Herzlich Willkommen zur Vorlesung Diversity Management (auch) eine Chance für Gleichstellung?! Hoffentlich haben Sie gut hergefunden! Daniela Rastetter Anna Mucha
DIVERSITY MANAGEMENT (AUCH) EINE CHANCE ZUM ABBAU VON DISKRIMINIERUNG? Prof. Dr. Daniela Rastetter Universität Hamburg daniela.rastetter@uni-hamburg.de Daniela Rastetter Anna Mucha
Diversity = Vielfalt Dabei ist nicht nur das Vorhandensein von Unterschieden relevant, sondern auch die Wahrnehmung von Vielfalt und deren soziale Konstruktion. Unterschiede = Ungleichheit Diversity als Ausgangspunkt von Handeln beinhaltet, sich über die Bewertung von Zuschreibungen und die Folgen von Unterscheidungen Gedanken zu machen Daniela Rastetter Anna Mucha
Individuelle Ebene: Multiple Identität Umweltaktivistin Frau Homer Simpson aus der Unterschicht männlich heterosexuell Sicherheitsinspektor im AKW Vater von drei Kindern verheiratet impulsiv verheiratet Atheistin Italienerin Daniela Rastetter Anna Mucha
Von den USA nach Europa 1980er Jahre: Diversity Management in den USA Reaktion auf die Demografie des Arbeitsmarkts ( Workforce 2000 ) Bürgerrechtsbewegungen Diejenigen, die vom homogenen Ideal abweichen, sind nicht länger bereit, sich anzupassen Homogenität ist nicht gut für die Organisation: Wettbewerbsvorteile von Managing Diversity: Potenziale von Vielfalt nutzen, Probleme von Vielfalt reduzieren 1990er Jahre: Diversity Management kommt nach Europa Vielfalt nimmt zu, aber monokulturelle Organisationen: Diversity Management als Lösung. Über 2000 Organisationen haben die Charta der Vielfalt unterzeichnet. Daniela Rastetter Anna Mucha
Zunehmende Diversität in Unternehmen Demografische Alterung, höhere berufliche und geografische Mobilität, gesellschaftliche, kulturelle, religiöse Herkunft vielfältiger Individualisierung der Lebensläufe und -formen Standardisierte Instrumente und standardisiertes Führungshandeln scheitern, individuelle Vereinbarungen und individualisierte Arbeitsgestaltung nötig Megatrend Digitalisierung führt zu Diversität der Beschäftigungsformen und hat gleichzeitig Auswirkungen auf Dimensionen wie Alter, Gender, Behinderung Daniela Rastetter Anna Mucha
Diversität managen Vielfalt (= Diversity bezogen auf Geschlecht, Alter, Herkunft, Werte, Arbeitsstile usw.) kann durch Konflikte und Diskriminierungen Produktivitätseinbußen bewirken, kann jedoch bei richtigem Management (= Diversity Management oder: Diversity als Strategie) Wettbewerbsvorteile verschaffen. Daniela Rastetter Anna Mucha
Diversity-Dimensionen in der deutschen Praxis Grundgesetz BetrVG AGG Behinderung Geschlecht Religion Vorlieben Familienstand Denk- und Arbeitsweise Funktion Alter Sexuelle Identität Fähigkeiten Ethnizität Soziale Herkunft Daniela Rastetter Anna Mucha Sprache
Four Layers of Diversity Organisationale Dimensionen Funktionsbereich, Arbeitsort, hierarchischer Status, Betriebszugehörigkeit, gewerkschaftliches Engagement Externe demographische Dimensionen Familienstand, Kinderzahl, Religion, Berufserfahrung, Ausbildung, Einkommen Demographische Kerndimensionen Alter, Behinderung, Ethnizität, Geschlecht, sexuelle Orientierung Persönlichkeit (Gardenwartz & Rowe, 1995)
Ansätze des Diversity Management Fairness Anti-Diskriminierung, Chancengleichheit Marketingvorteile, Zugang zu Kund*innen Marktzutritt Lernen und Effektivität Nutzung der Unterschiede, voneinander lernen
Diskriminierung, Chancengleichheit, Gleichstellung Diskriminierung: Aufgrund von Zugehörigkeiten zu einer sozialen Gruppe werden Zugänge verweigert (juristisch: AGG) Beispiel: Feuerwehr
Diskriminierung, Chancengleichheit, Gleichstellung Legitime vs. illegitime Diskriminierung Quoten Unmittelbare vs. mittelbare Diskriminierung dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren (AGG) Merkmal wesentliche und entscheidende berufliche Voraussetzung? Beispiel Frauenhaus Beispiel Fließende Beherrschung der deutschen Sprache wird für Tätigkeit vorausgesetzt, obwohl sie nicht erforderlich ist.
(Anti)Diskriminierung durch Personalpolitik Informelle Anwerbung: Ähnliche sozioökonomische Merkmale Ausschluss der ohnehin Benachteiligten In Stellenanzeigen kaum noch Verstöße gegen das AGG (ADS 2018), Jobtitel jedoch meist im generischen Maskulinum (m/w) Vorschlag: m/w/d Bilder gemischter Teams Auf männlich assoziierte Worte verzichten
(Anti)Diskriminierung durch Personalpolitik Personalauswahl: Urteilsverzerrungen (z.b. Effekt des ersten Eindrucks), Verzerrung durch unstrukturierte Interviews, arbeitsplatzferne Anforderungen, wenig sensibilisierte Beurteilende, Intuition und Erfahrung (Deller et al., 2016) Aufstieg: Informelle, intransparente Prozesse, Think-Manager-Think-Male
AGG-Studie (Raasch & Rastetter, 2009) 52 Interviews, 41 Betriebe (16 Großunternehmen, 25 KMU): AGG-Vorgaben werden erfüllt, um Klagen zu vermeiden AGG für eigenes Unternehmen nicht notwendig, diskriminieren tun die anderen. Aber: Eingestellt wird, wer zur Firma passt (Personalreferentin Großunternehmen Technikbranche) PE, Aufstieg, Kündigungen, Entgeltfindung: keine Änderungen
Wie kann Diversity Management helfen? Sensibilisierung für das Thema Diversity-Trainings Fairness Diversity Management- Ansatz Diversity-orientierte Vereinbarungen Beratung für Minderheitengruppen Institutionalisierung
Why Diversity Programs Fail (Dobbin & Kalev, 2016) USA: Teure Prozesse wegen Diskriminierung Diversity-Maßnahmen Führten nicht zu mehr Gleichheit. Anteil von Managern in U.S. Commercial Banks Anteil 2003 2014 Hispanics 4.7 % 5,7 % White women 39 % 35 % Black men 2,5 % 2,3 % Alle US-Firmen ab 100 Beschäftigten: Ähnliches Bild, marginale Veränderungen bzw. Stagnation
Why Diversity Programs Fail (Dobbin & Kalev, 2016) Sehr verbreitet: Diversity Trainings Ärger und Widerstand bei Teilnehmenden Ergebnisse werden schnell vergessen Vorurteile werden aktiviert ¾ benützen negative Botschaften
Why Diversity Programs Fail (Dobbin & Kalev, 2016) Diversity-Programme erhöhen die Diversity nicht Starre Regeln führen zur Rebellion. Die drei bekanntesten Diversity-Maßnahmen machen Firmen weniger divers. Beispiel: Einstellungstests werden selektiv eingesetzt bzw. flexibel interpretiert.
Why Diversity Programs Fail (Dobbin & Kalev, 2016) Diversity-Programme, die einen Effekt haben, setzen auf Engagement Kontakt untereinander Wunsch, fair zu erscheinen
ehrm als Chance? Urteilsverzerrungen von Personaler*innen bei Einstellung und Personalbeurteilung sind gut belegt Diversitätssensible digitale Tools als Diversity Management- Strategie? Bisher wenig erforscht Offene Fragen: Welche Annahmen fließen in die Tools ein, wie diversitätsblind sind sie? Welche Abwehrstrategien entwickeln Personaler*innen, die lieber auf Intuition und Erfahrung vertrauen?
Fazit Vielfalt muss gemanaged werden, damit sie gut funktioniert und niemand diskriminiert wird mit Widerstand ist dabei zu rechnen Diversity Management kann eine Chance für den Abbau von Diskriminierung sein allerdings ist das voraussetzungsvoll und kein Selbstläufer Gefahr der Stereotypisierung bzw. Anleitung zur kategorialen Wahrnehmung lässt sich nicht ganz ausschalten ehrm hat Potenzial, Teil einer auf Gleichstellung abzielenden Diversity-Strategie zu werden
Herausgeberinnen Prof. Dr. Andrea D. Bührmann Dr. Laura Dobusch Prof. Dr. Ilona Ebbers Prof. Dr. Brigitte Halbfas Prof. Dr. Daniela Rastetter Prof. Dr. Barbara Sieben
VIELEN DANK FÜR IHRE AUFMERKSAMKEIT!