Matthias Simon. Windkraft in Bayern. Rechtliche Situation

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Transkript:

Matthias Simon Windkraft in Bayern Rechtliche Situation

Bisherige Rechtslage Art. 14 Abs. 1 GG (1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt. 2

Die drei Planbereiche Qualifizierter Bebauungsplan, 30 Abs. 1 BauGB Innenbereich, 34 BauGB Außenbereich, 35 BauGB Matthias Simon 3

Bisherige Rechtslage Windkraftanlagen sind im Außenbereich privilegiert ( 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB) Baugesetzbuch (BauGB) 35 Bauen im Außenbereich (1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es 5. der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wind- oder Wasserenergie dient, Gemeindliche Steuerungsmöglichkeit über 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB (sogenannte Konzentrationsflächenausweisung) 4

10 H Regelung 2015 folgte die 10H Regelung 5

Die Energie wende 28.6.2011: Regierungserklärung zur Energiewende 50% des in Bayern benötigten Stroms sollen bis 2021 aus heimischer regenerativer Energie gewonnen werden. 2011 2013: Die Gemeinden machen sich auf 16 von 18 Planungsregionen stellen Windkraftkonzepte auf; viele Gemeinden beginnen mit der Aufstellung sachlicher Teilflächennutzungspläne für Windräder Juli 2013: Gesetzentwurf von Bayern und Sachsen scheitert im Bundesrat 16.12.2013: Koalitionsvertrag der CDU/CSU/SPD-Regierung 01.08.2014: 249 Abs. 3 BauGB tritt in Kraft 21.11.2014: 10 H-Regelung tritt in Kraft Dr. Franz Dirnberger 6

Ermächtigungsgrundlage im BauGB 249Abs.3BauGB: Die Länder können durch bis zum 31. Dezember 2015 zu verkündende Landesgesetze bestimmen, dass 35 Absatz 1 Nummer 5 auf Vorhaben, die der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie dienen, nur Anwendung findet, wenn sie einen bestimmten Abstand zu den im Landesgesetz bezeichneten zulässigen baulichen Nutzungen einhalten. Die Einzelheiten, insbesondere zur Abstandsfestlegung und zu den Auswirkungen der festgelegten Abstände auf Ausweisungen in geltenden Flächennutzungsplänen und Raumordnungsplänen, sind in den Landesgesetzen nach Satz 1 zu regeln. Die Länder können in den Landesgesetzen nach Satz 1 auch Abweichungen von den festgelegten Abständen zulassen. = lediglich partielle Entprivilegierungsmöglichkeit für die Länder = Rückgabe der Windenergie in die Planungshoheit der Gemeinden 7

10 H-Regelung Anwendungsbereich Art. 82 Abs. 1 BayBO entprivilegiert Vorhaben, die der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie dienen, wenn diese Vorhaben einen Mindestabstand von 10 H (Art. 85 Abs. 2 BayBO) zu Wohngebäuden in Bebauungsplänen und Gebieten nach 34 BauGB, sofern in diesen Gebieten Wohngebäude nicht nur ausnahmsweise zulässig sind (also etwa WR, WA, MI, MD sowie GE und GI, falls dort die Betriebsleiterwohnhäuser regelmäßig zugelassen worden sind) oder im Geltungsbereich einer Lückenfüllungssatzung nach 35 Abs. 6 BauGB unterschreiten. Gemeindegrenzen spielen keine Rolle! 8

10 H-Regelung Vertrauensschutz (Art. 82 Abs. 4 BayBO) Die Entprivilegierung erfolgt nicht, wenn vor dem 21.11.2014 ein Flächennutzungsplankonzept nach 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB aufgestellt worden ist, sobaldund soweitdie Gemeinde der Fortgeltung nicht in einem bis 21.5.2015 ortsüblich bekannt gemachten Beschluss widerspricht und sobaldund soweitauch eine betroffene (Wohngebäude < 10 H bzw. 2000 m) Nachbargemeinde nicht bis 21.5.2015 durch einen entsprechenden Beschluss widerspricht. Für Regionalpläne gilt Art. 82 Abs. 4 BayBO nicht! Dr. Franz Dirnberger 9

10 H-Regelung Vertrauensschutz (Art. 83 Abs. 1 BayBO) Art. 83 Übergangsvorschriften (1) Soweit vor Ablauf des 4. Februar 2014 bei der zuständigen Behörde ein vollständiger Antrag auf Genehmigung von Anlagen zur Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie eingegangen ist, finden Art. 82 Abs. 1 und 2 keine Anwendung. Dr. Franz Dirnberger 10

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10 H-Regelung Nun: Bauleitplanung Die Gemeinde kann Bebauungspläne mit einem geringeren Abstand als 10 H aufstellen. Dazu ist eine ordnungsgemäße Abwägung erforderlich. Wird der Mindestabstand zu einer schutzwürdigen Wohnbebauung in der Nachbargemeinde unterschritten, ist dies im Rahmen des interkommunalen Abstimmungsgebotes im Rahmen der Abwägung zu behandeln. Die Nachbargemeinde besitzt in diesem Zusammenhang kein Vetorecht. 12

10 H-Regelung Sonstige Regelungen (2) Höhe im Sinn des Abs. 1 ist die Nabenhöhe zuzüglich Radius des Rotors. Der Abstand bemisst sich von der Mitte des Mastfußes bis zum nächstgelegenen Wohngebäude, das im jeweiligen Gebiet im Sinn des Abs. 1 zulässigerweise errichtet wurde bzw. errichtet werden kann. (3) Soll auf einem gemeindefreien Gebiet ein Vorhaben nach Abs. 1 errichtet werden und würde der in Abs. 1 beschriebene Mindestabstand auch entsprechende Wohngebäude auf dem Gebiet einer Nachbargemeinde einschließen, gilt hinsichtlich dieser Gebäude der Schutz der Abs. 1 und 2, solange und soweit die Gemeinde nichts anderes in einem ortsüblich bekannt gemachten Beschluss feststellt. (5) Bei der Aufstellung von Bauleitplänen, die für Vorhaben nach Abs. 1 einen geringeren als den dort beschriebenen Mindestabstand festsetzen wollen, ist im Rahmen der Abwägung nach 1 Abs. 7 BauGB auf eine einvernehmliche Festlegung mit betroffenen Nachbargemeinden hinzuwirken. Abs. 4 Nr. 3 Halbsatz 2 gilt entsprechend. [Redaktioneller Hinweis: Art. 82 Abs. 5 verstößt gem. Entsch. des BayVerfGH Vf. 14-VII-14; Vf. 3-VIII-15; Vf. 4-VIII-15 v. 9.5.2016 (GVBl. S. 89) gegen Art. 3 Abs. 1 Satz 1 der Verfassung (Rechtsstaatsprinzip) und ist nichtig. Dr. Franz Dirnberger 13

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit 14