Handelsrecht (=Obligationenrecht)



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Transkript:

schweiz Die Schweiz als direkter Nachbar zur Bundesrepublik Deutschland verbindet nicht nur zum großen Teil eine gemeinsame Sprache, sondern ist zum einen sowohl als Absatzmarkt für deutsche Unternehmen, als auch als Holdingstandort zu steuerlichen Optimierung von großem Interesse, sind die makroökonomischen Bedingungen ähnlich denen in Deutschland, ja in vielen Fällen sogar besser. Trotz des sog. Hochpreisimages der Schweiz, wartet das Land mit einer Reihe von bemerkenswerten handelsrechtlichen und arbeitsrechtlichen Details auf. Die nachfolgenden Ausführungen sollen einen Überblick geben, welche Bereiche im Rahmen der Bilanzierung möglichen Investoren aus dem großen Kanton (i.e. Deutschland, Anm. der Redaktion) sich in unserem Nachbarland ergeben und bei welchen es interessante Merkmale gibt. Handelsrecht (=Obligationenrecht) Maßgeblichkeit Handelsbilanz Steuerbilanz in der Schweiz Während sich Deutschland sowohl in Handelsrecht seit der BilmoG-Reform 2010 handelsrechtlich mehr oder weniger vom Maßgeblichkeitsgrundsatz der Handelsbilanz für die Steuerbilanz verabschiedet hat, besteht dieses Prinzip sehr wohl noch bei unseren Nachbarn: Aus diesem Grund gibt es mehrere Vorschriften, die in der schweizer Handelsbilanz nach Obligationenrecht, (kurz OR ) für die Steuerbilanz gelten können z. B. bei Vorräten, Forderungen und z.t. im Anlagevermögen im Vergleich zum HGB großzügigere Abschreibungen ( Warendrittel ) gewährt werden. Der Schweizer Fiskus lässt die Bildung von stillen Reserven damit zu. Dies führt in Praxi dazu, dass die bilanzierenden Gesellschaften intern sog. Stille Reserven-Spiegel führen müssen und die jährlichen Nettoveränderungen im Anhang angeben muss. Dabei können Positionen über unterschiedlichen Bilanzpositionen saldiert werden. Je nach Geschäftsmodell können hier im Vergleich zu Deutschland in teilweise erheblichem Umfang aufgrund zulässiger konservativer Bilanzierungsmöglichkeiten Stille Reserven im Vergleich zu anderen Ländern gelegt werden. Der schweizer Fiskus lässt dies zu. Flexibilität bei der Bilanzierung Die normalerweise nur bei den angloamerikanischen Bilanzierungsregelungen zugelassenen Percentage-of-Completion Methode (kurz POC Methode ), die bei langfristfertigenden Unternehmen unter bestimmten Bedingungen die Gewinnrealisierung bereits vor der sog. Abnahme erlaubt, lässt das schweizerische Obligationenrecht analog von IFRS zu, d. h. es können Bewertungsunterschiede hier bei Vorliegen der einschlägigen Voraussetzungen vermieden werden. Eine solche Möglichkeit gibt es im deutschen Handelsrecht nur eingeschränkt, sofern eine Teilgewinnrealisierung darstellbar ist. 274

Einschränkungen bei der Vorabdividende In vielen Fällen und Ländern besteht die Möglichkeit, dass beispielsweise eine deutsche Muttergesellschaft vorab, d. h. vor dem Bilanzstichtag, eine sog. Vorab- oder Interimsdividende beispielsweise von inländischen Tochtergesellschaften abfordern kann. Dies ist bei schweizer Tochtergesellschaften nicht möglich. Der Abschluss muss von der Generalversammlung festgestellt werden, und erst dann kann eine ordentliche Dividende beschlossen und an den / die Gesellschafter / Muttergesellschaft abgeführt werden. Es empfiehlt sich daher, ggfs. zur Überbrückung einen Intercompany Darlehensvertrag mit der deutschen Muttergesellschaft abzuschließen, um ggfs. zeitnaher die notwendige Liquidität der Muttergesellschaft zur Verfügung stellen zu können. Patronatserklärungen ausländischer Muttergesellschaften zugunsten schweizer Tochtergesellschaften Diese Art von Erklärungen ist aus Sichtweise einer Muttergesellschaft durchaus üblich und verbreitet, insbesondere wenn es sich beispielsweise um Neugründungen, Start-Up Unternehmen handelt, die zu Beginn Ihrer Tätigkeiten noch keine Gewinne erwirtschaften. In diesen Fällen wird zur Sicherstellung von Going Concern die betroffenen Tochtergesellschaften durch diese unterstützenden Patronatserklärungen von Muttergesellschaftsseite in vielen Ländern und Fällen im Hinblick auf die Anforderungen zur Unternehmensfortführung Genüge getan. Je nach Ausgestaltung verpflichtet sich die Muttergesellschaft oder Konzernmutter die Unternehmensfortführung der Tochtergesellschaft zu gewährleisten, sei es beispielsweise durch Liquidität oder durch andere Maßnahmen. Der Vorteil liegt darin, dass eine solche Erklärung von Seiten der Mutterunternehmung im ersten Schritt rein aufgrund des Verpflichtungscharakters keinen sofortigen Liquiditätsabfluss bedeuten muss. In der Schweiz sind diese Erklärungen, grundsätzlich sowie insbesondere, wenn sie von ausländischen Gesellschaftern stammen, nicht ausreichend und werden daher bei bestehender Prüfungspflicht von den schweizer Revisoren als eher kritisch angesehen. Bilanzierung von Gründungskosten Gründungs-, Kapitalerhöhungs- und Organisationskosten dürfen künftig nicht mehr aktiviert werden. Steuerlich bilden sie geschäftsmäßig begründeten Aufwand. Die handelsrechtlich notwendige außerordentliche Abschreibung bestehender aktivierter Gründungs-, Kapitalerhöhungs- und Organisationskosten im Zeitpunkt der Erstanwendung des neuen Rechnungslegungsrechts gilt steuerrechtlich als geschäftsmäßig begründeter Aufwand. Hier folgt das schweizer Obligationenrecht international üblicher Praxis. 275

IFRS für den Mittelstand und Swiss GAAP FER Während man sich in der europäischen Union nach langer Entwicklungszeit zu einem Kleinund Mittelstandsstandard ( KMU ) durchgerungen hat (seit 2009), haben die Eidgenossen bereits seit 1984 wegweisend die sog. Swiss GAAP FER als Pendant zum schweizer Obligationenrecht sowie den Full IFRS eingeführt. Gilt beim schweizer Obligationenrecht vor allem der Gläubigerschutz als erstes Ziel, will das Swiss GAAP FER ein tatsächliches Abbild der Vermögens, Finanz- und Ertragslage (True & Fair View) vermitteln. Damit werden vor allem die Bedürfnisse der Adressaten abgegolten (z. B. Banken, Investoren usw.). Gegenüber den weiteren Standards (IAS/IFRS und US GAAP) besticht das Swiss GAAP FER vor allem durch die Einfachheit und setzt dennoch einen guten Standard, der von den Adressaten der Zahlen akzeptiert wird. Die Vorteile der Swiss GAAP FER sind: Geringe Komplexität Anerkannter Standard bei Aktionären und Kreditgebern Grundlage für die Führung der Betriebe Aufwendungen für die Anpassung halten sich im Rahmen Schweizerische Vorschriften, die den hiesigen Vorstellungen entsprechen Kann auch auf die Konzernrechnung angewendet werden. Nachstehend geben wir einen kurzen Überblick über das Rahmenkonzept der Swiss GAAP FER: Die Swiss GAAP FER fokussieren sich auf die Rechnungslegung kleiner und mittelgroßer Organisationen und Unternehmensgruppen in der Schweiz. Kleine Organisationen haben die Möglichkeit, lediglich das Rahmenkonzept und ausgewählte zentrale Fachempfehlungen(Kern- FER) anzuwenden. Mittlere Organisationen haben die Kern-FER und die übrigen SWISS GAAP FER anzuwenden. Folgende Kriterien gelten für die Anwendung der Kern-FER: Bilanzsumme von 10 Mio. CHF, Jahresumsatz von 20 Mio. CHF, 50 Vollzeitstellen im Jahresdurchschnitt. Falls 2 der Kriterien in zweiaufeinander folgenden Jahren nicht überschritten werden, kann eine Organisation die Kern-FER anwenden. 276

Bestimmte börsenkotierte Unternehmen in der Schweiz (nur domestic standard, nicht und die Standards für Investment- und Immobiliengesellschaften) können SWISS GAAP FER anwenden, d. h. in diesen Fällen sind die Vorschriften von IFRS nicht zwingend. Offenlegung Sofern ein nicht börsennotierter Konzern mit Mutter in der Schweiz dort konzernrechnungslegungspflichtig ist, muss dieser Schweizer Abschluss dort nicht offengelegt werden. Deutsche einbezogenen Teilkonzerne oder Gesellschaften wiederum müssen mangels Befreiungsvorschrift dies eben dann in Deutschland tun. Wirtschaftsprüfung Prüfungsumfang: Eingeschränkte Revision vs ordentliche Revision im Vergleich zu Deutschland Im Gegensatz zu Deutschland gibt es in der Schweiz eine gesetzliche Regelung im Obligationenrecht bzgl. des speziellen Prüfungs-Scopes Eingeschränkte Revision. Dies ist eine Limited Statutory Examination mit eigenem Prüfungshandbuch/Standard. In Deutschland ist diese schweizer Besonderheit noch am ehesten vergleichbar mit den Regelungen des IdW Prüfungsstandard 900, der die Prüferische Durchsicht von Jahresabschlüssen zum Gegenstand hat. Darüber hinaus unterliegen nicht alle Abschlüsse einer gesetzlichen Prüfungspflicht, es besteht bei weniger als zehn Mitarbeitenden die Möglichkeit des sog. Opting-Out, sprich des vollkommenen Verzichts auf eine Revision. Zur Stärkung des Vertrauens in die hierin enthaltenen Informationen besteht die Möglichkeit, eine kritische Würdigung auf Basis einer Plausibilitätsbeurteilung durch einen Wirtschaftsprüfer vornehmen zu lassen. Für folgende Sachverhalte wäre dies grundsätzlich möglich: Veröffentlichte Quartalsberichterstattungen oder beispielweise vor einem Börsengang, dessen Stichtag mehr als 4 Monate nach dem letzten Jahres-/Konzernabschluss liegt. Kleine, gesetzlich nicht prüfungspflichtige Gesellschaften, bei denen keine Identität zwischen dem Gesellschafterkreis und der Geschäftsführung besteht. 277

Die Prüfungshandlungen sind von Art und Umfang her dabei in der Regel geringer als bei der Durchführung einer Jahresabschlussprüfung und deshalb auch weniger kostenintensiv. Die Prüferische Durchsicht ersetzt zwar nicht die gesetzlich vorgeschriebene Jahresabschlussprüfung, sie bietet aber die Möglichkeit je nach Ausrichtung und Auftrag eine gewisse Sicherheit im Hinblick auf die Aussagekraft eines Abschlusses / Zwischenabschlusses zu geben. Dies ist besonders interessant für: Jahresabschlüsse nicht prüfungspflichtiger Unternehmen (z. B. kleine Kapitalgesellschaften), um ein bestimmtes Level an Sicherheit für den Abschluss zu erhalten zu konsolidierende Tochtergesellschaften Prüfung von Reporting Packages Prüfung einzelner Bilanzpositionen für den Gesellschafter / das Kreditinstitut Folgende Voraussetzungen für eine Ordentliche Revision vergleichbar mit einer gesetzlichen Abschlussprüfung in Deutschland sind wie folgt: In der Schweiz ist eine ordentliche Revision zwingend vorgeschrieben, wenn 2 der nachfolgenden Größen in 2 aufeinander folgenden Geschäftsjahren überschritten werden: Bilanzsumme von 20 Mio. CHF, Umsatzerlös von 40 Mio. CHF oder 250 Vollzeitstellen im Jahresdurchschnitt. Besondere Organstellung der Revisionsbehörde Im Gegensatz zu anderen Jurisdiktionen ist in der Schweiz z. B. bei der Aktiengesellschaft der Revisionsexperte (nicht nur der Revisionsexperte, auch der Revisor oder ganz einfach die Revisionsstelle) Organ der Gesellschaft analog Verwaltungsrat und (Generalversammlung). Die Revisionsstelle einer schweizerischen Gesellschaft muss also im Rahmen einer Generalversammlung gewählt und unter Beilage der Wahlannahmeerklärung beim zuständigen Handelsregisteramt angemeldet werden. Der Revisionsexperte einer Gesellschaft wird also offiziell im Handelsregister publiziert. 278

Praxisthemen Arbeitsrecht Das schweizer Arbeitsrecht ist in einigen Fällen anders geregelt als in Deutschland. Nachstehend sollen einige Themen benannt werden, wo es Unterschiede zwischen den jeweiligen Länderregelungen geben kann. Arbeitszeit Die durchschnittliche Wochenarbeitszeit in der Schweiz liegt bei 40 Stunden. Die Arbeit ist in der Regel an 5 Wochentagen zu erbringen. Pro Tag dürfen nicht mehr als 2 Überstunden gemacht werden. Überstunden sind durch Freizeit auszugleichen. Wenn dies nicht möglich ist, sind Überstunden mit einem Aufschlag von 25 Prozent auf den Normallohn zu vergüten (für Überstunden ist dieser 25%ige Aufschlag vertraglich wegbedingbar; für Überzeit allerdings nicht. Überzeit liegt bei Überschreitung der wöchentlichen Höchstarbeitszeit vor. Diese beträgt für Büropersonal, technische Angestellte und Verkaufspersonal 45 Stunden, für die übrigen Arbeitnehmer 50 Stunden). Lohnfortzahlung im Krankheitsfall Bei einer Erkrankung des Arbeitnehmers oder bei einem Unfall ist der Arbeitgeber zu einer Lohnfortzahlung verpflichtet, wenn das Arbeitsverhältnis seit mehr als 3 Monaten besteht oder auf mehr als 3 Monate befristet ist. Der Lohn ist im ersten Dienstjahr für 3 Wochen weiter zu zahlen, danach für eine angemessene längere Zeit. In der Rechtsprechung haben sich über die Jahre verschiedene Übungen entwickelt. So gibt es heute insb. die Berner, Zürcher oder Basler Skala. Daher empfiehlt es sich, die gegebenenfalls zu leistenden Krankengeldzahlungen bereits im Arbeitsvertrag festzuschreiben, oder es werden alternativ Krankentaggeldversicherungen abgeschlossen. Kündigung In Deutschland muss jedenfalls bei Betrieben mit mehr als 10 Arbeitnehmern auch bei einer normalen Kündigung ein Grund vorliegen, häufig sogenannte betriebsbedingte Gründe. In diesem Fall ist die sog. Sozialauswahl zu beachten, d. h. der Betrieb muss demjenigen kündigen, der aus sozialen Gesichtspunkten wie etwa Familie, Alter, Dauer der Tätigkeit oder Schwerbehinderung am wenigsten schützenswert ist. Diese Auswahl ist schwierig und macht viele Kündigungen anfechtbar. In der Schweiz gibt es keine vergleichbare Regelung. Dort braucht der Arbeitgeber für eine normale Kündigung keinen Grund. Es ist lediglich der Kündigungstermin (Ende Monat) und die Kündigungsfrist zu beachten (vgl. unten). Es gibt lediglich einige Gründe, wegen der das Gesetz eine Kündigung verbietet wie z. B. im Falle einer Schwangerschaft. 279

Aber auch die Frist für die normale Kündigung ist deutlich kürzer als in Deutschland. In der Probezeit sind es nur 7 Tage, danach ein Monat. Nach einem Jahr verlängert sie sich auf 2 Monate, nach 10 Jahren auf 3. Weitere Verlängerungen gibt es nicht. In Deutschland wären es nach 10 Jahren schon 4 Monate, nach 20 Jahren sogar 7. Urlaub Der gesetzliche Urlaub ist weitestgehend gleich geregelt. In der Schweiz besteht ein gesetzlicher Mindesturlaub von 4 Wochen, was bei einer 5-Tage-Woche 20 Urlaubstagen entspricht. Viele Gesamt- und Normalarbeitsverträge garantieren jedoch einen höheren Urlaubsanspruch. Zumindest 2 Freiwochen können zusammenhängend genommen werden. Das deutsche Bundesurlaubsgesetz (BurlG) spricht zwar von mindestens 24 Urlaubstagen, aber auch dies bedeutet bei einer 5-Tage-Woche lediglich 20 Urlaubstage. In den Einzelverträgen wird in Deutschland jedoch meistens zu Gunsten der Arbeitnehmer abgewichen, derzeit liegt der Durchschnitt bei etwa 27,5 Tagen. Elternzeit In Deutschland besteht die Möglichkeit, dass beide Elternteile ab Geburt eines Kindes bis zu 3 Jahre Elternzeit nehmen; in der Schweiz fehlt ein solches Recht vollkommen. Tritt die Mutter ihren Schweizer Arbeitsplatz nach Ende des Mutterschutzes nicht sofort wieder an, hat sie den Arbeitsplatzverloren; der Vater hat praktisch überhaupt keine solche Möglichkeit, er muss Urlaub nehmen. In Deutschland wird ab der Geburt eines Kindes für bis zu 14 Monaten für denjenigen Elternteil, welcher Elternzeit nimmt, durch den Staat ein Elterngeld bezahlt, derzeit meist 67 Prozent des Nettolohns. In der Schweiz hingegen wird von der AHV für 14 Wochen eine Entschädigung in Höhe von 80 Prozent an die Mutter bezahlt. 280