Akzeptanz der regenerativen Energien Artenschutzrelevante Aspekte bei Planung und Bau von Anlagen zur Windenergienutzung Folie 1
1. EINLEITUNG Welche Auswirkungen haben Windkraftanlagen auf artenschutzfachlich relevante Tierarten? Zu dieser Fragestellung werden wir häufig um fachliche Stellungnahme zu Einzelvorhaben methodische und bewertungsrelevante Standards (Untersuchungsdesigns, Bewertung von Artvorkommen, Gefährdung, Rote Liste ) sowie um artspezifische Informationen gebeten, die wichtige Grundlagen für Planungs- und Entscheidungsträger sind. Die frühzeitige Einbindung in Planungen ist wünschenswert! Folie 2
1. EINLEITUNG Artenschutz Wichtigste artenschutzrelevante Voraussetzung für die Zulässigkeit von Baumaßnahmen wie Windkraftanlagen, Straßen oder andere anthropogene Faktoren ergeben sich aus der Europäischen Vogelschutz-Richtlinie und der FFH-Richtlinie Sicherung des günstigen Erhaltungszustandes von lokalen Populationen Folie 3
2. WINDKRAFT & ARTENSCHUTZ Welche Tierartengruppen sind durch on-shore Windkraftanlagen betroffen? Windkraftanlagen (im Binnenland) sind für die meisten artenschutzrelevanten Tierarten unproblematisch! Wissenschaftlich belegt sind Beeinträchtigungen / Konflikte für: Vogelarten Fledermäuse artspezifische Differenzierungen erforderlich! Folie 4
3. VÖGEL & WINDKRAFT Welche artenschutzfachlichen Konflikte bestehen bei Vögeln? Windkraftanlagen (im Binnenland) sind für die meisten artenschutzrelevanten Vogelarten unproblematisch! Wissenschaftlich belegt sind Beeinträchtigungen / Konflikte für: störungsempfindliche Brut- und Rastvogelarten Arten mit erhöhtem Kollisionsrisiko an WEA den bodennahen Vogelzug Folie 5
3. VÖGEL & WINDKRAFT Störungsempfindliche Vogelarten Windkraftanlagen entwerten Brut- und Rastgebiete durch: direkte Lebensraumverluste (eher gering) Scheucheffekte und Meideverhalten bei Brutvogelarten; Brutplätze werden abseits von WEA-Standorten angelegt spezielle Störauswirkungen auf Rastvogelarten (ohne Gewöhnungseffekte) Folie 6
3. VÖGEL & WINDKRAFT Tabelle: Abstände zu Brutvorkommen bedeutender Vogelarten (Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten 2007) Brutvorkommen Schwarzstorch (Ciconia nigra) Weißstorch (Ciconia ciconia) Raufußhühner (u. a. Haselhuhn Tetrates bonasia) Wachtelkönig (Crex crex) Schwarzmilan (Milvus migrans) Rotmilan (Milvus milvus) Rohr- (Circus aeruginosus), Korn- (C. cyaneus) und Wiesenweihe (C. pygargus) Baumfalke (Falco subbuteo) Wanderfalke (Falco subbuteo) Uhu (Bubo bubo) Zwergdommel (Ixobrychus minutus) Abstandsempfehlung (LAG-VSW 2007) 3.000 m 1.000 m Schwerpunkträume Schwerpunkträume 1.000 m 1.000 m Schwerpunkträume 1.000 m 1.000 m, Baumbrüter 3.000 m 1.000 m 1.000 m Brutkolonien (u. a. Möwen, Reiher, Kormoran) 1.000 m Wespenbussard und Wiedehopf in Anlehnung: 1.000 m-abstandsradius Folie 7
3. VÖGEL & WINDKRAFT Bodennaher Vogelzug - Beeinträchtigungen Windkraftanlagen können zu lokalen Barrieren / Zugirritationen bei ziehenden Vögeln führen: Rheinhessen-Nahe-Region liegt innerhalb eines überregional bedeutenden Vogelzugkorridors (durch OVG-Urteile verwaltungsgerichtlich bestätigt) besonders relevant: überdurchschnittlich hohe Verdichtungszonen des Vogelzuges, die topografisch bedingt sind Folie 8
Verdichtungszonen des bodennah Vogelzuges charakteristisch für rheinhessisches Hügelland horizontale Zugverdichtung in Talräumen, die in Zugrichtung SW NO verlaufen vertikale Zugverdichtung an Plateauund Geländekanten Quelle: Sartor (1998), Isselbächer & Isselbächer (2001) Folie 9
Lokale Barrieren mit Irritationen für Vogelzug Zugverdichtungsraum 5 WEA, vertikal zur Zugrichtung exponiert Entwertung eines Vogelrastraumes Weiträumiges Umfliegen der WEA Folie 10
Störungsempfindlichkeit von Rastvögeln Rastvögel zeigen die höchste Störungsempfindlichkeit gegenüber von WEA, da kaum Gewöhnungseffekte auftreten. kurzzeitigeres Verweilen auf Durchzug drehende Rotoren lösen Feindvermeideverhalten aus hoher Anspruch an weiträumig offene und störungsarme Landschaftssilhouette ohne Vertikalstrukturen Offenlandbewohnende Rastvogelarten sind u.a.: Kiebitz, Goldregenpfeifer und Gänse Mausernde Weihen (gemeinschaftliche Schlafplätze) Folie 11
Goldregenpfeifer Wiesenweihe Folie 12
Störungsbedingte Lebensraumentwertung von Rastvögeln Meidung von WEA-nahen Rastflächen Entwertung Ausweichen erfordert qualitativ geeignete Rastflächen in der unmittelbaren Umgebung störungsarme und artspezifisch geeignete Ausweichhabite im Binnenland kaum vorhanden Folie 13
KOLLISIONSRISIKO Konfliktpotenzial Windkraft & Rotmilan Folie 14
4. FLEDERMÄUSE & WINDKRAFT Konfliktpotenzial durch hohes Kollisionsrisiko Alle heimischen Fledermausarten sind artenschutzrechtlich streng geschützt Für die meisten heimischen Fledermausarten ist der Betrieb von WEA unproblematisch! signifikantes Kollisions- und Tötungsrisiko! für hochfliegende und wandernde Fledermausarten 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG (Tötungs- und Verletzungsverbot) Folie 15
Kollisionsgefährdete Fledermausarten: wandernde Arten, Arten des hohen Luftraums Folie 16
4. FLEDERMÄUSE & WINDKRAFT Konfliktpotenzial durch hohes Kollisionsrisiko Kollisionsrisiko und Mortalitätsrate von Fledermäusen an WEA wurde lange Zeit unterschätzt Die Mortalitätsrate für Fledermäuse ist fünfmal höher als bei den Vögeln Ein entscheidender Zusammenhang besteht zwischen den Witterungsverhältnissen und dem Flug- und Jagdverhalten in Rotorhöhe. insbesondere bei nächtlichen Windgeschwindigkeiten unter 6 m/s und im Zeitraum Juli Oktober (Hauptaktivität von wandernden Fledermausarten) Bei höheren Windstärken sinkt das Verunfallungsrisiko, da die Fledermausaktivität in Rotorhöhe abnimmt (Brinkmann 2009-2011) Folie 17
4. FLEDERMÄUSE & WINDKRAFT BRINKMANN-Studie (Forschungsprojekt des BMU) Brinkmann et al. (2011): Entwicklung von Methoden zur Untersuchung und Reduktion des Kollisionsrisikos von Fledermäusen an Onshore-Windenergieanlagen. 1. Aufl. - Göttingen: Cuvillier, 2011 Folie 18
4. FLEDERMÄUSE & WINDKRAFT Verminderung des Fledermausschlag-Risikos zweijähriges Gondel- oder Höhenmonitoring: - Ermittlung der standortspezifischen Höhenaktivität von Fledermäusen und bestimmender Witterungsparameter - Feinjustierung der Parameter (Windgeschwindigkeit, Temperatur, Luftfeuchte) - Festsetzung ggf. temporär befristeter Abschaltungen von WEA-Standorten bei erhöhter Aktivität schlag- oder kollisionsgefährdeter Arten: Folie 19
4. FLEDERMÄUSE & WINDKRAFT Verminderung des Fledermausschlag-Risikos vorgezogene Abschaltungen bei Standorten mit zu erwartender hoher Aktivität von kollisionsgefährdeten Fledermausarten (z. B. Waldstandorte) ab Inbetriebnahme (1. Jahr) Zeitraum 01.04. 31.08. 01.09. 31.10. Abschaltung 1 h vor Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang 3 h vor Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang Regelfall: Abschaltung bei Windgeschwindigkeit < 6 m/s und ab > 10 C Temperatur (in Gondelhöhe) 2-jähriges Gondel- oder Höhenmonitoring (wie zuvor dargestellt) Folie 20
4. FLEDERMÄUSE & WINDKRAFT Verminderung des Fledermausschlag-Risikos Abschaltalgorithmen nach BRINKMANN et al. (2011) Diese für WKA-Offenlandstandorte entwickelten Abschaltalgorithmen sind nicht oder nur sehr eingeschränkt auf große Anlagen/Rotoren, größere Anlagenhöhen und Waldstandorte übertragbar. Anwendung des Vorsorgeprinzips (EU-Kommission 2000, IUCN 2007) Forschungs- bzw. anlagenbegleitender Monitoringbedarf für WKA- Standorte im Wald und Fledermausaktivität Folie 21
5. WINDENERGIEPLANUNG Aspekte des Artenschutzes im regionalen Konzept z. B. der Planungsgemeinschaft Rheinhessen- Nahe zur Windenergienutzung Folie 22
5. ARTENSCHUTZKRITERIEN WEA-PLANUNG Vorgehen Arbeitsgruppe (projektbegleitend) Einbeziehung von Experten und Fachbehörden (Arbeitsgruppe) um fachplanerische und artenschutzrelevante Aspekte zu berücksichtigen Ref. 43 Artenschutz des LUWG Staatlichen Vogelschutzwarte für Hessen Rheinland-Pfalz und das Saarland Struktur- und Genehmigungsdirektionen Nord und Süd Rheinland- Pfalz (Obere Naturschutzbehörden) Folie 23
6. FAZIT Planerische Aufarbeitung in der Regionalplanung fachlich wünschenswert: Steuerungsansatz für geordnete Entwicklung Frühzeitige Einbindung/Berücksichtigung von Naturschutz und anderen Kriterien Politische Vorgaben für WEA-Umfang (mindestens 2 % landesweit) werden erfüllt (vgl. Rheinhessen-Nahe: 2,3 % und Westpfalz: 2,6 %) Planungssicherheit Projektbeschleunigung Folie 24
Ausblick Folie 25