Grundlagen der höheren Mathematik Einige Hinweise zum Lösen von Gleichungen 1. Quadratische Gleichungen Quadratische Gleichungen lassen sich immer auf die sog. normierte Form x 2 + px + = 0 bringen, in der der uadratische Term den Koeffizienten eins hat. Deren Lösungsmenge L kann man z.b. mit der p-formel gewinnen. Definiert man die Diskriminante D := p2, 4 so gilt } p2 + p 2, p p 2 falls D > 0 4 2 4 L = p 2 } falls D = 0 } falls D < 0 Neben dieser Formel sollte man auch die Methode mit uadratischer Ergänzung beherrschen. Diese hat den Wert ( p 2 )2. Beispiel: Löse x 2 16x+60 = 0 mit uadratischer Ergänzung. Die uadratische Ergänzung lautet hier 64. Man verwendet sie wie folgt: x 2 16x + 60 = 0 + 4 x 2 16x + 64 = 4 (x 8) 2 = 4 x 8 = 2 x 8 = 2 x 8 = 2 x = 10 x = 6 2. Kubische Gleichungen Für kubische Gleichungen gibt es ebenfalls eine Lösungstheorie. Hat eine solche Gleichung die spezielle Form x 3 + px + = 0, erhält man die Lösungen mit Hilfe der Cardanischen Formeln. Definiere dazu ( ) 2 ( p 3 D := + 2 3) Dann gilt: Ist D > 0, existiert genau eine Lösung: x = 3 2 + D + 3 2 D
Ist D = 0, gibt es zwei Lösungen: x 1 = 3 p x 2 = 3 2p Ist D < 0, gibt es drei Lösungen (man beachte, dass in dem Fall p < 0 ist): x 1 = 43 ( ( 13 p cos arccos 2 27 ) + π ) p 3 3 x 2 = 43 ( ( 13 p cos arccos 2 27 ) π ) p 3 3 x 3 = 43 ( ( 13 p cos arccos 2 27 )) p 3 Um eine allgemeine kubische Gleichung ax 3 +bx 2 +cx+d = 0 auf die Gestalt x 3 +px+ = 0 zu bringen, sind geeignete Transformationen nötig. Wir wollen uns mit der Cardanischen Lösungstheorie aber nicht weiter beschäftigen. Für kubische Gleichungen mit ganzzahligen Koeffizienten und führendem Koeffizienten eins x 3 + bx 2 + cx + d = 0 führt folgende Aussage evtl. weiter: Hat die Gleichung x 3 + bx 2 + cx + d = 0 mit b, c, d Z eine Lösung der Form, so muss bereits = 1 sein und p ein Teiler von d. p Man kann also die Teiler der Konstanten d einsetzen um herauszufinden, ob einer davon eine Lösung ist. Hat man auf diese Weise eine Lösung x 1 gefunden, führt man eine Polynomdivision durch: (x 3 + ax 2 + bx + c) : (x x 1 ). Die Nullstellen des resultierenden uadratischen Polynoms ermittelt man wie in Punkt 1 beschrieben. Beispiel: Löse die Gleichung x 3 x 2 6x + 6 = 0. (i) Die Teiler des konstanten Terms 6 sind die Zahlen ±1, ±2, ±3, ±6. Man sieht, dass x 1 = 1 die Gleichung löst. (ii) Polynomdivision: Man erhält (iii) Wegen Teil (ii) gilt (x 3 x 2 6x + 6) : (x 1) = x 2 6 x 3 x 2 6x + 6 = (x 1)(x 2 6), so dass die restlichen Lösungen die der Gleichung x 2 6 = 0 sind. Die Lösungsmenge der Ausgangsgleichung lautet also L = 6, 1, 6}
Man beachte, dass der erste Schritt nicht erfolgreich sein muss, und daher auch der ganze Weg nicht immer funktioniert. So hat x 3 6x 6 = 0 die einzige Lösung 3 2 + 3 4, die aber nicht die Form p hat. Keiner der Teiler ±1, ±2, ±3, ±6 der Konstanten d = 6 löst die Gleichung. Man muss sie auf anderem Wege lösen. Das Verfahren lässt verallgemeinern auf kubische Gleichungen mit beliebigen ganzzahligen Koeffizienten, bei denen der führende Koeffizient also nicht unbedingt eins ist. Hier lautet die entsprechende Aussage wie folgt: Hat die Gleichung ax 3 + bx 2 + cx + d = 0 mit a, b, c, d Z, a 0, eine Lösung der Form p, so muss p ein Teiler von d und ein Teiler von a sein. Findet man auf diesem Wege tatsächlich eine rationale Lösung x 1, so fährt man fort wie oben. Beispiel: Löse die Gleichung 3x 3 8x 2 11x + 10 = 0. Wir probieren alle rationalen Zahlen p aus mit p ±1, ±2, ±5, ±10} und ±1, ±3}, also Man erkennt, dass x 1 = 2 3 ±1, ±2, ±5, ±10, ± 1 3, ±2 3, ±5 3, ±10 3. eine Lösung der Gleichung ist. Es folgt (3x 3 8x 2 11x + 10) : (x 2 3 ) = 3x2 6x 15. Diese uadratische Funktion hat die Nullstellen x 2 = 1 + 6 und x 3 = 1 6, so dass L = 1 6, 1 + 6, 2 3 }. 3. Biuadratische Gleichungen Gleichungen der Form x 4 + ax 2 + b = 0 heißen biuadratisch. Man löst sie durch Substitution. Beispiel: Man löse die Gleichung x 4 13x 2 + 36 = 0. Mit der Substitution u = x 2 wird daraus die uadratische Gleichung x 4 13x 2 + 36 = (x 2 ) 2 13x 2 + 36 = u 2 13u + 36 = 0. Sie hat die Lösungen u = 4 und u = 9. Die Rücksubstitution liefert zwei neue uadratische Gleichungen: x 2 = 4 x 2, 2} und x 2 = 9 x 3, 3} Die Lösungsmenge der biuadratischen Gleichung lautet demnach 3, 2, 2, 3}. 4. Wurzelgleichungen Die Wurzeln werden durch uadrieren entfernt. Da uadrieren keine Äuivalenzumformung
ist, muss immer eine Probe durchgeführt werden. Beispiel: Löse die Gleichung x + 2 = x. x + 2 = x ( ) 2 x + 2 = x 2 x 2 x 2 = 0 x = 1 x = 2 Man erkennt, dass x = 1 keine Lösung ist, sondern nur x = 2. Evtl. muss man mehrmals uadrieren, bis alle Wurzeln verschwunden sind. Beispiel: Löse die Gleichung 3x + 5 + 2 x = 1. 3x + 5 + 2 x = 1 3x + 5 = 1 2 x ( ) 2 3x + 5 = 1 4 x + 4x x 4 = 4 x ( ) 2 x 2 8x + 16 = 16x x 2 32x + 16 = 0 x = 16 + 4 15 x = 16 4 15 Wegen des (zweimaligen) uadrierens muss eine Probe gemacht werden und tatsächlich ist keiner der beiden Werte eine Lösung der ursprünglichen Gleichung. Diese hat also keine Lösung. 5. Betragsgleichungen Die einfache Gleichung x = a hat die Lösungsmenge a, a} falls a 0 L = } falls a < 0 Ohne die Angabe der expliziten Fallunterscheidung kann man nur eine Implikation erwarten: x = a x = a x = a. Danach ist wieder eine Probe erforderlich! Dies lässt sich verallgemeinern auf Gleichungen der Form f(x) = a. Beispiel: Löse die Gleichung 2x 3 = 9. 2x 3 = 9 2x 3 = 9 2x 3 = 9 x = 6 x = 3
Die Probe zeigt, dass beide Zahlen Lösungen sind. Beispiel: Löse die Gleichung 2x 3 = 3x. 2x 3 = 3x 2x 3 = 3x 2x 3 = 3x x = 3 x = 3 5 Aber nur x = 3 5 ist eine Lösung, wie man durch Einsetzen feststellt. In diesen Beispielen ist nur ein Folgepfeil (rot) beim Auflösen des Betrages erlaubt, wenn man nicht die genauen Bedingungen der Auflösung (also die Angabe der Fallunterscheidung) bei der Lösung berücksichtigt. Berücksichtigt man diese Fallunterscheidungen, dann erhält man äuivalente Umformungen und es ist keine Probe mehr nötig. Mit der Fallunterscheidung 2x 3 falls 2x 3 0 2x 3 = (2x 3) falls 2x 3 < 0 gilt 2x 3 = 3x [2x 3 = 3x 2x 3 0] [ (2x 3) = 3x 2x 3 < 0] [x = 3 x 3 2 ] [x = 3 5 x < 3 2 ] [ x ] [ x = 3 5 ] x = 3 5 Hier kommen nur Äuivalenzumformungen vor, da die Fallunterscheidungen explizit angegeben sind; es ist daher keine Probe nötig. Dieses Verfahren ist u.u. (aber nicht immer) mit mehr Schreibaufwand verbunden, die Kurzversion ohne die explizite Fallunterscheidung, aber mit Probe, führt zum selben Ziel. Allerdings sollte die ausführliche Version standardmäßig verwendet werden, auch weil sie beim Lösen von Betragsungleichungen die sicherere ist. Kommen mehrere Beträge in der Gleichung vor, muss jeder einzeln aufgelöst werden. Im folgenden Beispiel zunächst wieder die Kurzversion mit Probe. Beispiel: Löse die Gleichung x = x + 1 + 3. Erste Gleichung: x + 1 = x 3 x = x + 1 + 3 x = x + 1 + 3 x = x + 1 + 3 x + 1 = x 3 x + 1 = x 3 x + 1 = (x 3) 1 = 3 x = 1 Zweite Gleichung: x + 1 = x 3 x + 1 = x 3 x + 1 = x 3 x + 1 = ( x 3) x = 2 1 = 3
Als mögliche Lösungen erhält man also x = 1 und x = 2. Aber tatsächlich hat diese Gleichung keine Lösung, wie man durch Einsetzen sieht. Die Version mit Fallunterscheidung: Die Fallunterscheidungen x falls x 0 x + 1 x = x + 1 = x falls x < 0 x 1 falls x 1 falls x < 1 unterteilen die reelle Achse in die drei Bereiche (, 1), [ 1, 0) und [0, ), in denen sich die Beträge unterschiedlich auflösen; es ergeben sich also drei Fälle: x = x + 1 + 3 [ x = x 1 + 3 x < 1] [ x = x + 1 + 3 1 x < 0] [x = x + 1 + 3 x 0] [0 = 2 x < 1] [x = 2 1 x < 0] [0 = 4 x 0] x