HGB-FA öffentliche SITZUNGSUNTERLAGE



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Transkript:

Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee e.v. Accounting Standards Committee of Germany HGB-Fachausschuss DRSC e.v. Zimmerstr. 30 10969 Berlin Tel.: (030) 20 64 12-0 Fax.: (030) 20 64 12-15 www.drsc.de - info@drsc.de, Diese Sitzungsunterlage wird der Öffentlichkeit für die FA-Sitzung zur Verfügung gestellt, so dass dem Verlauf der Sitzung gefolgt werden kann. Die Unterlage gibt keine offiziellen Standpunkte der FA wieder. Die Standpunkte der FA werden in den Deutschen Rechnungslegungs Standards sowie in seinen Stellungnahmen (Comment Letters) ausgeführt. Diese Unterlage wurde von einem Mitarbeiter des DRSC für die FA-Sitzung erstellt. Sitzung: TOP: Thema: Papier: HGB-FA öffentliche SITZUNGSUNTERLAGE 10. HGB-FA / 23.05.2013 / 11:30 14:30 Uhr 02 DRS Immaterielle Vermögensgegenstände Bericht aus der AG IVG und Diskussion der Ergebnisse 10_02a_HGB-FA_IVG_Basis Bericht über die 3. Sitzung der AG IVG und deren Arbeitsergebnisse 1 In ihrer 3. Sitzung hat sich die AG Immaterielle Vermögensgegenstände (IVG) mit folgenden Themen befasst: 1. Abgrenzung Anlagevermögen / Umlaufvermögen 2. Abgrenzung Erwerb / Herstellung 3. Entgeltlichkeit des Erwerbs 4. Hohe Wahrscheinlichkeit der Entstehung eines IVG Die Begriffsdefinitionen wurden nicht erneut diskutiert. Diese Diskussion soll in der 4. AG-Sitzung fortgesetzt werden. Abgrenzung Anlagevermögen / Umlaufvermögen 2 Während es für IVG des Anlagevermögens (AV) in bestimmten Fällen gesetzliche Restriktionen für deren Aktivierung gibt, existieren für IVG des Umlaufvermögens (UV) keine solchen Ansatzbeschränkungen. Zudem ist die Zuordnung von IVG zum AV oder UV entscheidend für die Folgebewertung. Daher ist die Zuordnung des jeweils betrachteten IVG zum AV oder zum UV nicht nur für den Ausweis bedeutsam. 3 Die AG erachtet die Ausführungen zur Abgrenzung von Anlage- und Umlaufvermögen als ein allgemeines und übergeordnetes Thema, so dass die AG entschieden hat, die Ausführungen in den Abschnitt Definitionen als eigenen Unterabschnitt aufzunehmen. Dieses Vorgehen ermöglicht einen systematischen und sachlogischen Aufbau des Standards. Dr. R. Schmidt 1 / 8 HGB-FA öffentliche Sitzungsunterlage 10_02a

4 Ferner spricht sich die AG dafür aus, die Abgrenzung AV/UV nur speziell für IVG vorzunehmen und keine allgemeingültige Abgrenzung anzustreben. Dies steht im Einklang mit dem vorgesehenen Anwendungsbereich des künftigen Standards, der sich ausschließlich auf IVG beziehen soll. Frage 1: a) Stimmt der FA der Aufnahme der Konkretisierungen zur Abgrenzung von AV/UV in den Abschnitt Definitionen zu? b) Erachtet der FA die Beschränkung der Abgrenzung AV/UV auf IVG für zutreffend? 5 Gemäß 247 Abs. 2 HGB werden im AV die Gegenstände ausgewiesen, die dazu bestimmt sind, dauernd dem Geschäftsbetrieb zu dienen. Im Gegensatz dazu gibt es für das Umlaufvermögen keine Legaldefinition. Daher hat die AG für das UV eine eigenständige Definition erarbeitet, nach der das UV als Residualgröße definiert wird, d.h. im UV werden die Vermögensgegenstände ausgewiesen, die nicht dazu bestimmt sind, dauernd dem Geschäftsbetrieb zu dienen und nicht den Rechnungsabgrenzungsposten, den aktiven latenten Steuern, oder dem aktiven Unterschiedsbetrag aus der Vermögensverrechnung zuzurechnen sind. 6 In der Literatur wurde versucht, positive Definitionen des UV zu entwickeln. Danach sind die Vermögensgegenstände dem UV zuzurechnen, die zur Veräußerung, zum Verbrauch oder zur Verarbeitung bestimmt sind. Nachteilig an dieser Definition ist, dass sich die Definition vor allem auf die Vorräte bezieht und damit nicht alle Vermögensgegenstände erfasst, die dem UV zuzurechnen sind. Daher hat die AG die positiven Definitionen nicht weiter verfolgt und eine negative Definition des UV erarbeitet. Demgemäß erfolgt die Zuordnung von IVG durch eine negative Abgrenzung, d.h. alle IVG, die nicht dem AV zuzurechnen sind, sind im UV auszuweisen. 7 In der Definition des AV sind zwei Tatbestandsmerkmale enthalten: Zweckbestimmung und dauernd. Die Zweckbestimmung beinhaltet die Beurteilung, ob der Vermögensgegenstand aufgrund seiner Funktion und seiner Nutzungseigenschaften dem AV zugeordnet werden kann (Art des VG, objektive Komponente), und ob das Unternehmen den Vermögensgegenstand dauernd im Geschäftsbetrieb zu nutzen beabsichtigt (Wille des Unternehmens, subjektive Komponente). Beide Komponenten sind zur Beurteilung der Zweckbestimmung zu berücksichtigen. Dr. R. Schmidt 2 / 8 HGB-FA öffentliche Sitzungsunterlage 10_02a

8 Das Tatbestandsmerkmal dauernd ist im HGB nicht definiert. Nach Auffassung der AG wird ein IVG dauernd genutzt, wenn dieser dem Unternehmen mehrmals Nutzen stiftet. Dauernd ist jedoch nicht mit immer oder für alle Zeit gleichzusetzen. Eine beabsichtigte Nutzung des IVG über mehr als 12 Monate kann ein Indikator für die Zuordnung des IVG zum AV sein. 9 Anhand folgender Beispiele soll die Abgrenzung AV/UV illustriert werden: 1. Für einen Dritten erstellte Software, von der nur das fertige Programm (Objektcode) an den Dritten ausgeliefert wird, der Quellcode jedoch beim Unternehmen verbleibt. In diesem Fall soll die Zuordnung zum AV oder UV anhand der angestrebten Verwertung der Software erfolgen. Bei einer geplanten einmaligen Verwertung ist der Quellcode dem UV zuzurechnen, wohingegen bei einer geplanten mehrmaligen Verwertung der Quellcode dem AV zuzurechnen ist. Ein Indiz für die Häufigkeit der beabsichtigten Verwendung kann das vereinbarte Entgelt für die Herstellung sein. Deckt das Entgelt die gesamten Entwicklungskosten ab, ist dies ein Indiz für eine einmalige Verwertung und der Quellcode ist dem UV zuzuordnen. Liegt das Entgelt jedoch unter den Herstellungskosten, deutet dies auf eine geplante Mehrfachverwendung des Quellcodes hin, d.h. die Veräußerung weiterer Kopien der Software ist geplant, und der Quellcode ist dem AV zuzurechnen. 2. Ein Optionsrecht für den Erwerb einer Immobilie ist dem UV zuzuordnen, da die Option nur einmalig ausgeübt werden kann und so dem Unternehmen nicht mehrmals Nutzen stiftet. 3. Ein Recht für die einmalige Ausstrahlung eines Films ist dem UV zuzuordnen. Ein Recht für die beliebig häufige Ausstrahlung des Films innerhalb eines bestimmten Zeitraums (z.b. 1 Jahr) ist dem AV zuzurechnen, da das Recht mehrmals einen Nutzen stiftet. Frage 2: a) Stimmt der FA der negativen Abgrenzung des UV zu? b) Erachtet der FA die erarbeitete Konkretisierung des AV für zutreffend? 10 Für die Zuordnung eines IVG zum AV bzw. vom UV ist die Zweckbestimmung am Bilanzstichtag ausschlaggebend, wobei diese sich bereits vor dem Bilanzstichtag konkretisiert haben muss. Bei der Zuordnung sind werterhellende Tatsachen nach dem Bilanzstrichtag zu berücksichtigen, wertbegründende Tatsachen jedoch nicht. Dr. R. Schmidt 3 / 8 HGB-FA öffentliche Sitzungsunterlage 10_02a

11 Eine Umgliederung eines IVG vom AV ins UV bzw. UV ins AV hat nur dann zu erfolgen, wenn die Zweckänderung dauerhaft ist, d.h. nicht nur vorübergehend ist. Eine Umgliederung ist hingegen ausgeschlossen, wenn das Unternehmen weiterhin den gleichen Nutzen aus dem IVG zieht bzw. der IVG in der gleichen Art und Weise dem Unternehmen wie zuvor dient. So ist beispielsweise eine erworbene Marke, die vom Unternehmen zur Kennzeichnung seiner Produkte eingesetzt wird, weiterhin im AV auszuweisen, auch wenn das Unternehmen beabsichtigt diese Marke zu verkaufen. Frage 3: Stimmt der FA den Überlegungen zur Umgliederung zu? Abgrenzung Erwerb / Herstellung 12 Für den Ansatz, aber auch den Ausweis von IVG ist u.a. die Zugangsart entscheidend. Zu differenzieren ist zwischen von Dritten erworbenen und selbst geschaffenen IVG. Gerade für IVG wird allgemein die Notwendigkeit einer Bestätigung der Existenz eines IVG und einer Objektivierung des Wertes des IVG durch eine Transaktion am Markt gesehen. 13 Gemäß der von der AG erarbeiteten Definition von Erwerb wird ein Vermögensgegenstand erworben, wenn das wirtschaftliche Eigentum an diesem von einem Dritten auf den Erwerber übergeht. Es wird auf den Übergang des wirtschaftlichen und nicht auf den des rechtlichen Eigentums abgestellt, da gemäß 246 Abs. 1 Satz 2 HGB der wirtschaftliche Eigentümer den Vermögensgegenstand zu aktivieren hat. 14 Als wirtschaftlicher Eigentümer wird derjenige angesehen, der die tatsächliche Sachherrschaft über den Vermögensgegenstand ausübt, was im Allgemeinen unterstellt wird, wenn beim Eigentümer die Chancen und Risiken aus der Nutzung des Vermögensgegenstands liegen. Der wirtschaftliche Eigentümer muss nicht mit dem rechtlichen Eigentümer übereinstimmen. 15 In der Definition von Erwerb wird die Übertragung von einem Dritten verlangt. Unterschiedliche Auffassungen gibt es in Bezug auf den Dritten. Generell findet eine Objektivierung des IVG durch eine Transaktion am Markt statt. Diese Objektivierung sieht die AG auch bei Transaktionen mit nicht konsolidierten Tochterunternehmen, assoziierten Unternehmen und Gemeinschaftsunternehmen, auch wenn in der Literatur an diesen Dr. R. Schmidt 4 / 8 HGB-FA öffentliche Sitzungsunterlage 10_02a

Transaktionen aufgrund des Einflusses des Mutterunternehmens vereinzelt Zweifel an der Objektivität geäußert werden. Frage 4: Erachtet der FA die Konkretisierung des Erwerbs für zutreffend? 16 Einen IVG selber zu schaffen, stellt die andere Möglichkeit für ein Unternehmen dar, einen IVG zu erlangen. Ein Unternehmen schafft einen IVG selbst, wenn es diesen auf eigenes Risiko herstellt oder herstellen lässt (= Definition der AG). Sofern ein Unternehmen intern einen IVG herstellt, ist es eindeutig, dass es diesen selber schafft. Die Kosten und Risiken trägt eindeutig das Unternehmen. Schwieriger wird die Beurteilung, wenn das Unternehmen die Herstellung auf einen unternehmensexternen Dritten verlagert hat. In diesem Fall ist die vertragliche Ausgestaltung des Auftrags für die Erstellung des IVG bedeutsam. Die AG geht davon aus, dass die Schaffung eines IVG auf Basis eines Werkvertrags zu einem Erwerb führt, da der Auftragnehmer den fertigen IVG schuldet und somit auch das Herstellungsrisiko trägt. Demgegenüber führt die Schaffung mittels Dienstverträgen zu einem Herstellungsvorgang, da das Unternehmen das Herstellungsrisiko trägt. 17 Es tritt immer wieder die Situation ein, dass ein Unternehmen einzelne Komponenten für einen IVG unternehmensextern bezieht, z.b. durch Kauf oder auf der Basis von Werkverträgen, und diese zum fertigen IVG kombiniert. Ein typischer Fall ist der Erwerb eines Computerprogramms, das an die Belange des Unternehmens angepasst wird (z.b. SAP). Hierbei stellt sich die Frage, ob die Anpassung des Computerprogramms zu einem neuen Programm führt und somit ein Herstellungsvorgang vorliegt. Zum diesem Problembereich hat sich das IDW im IDW RS HFA 11 geäußert. Offen ist dagegen z.b. die Behandlung von erworbenen Wirkstoffkombinationen, die Pharmaunternehmen zur Herstellung von Medikamenten nutzt. Die AG beabsichtigt, sich mit diesem Thema auf Basis von Erfahrungsberichten aus der Unternehmenspraxis in der nächsten AG- Sitzung zu befassen. Frage 5: Wie beabsichtigt der FA das Thema der Softwareanpassung ( Customizing ) vor dem Hintergrund des IDW RS HFA 11 im künftigen Standard zu berücksichtigen? Dr. R. Schmidt 5 / 8 HGB-FA öffentliche Sitzungsunterlage 10_02a

18 Abgrenzungsprobleme können sich u.a. beim Erwerb von Arbeitnehmererfindungen ergeben. Sofern es sich bei der Erfindung um eine freie Erfindung handelt, d.h. der Arbeitnehmer hat die Erfindung zeitlich, räumlich und inhaltlich getrennt von seinem Arbeitsverhältnis gemacht, wird ein entgeltlicher Erwerb der Erfindung unterstellt. Handelt es sich bei der Erfindung um eine Diensterfindung, d.h. die Erfindung wurde im Rahmen des Arbeitsverhältnisses getätigt, wird allgemein die Zahlung an den Arbeitnehmer für die Erfindung gemäß 9 ArbnErfG nicht als Entgelt verstanden. Diese Auffassung teilt auch die AG. 19 Nach der gegenteiligen Meinung stellen die Zahlungen gemäß 9 ArbnErfG eine gesetzlich normierte Gegenleistung für die Erfindung dar und sind daher als Entgelt zu werten. Ferner erwirbt das Unternehmen eine fertig gestellte Erfindung und trägt damit eigentlich kein Herstellungsrisiko. Dieser Argumentation folgt die AG nicht, da bei einer Diensterfindung der Arbeitnehmer in seiner Funktion als Angestellter des Unternehmens tätig ist und damit das Unternehmen auch das Herstellungsrisiko trägt. Frage 6: Erachtet der FA IVG, die aus Diensterfindungen resultieren, ebenfalls als selbst geschaffene IVG? Entgeltlichkeit des Erwerbs 20 In der Fassung des 248 Abs. 2 HGB vor BilMoG war die Aktivierung von nicht entgeltlich erworbenen IVG des AV verboten. Mit dem BilMoG wurde das Verbot in ein Wahlrecht für selbst geschaffene IVG geändert und nur für selbst geschaffene Marken, Drucktitel, Verlagsrechte, Kundenlisten und vergleichbare IVG des AV ein Aktivierungsverbot kodifiziert. 21 In der Literatur werden unterschiedliche Auffassungen hinsichtlich der Auswirkungen der Änderungen in 248 Abs. 2 HGB auf die unentgeltlich erworbenen IVG (z.b. Erwerb durch Schenkungen, Sachzuschüsse oder Sachzuwendungen) vertreten. Eine vertretene Auffassung ist, dass mit der Änderung der Vorschrift keine Änderung der Behandlung von unentgeltlich erworbenen IVG intendiert war, d.h. unentgeltlich erworbene IVG sind wie selbst geschaffene IVG zu behandeln und damit das Aktivierungswahlrecht anwendbar ist. Dr. R. Schmidt 6 / 8 HGB-FA öffentliche Sitzungsunterlage 10_02a

22 Nach der gegenteiligen Meinung betrifft das Aktivierungswahlrecht nur selbst geschaffene IVG, wohingegen für erworbene IVG die allgemeine Aktivierungspflicht gilt, unabhängig von deren entgeltlichem oder unentgeltlichem Erwerb. Diese Ansicht wird u.a. darauf gestützt, dass im RegE des BilMoG 248 Nr. 4 HGB wie folgt formuliert war: Marken, Drucktitel, Verlagsrechte, Kundenlisten oder vergleichbare immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens, die nicht entgeltlich erworben 1 wurden. In der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses zum RegE des BilMoG (BT- Drucksache 16/12407) wurde 248 Nr. 4 HGB gestrichen und durch 248 Abs. 2 HGB mit folgendem Wortlaut ersetzt: Selbst geschaffene 2 immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens können als Aktivposten in die Bilanz aufgenommen werden. Nicht aufgenommen werden dürfen selbst geschaffene Marken, Drucktitel, Verlagsrechte, Kundenlisten oder vergleichbare immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens.. Auch ist in der Begründung nur von selbst geschaffenen IVG die Rede. Aufgrund dieser Änderungen der Formulierung der Vorschrift im Rahmen des Gesetzgebungsprozesses wird die Gültigkeit des Aktivierungswahlrechts nur für selbst geschaffene IVG gesehen. 23 Die AG vertritt die Auffassung, dass IVG nur in erworben (unabhängig von einem entgeltlichen oder unentgeltlichen Erwerb) und selbst geschaffen zu unterteilen sind. Die Entgeltlichkeit des Erwerbs erlangt erst im Rahmen der Bewertung eine Bedeutung. Frage 7: Welche Auffassung vertritt der FA zu dieser Sachfrage? Hohe Wahrscheinlichkeit der Entstehung eines IVG 24 In der Begründung zu 255 Abs. 2a HGB des RegE BilMoG wird ausgeführt, dass bereits bei Vorliegen einer hohen Wahrscheinlichkeit für das Entstehen eines Vermögensgegenstands eine Aktivierung möglich ist. Es ist somit nicht notwendig, die Fertigstellung des IVG abzuwarten, sondern eine Aktivierung kann bereits in der Entwicklungsphase erfolgen. Jedoch wird nicht weiter ausgeführt, was unter hoher Wahrscheinlichkeit zu verstehen ist. 1 Hervorhebung durch Verfasser 2 Hervorhebung durch Verfasser Dr. R. Schmidt 7 / 8 HGB-FA öffentliche Sitzungsunterlage 10_02a

25 Eine mögliche Auslegung des Ausdrucks mit hoher Wahrscheinlichkeit kann der Begründung zu 254 HGB des RegE BilMoG entnommen werden, derzufolge der in 254 HGB neu aufgenommene Ausdruck mit hoher Wahrscheinlichkeit bedeutet, dass der Abschluss eines Sicherungsgeschäfts so gut wie sicher sein muss 3. Eine Übertragung dieser Auslegung von hoher Wahrscheinlichkeit auf die Entwicklung von IVG kann als eine Möglichkeit angesehen werden. 26 Die AG vertritt die Auffassung, dass der in 254 HGB verwendete Ausdruck hohe Wahrscheinlichkeit und die zugehörige Konkretisierung von so gut wie sicher in der Begründung zum RegE BilMoG eine andere Bedeutung haben als der in der Begründung zu 255 Abs. 2a HGB des RegE BilMoG verwendete Ausdruck hohe Wahrscheinlichkeit. In 254 HGB ist eine höhere Sicherheit für den Abschluss eines Sicherungsgeschäfts zu verlangen als für die Entstehung eines IVG. Für das Entstehen eines IVG erachtet die AG eine Wahrscheinlichkeit deutlich über 50% für notwendig, wobei es aber nicht so gut wie sicher sein muss. Im Standard soll kein konkreter Schwellenwert für die hohe Wahrscheinlichkeit genannt werden, da die Festlegung der Grenze relativ willkürlich wäre und der Wert auch branchen- und unternehmensspezifisch ist. Frage 8: Wie interpretiert der FA den Ausdruck mit hoher Wahrscheinlichkeit? 27 Die AG erachtet es für die Unternehmen als hilfreich, wenn Kriterien entwickelt werden, anhand derer die Unternehmen die Entstehung eines IVG prüfen können. Dazu sollen die vom Arbeitskreis Immaterielle Werte im Rechnungswesen der Schmalenbach Gesellschaft erarbeiteten Kriterien in die in IAS 38.57 genannten Kriterien, die an das HGB anzupassen sind, integriert werden. Hierbei ist insbesondere auschlaggebend, dass der Gesetzgeber sich mit dem BilMoG an die IFRS annähern möchte. Frage 9: a) Stimmt der FA der Aufnahme von Kriterien zur Prüfung der Entstehung eines IVG in den Standard zu? b) Stimmt der FA dem Vorschlag zur Entwicklung der Kriterien zu? 3 Siehe Begr. RegE BilMoG, BT-Drucks 16/10067, S. 58. Dr. R. Schmidt 8 / 8 HGB-FA öffentliche Sitzungsunterlage 10_02a