A. Teil 1 Frage 1: Anspruch des V gegen L auf Zahlung von 45,- aus 433 II I. Anspruch entstanden? wirksamer KV gem. 433 zwei wirksame WE, Angebot und Annahme, die hinsichtlich der essentialia negotii übereinstimmen 1. Angebot des V durch Zusendung Buch + Schreiben? empfangsbedürftige WE, die die wesentlichen Vertragsbestandteile enthält und infolge von Abgabe in Richtung auf den Empfänger und Zugang bei diesem wirksam geworden ist Essentialia negotii ergeben sich aus dem Schreiben und beigelegtem Buch (+) Abgabe und Zugang, 130 I 1 (+) Wirksames Angebot durch V (+) 2. Annahme empfangsbedürftige WE, die inhaltlich die uneingeschränkte Zustimmung zu dem Angebot enthält und durch Abgabe in Richtung auf den Empfänger und Zugang bei diesem wirksam geworden ist Probleme: Worin ist vorliegend eine Willenserklärung zu sehen? Liegen die Vss für die Wirksamkeit der WE gem. 130 I 1 vor, also eine Abgabe in Richtung auf den Empfänger sowie Zugang? Beachte: Aus Klausurtaktik werden hier die Prüfungspunkte Tatbestand der WE und Wirksamwerden der WE umgestellt! Sie können aber auch das gewohnte Prüfungsschema beibehalten (vermeidet oft unnötige Fehlerquellen) und dann bei Scheitern einer Voraussetzung die späteren Prüfungspunkte je nach Umfang entweder hilfsgutachtlich weiterprüfen oder mit einem Selbst wenn dies vorgelegen hätte, dann wäre spätestens an gescheitert. noch kurz erwähnen. a) Wirksamwerden der empfangsbedürftigen WE? Abgabe in Richtung auf den Empfänger und Zugang bei diesem P: Abgabe der WE gegenüber einem anderen? Grundsatz: nach 130 I 1 muss eine empfangsbedürftige Willenserklärung einem anderen gegenüber abgegeben werden Kolper/Rosmanith 1
Vorliegend keinerlei irgendwie geartete Erklärung gegenüber V Evtl. kann es dahingestellt bleiben, ob überhaupt eine Annahmeerklärung vorliegt, wenn diese in jedem Fall gegenüber V hätte geäußert werden müssen; dann dürfte keine Ausnahme von den Vss des 130 I 1 vorliegen Ausnahme: 151 S. 1 nach 151 S.1 wird nicht die Annahmeerklärung entbehrlich, sondern nur die Abgabe in Richtung auf den Empfänger und der Zugang bei diesem eine nach außen hin erkennbare Annahmehandlung ist trotzdem erforderlich! Zum Verständnis des 151 S. 1: 151 S. 1 bestimmt nicht, daß es keiner Annahmeerklärung bedürfte, sondern nur, dass die Annahmeerklärung weder dem Antragenden gegenüber erklärt werden noch diesem zugehen muss die Voraussetzung des 130 I 1 Abgabe in Richtung auf den Empfänger ist im vorliegenden Fall wegen Eingreifen des 151 I 1 entbehrlich b) Tatbestand der WE? objektiv: Kundgabe und Vorliegen der essentialia negotii Subjektiv: Vorliegen von Handlungswille und zumindest potentiellen Erklärungsbewusstsein P: Kundgabe der WE? Ausdrückliche Annahmeerklärung (-) Konkludente Annahmeerklärung? (1) Durch Verschließen des Buches in der Schublade? (-), kein derartiger objektiver Erklärungsinhalt (2) Durch Unterlassen der Rücksendung und Schweigen auf das Angebot hin? aa) Grundsatz: Schweigen hat keinen Erklärungswert Schweigen hat gdst. keinen Erklärungswert, da die Rechtsfolgen des Schweigens an zahlreichen Stellen im Gesetz ausdrücklich geregelt sind bb) Ausnahmsweise: Willenserklärung durch Schweigen ( beredtes Schweigen ) Ausnahme, wenn zwischen den Parteien vereinbart worden ist, dass das Schweigen als Willenserklärung gewertet werden soll, sog. beredtes Schweigen Hier (-), eine einseitige Bestimmung durch V ist nicht möglich Kolper/Rosmanith 2
cc) Fiktion einer Annahmeerklärung ( normiertes Schweigen ) Ausnahme, wenn das Gesetz dem Schweigen ausnahmsweise Erklärungswirkung beilegt und dadurch eine Willenserklärung fingiert, sog. normiertes Schweigen Ausdrücklich gesetzlich geregelter Fall (-) Ungeregelter Fall nach 242 nur, wenn entweder Geschäftsverbindung zwischen V und L besteht, in der es wiederholt so praktiziert wurde, dass Schweigen als Annahme gelten sollte oder Das Geschäft für L lediglich rechtlich vorteilhaft ist Hier beide Varianten (-) dd) Zwischenergebnis zur konkludenten Annahmeerklärung durch fehlende Rücksendung und Schweigen Willenserklärung (-), da weder beredtes Schweigen noch normiertes Schweigen (3) Ergebnis zur konkludenten Willenserklärung Konkludente Willenserklärung (-) c) Ergebnis zur Annahme Annahme des L mangels WE(-) II. Endergebnis Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises aus 433 II (-) Frage 2: Anspruch des V gegen L auf Zahlung von 45,- aus 433 II? I.Anspruch entstanden 1. Angebot (+), s.o. A. I. 1. 2. Annahme a) Gegenüber einem anderen Voraussetzung wegen 151 S. 1 entbehrlich, s.o. A.I.2.a) Kolper/Rosmanith 3
b) Ausdrückliche Annahmeerklärung (-) c) Konkludente Annahmeerklärung? Hier konkludente Annahmeerklärung durch Lesen und Anmerkungen? (+), da dadurch in objektiver Hinsicht auf den Willen zum Abschluss des Kaufvertrages über das Buch geschlossen werden kann; L behandelt Buch wie ein Eigentümer P: Fraglich, ob die Ingebrauchnahme des Buches angesichts der Regelung des 241a I überhaupt als konkludente Annahmeerklärung ausgelegt werden darf Reichweite des 241a I Wortlaut: Sämtliche Ansprüche aus der Lieferung unbestellter Sachen sind ausgeschlossen Regelungszweck: Verbraucher darf die unbestellt zugesandte Ware behalten und wie eine geschenkte Sache benutzen, auch wenn er nicht Eigentümer wird Aneignungs- und Gebrauchshandlung darf, wenn der Verbraucher nach Belieben mit der Sache verfahren darf, ohne dass ein Vertragsschluss zustande kommt, nicht der Sinngehalt zu entnehmen sein, der Verbraucher wolle einen Kaufvertrag über eine Sache abschließen Wertungswiderspruch keine Auslegung der Aneignungs- und Gebrauchshandlungen als konkludente Annahmeerklärung möglich, wenn 241a I einschlägig ist Voraussetzungen des 241a I: (1) Zusendung unbestellter Sachen Unbestellt = Ohne den tatsächlichen Willen des Empfängers (+) (2) Unternehmer- und Verbrauchereigenschaft V = Unternehmer nach 14? Juristische Person oder rechtsfähige Personengesellschaft (+) Tätigwerden im Rahmen seiner gewerblichen Tätigkeit (+) Unternehmereigenschaft (+) L = Verbraucher isd 13? Problem: 13 des getätigten Rechtsgeschäfts Hier wurde kein Rechtsgeschäft getätigt Aber: Sonst 241a sinnlos, daher im Zusammenhang mit 13 Abstellen auf das fiktive Geschäft, das durch 241a gerade verhindert wird L wird weder gewerblich noch selbständig tätig Verbrauchereigenschaft (+) Kolper/Rosmanith 4
Zwischenergebnis 241a I (+) daher Konkludente Annahmeerklärung (-) kein KV II.Ergebnis Kaufpreisanspruch des V gegen L aus 433 II (-) B. Teil 2 Anspruch des K gegen A auf Übergabe und Übereignung der Uhr aus 433 I 1 I. Anspruch entstanden? wirksamer KV gem. 433 zwei hinsichtlich der essentialia negotii übereinstimmende WE, Angebot und Annahme P: wirksamer KV zustande gekommen? 1. Angebot des A durch Ausstellen der Uhr im Schaufenster? (-), wegen fehlendem Rechtsbindungswillen nur invitatio ad offerendum A hat nur diese eine Uhr Bei gleichzeitiger Annahme mehrerer würde er sich schadensersatzpflichtig machen Oft möchte sich der Verkäufer vor Vertragsschluss von der Bonität des Käufers überzeugen und deshalb noch kein bindendes Angebot abgeben 2. Angebot des K zum Preis von 75 durch Bekundung des Kaufinteresses? Angebot (+) 3. Annahme durch A? (-), Hinweis auf den Schreibfehler und tatsächlichen Preis ihv 750 = Ablehnung 4. Angebot durch A zum Preis von 750 neues Angebot (+), Nennung des Preises von 750 stellt nicht nur die Ablehnung des Angebots des K dar, sondern ist zugleich ein neues Angebot, vgl. 150 II. 5. Annahme durch K? (-), K bietet lediglich 75 an, daher keine Annahme (=uneingeschränkte Zustimmung zu dem Angebot), sondern vielmehr eine Ablehnung verbunden mit Kolper/Rosmanith 5
6. Erneutes Angebot durch K zum Preis von 75? Angebot (+), da die Nennung des Preises von 75 gem. 150 II ein erneutes Angebot darstellt 7. Annahme durch A? (-), Ablehnung zum Preis von 75 verbunden mit einem 8. Erneutes Angebot des A zum Preis von 600? neues Angebot ihv 600 (+), 150 II. 9. Annahme des Angebot ihv 600 durch K Am selben Tag (-) Evtl. durch telefonische Einverständniserklärung am nächsten Tag? Aber: Nur möglich, wenn zu diesem Zeitpunkt das Angebot noch nicht erloschen ist 146 Alt. 1 (+), da Angebot wegen Ablehnung am Vortag bereits erloschen Zudem auch 146 Alt. 2 (+), da ein Angebot unter Anwesenden wegen 147 I 1 nur sofort angenommen werden kann Annahme am nächsten Tag wäre zudem nicht mehr rechtszeitig 10. Angebot des K per Telefon am nächsten Tag Nach 150 I gilt eine verspätete Annahme als neues Angebot, daher telefonisches Angebot ihv 600 am darauffolgenden Tag (+) 11. Annahme durch A (-), da A ablehnt, weil er die Uhr inzwischen nicht mehr verkaufen möchte Fazit: es gibt zwar im vorliegenden Fall jede Menge Angebote, allerdings kam es nie zu einer Annahme (=uneingeschränkte Zustimmung) des jeweiligen Angebots, weil eine abändernde oder verspätete Annahmeerklärung nach 150 als Ablehnung verbunden mit einem neuen Angebot gilt! 12. Zwischenergebnis: Mangels zwei übereinstimmender WE, Angebot und Annahme, kein KV zustande gekommen II. Ergebnis Kein Anspruch des K gegen A auf Übergabe und Übereignung der Uhr aus 433 I 1 (-) Kolper/Rosmanith 6