Herausforderungen, Akzeptanz, Ausblick Prof. Dr. Achim Spiller/M. Sc. Friederike Albersmeier 11.06.2008
Gliederung Bedeutung und Struktur der Veredelungswirtschaft in Deutschland Reputation der Fleischwirtschaft: Studienergebnisse Herausforderungen 2
Bedeutung der Veredelungswirtschaft 3
Strukturwandel in der Veredelungswirtschaft Viehaltende Betriebe in Deutschland (in tausend Stück) 2004 2005 2006 2007 %-Veränder. 07 zu 06 Betriebe mit Schweinen mit Zuchtsauen 91,4 88,7 82,4 79,9-3,1 35,3 33,8 30,9 29,1-6,0 4
N SL SE Strukturwandel in der Veredelungswirtschaft HH CLP DH EL B VEC MI ST OS BOR COE WAF KLE EE RG MQ Schweinebestände in den Landkreisen der BRD (2003) Wasserflächen Landkreise Stadtkreise NEA SHA 1.0 DON 0.5 LA 0.25 PA UL BC Schweine M (in Mio.) 50 0 50 100 Kilometer 150 Quelle: Bäurle & Windhorst 2005 200 H. Bäurle, 2005 5
Strukturwandel in der Veredelungswirtschaft Schweinehaltung in ausgewählten EU-Staaten (2003) Staaten Betriebe (1.000) Mastschweine (1.000) Mastschweine/ Betrieb (Stück) Belgien 8,7 6.539 752 Dänemark 11,1 12.949 1.167 Deutschland 102,2 26.609 260 Frankreich 53 15.237 287 Niederlande 10,7 11.169 1.044 Spanien 130,8 21.211 162 EU (15) 671,9 118.792 177 EU (25) 2.196,9 149.968 68 Quelle: Situationsbericht 2007 Weser-Ems: 513 6
Strukturwandel in der Veredelungswirtschaft Bestandsgrößen im Jahr 2005 7
Konzentrationsprozesse auf der Schlachtstufe Die drei größten Schlachtfirmen (Vion, Tönnies, Westfleisch) schlachten mittlerweile knapp die Hälfte aller Schweine in Deutschland Firmengruppen kontrollieren z. T. die gesamte Fleischkette vom Lebendtier bis zum verpackten Frischfleisch oder zur Wurst 8
Die führenden Lieferanten des LEH Rang Unternehmen Umsatz in Dt. in Mio. Gruppenumsatz Euro (netto) 2006 in Mio. Euro (netto) 1 Nestlé 3.770 62.596 2 Vion Food Group 3.707 7.413 3 Procter & Gamble 3.500 60.973 4 Dr. August Oetker 2.611 7.149 5 Unilever 2.300 39.642 6 Coca-Cola 2.266 19.199 7 Cobana Fruchtring 2.057 2.284 8 Henkel 2.000 12.740 9 Kraft Foods 2.000 27.383 10 Philip Morris 1.961 53.189 11 B+C Tönnies 1.950 3.000 9
Die führenden Lieferanten des LEH Rang Unternehmen Umsatz in Dt. in Mio. Gruppenumsatz Euro (netto) 2006 in Mio. Euro (netto) 12 InBev 1.750 13.308 13 Südzucker-Gruppe 1.687 5.764 14 Ferrero 1.500 5.300 15 Humana Milchunion 1.500 1.800 16 Nordmilch Konzern 1.359 1.941 17 Pfeifer & Langen 1.300 2.200 18 Unternehmensgruppe Theo Müller 1.260 2.100 19 Westfleisch-Gruppe 1.225 1.666 Quelle: Lebensmittelzeitung 2008 10
Europas größte Schweineschlachtunternehmen Schlachtunternehmen % Marktanteil Land 1. Danish Crown 10 DK, GB 2. Vion 8,4 D, NL 3. Tönnies 2,5 D 4. Westfleisch 2,3 D 5. Cooperl 1,6 F 6. Socopa 1,6 F 7. Smithfield 1,5 PL, F, RO 8. Grampian 1,4 GB 9. D&S Fleisch 1 D 10. Proinsegra 1 ES 11. Gausepohl 0,8 D 12. Swedish Meats 0,8 SW 11
Krisen und Konflikte in der Veredelungswirtschaft Medienberichterstattung Standortkonflikte Mitteldeutsche Zeitung vom 17.03.06 Neues Deutschland vom 29.05.06 12
Videoclip 13
Hat die Branche ein Akzeptanzproblem in der Öffentlichkeit? 14
Reputation der Veredelungswirtschaft in der Gesellschaft Eine empirische Studie 15
Zur Bedeutung der Supply Chain Reputation Wert der Reputation für Unternehmen Ein zentraler Faktor für den Erfolg des Unternehmens Voraussetzung für Transaktionen, da Informationsasymmetrien überbrückt werden können Entscheidungshilfe für das Eingehen von (Geschäfts-) Beziehungen Die Qualität der Beziehung spiegelt sich in der Loyalität der Anspruchsgruppen zum Unternehmen wider Ein positiver Ruf ermöglicht vielfältige Unterstützungspotentiale bei Stakeholdern Nur wer über Reputation verfügt, wird Akzeptanz für seine Produkte und wirtschaftlichen Entscheidungen finden 16
Potentiale der Reputation Wert der Reputation für Unternehmen Unternehmensreputation Stakeholder Kunden Mitarbeiter Investoren Unterstützungspotentiale - Kundenzufriedenheit und -loyalität - Kundenbindung und Neukundengewinnung - Erhöhung der Preisbereitschaft - Mitarbeiterzufriedenheit, -loyalität - Mitarbeiterbindung - Mitarbeitergewinnung - Erhöhung der Motivation - Zufriedenheit der Aktionäre - Gewinnung und Bindung von Investoren - Senkung von Kapitalkosten Öffentlichkeit - verbesserte Unterstützung von Medien, Politik und Öffentlichkeit Quelle: Eigene Darstellung 17
Studiendesign Persönliche Befragung im Mai und Juni 2007 durch geschulte Studenten der Universität Göttingen Standardisierter Fragebogen 695 durch Quotenverfahren ausgewählte Personen im Raum Nordwestdeutschland (convenience sample) Fragebogen in vier Abschnitte: Gleiche Items, jeweils zugeschnitten auf die entsprechende Stufe der Fleischwirtschaft 18
Reputation des Sektors im Vergleich 75 71,0 Auto 67,4 66,4 Punkte 65 55 54,2 58,8 Bau Süßw. Milch 62,6 Banken 45 50,4 Fleisch Chemie Fleischsektors Autoindustrie 1 Chemieindustrie Bauindustrie Süßwarenindustrie Milchsektors Bankenwesen 19
Reputation...der landwirtschaftlichen Tierhaltung? 1,7 11,4 22,8 27,0 31,5 4,9...der Schlachtunternehmen? 6,3 19,1 33,7 20,3 17,9 1,2...der Hersteller von Wurstwaren? 3,4 13,8 34,1 24,4 19,8 3,1...des Wurst- und Fleischangebots im Lebensmittelhandel? 1,4 8,1 20,0 26,8 32,0 11,0...des Fleischsektors insgesamt? 1,0 11,1 37,7 29,5 19,0 1,2 0% 20% 40% 60% 80% 100% Sehr schlecht Schlecht Eher schlecht Mittelmäßig Eher gut Gut Sehr gut 20
Glaubwürdigkeit im Vergleich Glaubwürdig Ldw. Eher glaubwürdig Teils/teils Wurst LEH. Schlacht. Medien Greenpeace Eher unglaubwürdig Landwirtschaft Wursthersteller Politik Greenpeace Politik Schlachtunternehmen Lebensmitteleinzelhandel Medien 21
Wer trägt die Verantwortung für Skandale Trägt eher große Verantwortung Trägt mittelmäßige Verantwortung Schlacht. Wurst. LEH Medien Politik Trägt eher geringe Verantwortung Ldw. Landwirtschaft Wursthersteller Medien Schlachtunternehmen Lebensmitteleinzelhandel Politik 22
1,0 0,5 0,6 0,2 0,5 0,4 0,3 0,0-0,5-0,4-1,0-0,7-1,5-1,2 Ich würde in einem entsprechenden Unternehmen arbeiten, wenn es dort einen Arbeitsplatz gibt, der meiner Eignung entspricht. Landwirtschaft Wursthersteller Die Politik sollte strengere Gesetze ausarbeiten. Schlachtunternehmen Lebensmitteleinzelhandel 23
Korrelationsanalyse Ruf der landwirtschaftlichen Tierhaltung Ruf der Schlachtunternehmen Ruf der Wursthersteller Ruf des Wurst- und Fleischangebotes im LEH Ruf der ldw. Tierhaltung Ruf der Schlachtunternehmen 0.536** Ruf der Wursthersteller 0.369** 0,597** Ruf des Wurst- und Fleischangebotes im LEH 0.245** 0,398** 0,505** Ruf des Fleischsektors insgesamt 0.559** 0,651** 0,623** 0,569** Ruf des Fleischsektors insgesamt 24
Fazit Ergebnisse weisen auf ein erhebliches Reputationsdefizit der Fleischwirtschaft hin Ausmaß der schlechten Reputation der Fleischwirtschaft wird im Vergleich mit anderen Agrarsektoren und Nicht- Agrarsektoren sichtbar Milchwirtschaft schneidet deutlich besser ab höheres Vertrauen, geringe Risikowahrnehmung Partiell differenziertes Bild hinsichtlich der Reputationsunterschiede der vier Wertschöpfungsstufen Ruf der Stufen Schlachtung und Wurstherstellung liegt unter der Gesamtreputation Reputation der Landwirtschaft und des LEH liegt darüber 25
Fazit Schlachtunternehmen und Wurstverarbeiter zeichnen sich durch ein Kommunikationsproblem aus Während die Landwirtschaft auf ein hohes Unterstützungspotential bauen kann Das Image der Landwirtschaft ist jedoch romantisiert und veraltet 26
Warum ist die Reputation der Veredelungswirtschaft in der Gesellschaft so schlecht? 27
Ursachen für den schlechte Ruf der Veredelungswirtschaft in der Gesellschaf Externe Ursachen Interne Ursachen 28
Externe Ursachen Soziologische Erklärungsansätze Zunehmende Entfremdung von der Landwirtschaft Strukturelle Entwicklungen im ländlichen Raum Wertewandel und Bedeutungsverlust der Landwirtschaft Ethische Erklärungsansätze Zunehmende Bedeutung von Tiergerechtheit und artgerechter Tierhaltung in der modernen Gesellschaft Gestiegenes Umweltbewusstsein Kommunikationstheoretische Erklärungsansätze Veränderte Kommunikationsstrukturen und -inhalte Bedeutungssteigerung der Skandalisierungskommunikation in den Medien 29
Interne Ursachen für das fehlende Ansehen Geringe Verbraucher- und Öffentlichkeitsorientierung 30
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5 in 2008 12 in 2007 34
Warum ist die Reputation so wichtig? Zukünftige Herausforderungen für die Veredelungswirtschaft 35
Neue Herausforderungen Klimadiskussion Energiediskussion Gesundheitsdiskussion Tierschutzdiskussion Steigender Anteil an Vegetariern und Low-Meat-Consumern Professionalisierung der Proteste Sozialstandards 36
Fazit Reputation defizitär Gesellschaftliche Ansprüche sollten aus eigenem betriebswirtschaftlichem Interesse nicht länger ignoriert werden Unterstützungspotenziale zentral (vgl. die Unterstützung der Öffentlichkeit für den Milchstreik) Trittbrettfahrerverhalten in der Fleischkette ( organisierte Unverantwortlichkeit ) Externe Kommunikation: In den gesellschaftlichen Diskurs einbringen Interne Unternehmenskultur: Verbraucher- und Öffentlichkeitsorientierung der Veredelungswirtschaft 37
Mehr zum Thema! 500 Seiten aktuelle Beiträge Open content: Kostenlos das Buch downloaden unter: http://webdoc.sub.gwdg.de/univerlag/2008/fleischwirtschaft.pdf 38
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Kontaktadresse: Prof. Dr. Achim Spiller Georg-August-Universität Göttingen Lehrstuhl "Marketing für Lebensmittel und Agrarprodukte" Department für Agrarökonomie und Rurale Entwicklung Platz der Göttinger Sieben 5, 37073 Göttingen Tel: 0551/39-22399 Fax: 0551/39-12122 www.agrarmarketing.uni-goettingen.de 11.06.2008
2 Stand der Forschung Wissenschaftliche Studien weisen auf verschiedene Probleme in einigen Bereichen der Fleischwirtschaft hin Für die Landwirtschaft liegen vielfältige Studien vor Empirische Imageforschung (Alvensleben v. 1995, 1998, Köhler/Wildner 1998) Vertrauensstudien (Frewer 1998, Verbeke/Viaene 1999, Pennings et al. 2002, Poppe/Kjærnes 2003, Forsa 2007, Dierks 2007, Bruhn 2008) Arbeiten zu Protesten sowie ihre Professionalisierung (Kögl/Mann 2002, Schubert 2003, Dorsch 2004, Gerlach/Spiller 2008) Beiträge zu den Auswirkungen von Lebensmittelkrisen Relevanz der Medien (Alvensleben v. 1997, Wildner 2002, Hagenhoff 2003, Kleinschmit/Feindt 2004, Böcker/Hanf 2000, Schulze et al. 2008b) Dynamik und Zeitdauer von Verbraucherreaktionen (Frewer 1998, Alvensleben v.1998a, Franz/Enneking 2005, Dierks 2007) 40
2 Stand der Forschung Die Stufen Schlachtung und Wurstherstellung haben bislang noch wenig wissenschaftliche Beachtung gefunden Wettbewerbs- und Strukturanalysen (ZMP 2006, Brigitte 2006, Rabobank 2007, Lüth/Spiller 2007, Rabobank 2007) Studien zum Umgang mit Tieren vor und während des Schlachtens sowie deren Einfluss auf die Fleischqualität (Christensen/Barton-Gade 1997, Holleben v. et al. 2002, Holleben v./wenzlawowicz v. 2008) Lebensmitteleinzelhandel Imageanalysen (KPMG 2005, Schulze/Spiller 2008a, Schulze/Spiller 2008b) 41
Strukturwandel in der Veredelungswirtschaft 42
1,5 1,0 Ldw. LEH Schlacht. 0,5 Wurst. Wurst. LEH 0,0-0,5 Schlacht. Ich finde, dass die insgesamt vertrauenswürdig ist/sind. Landwirtschaft Wursthersteller Ldw. In der/ Bei den gibt es kriminelle Energien. Schlachtbranche Lebensmitteleinzelhändler 43
1,5 Schlacht. LEH 1,0 Ldw. 0,5 0,0 Wurst. Ldw. Wurst. Schlacht. Wurst. -0,5 Schlacht. Ldw. LEH -1,0 achten auf den Tierschutz. ist nur der Gewinn wichtig. belasten die Umwelt. Landwirtschaft Wursthersteller Schlachtunternehmen Lebensmitteleinzelhandel 44
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