Leistungsorientierte Spitalfinanzierung in der Schweiz Folien-Auszüge von Willy Oggier, Dr.oec.HSG copyright by willy gier
Inhaltsverzeichnis Fragen des Geschäftsführers vom 25. Mai 2018 und Kurz-Antworten Fazit copyright by willy gier
Fragen (I) Welche Erfahrungen haben die Schweizer mit der DRG-Einführung bislang gemacht (Qualität der Versorgung, Wirtschaftlichkeit)? Keine blutigen Entlassungen, vermehrte Fokussierung der Leistungen anhand von kritischen Grössen (medizinisch und ökonomisch), Wirtschaftlichkeits-Vergleiche durch die Eidgenössische Preisüberwachung als Treiber Weiterentwicklung des DRG-Systems: Systemgüte steigt dank Zusatzentgelten, Verzicht auf NUBs Offene Fragen: Braucht es nach wie vor höhere Base Rates für Universitätsspitäler? Abbau der Rollenkonflikte der Kantone (und bevorzugte Behandlung eigener Spitäler)? Regelung der Schnittstellen zwischen Somatik (DRG) und Psychiatrie (TARPSY), Somatik und Rehabilitation (ST Reha, geplant) bzw. Psychiatrie und Rehabilitation? copyright by willy gier
Fragen (II) Ist seit der Einführung der Fallpauschalen die Zahl der Behandlungsfälle in den schweizerischen Krankenhäusern gestiegen? Zwischen 2006 und 2016 stieg die Gesamtzahl der akutstationären Hospitalisierungen in der Schweizer Wohnbevölkerung um 17 Prozent, jene der ausserkantonalen um 45 Prozent. (BfS, 2018) Die Gesamtzahl der akutstationären Hospitalisierungen nahm sowohl zwischen 2006 und 2011 als auch zwischen 2012 und 2016 im Jahresdurchschnitt um 1.9 Prozent zu. (BfS, 2018) Aber: Anteil der DRGs an der Entwicklung unklar, da vor der flächendeckenden Einführung rund die Hälfte der Spitäler bereits mit einem Vorläufer-DRG-System arbeiteten. copyright by willy gier
Fragen (III) Führen pauschalierte Vergütungen in der Schweiz zum Abbau von Pflegekräften in den Krankenhäusern? Gibt es entsprechende Vorkehrungen, wie beispielsweise verbindliche Personalbemessungssysteme für Ärzte und Pflegekräfte? Abbau-Tendenz vorher schon feststellbar Keine entsprechenden Vorkehrungen Aber: Pflegende haben mehr Kompetenzen als in Deutschland und Diskussion über hochkomplexe Pflege copyright by willy gier
Fragen (IV) Besteht in der Schweiz für die Patienten die freie Wahl unter allen Krankenhäusern? Welche Auswirkungen hat die Spitalliste? Unter allen Listen-Spitälern ja, sofern das Spital auf der Liste des Standort-Kantons steht. Aber: Abgeltung höchstens auf der analen Höhe wie im Wohnort-Kanton des Versicherten aus der Grundversicherung Und: Kantone greifen teilweise zu Referenztarifen, welche Heimatschutz-Funktion annehmen. copyright by willy gier
Fragen (V) Wie wird der Vergütungssatz für Leistungen von Rehabilitationskliniken festgelegt? Gibt es ein Vergütungssystem? Rehabilitations-Kliniken haben Spital-Status, also die gleichen gesetzlichen Grundlagen. Sie sollten auf einer gesamtschweizerisch einheitlichen Tarifstruktur basierende leistungsorientierte Pauschalen erhalten (stationär). Problem: Rehabilitationsbegriff ist ursprünglich scharf konzipiert gewesen (Abgrenzung zu Kuren, Heilbädern, Akut- und Übergangspflege etc.), Kantone weichen diesen aus Wirtschaftsförderungs-Gründen auf. ST Reha ist erst am Entwickeln. Kostendaten sind fragwürdig, solange Begriff ungeklärt bleibt. copyright by willy gier
Fragen (VI) Wie werden die Leistungen für die medizinische Rehabilitation vereinbart und welche Relevanz hat dies auf die Preise? Die Kantone hätten dies für stationäre Leistungen im Rahmen der Spitallisten-Erstellung zu formulieren und miteinander abzustimmen. Zur Zeit laufen solche Versuche mindestens für die Deutschschweiz. Westschweiz und H+ Die Spitäler der Schweiz spielen hier aber bremsende Rolle, SW!SS REHA eine fördernde. Einzelne Kantone verlangen die Erfüllung der SW!SS REHA-Kriterien für die Gewährung eines Leistungsauftrags auf der Spitalliste. Ärztliche Leistungen sind im Rahmen der Grundversicherung in der ST Reha-Tarifstruktur abgegolten (stationär). copyright by willy gier
Fragen (VII) Wie wird die Qualität der medizinischen Versorgung der Patienten in der Schweiz von Patienten, Ärzten und Politik bewertet? Wo liegen Stärken und Schwächen? Politik verlangt in der Regel ANQ-Mitgliedschaft für Spitallisten- Aufnahme. Einzelne Kantone verlangen pro Spital und neu pro Arzt minimale Fallzahlen. Neue GDK-Empfehlung: Qualitätsvorgaben pro Standort Beurteilung durch Ärzte je nach Marktsituation unterschiedlich Patienten: schwach organisiert; Nähe ist vor allem in der Grundversorgung ein hohes Gut (bei Abstimmungen); Zunahme ausserkantonaler Hospitalisationen wohl bei Spezial-Leistungen copyright by willy gier
Fragen (VIII) Gibt es die für Deutschland beschriebenen Schnittstellen- Probleme im Übergang von ambulanter zur stationären Versorgung auch in der Schweiz? Es gibt Schnittstellen-Probleme, aber andere: Anteil der öffentlichen Finanzierung bei stationären Leistungen mindestens 55 Prozent der leistungsorientierten Pauschalen, ambulant kein öffentlicher Beitrag (Forderung nach einheitlicher Finanzierung). Spitäler waren und sind historisch stärker ambulant tätig. Forderung ambulanter Globalbudgets durch eine Expertengruppe copyright by willy gier
Fragen (IX) Wie gut arbeiten ambulant tätige Ärzte mit den Krankenhäusern im Hinblick auf die Versorgung chronisch kranker Patienten zusammen, die häufiger zwischen ambulanter und stationärer Versorgung wechseln? Ist eine intersektorale elektronische Patientenakte im Einsatz, die alle Behandler auf den aktuellen Stand bringt? Andere Ausgangslage: Niedergelassene und Spitalambulanzen sind oft Konkurrenten, erste Ansätze trotzdem sichtbar. Belegarztkliniken stellen teilweise Internisten an. Elektronisches Patientendossier in der Einführungsphase, aber doppelte Freiwilligkeit (für Spitäler und Pflegeheime Pflicht) copyright by willy gier
Fragen (X) Mit welchen Leistungen wird der Eintritt von Pflegebedürftigkeit älterer und kranker Menschen verzögert? Gibt es spezielle Rehabilitationsangebote? Wie ist der Zugang geregelt? Grundsatz «ambulant vor stationär»: Förderung der Spitex Einige Kantone erteilen Leistungsaufträge «geriatrische Rehabilitation», andere nicht. Akut- und Übergangspflege (allerdings zu geringe Leistungspflicht: 14 Tage und Pflegekosten) Zulassung von Pflegeheimen über eine Pflegeheim-Liste Krankenversicherer bezahlen einen Beitrag an die Pflege, bei Betreuungs- und Hotellerie-Kosten i.d.r. hoher Eigenanteil. copyright by willy gier
Fragen (XI) Welche ergänzenden Versorgungsangebote (Pflege, Rehabilitation) gibt es für die Patienten nach der Entlassung aus dem Krankenhaus? Vgl. oben: Spitex, geriatrische Rehabilitation Und: Pflegeheime sind keine Einbahn-Wege mehr, Rückkehr nach Hause wird zunehmend möglich. copyright by willy gier
Fragen (XII) Gibt es in der Schweiz genügend Fachkräfte für Krankenhäuser? Gibt es verbindliche Personalbemessungs-Systeme? Ja, dank Migration (Grad u.a. abhängig von der Art der Leistungserbringung (z.b. Psychiatrie) bzw. der Lage des Krankenhauses) Bei einzelnen Zertifizierungs-Systemen ja, für die Aufnahme auf die Spitalliste wird eher das Vorhandensein und das Sicherstellen der medizinisch, pflegerisch und pharmazeutisch zweckmässigen Infrastruktur (inkl. Personal) überprüft/ festgelegt. copyright by willy gier
Fragen (XIII) An welchen Stellen sind Reformen der schweizerischen Gesundheitsversorgung geplant? Einführung des morbiditätsorientierten Risikoausgleichs und TARPSY, ST Reha Ambulant vor stationär (in einzelnen Kantonen bereits verfügt, auf Bundesebene vor der Einführung) Einheitliche Finanzierung in Diskussion (Frage der Steuerungs- Kompetenz der Kantone im ambulanten Bereich auf dem Tisch) Experten-Bericht: Vorgeschlagene Massnahmen, u.a. Experimentierartikel, ambulantes Globalbudget, verbindliche Wachstums-Vorgabe über sämtliche obligatorischen Krankenversicherungs-Leistungen (faktisch Globalbudget) copyright by willy gier
Fazit Viele der Antworten sind nicht auf eine unterschiedliche Herangehensweise bei der Entwicklung der Tarifstrukturen, sondern in unterschiedlichen Rahmenbedingungen zu suchen. Spitalfinanzierung Spital-/ Rehabilitations-Begriff Spital-Aktionsradius Organisation der Sozialversicherungen copyright by willy gier
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