wertersatz i.h.v. 550.000 nur Zug um Zug gegen Rückgabe des Grundstücks verlangen. Wertersatzanspruch K V i.h.v. 550.000, nach der Saldotheorie Zug um Zug gegen Rückgabe des Grundstücks.

Prof. Dr. Dagmar Kaiser Examenskurs Bereicherungsrecht (Herbst 2012) 6 Merksatz: Liegt bei Anweisungsfällen der Mangel im Deckungsverhältnis, erfolgt die Rückabwicklung ausschließlich in dieser Leistungsbeziehung und zwar über die Leistungskondiktion. Zusatzfrage A. Anspruch V K auf Herausgabe des Veräußerungserlöses aus 816 I 1 BGB Ein Anspruch V K aus 816 I 1 BGB scheidet aus: K ist gem. 878, 925 BGB Eigentümer des Grundstücks geworden und damit nicht Nichtberechtigter i.s. des 816 I 1 BGB: Die Übereignung an ihn war für K ein lediglich rechtlich vorteilhaftes Geschäft, das er gem. 107 BGB wirksam abschließen konnte. Nur den Kaufvertrag konnte er wegen daraus resultierenden rechtlichen Verpflichtungen gem. 107, 108 BGB nicht wirksam abschließen. Kein Anspruch V K aus 816 I 1 BGB. Mangels Eigentum der V scheidet auch ein möglicher Anspruch aus 985 BGB i.v. mit 285 BGB aus. B. Anspruch V K auf Herausgabe des Veräußerungserlöses i.h.v. 650.000 aus 812 I 1 Alt. 1, 818 I BGB I. Etwas durch Leistung der V ohne Rechtsgrund erlangt V hat K bewusst und zweckgerichtet Eigentum und Besitz am Grundstück verschafft: Die Übereignung des Grundstücks V K gem. 873, 925 I BGB ist als für den K rechtlich lediglich vorteilhaftes Geschäft gem. 107 BGB wirksam, lediglich der Kaufvertrag V K und damit der Rechtsgrund für 812 I 1 Alt. 1 BGB scheitert an 107, 108 BGB. II. Rechtsfolge 1. Herausgabe des Erlangten, 812 I 1 Alt. 1 BGB K muss grundsätzlich das Erlangte herausgeben, also der V Eigentum und Besitz am Grundstück rückübertragen. Fraglich ist, ob K die Herausgabe nach 818 II BGB unmöglich ist, da er Eigentum und Besitz wirksam auf D übertragen hat oder ob er vorrangig zum Rückerwerb des Grundstücks verpflichtet ist. Entspräche der Unmöglichkeitsbegriff des 818 II BGB dem in 275 I BGB (so Reuter/Martinek, Ungerechtfertige Bereicherung [1983] S. 564; Reuter in FS Gernhuber [1993] S. 369, 378), wäre die Herausgabe K nicht unmöglich, da D zur Rückübertragung des Grundstücks auf K gegen Zahlung von 750.000 bereit ist; K träfe eine Pflicht zum Rückerwerb. Ob die Rückerwerbsanstrengungen überobligationsmäßig sind, insbesondere weil K durch den Rückerwerb (Kosten: 750.000 ) draufzahlte, soll erst bei 818 III BGB zu berücksichtigen sein: K als Empfänger müsse das erlangte Grundstück nur Zug um Zug gegen Erstattung der Rückerwerbskosten herausgeben. Dann

Prof. Dr. Dagmar Kaiser Examenskurs Bereicherungsrecht (Herbst 2012) 7 liefe K aber Gefahr, dass V ihren Bereicherungsanspruch nicht mehr durchsetzen will, da sie für den Rückerhalt des Grundstücks an K nicht nur den ursprünglich geleisteten Kaufpreis (5000.000 ) herausgeben, sondern auch die Rückerwerbskosten (750.000 ) tragen müsste; K bliebe auf den Rückerwerbskosten sitzen. Richtigerweise (BGH 26.10.1990, V ZR 22/89, NJW 1991, 917, 918; 5.7.2006, VIII ZR 172/05, NJW 2006, 2847 [Rn 27]; Staudinger/Lorenz(Stephan) [2007] 818 Rn 21; MünchKomm/Schwab 5 [2009] 818 Rn. 44 f.; Erman/Buck-Heeb 13 [2011] 818 Rn 15; Palandt/Sprau 71 [2012] 818 Rn 18; mwn auch auf die Gegenmeinung Staudinger/Kaiser [2012] Vorbem zu 346 ff Rn 30; einschränkend jurispk/martinek 5 [2010] 818 Rn 43) trifft den Kondiktionsschuldner keine Rückerwerbspflicht: Anders als mit vertraglichen Leistungspflichten übernimmt der Kondiktionsschuldner keine Verschaffungspflichten, die ihn zu größeren Anstrengungen gegenüber dem Gläubiger verpflichten. Das Bereicherungsecht hat, wie insbesondere die Wertersatzpflicht des 818 II BGB und der Bereicherungseinwand des 818 III BGB zeigen, bloße Abschöpfungsfunktion: Der Bereicherungsschuldner soll dasjenige herausgeben, um das er aktuell ungerechtfertigt bereichert ist, wird aber nicht zu einem Tun, etwa zum Rückerwerb eines Grundstücks verpflichtet (abw falsch für die 346 ff für eine Pflicht zur Beseitigung dinglicher Belastungen [Grundschuld] BGH 10.10.2008, V ZR 131/07, BGHZ 178, 182 [Rn 18]; zum Rückerwerb, Grenze seien unzumutbare Anstrengungen is des 275 Abs 2 (OLG Stuttgart 1.12.2009, 6 U 248/08, NJW- RR 2010, 412, 416; nicht erwogen hingegen von BGH 19.11.2008, VIII ZR 311/07, BGHZ 178, 355 [Zweibrücker Wallach, Rn 9] bei Weiterveräußerung des gekauften Pferdes an die Tochter; gegen eine Beseitigungspflicht mnw Kaiser in FS Picker [2010] S 413 ff]). Um die Wertungen des 818 III BGB nicht zu unterlaufen darf der gutgläubige und unverklagte Bereicherungsschuldner in keinem Fall dann zum Rückerwerb verpflichtet sein, wenn er dadurch entgegen der Privilegierung des 818 III BGB mehr als den Wert des Erlangten verlöre (BGH 10.7.1981, V ZR 79/80, NJW 1981, 2687, 2689; so auch jurispk/martinek 5 [2010] 818 Rn 43). Die Wiederbeschaffung des Grundstücks zur Ermöglichung der Rückgabe von Eigentum und Besitz an V schuldete K bereicherungsrechtlich nicht. 2. Herausgabe des Veräußerungsgewinns gem. 818 I BGB a. Veräußerungsgewinn als Surrogat? Nach 818 I Hs. 2 BGB muss der Bereicherungsschuldner auch Surrogate für dasjenige herausgeben, das er anstelle des ursprünglich Erlangten bekommen hat. Insoweit ist jedoch schon zweifelhaft, ob der Veräußerungserlös überhaupt ein Surrogat i.s. des 818 I BGB ist.

Prof. Dr. Dagmar Kaiser Examenskurs Bereicherungsrecht (Herbst 2012) 8 Ein Teil der Lehre sieht den Veräußerungserlös einschließlich des Gewinns als (rechtsgeschäftliches) Surrogat an, das der Bereicherungsschuldner (Käufer) gem. 818 I BGB herausgeben muss. Hiergegen spricht neben der Gesetzgebungsgeschichte der Wortlaut des 818 I BGB, der mit Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstandes die rechtsgeschäftlichen Surrogate gerade nicht anspricht im Gegensatz etwa zu 2041, 2111 I BGB ( was als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder durch Rechtsgeschäft erworben wird ) und im Gegensatz auch zu 816 I 1 BGB ( Herausgabe des durch die Verfügung Erlangten ). Nach h.m. ist der Veräußerungserlös daher kein Surrogat i.s. des 818 I BGB (Palandt/Sprau 71 [2012] 818 Rn. 14 mwn). Beachte: 285 BGB lässt für das stellvertretende commodum mit seiner weiten Formulierung für den geschuldeten Gegenstand einen Ersatz oder Ersatzanspruch Raum für eine Erstreckung auf den Veräußerungsgewinn. b. Veräußerungsgewinn als Nutzung? Möglicherweise ist der Bereicherungsschuldner aber verpflichtet, den Veräußerungserlös als Nutzung herauszugeben. Dafür spricht 92 I BGB und die Tatsache, dass der BGH bei Geld neuerdings jede gewinnbringende Nutzung, etwa durch die Ersparnis von Sollzinsen, als Nutzung ansieht (oben Grundfall IV. 2. a). In Rechtsprechung und Lehre wird die Frage der Veräußerung als Nutzung nicht problematisiert (ausdrücklich dagegen nur RG 24.3.1915, V 453/14, RGZ 86, 343, 347); sie widerspricht jedoch dem Grundsatz, dass von Nutzung nur dann gesprochen werden können soll, wenn die herauszugebende Sache dem Bereicherungsschuldner erhalten bleibt. Stuft man den Veräußerungserlös als Nutzung ein, ist K aber nicht verpflichtet, den Teil des Verkaufserlöses zurückzugewähren, den er aufgrund seines persönlichen kaufmännischen Geschicks erzielt hat: Dieser ist keine Nutzung der Sache, sondern eine Nutzung seiner persönlichen Fähigkeiten mit Hilfe der Sache (D. Kaiser, Rückabwicklung gegenseitiger Verträge, 2000, S. 400 f). 3. Wertersatz, 818 II BGB Wegen Unmöglichkeit der Grundstücksherausgabe schuldet K nach h.m. daher nur Wertersatz. Streitig ist, wie dieser Wertersatz zu berechnen ist. a. Ein Teil der Lehre (Erman/Buck-Heeb 13 [2011] 818 Rn. 17; Koppensteiner NJW 1971, 1769, 1775) bestimmt den Wertersatz i.s. des 818 II BGB danach, welchen Wert die erlangte Leistung subjektiv gerade für den Bereicherungsschuldner

Prof. Dr. Dagmar Kaiser Examenskurs Bereicherungsrecht (Herbst 2012) 9 hat. Ist der Wertersatz subjektiv zu bestimmen, muss der Bereicherungsschuldner auch den Gewinn herausgeben, den er persönlich durch die Veräußerung der erlangten Leistung erzielt hat. Der subjektive Wertbegriff zieht 818 III BGB schon zur Inhaltsbestimmung und nicht erst zur Begrenzung des 818 II BGB heran. Das birgt die Gefahr, 818 III BGB absolut zu setzen, d.h. den gem. 818 II BGB geschuldeten Wertersatz pauschal subjektiv zu bestimmen, ohne im Einzelfall zu untersuchen, inwieweit der Bereicherungsschuldner tatsächlich bereichert ist. b. Die h.m. (BGH 27.2.1952, II ZR 191/51, BGHZ 5, 197, 201; 10.7.1953, V ZR 22/52, BGHZ 10, 171, 180; NomosKomm/Linke 2 [2012] 818 Rn. 17; BeckOK/Wendehorst 23 [2011] 818 Rn. 27; juris PK/Martinek 5 [2010] 818 Rn. 45; MünchKomm/Schwab 5 [2009] 818 Rn. 75 f) hält den Bereicherungsschuldner nur für verpflichtet, gem. 818 II BGB den objektiven Wert des Leistungsgegenstandes zu ersetzen, soweit er durch den Veräußerungserlös noch bereichert ist. Die Möglichkeit, durch die Veräußerung einen den objektiven Verkehrswert der Sache übersteigenden Gewinn zu erzielen, folge nicht aus dem Eigentum an der Sache und damit aus einem dem Bereicherungsgläubiger zugewiesenen Recht, sondern aus der Geschäftstüchtigkeit des Bereicherungsschuldners. K schuldet daher Wertersatz nur i.h.v. 500.000 und nicht i.h.v. 650.000. Der Bereicherungsschuldner muss den objektiven Verkehrswert auch dann ersetzen, wenn er das Erlangte unter Wert verkauft hat; seinen Mindererlös kann er gegebenenfalls als Entreicherung im Sinne des 818 III BGB einwenden. 4. Saldotheorie, 818 III BGB Nach der Saldotheorie sind die einander gegenüber stehenden Bereicherungen zu saldieren: Der Wertersatzanspruch der V i.h.v. 500.000 ist mit dem Wertersatzanspruch des K i.h.v. 550.000 (Grundfall) zu verrechnen. Danach hat nicht V einen Herausgabeanspruch gegen K, sondern K einen Herausgabeanspruch gegen V in Höhe des Überschusses, also i.h.v. 50.000. Weder Herausgabeanspruch noch Wertersatzanspruch der V, sondern Wertersatzanspruch des K i.h.v. 50.000

Prof. Dr. Dagmar Kaiser Examenskurs Bereicherungsrecht (Herbst 2012) 10 Variante 1 A. Ansprüche K C auf Herausgabe der 500.000 I. Aus 812 I 1 Alt. 1, 818 I BGB (Leistungskondiktion) Ein Anspruch K C aus 812 I 1 Alt. 1 BGB scheitert daran, dass K nicht an C geleistet hat (siehe Grundfall A.I.). II. Aus 812 I 1 Alt. 2 BGB (Nichtleistungskondiktion) Ein Anspruch K C aus Nichtleistungskondiktion scheitert an der vorrangigen Leistung V an C (siehe Grundfall A.II.). Wie im Grundfall kein Anspruch K C. Dies ist auch nach wirtschaftlicher Betrachtung richtig, da K durch die Zahlung seine Pflicht zur Kaufpreiszahlung gegenüber V getilgt und kein Bedürfnis an einer Rückerstattung hat. B. Anspruch V C auf Herausgabe der 500.000 aus 812 I 1 Alt. 1, 818 I BGB I. Etwas erlangt C hat Eigentum und Besitz am Geld erlangt. II. Durch Leistung V an C V hat mit der Anweisung an K, den Kaufpreis direkt an ihre Gläubigerin C zu zahlen, eine (durch K als Boten übermittelte) Tilgungsbestimmung gegenüber C abgegeben, mit der Zahlung durch K auf ihre Darlehensschuld zu leisten (Variante 1 unter A.II. und Grundfall unter A.II.). III. Ohne Rechtsgrund Der Darlehensvertrag ist nach 105 II BGB nichtig; es bestand kein Rechtgrund für die Zahlung auf das Darlehen. IV. Rechtsfolge 1. Herausgabe des Erlangten, 812 I 1 Alt. 1 BGB a. C hat Eigentum und Besitz an den Geldscheinen im Wert von 500.000 erlangt. Allerdings dürfte die Herausgabe dieser konkreten Geldscheine inzwischen unmöglich sein. b. Gem. 818 II BGB schuldet C aber Wertersatz i.h.v. 500.000. 2. Herausgabeanspruch hinsichtlich Zinsen a. Nach 818 I BGB erstreckt sich die Herausgabepflicht auf die Nutzungen, die der Bereicherungsschuldner tatsächlich gezogen hat. Zu den Nutzungen zählen nach h.m. (m.w.n. MünchKomm/Schwab 5 [2009] 818 Rn. 15 ff) auch Zinserträge und sonstige Erträge, die dem Bereicherungsschuldner aus einer kapitalvermehrenden Anlage des erlangten Geldbetrages zugeflossen sind. Hat ein Kreditinstitut Geld erhalten, so spricht eine tatsächliche

Prof. Dr. Dagmar Kaiser Examenskurs Bereicherungsrecht (Herbst 2012) 11 Vermutung dafür, dass das Institut Zinsen in Höhe von 5% Punkten über dem Basiszinssatz gezogen hat (MünchKomm/Schwab 5 [2009] 818 Rn. 18). b. Da C die Zinsen nicht in natura herausgeben kann, schuldet sie gem. 818 II BGB auch insoweit Wertersatz. 3. Saldotheorie, 818 III BGB Nach der Saldotheorie kann V von C Wertersatz i.h.v. 500.000 nebst Zinsen nur Zug um Zug gegen Rückgabe der Darlehensvaluta verlangen. Wertersatzanspruch V C i.h.v. 500.000 nebst Zinsen Zug um Zug gegen Rückgabe der Darlehensvaluta. Merksatz: Liegt bei Anweisungsfällen der Mangel im Valutaverhältnis, erfolgt die Rückabwicklung ausschließlich in dieser Leistungsbeziehung und zwar über die Leistungskondiktion. Variante 2 A. Ansprüche K C auf Herausgabe der 500.000 I. Aus 812 I 1 Alt. 1, 818 I BGB (Leistungskondiktion) Ein Anspruch K C aus 812 I 1 Alt. 1 BGB scheitert daran, dass K nicht an C geleistet hat (siehe Grundfall A.I.). Nach BGH kann aber K über eine Kondiktion der Kondiktion aus abgetretenem Anspruch aus 812 I 1 Alt. 1 BGB gegen C vorgehen (dazu gleich unter B.) II. Aus 812 I 1 Alt. 2 BGB (Nichtleistungskondiktion) Ein Anspruch K C aus Nichtleistungskondiktion scheitert an der vorrangigen Leistung V an C (siehe Grundfall A.II.). Nach beiden Ansichten jedenfalls kein Anspruch K C aus 812 I 1 Alt. 2 BGB (Nichtleistungskondiktion). Zum Anspruch K C aus 398, 812 I 1 Alt. 1 BGB (Kondiktion der Kondiktion) nur nach BGH, gleich unter B. B. Anspruch K V aus 812 I 1 Alt. 1 BGB (Leistungskondiktion) I. Etwas erlangt V könnte durch die die Zahlung von K an G von einer Schuld befreit worden sein; dann hätte sie die Befreiung von dieser Verbindlichkeit erlangt. Zur Erinnerung: Läge kein Doppelmangel vor, sondern wie im Grundfall nur ein Mangel im Deckungsverhältnis K V, wäre das von V Erlangte unstreitig nicht die Befreiung von einer Darlehensverbindlichkeit, sondern dasjenige, was der Zuwendende (K) im Verhältnis zu seinem Vertragspartner (V) leisten sollte und wollte, also 500.000 in der als-ob- Betrachtung (normative Bestimmung des Erlangten). Diese

Prof. Dr. Dagmar Kaiser Examenskurs Bereicherungsrecht (Herbst 2012) 12 normative Sichtweise gibt die Rechtsprechung anders als die Literatur bei einem Doppelmangel auf: 1. Nach der Rechtsprechung (BGH 24.3.1960, VII ZR 61/59, JZ 1962, 404; 1.6.1989, III ZR 261/87, NJW 1989, 2879, 2881; OLG Saarbrücken 11.8.1999, 1 U 867/98) ist bei einem Doppelmangel (also bei fehlerhaftem Deckungsverhältnis und gleichzeitig fehlerhaftem Valutaverhältnis) die Kondiktion der Kondiktion (Doppelkondiktion) gemäß 812 I 1 Alt. 1 BGB, 398 vorzunehmen: Wie bereits im Grundfall unter B. geprüft, hätte K gegen V wegen des nichtigen Kaufvertrages einen Anspruch aus 812 I 1 Alt.1 BGB. Anders als im Grundfall hat V nach Ansicht des BGH nicht nach normativen Gesichtspunkten 500.000 erlangt, da V ihrerseits wegen der Nichtigkeit des Darlehensvertrages C nichts schuldet. Daher habe V einzig einen Kondiktionsanspruch gegen C aus 812 I 1 Alt. 1 BGB erlangt, da sie über K (als Angewiesenen) auf die nicht bestehende Darlehensschuld V C gezahlt hat (bereits Variante 1 unter B.). Diesen Kondiktionsanspruch V C könne K bei V kondizieren (Kondiktion der Kondiktion). Die Rückabwicklung innerhalb der Leistungsverhältnisse (K V und V C) sei ein unnötiger Umweg, möglich sei über die Abtretung des Kondiktionsanspruchs V C an K ein direktes Vorgehen K C. Da K aus abgetretenem Recht vorginge, werde C hinreichend über die 404 ff BGB geschützt. 2. Die Literatur (mwn: MünchKomm/Schwab 5 [2009] 812 Rn. 72ff) sieht in der Kondiktion der Kondiktion eine Verdoppelung des von K zu tragenden Insolvenzrisikos und hält daher an der Rückabwicklung des jeweils nichtigen Vertrages fest (dazu noch unter IV.). Entgegen BGH ist nach richtiger Auffassung der Kondiktionsanspruch V C nicht das Einzige, das V erlangt hat. Auch beim Doppelmangel ist das Erlangte normativ zu bestimmen. Bei normativer Betrachtung hat V das (zur Darlehenstilgung eingesetzte) Geld an sich erlangt. Bei einem Doppelmangel kommt die Besonderheit hinzu, dass durch die Zahlung eine Schuldbefreiung zwar intendiert, jedoch wegen Unwirksamkeit des Darlehensvertrages nicht eintreten konnte. Da mittlerweile C Besitzer und Eigentümer des Geldes geworden ist, geht der Anspruch K V wegen Unmöglichkeit der Herausgabe auf Wertersatz gem 818 II BGB. II. Durch Leistung des K K müsste an V geleistet haben. Leistung ist die bewusste und zweckgerichtet Mehrung fremden Vermögens. Hier hat K das Geld an V zur Erfüllung der vermeintlich bestehenden Verbindlichkeit aus dem Kaufvertrag geleistet, wobei er auf Anweisung der V hin direkt an C zahlt. Dem Handeln des K liegt eine Tilgungsbestimmung zugrunde, die eigene vermeintliche

Prof. Dr. Dagmar Kaiser Examenskurs Bereicherungsrecht (Herbst 2012) 13 Kaufpreisschuld gegenüber V zu tilgen. Die C-Bank ist insofern Empfangsbotin der V für die Tilgungsbestimmung des K (MünchKomm/Schwab 5 [2009] 812 Rn. 67). Auch aus Sicht der Leistungsempfängerin V ist die Zahlung des K eine Leistung an sie selbst. III. Ohne Rechtsgrund Da der Kaufvertrag V K nichtig ist, hat K ohne Rechtsgrund gezahlt. IV. Rechtsfolge 1. V schuldet Herausgabe des Erlangten, nach BGH also die Abtretung des Bereicherungsanspruches V C (Kondiktion der Kondiktion). Danach erhielte K über 398 BGB den Kondiktionsanspruch V C aus 812 I 1 Alt. 1 BGB. Die Beschränkung des Bereicherungsausgleichs auf die Kondiktion der Kondiktion wird von der Literatur kritisiert (oben Variante 2 unter A.II.2.): Da K über die Kondiktion der Kondiktion nur den Bereicherungsanspruch V C erhielte, müsste er sich doch unmittelbar mit C auseinandersetzen: Er wäre nicht nur den Einwendungen und Einreden der V, sondern über 404, 406 BGB auch denen der C ausgesetzt. Zudem verdoppelt sich aus Sicht der K das Insolvenzrisiko: K trüge nicht nur das Risiko einer Insolvenz der V, sondern müsste zusätzlich das Insolvenzrisiko der C tragen. Richtigerweise ist das Erlangte und damit das Herauszugebende auch bei einem Doppelmangel normativ zu bestimmen: Normativ erlangt hat V 500.000. Da V diese nicht herausgeben kann, schuldet sie Wertersatz nach 818 II BGB. Gegen diesen Wertersatzanspruch K V kann sich V auf Entreicherung nach 818 III BGB berufen, wenn die ungerechtfertigte Bereicherung keinerlei Vermögensvorteil bei ihr hinterlassen hat. Das könnte hier der Fall sein: Die normativ erlangten 500.000 sollten zu einer Befreiung der V von der Darlehensschuld gegenüber C führen; dieses Ziel hat die Zahlung wegen der Nichtigkeit des Darlehensvertrages nicht erreicht. V wäre nach 818 III BGB entreichert: besser niemals bereichert worden. Gegen die Entreicherung wird zu Recht eingewandt, dass V mit der Auszahlungsanweisung über die 500.000 disponiert habe. Ihre vermögensmäßige Entscheidung (Begriff von Flume NJW 1970, 1161, 1162 f.), die 500.000 C zu überlassen und damit deren Insolvenzrisiko zu übernehmen, könne V nicht durch den Umstand, dass auch der Vertrag V K unwirksam sei, abgenommen und auf diese Weise auf K verlagert werden (vgl. MünchKomm/Schwab 5 [2009] 812 Rn. 40 f. und 48). Mit denselben Argumenten entscheiden Canaris, Lieb und andere auch bei der Rückabwicklung gegenseitiger

Prof. Dr. Dagmar Kaiser Examenskurs Bereicherungsrecht (Herbst 2012) 14 Verträge: Habe der Bereicherungsschuldner das Risiko für den Untergang der empfangenen Leistung durch seine vermögensmäßige Entscheidung zum Erwerb der Sache übernommen, sei ihm der Entreicherungseinwand des 818 III BGB grundsätzlich verwehrt und schulde er deshalb auch dann Wertersatz, wenn er nicht mehr bereichert sei. Nur in Fällen besonderer Schutzwürdigkeit des Bereicherungsschuldners (die hier nicht bestehen: z.b. Minderjährigkeit der V oder arglistige Täuschung) müsse es im Ergebnis dabei bleiben, dass V sich auf den Wegfall der Bereicherung berufen kann (Larenz/Canaris II/2 [1994] 70 II 2; Medicus BürgR 23 [2011], Rn. 673). Lehnt man mit der Literatur die Kondiktion der Kondiktion ab, hätte K gegen V einen Anspruch aus 812 I 1 Alt. 1 BGB ihv 500.000, dem V nicht die Entreicherungseinrede nach 818 III BGB entgegenhalten kann und V einen entsprechenden Anspruch aus 812 I 1 Alt. 1,, 818 II BGB gegen C. Nach BGH könnte K von V die Abtretung ihres Kondiktionsanspruchs gegen C aus 812 I 1 Alt. 1, 818 II BGB gem. 398 BGB verlangen. Merksatz: Liegt bei Anweisungsfällen der Mangel sowohl im Deckungsverhältnis als auch im Valutaverhältnis, erfolgt die Rückabwicklung nach der Literatur ausschließlich in der jeweiligen Leistungsbeziehung und zwar über Leistungskondiktion; nach BGH dagegen über einen Direktanspruch aus abgetretenem Recht.